Zusammenfassung des Urteils Nr. 61/2005/1: Obergericht
Die Lehrerverordnung des Kantons Schaffhausen sah vor, dass Lehrpersonen bei einem Vollpensum maximal zehn Tage pro Jahr in der unterrichtsfreien Zeit arbeiten müssen. Der Verband der Schaffhauser Lehrerschaft und vier Lehrpersonen beantragten die Aufhebung dieser Bestimmung. Das Obergericht gab dem Gesuch statt, da die Regelung keine gesetzliche Grundlage hatte und die Arbeitsbelastung der Lehrpersonen unverhältnismässig erhöhte. Der Regierungsrat argumentierte, dass die Regelung im Interesse der Lehrpersonen sei, da sie klare Grenzen setze. Letztendlich wurde die Bestimmung aufgehoben, da sie nicht auf einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage beruhte.
Kanton: | SH |
Fallnummer: | Nr. 61/2005/1 |
Instanz: | Obergericht |
Abteilung: | - |
Datum: | 09.09.2005 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Art. 49 Abs. 1, Art. 50 und Art. 119 KV; Art. 52 Abs. 1 VRG; Art. 55 Abs. 2 SchulG; § 43a SchulD; § 27 LV. Arbeitsverpflichtung der Lehrpersonen an öffentlichen Schulen in der unterrichtsfreien Zeit; abstrakte Normenkontrolle; Gesetzmässigkeitsprinzip |
Schlagwörter : | Arbeit; Recht; Amtsauftrag; Lehrpersonen; Lehre; Kanton; Regel; Regelung; Lehrer; Amtsauftrags; SchulD; Schule; Regierungsrat; Erziehungsrat; Gesuch; Kantons; Vorschrift; Aufgabe; Bestimmung; Schulen; Bestimmungen; Vorschriften; Verpflichtung; Lehrkräfte; SchulG; Gesuchsteller; Aufgaben; Unterricht |
Rechtsnorm: | - |
Referenz BGE: | 125 I 371; |
Kommentar: | - |
Veröffentlichung im Amtsbericht
Die Befugnis zur Anfechtung von Erlassen besteht nur, sofern die Aufhebung der angefochtenen Norm dem Gesuchsteller zumindest einen minimalen praktischen Nutzen bringt; dieser kann auch rein tatsächlicher Natur sein (E. 1c).
Die grundlegenden Bestimmungen über die Rechte und Pflichten von Personen müssen auch im öffentlichen Dienstverhältnis auf Gesetzesstufe erlassen werden. Bestehende Dekretsbestimmungen sind jedoch bis zur Anpassung an die Vorschriften der neuen Kantonsverfassung weiterhin gültig (E. 2c).
Die Arbeitsverpflichtung der Lehrpersonen an öffentlichen Schulen ausserhalb der Unterrichtszeit ist auch in zeitlicher Hinsicht abschliessend in den schulrechtlichen Bestimmungen bzw. im gestützt darauf erlassenen Amtsauftragsbeschluss des Erziehungsrats geregelt, weshalb für eine auf die allgemeine Personalgesetzgebung gestützte Verordnungsbestimmung des Regierungsrats kein Raum besteht (E. 2d-g)
Der Regierungsrat erliess am 21. Dezember 2004 die Verordnung über die Arbeitsverhältnisse der Lehrpersonen an den öffentlichen Schulen (Lehrerverordnung, LV, SHR 410.401; Amtsblatt für den Kanton Schaffhausen Nr. 52 vom 24. Dezember 2004, S. 1955 ff.). Mit einem Gesuch um abstrakte Normenkontrolle beantragten der Verband der Schaffhauser Lehrerschaft (LSH) sowie vier einzelne Lehrpersonen die Aufhebung von § 27 Abs. 2 LV, welcher vorsieht, dass bei einem Vollpensum die Verpflichtung von Lehrpersonen für die Aufgabenerfüllung in der unterrichtsfreien Zeit maximal zehn Tage pro Jahr betragen darf. Das Obergericht hiess das Gesuch gut und hob die fragliche Bestimmung auf (Amtsblatt für den Kanton Schaffhausen Nr. 37 vom 16. September 2005, S. 1210).
