Zusammenfassung des Urteils Nr. 60/2019/5: Obergericht
Der Beschwerdeführer wandte sich an die Kantonspolizei Zürich, nachdem er von einem unbekannten Mann mit einer Nadel in die Hand gestochen worden war. Er vermutete, dass er möglicherweise mit HIV infiziert worden sein könnte. Die Strafuntersuchung wurde jedoch eingestellt, da kein hinreichender Tatverdacht auf eine Straftat durch Drittpersonen bestand. Der Beschwerdeführer legte Beschwerde gegen die Einstellung ein, doch das Obergericht des Kantons Zürich wies die Beschwerde ab und verurteilte den Beschwerdeführer zur Zahlung von Gerichtskosten in Höhe von CHF 1'200.-.
Kanton: | SH |
Fallnummer: | Nr. 60/2019/5 |
Instanz: | Obergericht |
Abteilung: | - |
Datum: | 24.09.2019 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Anfechtung von Rückweisungsentscheiden; intertemporal anwendbares Recht; Verhältnis von gleichlautendem kantonalem und kommunalem Recht - Art. 16 Abs. 1bis VRG; aArt. 35 Abs. 1 BauG; Art. 35 Abs. 1 BauG; Art. 8 Abs. 1 BauO Schaffhausen. Bei einem Rückweisungsentscheid handelt es sich um einen Zwischenentscheid, der nur angefochten werden kann, wenn ein nicht wieder gutzumachender Nachteil droht. Ein solcher ist zu bejahen, wenn die Sache mit verbindlichen Vorgaben, welche die untere Instanz bei ihrem neuen Entscheid befolgen muss, zurückgewiesen wird und dieser insofern kein Entscheidungsspielraum mehr bleibt (E. 1.1). Es sind keine zwingenden Gründe für eine sofortige Anwendung des seit 1. Januar 2019 geltenden Art. 35 Abs. 1 BauG ersichtlich (E. 4.2). Kantonales Recht geht entgegenstehendem kommunalem Recht vor. Bei gleichlautendem kantonalem und kommunalem Recht ist beim Entscheid über die Rechtsfolgen auf den konkreten Einzelfall abzustellen. Dabei sind namentlich die Entstehungsgeschichte der beiden identischen Bestimmungen, der Wille der historischen (kommunalen und kantonalen) Gesetzgeber, der (mutmassliche) Wille der aktuellen Gesetzgeber sowie die Umstände der Aufhebung der kantonalen Norm zu berücksichtigen (E. 5.1). Art. 8 Abs. 1 BauO Schaffhausen, der eine gute Gesamtwirkung für Bauten, Anlagen und deren Umschwung vorschreibt, gilt nach Inkrafttreten des neuen Art. 35 Abs. 1 BauG weiterhin (E. 6.3). |
Schlagwörter : | Gesamtwirkung; Recht; Stadt; Bauordnung; Schaffhausen; Gesetzgeber; Kanton; Hinweis; Entscheid; Regierungsrat; Hinweise; Gemeinde; Hinweisen; Inkrafttreten; Stadtrat; Regel; Baugesetz; Kantons; Regelung; Gemeinden; Vorschrift; Umgebung; Baubewilligung; Umgebungs; Wille; Umgebungsgestaltung; Verfahren |
Rechtsnorm: | Art. 5 BV ; |
Referenz BGE: | 127 II 209; 138 I 454; 139 II 470; 139 III 368; 140 I 381; 141 II 169; 141 II 393; 144 V 210; 144 V 280; 96 I 758; |
Kommentar: | Bernhard Waldmann, Basler Kommentar zur Bundesverfassung, Art. 49 BV, 2015 Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Art. 16 Abs. 1bis VRG; aArt. 35 Abs. 1 BauG; Art. 35 Abs. 1 BauG; Art. 8 Abs. 1
BauO Schaffhausen.
Bei einem Rückweisungsentscheid handelt es sich um einen Zwischenentscheid, der nur angefochten werden kann, wenn ein nicht wieder gutzumachender Nachteil droht. Ein solcher ist zu bejahen, wenn die Sache mit verbindlichen Vorgaben, welche die untere Instanz bei ihrem neuen Entscheid befolgen muss, zurückgewiesen wird und dieser insofern kein Entscheidungsspielraum mehr bleibt (E. 1.1).
