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Urteil Obergericht (SH)

Zusammenfassung des Urteils Nr. 63/2007/24: Obergericht

Im vorliegenden Fall ging es um die Einhaltung der Fristen und formgerechten Einreichung von Beschwerden im sozialversicherungsgerichtlichen Verfahren. Es wurde festgestellt, dass die Beschwerdefrist eingehalten wurde, jedoch die formgerechte Einreichung der Beschwerde geprüft werden musste. Es wurde klargestellt, dass die Beschwerdebegründung gemäss bundesrechtlichen Minimalanforderungen innerhalb der Beschwerdefrist eingereicht werden muss und keine Verlängerung der Frist gewährt werden kann. Eine Nachfrist zur Verbesserung einer ungenügenden Beschwerdeschrift ist gesetzlich vorgesehen, darf jedoch nicht dazu dienen, die Fristen zu umgehen. Im vorliegenden Fall wurde einer Nachbesserung der Begründung ausnahmsweise zugestimmt, jedoch kann sich eine rechtskundig vertretene Partei nicht generell darauf berufen. Der Richter entschied, dass auf die fristgerecht erhobene und ergänzend begründete Beschwerde einzutreten ist.

Urteilsdetails des Kantongerichts Nr. 63/2007/24

Kanton:SH
Fallnummer:Nr. 63/2007/24
Instanz:Obergericht
Abteilung:-
Obergericht Entscheid Nr. 63/2007/24 vom 22.08.2008 (SH)
Datum:22.08.2008
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort: Art. 40 Abs. 1, Art. 60 und Art. 61 lit. b ATSG; Art. 40 Abs. 2 und Abs. 3 VRG. Beschwerdebegründung im sozialversicherungsgerichtlichen Verfahren
Schlagwörter : Beschwerde; Frist; Begründung; Verfahren; Frist; Verbesserung; Recht; Beschwerdefrist; Möglichkeit; ATSG; Beschwerdebegründung; Regel; Beschwerdeschrift; Obergericht; Bundesgesetzes; Person; Bundesrechts; Erstreckung; Veröffentlichung; Amtsbericht; Erwägungen:; Verfügungen; IV-Stelle; Eröffnung; Invalidenversicherung; Sozialversicherungsrechts; Gesetzes
Rechtsnorm:-
Referenz BGE:134 V 162;
Kommentar:
Bühler, Frank, Kommentar zur aargauischen Zivilprozessordnung, 1998

Entscheid des Kantongerichts Nr. 63/2007/24

Veröffentlichung im Amtsbericht

Art. 40 Abs. 1, Art. 60 und Art. 61 lit. b ATSG; Art. 40 Abs. 2 und Abs. 3 VRG. Beschwerdebegründung im sozialversicherungsgerichtlichen Verfahren (OGE 63/2007/24 vom 22. August 2008)1

Im sozialversicherungsgerichtlichen Verfahren kann die Frist für die Begründung der Beschwerde nicht erstreckt werden. Ist eine Partei rechtskundig vertreten, kann ihr in der Regel auch keine Nachfrist zur Verbesserung einer ungenügenden Beschwerdeschrift gewährt werden.

Aus den Erwägungen:

1.- Gegen Verfügungen der IV-Stelle kann innert 30 Tagen nach der Eröffnung Beschwerde ans Obergericht erhoben werden. Diese Frist ist nicht erstreckbar (Art. 1 Abs. 1 und Art. 69 Abs. 1 lit. a des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung vom 19. Juni 1959 [IVG, SR 831.20] sowie Art. 60

i.V.m. Art. 40 Abs. 1 des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts vom 6. Oktober 2000 [ATSG, SR 830.1] und Art. 36a des Gesetzes über den Rechtsschutz in Verwaltungssachen vom 20. September 1971 [Verwaltungsrechtspflegegesetz, VRG, SHR 172.200]). Sie wurde im vorliegenden Fall eingehalten. Es fragt sich jedoch, ob die Beschwerde auch formgerecht erhoben worden sei.

Das Beschwerdeverfahren bestimmt sich grundsätzlich nach kantonalem Recht. Zu beachten sind dabei jedoch die bundesrechtlichen Minimalanforderungen. Demnach muss die Beschwerde unter anderem eine gedrängte Darstellung des Sachverhalts, ein Rechtsbegehren und eine kurze Begründung enthalten; genügt sie diesen Anforderungen nicht, ist der beschwerdeführenden Person eine angemessene Frist zur Verbesserung anzusetzen mit der Androhung, dass sonst auf die Beschwerde nicht eingetreten werde (Art. 61 lit. b ATSG). Ist die Beschwerdebegründung somit von Bundesrechts wegen prinzipiell schon mit der Beschwerde - d.h. innerhalb der nicht erstreckbaren Beschwerdefrist einzureichen, so hat daneben die weitergehende kantonale Bestimmung keinen Raum, dass die Frist für die Begründung auf Gesuch verlängert werden kann (Art. 40 Abs. 3 VRG), die Parteien also generell die

1 Eine Beschwerde in öffentlichrechtlichen Angelegenheiten gegen diesen Entscheid wies das Bundesgericht am 30. Dezember 2008 ab (Verfahren Nr. 9C_810/2008).

Möglichkeit haben, die Begründung erst nach Ablauf der Beschwerdefrist einzureichen. Einem solchen Erstreckungsgesuch wie es auch hier gestellt wurde - darf daher im sozialversicherungsgerichtlichen Verfahren grundsätzlich nicht entsprochen werden (vgl. den ausdrücklichen Hinweis auf den ohnehin geltenden Vorrang des Bundesrechts in Art. 38 Abs. 2 VRG).

Gesetzlich vorgesehen ist jedoch wie erwähnt eine allfällige Nachfrist zur Verbesserung einer ungenügenden Beschwerdeschrift (Art. 61 lit. b Satz 2 ATSG; Art. 40 Abs. 2 VRG). Diese Möglichkeit darf aber nicht dazu missbraucht werden, die Fristvorschriften zu umgehen und so gleichsam eine Verlängerung der Beschwerdefrist zu erlangen. Anwälte und andere rechtskundige Personen bei denen die Kenntnis der einschlägigen Verfahrensvorschriften vorauszusetzen ist können sich daher in der Regel nicht darauf berufen. Je nach den konkreten Umständen des Einzelfalls ist aber auch bei rechtskundiger Vertretung eine Nachfrist bei fehlender Begründung nicht schlechthin ausgeschlossen (vgl. BGE 134 V 162 ff.). Angesichts dessen, dass die Praxis des Obergerichts in Sachen Erstreckung der Begründungsfrist bisher nicht immer konsequent und eindeutig gewesen sein mag, war es im vorliegenden Fall ausnahmsweise gerechtfertigt, der Beschwerdeführerin bzw. deren Vertreter in Anlehnung an Art. 61 lit. b Satz 2 ATSG die Möglichkeit einzuräumen, die nur summarische Begründung nachträglich nachzubessern. Auf einen generellen entsprechenden Anspruch kann sich eine rechtskundig vertretene Partei inskünftig allerdings nicht mehr berufen.

Auf die fristgemäss erhobene, innert angesetzter Nachfrist ergänzend begründete Beschwerde ist somit einzutreten.

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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