Aus den Erwägungen:
.a) Gemäss Art. 51 des Gesetzes über den Rechtsschutz in Verwaltungssachen vom 20. September 1971 (VRG, SHR 172.200) können verwaltungsrechtliche Vorschriften des Kantons, mit Ausnahme der Gesetze, jederzeit beim Obergericht wegen Verfassungsund Gesetzwidrigkeit angefochten werden. Der Antrag kann von natürlichen juristischen Personen gestellt werden, die durch die Anwendung dieser Vorschriften in absehbarer Zeit in ihren schutzwürdigen Interessen verletzt werden könnten (Art. 52 Abs. 1 VRG). ...
Bei der Lehrerverordnung handelt es sich um einen verwaltungsrechtlichen Erlass unterhalb der Gesetzesstufe. Dessen § 27 Abs. 2 ist somit eine anfechtbare Vorschrift i.S.v. Art. 51 VRG. Bei der Beurteilung der Legitimationsfrage lehnt sich das Obergericht an die Praxis des Bundesgerichts zur staatsrechtlichen Beschwerde gegen kantonale Erlasse an. Nach dieser Praxis kann ein Gesuch um abstrakte Normenkontrolle jedenfalls von denjenigen Personen erhoben werden, auf welche der angefochtene Erlass mit einem Minimum an Wahrscheinlichkeit früher später einmal angewandt werden könnte (OGE 61/2001/1 vom 12. April 2002 i.S. A., E. 1b mit Hinweisen, Amtsbericht 2002, S. 110; BGE 125 I 371 f. E. 1a; vgl. jedoch zum Verzicht auf das Schutznormerfordernis nachfolgend E. 1c). Der gesuchstellende Verband ist ein Verein i.S.v. Art. 60 ff. des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs vom 10. Dezember 1907 (ZGB, SR 210), dessen statutarische Aufgabe unter anderem die Wahrung der Interessen der Mitglieder ist. Die Mitglieder des Verbands unterrichten unbestrittenerweise zum grössten Teil im Kanton Schaffhausen, weshalb sie durch die angefochtene Regelung virtuell betroffen sind. Dasselbe gilt für die vier gesuchstellenden Einzelpersonen, welche Lehrkräfte im Kanton Schaffhausen sind.
Da der Regierungsrat geltend gemacht hat, die angefochtene Bestimmung diene dem Schutz der Lehrpersonen, da eine bisher fehlende zeitliche Limitierung der Verpflichtung zur Arbeit während der Schulferien bzw. während der unterrichtsfreien Zeit geschaffen werde, stellt sich allerdings die Frage, ob die Gesuchsteller durch die angefochtene Regelung überhaupt beschwert seien. Dieses Erfordernis besteht auch für die Rechtsmittellegitimation im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle, welches nicht nur der gerichtlichen Abklärung blosser theoretischer Rechtsfragen dienen kann (vgl. dazu insbesondere Michael Merker, Rechtsmittel, Klage und Normenkontrollverfahren nach dem aargauischen Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege [VRPG] vom 9. Juli 1968, Diss. Zürich 1998, § 69 Rz. 10, S. 730). Es muss also die Aufhebung der angefochtenen Norm den Gesuchstellern zumindest
einen minimalenpraktischen Nutzen bringen; dieser kann in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung zur Rechtsmittelbefugnis im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren auch rein tatsächlicher Natur sein (vgl. zur entsprechenden Praxis des Aargauer Verwaltungsgerichts auch Merker, § 69 Rz. 9, S. 730; vgl. zur beschlossenen Aufgabe der Schutznormtheorie bei der abstrakten Normenkontrolle im künftigen öffentlich-rechtlichen Beschwerdeverfahren vor Bundesgericht im übrigen auch Art. 89 Abs. 1 lit. b des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005, BBl 2005, S. 4045 ff.). Ein solcher minimaler praktischer Nutzen ist für die Gesuchsteller im Fall einer Aufhebung der angefochtenen Bestimmung jedoch gegeben, da ohne die angefochtene Bestimmung einerseits für die rechtsanwendenden Behörden eine gewisse den Einsatz dieses Instruments hemmende Unsicherheit besteht, in welchem zeitlichen Umfang eine Arbeitsverpflichtung der Lehrpersonen im Rahmen des Amtsauftrags in der unterrichtsfreien Zeit möglich ist, und andererseits für zeitaufwendige Funktionen permanente Ämter ausdrücklich eine Kompensation durch Pensenreduktion Entschädigung vorgesehen ist, während § 31 Abs. 2 LV festhält, dass die Erfüllung von Pflichten im Rahmen des Amtsauftrags nicht entschädigt wird (vgl. dazu auch nachfolgend