Es sind keine zwingenden Gründe für eine sofortige Anwendung des seit 1. Januar 2019 geltenden Art. 35 Abs. 1 BauG ersichtlich (E. 4.2).
Kantonales Recht geht entgegenstehendem kommunalem Recht vor. Bei gleichlautendem kantonalem und kommunalem Recht ist beim Entscheid über die Rechtsfolgen auf den konkreten Einzelfall abzustellen. Dabei sind namentlich die Entstehungsgeschichte der beiden identischen Bestimmungen, der Wille der historischen (kommunalen und kantonalen) Gesetzgeber, der (mutmassliche) Wille der aktuellen Gesetzgeber sowie die Umstände der Aufhebung der kantonalen Norm zu berücksichtigen (E. 5.1).
Art. 8 Abs. 1 BauO Schaffhausen, der eine gute Gesamtwirkung für Bauten, Anlagen und deren Umschwung vorschreibt, gilt nach Inkrafttreten des neuen Art. 35 Abs. 1 BauG weiterhin (E. 6.3).
OGE 60/2019/5 vom 24. September 2019 Veröffentlichung im Amtsbericht
SachverhaltDer Stadtrat Schaffhausen bewilligte am 19. Juni 2018 ein privates Bauvorhaben teilweise unter Bedingungen und Auflagen; er verlangte namentlich Nachbesserungen bei der Umgebungsgestaltung. Der Regierungsrat des Kantons Schaffhausen hiess den von der Baugesuchstellerin gegen diesen Entscheid erhobenen Rekurs am 19. März 2019 gut. Er war zum Schluss gelangt, die Umgebungsgestaltung erreiche die erforderliche befriedigende Gesamtwirkung. Der Regierungsrat hob deshalb die angefochtene Baubewilligung teilweise auf und wies die Sache zur erneuten Entscheidfällung im Sinne der Erwägungen an die Stadt Schaffhausen zurück. Diese gelangte am 8. April 2019 mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Obergericht, das die Beschwerde guthiess.
Aus den Erwägungen 1.1. Gegen Rekursentscheide des Regierungsrats können die Betroffenen Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Obergericht erheben (Art. 44 Abs. 1 lit. a des Justizgesetzes vom 9. November 2009 [JG, SHR 173.200]).Beim angefochtenen Beschluss handelt es sich um einen Zwischenentscheid, mit dem das Verfahren nicht abgeschlossen, sondern an die Beschwerdeführerin zurückgewiesen wird. Zwischenentscheide können nur angefochten werden, wenn ein nicht wieder gutzumachender Nachteil droht (vgl. Art. 16 Abs. 1bis des Gesetzes über den Rechtsschutz in Verwaltungssachen vom 20. September 1971 [Verwaltungsrechtspflegegesetz, VRG, SHR 172.200], der praxisgemäss auch im Verwaltungsgerichtsverfahren sinngemäss angewandt wird; vgl. statt vieler OGE 60/2018/17 vom 18. Dezember 2018 E. 1.1). Der Nachteil muss so beschaffen sein, dass er auch in einem für die beschwerdeführende Partei günstigen Endentscheid nicht mehr behoben werden kann. Die blosse Verzögerung Verteuerung des Verfahrens stellt für sich allein keinen nicht wieder gutzumachenden Nachteil dar (zum Ganzen OGE 60/2017/23 vom 25. Mai 2018 E. 1.2.1 mit Hinweisen; ferner statt vieler BGer 1C_370/2018 vom 6. März 2019 E. 2 f. mit Hinweisen).
Ein Rückweisungsentscheid, mit dem die Sache zu neuer Abklärung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen wird, bewirkt in der Regel keinen nicht wieder gutzumachenden Nachteil, sondern führt bloss zu einer Verlängerung des Verfahrens. Anders verhält es sich, wenn die Sache mit verbindlichen Vorgaben, welche die untere Instanz bei ihrem neuen Entscheid befolgen muss, zurückgewiesen wird, und ihr insofern kein Entscheidungsspielraum mehr bleibt (statt vieler BGer 8C_878/2018 vom 21. August 2019 E. 1 mit Hinweisen). Diesfalls wird die untere Instanz durch die materiellen Anordnungen gezwungen, einen ihres Erachtens rechtswidrigen Entscheid zu erlassen, den sie in der Folge nicht mehr anfechten kann (zum Ganzen BGE 144 V 280 E. 1.2 S. 283; BGer 2C_424/2019 vom 18. Juli 2019 E. 2.3 und 1C_222/2018 vom 21. März 2019 E. 1.3.2; je mit Hinweisen).
Der Regierungsrat gelangte im angefochtenen Rekursentscheid zum Ergebnis, dass die streitgegenständliche Umgebungsgestaltung den Anforderungen des gemäss seiner Ansicht nach anwendbaren Art. 35 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Raumplanung und das öffentliche Baurecht im Kanton Schaffhausen vom
1. Dezember 1997 (Baugesetz, BauG, SHR 700.100]) in der Fassung vom 1. Januar 2019 genüge, weshalb die Beschwerdeführerin der privaten Beschwerdegegnerin die Bewilligung für die nachträgliche Umgebungsgestaltung zu Unrecht verweigert habe. Er hob die Baubewilligung in diesem Punkt auf und wies die
Sache zu neuem Entscheid im Sinne der Erwägungen an die Beschwerdeführerin zurück. Dieser bleibt bei dieser Ausgangslage kein eigener Ermessensspielraum mehr, weshalb ein nicht wieder gutzumachender Nachteil im Sinne von Art. 16 Abs. 1bis VRG zu bejahen ist.
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Zwischen den Parteien strittig ist im Wesentlichen das Verhältnis zwischen Art. 8 Abs. 1 der Bauordnung für die Stadt Schaffhausen vom 10. Mai 2005 (BauO, RSS 700.1) und Art. 35 Abs. 1 BauG.
Der Regierungsrat erwog im angefochtenen Beschluss, mit dem neuen Art. 35 Abs. 1 BauG habe die Regelung betreffend Gesamtwirkung liberaler werden sollen. Die Gemeinden könnten neu entscheiden, ob sie eine befriedigende eine gute Gesamtwirkung verlangten. Ohne ausdrückliche Regelung gelte das kantonale Recht.
Die streitgegenständliche Baubewilligung sei vor Inkrafttreten des geltenden Art. 35 Abs. 1 BauG erlassen worden, eine spezielle übergangsrechtliche Regelung fehle. Da das neue Recht für die gesuchstellende private Beschwerdegegnerin milder sei und so verfahrensökonomische Leerläufe verhindert werden könnten, sei das neue Recht anwendbar.
Es stelle sich die Frage, ob Art. 8 Abs. 1 BauO eine eigenständige Wirkung zukomme, obwohl diese Bestimmung zu einem Zeitpunkt erlassen worden sei, zu dem eigene, vom kantonalen Recht abweichende kommunale Regelungen noch nicht zulässig gewesen seien. Dagegen spreche der gesetzgeberische Wille, mit der Anpassung von Art. 35 Abs. 1 BauG verzögernde Rechtsmittelverfahren, in denen allein die gute Gesamtwirkung bestritten werde, möglichst zu vermeiden. Dies spreche für einen Vorrang von Art. 35 Abs. 1 BauG, da andernfalls dieser gesetzgeberische Wille vereitelt werde. Zudem wiesen die Erläuterungen zu Art. 8 Abs. 1 BauO ausdrücklich darauf hin, dass dieser der Formulierung von Art. 35 Abs. 1 BauG in der damaligen und bis Ende 2018 geltenden Fassung vom 1. Januar 1999 (aArt. 35 Abs. 1 BauG) entspreche. Art. 8 Abs. 1 BauO komme somit rein deklaratorische Funktion zu. Den Gemeinden sei es unter dem alten Recht ohnehin nicht gestattet gewesen, eine eigenständige Regelung zur Gesamtwirkung zu erlassen. Ein bewusster Entscheid für eine abweichende Regelung habe deshalb beim Erlass von Art. 8 Abs. 1 BauO gar nicht getroffen werden können. Es sei am zuständigen städtischen Organ zu entscheiden, ob es inskünftig weiterhin eine gute nur noch eine befriedigende Gesamtwirkung verlangen wolle. Solange dies nicht geschehen sei, habe Art. 8 Abs. 1 BauO keine eigenständige Wirkung.