E. 2f).
.- § 27 LV hat folgenden Wortlaut:
Lehrpersonen sind auf Anordnung der Schulbehörde resp. der jeweiligen Schulbzw. der Geschäftsleitung verpflichtet, Klassen-, Sportund Ferienlager zu leiten, an schulischen Veranstaltungen teilzunehmen und Aufträge im Interesse der Schule während der Schulferien bzw. der unterrichtsfreien Zeit zu erfüllen.
Bei einem Vollpensum darf diese Verpflichtung zehn Tage pro Schuljahr nicht überschreiten. Für Teilzeitbeschäftigte bestimmt sich die Grenze anteilsmässig.
Die Gesuchsteller machen geltend, die angefochtene Bestimmung von
§ 27 Abs. 2 LV finde weder in den im Ingress der Verordnung genannten Bestimmungen noch in anderen denkbaren gesetzlichen Vorschriften eine gesetzliche Grundlage. Für die Arbeitszeit der Lehrerschaft bestünden besondere Vorschriften im Schulgesetz vom 27. April 1981 (SchulG, SHR 410.100), weshalb das Gesetz über das Arbeitsverhältnis des Staatspersonals vom
3. Mai 2004 (Personalgesetz, PG, SHR 180.100) als Grundlage nicht in Frage komme. Die Arbeitszeiten der Lehrerschaft seien in den §§ 43a-46 des Schuldekrets vom 27. April 1981 (SchulD, SHR 410.110) abschliessend geregelt. Keine dieser Bestimmungen ermächtige den Regierungsrat, auf dem Ver-
ordnungsweg weitere Verpflichtungen der Lehrerschaft einzuführen. Die in
diesen Vorschriften vorgesehene gesamte Arbeitszeit der Lehrkräfte entspreche der Gesamtjahresarbeitszeit der Arbeitnehmer des Kantons. Dies ergebe sich einerseits aus der gemäss § 43a SchulD erfolgten Konkretisierung
des Amtsauftrags der Lehrkräfte durch den Beschluss des Erziehungsrats vom
6. Mai 1998, andererseits aber auch aus einer 1999 erschienenen Studie.
Der Kantonsrat habe im übrigen im Jahr 2003 Massnahmen zur Arbeitsentlastung der Lehrpersonen beschlossen, wozu kein Anlass bestanden hätte, wenn die Lehrer unterdurchschnittlich viel arbeiten würden. Inzwischen sei ein zeitaufwendiges System zur Bewertung und Förderung der Schülerinnen und Schüler eingeführt worden, welches die Lehrerschaft viel mehr beanspruche als das bisherige Zeugnisnotensystem. Die neu vorgesehene Möglichkeit, die Lehrpersonen während insgesamt 10 Arbeitstagen zusätzlich zur Arbeitsleistung zu verpflichten, würde daher die erst kürzlich eingeführte Entlastung nicht nur kompensieren, sondern zu einer eindeutigen Mehrbelastung gegenüber dem Vorzustand führen. Gegen eine Erhöhung der Arbeitszeit der Lehrer spreche auch, dass die Kindergärtnerinnen und Lehrkräfte der Primarstufe bei der Besoldungsrevision als Aufholerinnen bezeichnet worden seien, woraus doch ebenfalls zu schliessen sei, dass die Lehrkräfte insgesamt nicht weniger arbeiteten als die übrigen Arbeitnehmer des Kantons. Während bisher die Verpflichtungen in der Ferienzeit (insbesondere Leitung von Skilagern) nur einige wenige Lehrpersonen betroffen hätten, werde nun die Arbeitsverpflichtung praktisch ins Uferlose ausgedehnt (Aufträge im Interesse der Schule), und es hätte neu ein Grossteil der Lehrkräfte damit zu rechnen, während der Ferienzeit zu zehn Tagen Arbeitsleistung verpflichtet zu werden. Dies stelle unter den gegebenen Umständen auch eine unzulässige Schlechterstellung gegenüber den anderen Arbeitnehmern des Kantons dar.
Der Regierungsrat macht demgegenüber geltend, gemäss Art. 1 Abs. 1 und 2 PG regle das Personalgesetz das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kanton und seinem Personal, soweit keine besonderen gesetzlichen Bestimmungen bestehen. Art. 55 Abs. 2 SchulG bestätige diese Rechtslage. Es treffe zu, dass das Schuldekret gestützt auf Art. 60 SchulG verschiedene Bestimmungen über die Arbeitszeiten der Lehrkräfte enthalte, insbesondere bezüglich des Amtsauftrags (§ 43a), der wöchentlichen Unterrichtsverpflichtung (§§ 44 und 44a) und der Verpflichtung zur Durchführung von Lagern (§ 45). Keine besondere Bestimmung bestehe im Schuldekret jedoch über die Höchstgrenze der Inanspruchnahme von Lehrpersonen in den Schulferien, weshalb der Regierungsrat gestützt auf Art. 31 Abs. 2 PG eine entsprechende Regelung vornehmen könne, was eigentlich auch im Interesse der Lehrkräfte liege, da andernfalls für solche Verpflichtungen keine zeitliche Limitierung bestehe. Der Regierungsrat habe im übrigen in den §§ 23 ff. LV weitere in der Schulgesetzgebung nicht geregelte Fragen betreffend die Arbeitszeit der Lehrpersonen erlassen, was die Gesuchsteller offenbar akzeptieren würden. Art. 44 Abs. 3 PG sehe sodann ausdrücklich vor, dass der Regierungsrat für
bestimmte Personalkategorien voneinander abweichende Regelungen vorsehen könne, soweit sachliche Gründe dies rechtfertigen. Von dieser Kompetenz habe der Regierungsrat durch den Erlass von § 27 Abs. 2 LV Gebrauch gemacht.
Im übrigen sei festzuhalten, dass die in § 27 Abs. 1 LV umschriebenen Pflichten entgegen der Auffassung der Gesuchsteller weder bezüglich ihres Inhalts, noch bezüglich des Zeitpunkts der Erfüllung (unterrichtsfreie Zeit, inkl. Schulferien) über das in § 43a SchulD i.V.m. dem Beschluss des Erziehungsrats vom 6. Mai 1998 Angeordnete hinausgehen, sondern diese Pflichten lediglich in konkretisierendem Sinn wiederholen würden. Die Kompetenz dazu sowie zur Festlegung einer zeitlichen Limite ergebe sich auch ohne besondere Ermächtigung aus der Kompetenz des Regierungsrats zum Erlass von Vollziehungsverordnungen. Es treffe zu, dass die Gesamtarbeitszeit der Lehrpersonen der Jahresarbeitszeit vergleichbarer Arbeitnehmer des öffentlichen Diensts entspreche, wobei die Gesamtjahreszeit aber sowohl die Unterrichtszeit als auch die während der unterrichtsfreien Zeit (inkl. Schulferien) zu erfüllenden Pflichten des Amtsauftrags erfasse. Da § 27 LV den Lehrpersonen keine zusätzlichen Verpflichtungen für die unterrichtsfreie Zeit auferlege, sondern diese lediglich wiederhole und zeitlich begrenze, könne auch keine rechtsungleiche Behandlung vorliegen. Der Sinn der Regelung von § 27 Abs. 2 LV bestehe insbesondere darin, den Schulbehörden und Schulleitungen ein Instrument in die Hand zu geben, welches ihnen erlaube, einzelne Lehrpersonen ganze Schulteams zu bestimmten Zeiten zur Arbeit ausserhalb der Unterrichtszeit, beispielsweise in der letzten Woche der Sommerschulferien, insbesondere für die Erfüllung des Amtsauftrags (z.B. Schulentwicklungsarbeiten, Planungen und Vorbereitungen des neuen Schuljahrs, Schulsemesters Schulquartals von Schulveranstaltungen) verbindlich verpflichten zu können.