Die Beschwerdeführerin bringt vor, das kantonale Baugesetz belasse den Gemeinden im Baurecht eine teils erhebliche Autonomie. Dies gelte namentlich für Art. 35 Abs. 1 BauG. Der Entscheid des Regierungsrats greife daher in einer Art und Weise in die Gemeindeautonomie ein, wie es vom kantonalen Gesetzgeber offensichtlich nicht beabsichtigt worden sei. Die Tatsache, dass der kommunale Gesetzgeber im Wissen um die rein deklaratorische Bedeutung von Art. 8 Abs. 1 BauO diese Bestimmung dennoch in die Bauordnung aufgenommen habe, zeige, dass die gute Gesamtwirkung dem politischen Willen entsprochen habe. Mit dem neuen Art. 35 Abs. 1 BauG sei Art. 8 Abs. 1 BauO von einer deklaratorischen zu einer normativen Bestimmung geworden, die auf kommunaler Ebene von keiner Seite infrage gestellt werde. Folgte man der Argumentation des Regierungsrats, müsste der Grosse Stadtrat Schaffhausen, um eine gute Gesamtwirkung vorzuschreiben, den Ästhetikartikel der Bauordnung erneut verabschieden bzw. bestätigen, ohne daran auch nur eine einzige Änderung vorzunehmen. Ein solches Vorgehen wäre nicht nur eine Vergeudung von Ressourcen, sondern auch sinnund zwecklos und daher geradezu willkürlich. Die Einschätzung des Regierungsrats komme überdies sehr unerwartet. Die Gemeinden hätten bis anhin davon ausgehen dürfen, die Anforderung der guten Gesamtwirkung gelte weiterhin, wenn dies in ihren Bauordnungen so vorgesehen gewesen sei. Durch die abrupte Änderung in der Rechtslage würden die Anforderungen nun vorübergehend gesenkt, nur um in ein bis zwei Jahren wieder erhöht zu werden, wenn die Revision der Bauordnung stattfinden und die Bestimmung bezüglich guter Gesamtwirkung bestätigt würde. Diesem Umstand hätte der kantonale Gesetzgeber mit einer entsprechenden Übergangsfrist begegnen müssen, wenn es denn tatsächlich seine Intention gewesen sein sollte, die Bauordnungen der Gemeinden in diesem Punkt ausser Kraft zu setzen, bis sich diese erneut ausdrücklich zur guten Gesamtwirkungen bekennten.
Im Übrigen vermöge das Baugesuch auch den Anforderungen an eine befriedigende Gesamtwirkung nicht zu genügen.
Die private Beschwerdegegnerin führt an, die Auffassung, die rein deklaratorische Regelung in Art. 8 Abs. 1 BauO habe mit dem Inkrafttreten des revidierten Art. 35 Abs. 1 BauG am 1. Januar 2019 normative Geltung erlangt, widerspreche dem Legalitätsprinzip. Dieser Grundsatz habe zu seinem Hauptanliegen, alle Verwaltungstätigkeit an das durch korrektes gesetzgeberisches Verfahren erlassene Gesetz zu binden. Wenn sich ein Verwaltungsakt auf eine Norm stütze, die sich bereits vor einer rechtsgültigen Delegation im Gesetz befunden habe, sei jene nicht durch ein korrektes gesetzgeberisches Verfahren nach der rechtlichen Delega-
tionserlaubnis entstanden, sondern bereits davor. Dies widerspreche höherrangigem Recht und die Anwendung dieser Norm dem Gesetzmässigkeitsprinzip, was ihre Nichtigkeit zur Folge habe.
Die ausgeführte Umgebungsgestaltung erziele indes unter Würdigung aller massgebenden Gesichtspunkte ohnehin eine gute Gesamtwirkung.
Vorab stellt sich die Frage des anwendbaren Rechts.
Vorbehältlich besonderer übergangsrechtlicher Regelungen sind in zeitlicher Hinsicht grundsätzlich diejenigen Rechtssätze massgeblich, die im Zeitraum der Verwirklichung des zu Rechtsfolgen führenden Sachverhalts in Kraft standen (statt vieler OGE 60/2018/19 vom 22. Februar 2019 E. 1.3). Anders verhält es sich mit den verfahrensrechtlichen Neuerungen. Diese sind mangels gegenteiliger Übergangsbestimmungen mit dem Tag des Inkrafttretens sofort und in vollem Umfang anwendbar (zum Ganzen statt vieler BGE 144 V 210 E. 4.3.1 S. 213 mit Hinweisen). Sprechen zwingende Gründe für die sofortige Anwendung des neuen Rechts, sind ausnahmsweise auch später eingetretene materielle Rechtsänderungen zu berücksichtigen (statt vieler BGer 2C_39/2018 vom 18. Juni 2019 E. 3.1 mit Hinweisen). Vorausgesetzt dafür wird indes, dass die neue Vorschrift einem erheblichen öffentlichen Interesse (bzw. einem intérêt public préponderant) entspricht und ihre Anwendung keinen Verzug duldet (statt vieler BGE 141 II 393 E. 2.4
S. 399). Dies trifft vor allem dann zu, wenn Vorschriften um der öffentlichen Ordnung willen zur Durchsetzung erheblicher öffentlicher Interessen erlassen worden sind. Zwingende Gründe für eine sofortige Anwendung des neuen Rechts hat das Bundesgericht insbesondere im Bereich des Gewässer-, Natur-, Heimatund Umweltschutzrechts als gegeben erachtet (vgl. etwa BGE 139 II 470 E. 4.2 S. 480 f. und 139 II 243 E. 11.1 S. 259).