Die Wahl des Ferienbezugs der Lehrpersonen werde damit nicht unzulässig rechtsungleich eingeschränkt, da die Vorgesetzten auch nach der allgemeinen Regelung von § 35 Abs. 2 Satz 3 der Verordnung über die Arbeitsverhältnisse des Staatspersonals vom 14. Dezember 2004 (Personalverordnung, PV, SHR 180.111) den Zeitpunkt der Ferien im Einvernehmen mit den Mitarbeitenden festlegen könnten, wobei auf die Interessen des Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen sei. Den Lehrpersonen würden damit noch immer elf Wochen zur Wahl des konkreten Ferienbezugs offen stehen.
Die grundlegenden Bestimmungen über das Dienstverhältnis der Lehrerinnen und Lehrer findet sich heute in den Art. 55 ff. SchulG und gestützt auf die allgemeine Ermächtigung in Art. 96 SchulG sowie auf besondere Ermächtigungen in den Art. 55 ff. SchulG in dem vom Kantonsparlament erlassenen Schuldekret. Die Bestimmungen des Personalgesetzes gelten ge-
mäss Art. 55 Abs. 2 SchulG für das Dienstverhältnis der Lehrer nur insoweit sinngemäss, als das Schulgesetz keine besonderen Vorschriften aufstellt. Wesentliche Regeln über das Dienstverhältnis der Lehrer, so insbesondere auch über den sogenannten Amtsauftrag der Lehrer, um welchen es im angefochtenen § 27 Abs. 2 LV geht, sind heute somit nur auf der Stufe einer Parlamentsverordnung (Schuldekret) verankert (vgl. zum Amtsauftrag § 43a SchulD). Dies war bisher deshalb unproblematisch, weil die Kantone nach herrschender Auffassung Rechtsetzungsdelegationen an das kantonale Parlament ohne jede Einschränkung vornehmen können, soweit das kantonale Verfassungsrecht dies ermöglicht, was die Praxis bezüglich der früheren Kantonsverfassung vom 24. März 1876 (aKV, OS Band VI, S. 1 ff.) annahm (vgl. dazu Häfelin/Müller, Allgemeines Verwaltungsrecht, 4. A., Zürich 2002, Rz. 107,
S. 24, mit Hinweisen, und Dubach/Marti/Spahn, Verfassung des Kantons Schaffhausen, Kommentar, Schaffhausen 2004, S. 145 f.). Überdies handelt es sich beim öffentlichen Dienstverhältnis um ein sogenanntes Sonderstatusverhältnis (besonderes Rechtsverhältnis zum Staat), für dessen Regelung nach
bisher herrschender Auffassung weniger hohe Anforderungen an die erforder-
liche gesetzliche Grundlage gestellt werden können. So genügt es nach bisheriger Lehre und Rechtsprechung, wenn die Voraussetzungen für die Begründung sowie die Grundzüge dieses Rechtsverhältnisses (inkl. allfällige schwere Eingriffe in die Freiheitsrechte) in einem Gesetz im formellen Sinn geregelt sind. Im Übrigen aber können Rechte und Pflichten der Personen im Sonderstatusverhältnis nach bisheriger Auffassung auch durch Verordnung festgelegt werden (vgl. dazu Häfelin/Müller, Rz. 478 ff., insbesondere Rz. 482, S. 101).
Inzwischen ist jedoch die neue Kantonsverfassung in Kraft getreten, welche die Rechtsetzungsdelegation an das Kantonsparlament nur noch unter den einschränkenden Voraussetzungen von Art. 49 Abs. 1 KV zulässt (vgl. dazu Dubach/Marti/Spahn, S. 142, 158 f.) und in Anlehnung an Art. 164 Abs. 1 der Bundesverfassung der schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (BV, SR 101) verlangt, dass alle wichtigen Rechtssätze in der Form des Gesetzes zu erlassen sind, wozu namentlich die grundlegenden Bestimmungen über die Rechte und Pflichten von Personen gehören (Art. 50 lit. c KV; vgl. dazu Dubach/Marti/Spahn, S. 145 ff.). Ein Hinweis dafür, dass bei der Regelung besonderer Rechtsverhältnisse zum Staat, wie sie insbesondere das öffentliche Dienstverhältnis darstellt, nur herabgesetzte Anforderungen an das Erfordernis der Gesetzesform bestehen sollen, findet sich weder in der neuen Kantonsverfassung noch in der neuen Bundesverfassung, weshalb wohl auch insoweit nicht mehr auf die bisherige Lehre und Rechtsprechung abgestellt werden kann (vgl. dazu namentlich Rainer J. Schweizer, Zur Nachführung des Legalitätsprinzips, in: Mélanges Pierre Moor, Bern 2005, S. 517 ff., insbesondere S. 527). Die Regelung des Amtsauftrags der Lehrerinnen und Leh-
rer, welcher die verschiedenen Arbeitsleistungen der Lehrpersonen umschreibt, müsste somit aufgrund der neuen Kantonsverfassung auf Gesetzesstufe erfolgen. Dass heute lediglich eine auf einer gesetzlichen Ermächtigung beruhende Regelung auf Dekretsstufe besteht, wie dies früher zulässig war, ändert an der Gültigkeit dieser Bestimmung jedoch nichts, da gemäss Art. 119 Abs. 1 KV Erlasse, die von einer nicht mehr zuständigen Behörde in einem nicht mehr zulässigen Verfahren geschaffen worden sind, vorläufig (bis zur Anpassung an das neue Recht) in Kraft bleiben (vgl. dazu Dubach/ Marti/Spahn, S. 319 f.). Die Anpassung an das neue Recht ist bereits eingeleitet worden, ist doch eine Totalrevision des Schulgesetzes im Gang, bei welcher auf den Erlass eines Schuldekrets verzichtet werden soll.
Die Arbeitsverpflichtung der Lehrpersonen ist gestützt auf die erwähnten gesetzlichen Bestimmungen in den §§ 43a ff. SchulD näher geregelt. Sie besteht insbesondere aus der Unterrichtsverpflichtung gemäss § 44a SchulD, welche auch eine Teamverpflichtung enthält, sowie aus weiteren Verpflichtungen, welche auch die unterrichtsfreie Zeit betreffen, und im sogenannten Amtsauftrag in § 43a SchulD umfassend umschrieben werden. Danach gilt folgendes:
Nebst der Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung des Unterrichts sind die Lehrer insbesondere zur Fortund Weiterbildung, zur Teamarbeit, zur Mitwirkung an Schulentwicklungsprojekten und Gemeinschaftsaufgaben, zur Zusammenarbeit mit Erziehungsberechtigten und Behörden sowie zur Übernahme von administrativen Aufgaben verpflichtet.
Die detaillierte Regelung des Amtsauftrages obliegt dem Erziehungsrat, die konkrete Organisation der Aufgabenerfüllung den Schulbehörden bzw. den Schulen.
Daneben sieht § 45 SchulD vor, dass die Schulbehörde Lehrer verpflichten kann, Klassen-, Sportund Ferienlager oder andere Veranstaltungen für öffentliche Schulen während der Schuloder Ferienzeit zu leiten. § 51 SchulD hält schliesslich fest, dass die obligatorischen Fortbildungskurse, welche der Erziehungsrat anordnen kann (Art. 65 SchulG), auch in der schulfreien Zeit angesetzt werden können, für den einzelnen Lehrer jedoch nicht mehr als zwölf Tage im Laufe eines Schuljahrs (vgl. zum Ganzen bzw. zu ähnlichen Regelungen der Lehrerpflichten in anderen Kantonen auch Herbert Plotke, Schweizerisches Schulrecht, 2. A., Bern/Stuttgart/Wien 2003, S. 626 ff., mit weiteren Hinweisen).