Aus prozessökonomischen Gründen kann namentlich in baurechtlichen Fällen auf das neue Recht abgestellt werden, wenn dies für den Gesuchsteller vorteilhafter ist und ihm unter dessen Geltung die Baubewilligung erteilt werden kann (statt vieler BGer 1C_379/2016 vom 13. Juni 2017 E. 5.1 mit Hinweisen). Es führte zu nichts, eine Bewilligung aufzuheben, weil sie dem alten Recht widerspricht, während sie nach neuem Recht auf Gesuch hin zu erteilen wäre. Das Bundesgericht hat den Grundsatz der Anwendung des für die Privaten günstigeren Rechts als Ausdruck allgemeiner intertemporalrechtlicher Erwägungen angesehen (BGer 1C_397/2015 vom 9. August 2016 E. 3.3 mit Hinweisen).
Zwingende Gründe für eine sofortige Anwendung von Art. 35 Abs. 1 BauG sind nicht ersichtlich, umso mehr als Satz 2 dieser Bestimmung den Gemeinden die Möglichkeit einräumt, weiterhin an der unter altem Recht geltenden Rechtslage
die im Übrigen nach wie vor auch in anderen Kantonen gilt (vgl. etwa Art. 14 Abs. 1 des Baugesetzes des Kantons Bern vom 9. Juni 1985 [BauG, BSG 721.0],
§ 42 Abs. 1 des Gesetzes über Raumentwicklung und Bauwesen des Kantons Aargau vom 19. Januar 1993 [Baugesetz, BauG, SAR 713.100] und Art. 73 Abs. 1 des Raumplanungsgesetzes für den Kanton Graubünden vom 6. Dezember 2004 [KRG, BR 801.100]) festzuhalten. In der bundesgerichtlichen Praxis wurden zwingende Gründe für eine umgehende Anwendung des neuen Rechts denn auch vor allem sogar ausschliesslich dann bejaht, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen verschärft wurden (vgl. etwa BGE 139 II 470 E. 4.2 S. 480 f.; ferner BGE 127 II 209 E. 2b S. 211). Im Übrigen ist zwar mit dem Regierungsrat davon auszugehen, dass es öffentliche Interessen - namentlich solche wirtschaftlicher Natur gibt, die für eine Lockerung der Anforderungen an die Gesamtwirkung sprechen. Umgekehrt lassen sich jedoch ebenso öffentliche Interessen - namentlich solche städtebaulicher (ästhetischer) Natur anführen, die für eine Beibehaltung des bisherigen Rechts sprechen.
Um festzustellen, ob das neue Recht anzuwenden ist, weil unter dessen Geltung allenfalls die Baubewilligung erteilt werden könnte (auch diese Frage ist im vorliegenden Verfahren strittig), muss geprüft werden, ob Art. 35 Abs. 1 BauG in der Fassung vom 1. Januar 2019 Art. 8 Abs. 1 BauO derogiert ob diese kommunale Norm weiterhin bzw. zumindest seit Anfang 2019 eigenständige Wirkung entfaltet und somit vorliegend anwendbar ist.
Art. 8 Abs. 1 BauO entspricht mit Ausnahme des Zusatzes deren vor Umschwung wortwörtlich aArt. 35 Abs. 1 BauG.