Die entsprechenden Vorschriften regeln die Arbeitsverpflichtung der Lehrer grundsätzlich umfassend und abschliessend, zumal sie keine Ermächtigung zur Einführung weiterer Verpflichtungen auf Verordnungsstufe enthalten. Für die nähere Regelung des Amtsauftrags enthält § 43a Abs. 2 SchulD freilich eine Rechtsetzungsdelegation an den Erziehungsrat. Dieser ist
also befugt und verpflichtet, den in § 43a SchulD geregelten Amtsauftrag zu konkretisieren. Der Erziehungsrat hat gestützt auf diese Bestimmung den Beschluss betreffend den Amtsauftrag der Lehrkräfte vom 6. Mai 1998 (Amtsauftragsbeschluss) gefasst. Dieser ist zwar nur im Schulblatt der Kantone Schaffhausen und Thurgau 1998 Nr. 6 publiziert worden, doch ändert dies grundsätzlich nichts an dessen Verbindlichkeit (vgl. heute jedoch Art. 47 Abs. 1 KV [Pflicht zur Aufnahme von Rechtsetzungsakten in die Rechtssammlung] und dazu Dubach/Marti/Spahn, S. 133 ).
Der Amtsauftragsbeschluss sieht folgendes vor: Die Lehrkräfte erfüllen einen Gesamtauftrag gemäss der Gesetzgebung, den Bildungszielen, den Lehrplänen und den weiteren Anforderungen der jeweiligen Bildungsinstitutionen (Ziff. I). Die Gesamtarbeitszeit der Lehrkräfte umfasst die Aufträge des Amtsauftrags, wobei zwischen Unterrichtszeit (Lektionenverpflichtung) und der unterrichtsfreien Arbeitszeit unterschieden wird. Die Gesamtarbeitszeit entspricht der Jahresarbeitszeit vergleichbarer Angestellter des öffentlichen Diensts, wobei die zeitliche Belastung gemäss den besonderen organisatorischen Rhythmen der Schule variiert und die Lektionenverpflichtung Dienstalter, Besonderheiten der Stufe und der Fächer, der Klassenzusammensetzung und ausserordentliche Aufgaben (Funktionen und/oder Ämter) an der Schule berücksichtigt (Ziff. II). Ziff. III des Amtsauftragsbeschlusses regelt sodann die in der Unterrichtszeit bzw. in der unterrichtsfreien Zeit zu erledigenden Aufgaben. Dabei wird zwischen dem Kernauftrag (Aufgaben im Zusammenhang mit dem Unterricht inkl. Teamarbeit und Weiterbildung) und den weiteren Aufträgen unterschieden. Zu den letzteren gehören (nicht abschliessende Aufzählung mit Anfügung von wichtigen Beispielen):
Mitarbeit bei Schulentwicklung, Konferenzen, Gemeinschaftsaufgaben und Spezialaufgaben
Erledigung administrativer Aufgaben
Übernahme von Funktionen und Ämtern
Bezüglich der weiteren Aufträge wird sodann angeordnet, dass diese in der Regel in der unterrichtsfreien Zeit zu erfüllen seien. Die Organisation der weiteren Aufträge sei Sache der Schulen und Schulgemeinden (entsprechend
§ 43a Abs. 2 SchulD), wobei diese die Präsenzverpflichtung für diese Aufgaben selbst zu regeln hätten. Für zeitaufwendige Funktionen permanente Ämter seien Pensenregelungen zu ermöglichen und/oder Entschädigungen zu entrichten. Der Kanton und/oder die Schulen bzw. Schulgemeinden hätten die weiteren notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen. Ferner seien auch Teilzeitlehrkräfte zur Mitarbeit verpflichtet.
Hieraus ergibt sich, dass der Erziehungsrat im Amtsauftragsbeschluss gestützt auf die Ermächtigung von § 43a Abs. 2 SchulD und in deren Rahmen das Ausmass der Arbeitspflicht für die in § 27 Abs. 1 LV primär angesprochenen weiteren Aufträge bereits geregelt hat. Insbesondere kann der Regierungsrat unbestrittenerweise keine zusätzlichen Verpflichtungen für Lehrpersonen einführen, weshalb der nicht angefochtene, zum Teil wie die Gesuchsteller zu Recht kritisieren sehr unbestimmt abgefasste § 27 Abs. 1 LV jedenfalls nur deklaratorische Bedeutung haben kann und im Sinn der Vorschriften des Schuldekrets bzw. des Amtsauftragsbeschlusses des Erziehungsrats ausgelegt werden muss. Der Amtsauftragsbeschluss umschreibt die Aufgaben der Lehrer jedoch nicht nur in inhaltlicher, sondern auch in zeitlicher Hinsicht grundsätzlich abschliessend. So ist es nach diesem Beschluss Sache der Schulen bzw. Schulgemeinden, die entsprechenden Präsenzverpflichtungen festzulegen, wobei sie zeitaufwendige Funktionen permanente Ämter bei der Pensenregelung zu berücksichtigen haben und allenfalls Entschädigungen ausrichten müssen. Dieser Regelung können zwar keine festen zeitlichen Grenzen entnommen werden, doch wird für zeitaufwendige Funktionen permanente Ämter eine Berücksichtigung bei der Pensenregelung und/ eine Entschädigung vorgesehen. Die entsprechenden unbestimmten Rechtsbegriffe und Anordnungen müssen in einem Streitfall gegebenenfalls von den zuständigen Schulbehörden bzw. vom Erziehungsrat konkretisiert werden.
Eine Regelung, welche eine fixe Grenze von zehn Tagen für die in § 27 Abs. 1 LV genannten Aufgaben schafft und hiefür jegliche Entschädigung ausschliesst (§ 31 Abs. 2 LV), verträgt sich nicht mit der dargestellten Regelung und kann sich im Unterschied zu dieser auch nicht auf eine gesetzliche Ermächtigung stützen, zumal eine Regelung der zeitlichen Beanspruchung der Lehrpersonen in den Schulferien bzw. in der unterrichtsfreien Zeit wie dargelegt bereits in dem auf § 43a Abs. 2 SchulD gestützten Amtsauftragsbeschluss besteht und daher insoweit die allgemeinen Vorschriften bzw. Delegationsnormen des Personalgesetzes, auf welche sich die angefochtene Bestimmung stützt, gemäss den ausdrücklichen Koordinationsvorschriften von Art. 1 Abs. 2 PG und Art. 55 Abs. 2 SchulG zum vorneherein nicht zum Zug kommen können. Insoweit besteht auch ein grundlegender Unterschied zu den übrigen Regelungen zur Arbeitzeit in den §§ 23 ff. LV (insbesondere bezüglich Unterrichtszeiten, Überstunden, Feiertagen, Ferien, Umwandlung
13. Monatslohn, Urlaubsgewährung), für welche Fragen jedenfalls soweit ersichtlich in den schulrechtlichen Bestimmungen keine besonderen Vorschriften und Ermächtigungsnormen bestehen.
Selbst wenn die vom Erziehungsrat vorgenommene Regelung über die Inanspruchnahme der Lehrpersonen in der unterrichtsfreien Zeit ent-
gegen der vom Obergericht vertretenen Auffassung - unvollständig wäre, würde im übrigen wohl die besondere Rechtsetzungsdelegation an den Erziehungsrat in § 43a Abs. 2 SchulD eine Regelung durch den Regierungsrat gestützt auf die allgemeinen Delegationsnormen des Personalgesetzes ausschliessen. Eine solche Lücke müsste vielmehr aufgrund des bestehenden Rechts bzw. des erwähnten Rechtsetzungsauftrags in § 43a Abs. 2 SchulD vom Erziehungsrat gefüllt werden. An der Einhaltung dieser Kompetenzordnung haben die Gesuchsteller insbesondere auch deshalb ein verständliches Interesse, als sie im Erziehungsrat von Amts wegen vertreten sind (Art. 70 Abs. 2 SchulG). Angesichts der gegebenen spezialgesetzlichen Kompetenzordnung kann sich der Regierungsrat im übrigen bezüglich der zeitlichen Regelung zum sogenannten Amtsauftrag selbstredend auch nicht auf die allgemeine Kompetenz zum Erlass von Vollzugsverordnungen stützen (vgl. Art. 67 lit. e KV und dazu Dubach/Marti/Spahn, S. 208). Die angefochtene Bestimmung von § 27 Abs. 2 LV ist somit in Gutheissung des vorliegenden Normenkontrollgesuchs aufzuheben.
Da die angefochtene Bestimmung schon mangels Rechtsetzungskompetenz des Regierungsrats aufgehoben werden muss, erübrigt sich die Prüfung der weiteren, von den Gesuchstellern erhobenen Rüge, wonach § 27 Abs. 2 LV eine unzulässige Schlechterstellung gegenüber vergleichbaren Angestellten des öffentlichen Diensts darstelle.
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