Aus Verfassung sowie Gemeindegesetz ergibt sich und es gilt als allgemeiner Rechtsgrundsatz, dass kantonales Recht entgegenstehendem kommunalem Recht vorgeht (OGE 61/2010/2 vom 6. April 2011 E. 4, Amtsbericht 2011, S. 78: Kantonales Recht bricht kommunales Recht; vgl. Art. 105 der Kantonsverfassung (KV, SHR 101.000) sowie Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 des Gemeindegesetzes vom 17. August 1998 [GG, SHR 120.100]). Unklar ist, was bei gleichlautendem kantonalem und kommunalem Recht gilt.
Der Vorrang von Bundesrecht vor kantonalem (einschliesslich kommunalem) Recht ergibt sich aus Art. 3 und Art. 49 Abs. 1 der Bundesverfassung (BV, SR 101). Das Bundesgericht hat sich, soweit ersichtlich, noch nie zum Verhältnis dieser Bestimmungen geäussert (vgl. etwa BGE 138 I 454 E. 3.1 S. 456 f.; BGer 1C_518/2013 vom 1. Oktober 2014 E. 3.1, nicht publ. in: BGE 140 I 381). Auch die Botschaft des Bundesrats über eine neue Bundesverfassung vom 20. November 1996 äussert sich nicht dazu (vgl. namentlich BBl 1997 I 215 f.). In der Lehre wird zum Teil unterschieden nach Kompetenzund Normkonflikten. Abgesehen von den
Grundrechten ist umstritten, wie mit kantonalem Recht umzugehen ist, das mit Bundesrecht übereinstimmt. Die wohl herrschende Lehre geht davon aus, dass das kantonale Recht bestehen bleibt, ihm jedoch keine eigene Bedeutung zukommt, es mithin nicht anwendbar ist (Giovanni Biaggini, Orell Füssli Kommentar zur Bundesverfassung, 2. A., Zürich 2017, Art. 49 N. 10, S. 540; Häfelin/Haller/Keller/Thurnherr, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 9. A., Zürich/Basel/Genf 2016, Rz. 1183 f., S. 357; Alexander Ruch, in: Ehrenzeller/Schindler/Schweizer/Vallender [Hrsg.], St. Galler Kommentar zur Bundesverfassung, 3. A., St. Gallen 2014, Art. 49 N. 15, S. 1047, und N. 22, S. 1049; je mit Hinweisen). Auch das Bundesgericht ging in seiner älteren Praxis davon aus, dass mit Bundesrecht übereinstimmenden kantonalen Vorschriften keine selbständige Bedeutung zukommt (vgl. BGE 96 I 758 E. 1 S. 761 mit Hinweisen). Vertreten wird aber auch die Ansicht, dass solches kantonales Recht nichtig bzw. ungültig ist (Bernhard Waldmann, in: Waldmann/Belser/Epiney [Hrsg.], Basler Kommentar zur Bundesverfassung, Basel 2015, Art. 49 N. 29, S. 943 mit Hinweisen). Unklar und in der Doktrin strittig ist schliesslich, was mit gleichlautendem kantonalem Recht geschieht, wenn das entsprechende Bundesrecht aufgehoben wird, namentlich, ob das kantonale Recht dann wieder auflebt (Biaggini, Art. 49 N. 10, S. 540 mit Hinweisen). Dazu hat sich das Bundesgericht, soweit ersichtlich, bisher nicht geäussert.
Zumindest für den Kanton Schaffhausen rechtfertigt es sich, bei gleichlautendem kantonalem und kommunalem Recht beim Entscheid über die Rechtsfolgen auf den konkreten Einzelfall abzustellen. Dabei sind namentlich die Entstehungsgeschichte der beiden identischen Bestimmungen, der Wille der historischen (kommunalen und kantonalen) Gesetzgeber, der (mutmassliche) Wille der aktuellen Gesetzgeber sowie die Umstände der Aufhebung der kantonalen Norm zu berücksichtigen.
Die geltende Bauordnung für die Stadt Schaffhausen wurde vom Stadtrat auf den 1. Oktober 2006 in Kraft gesetzt, nachdem sie vom Regierungsrat mitsamt dem strittigen Art. 8 Abs. 1 BauO mit Beschluss vom 11. Juli 2006 im Sinne von Art. 6 Abs. 2 BauG genehmigt worden war (vgl. Art. 77 Abs. 1 BauO). Der am
1. Januar 1999 in Kraft getretene aArt. 35 Abs. 1 BauG war zu diesem Zeitpunkt bereits in Kraft. In den nicht rechtsverbindlichen Erläuterungen zu Art. 8 Abs. 1 BauO - nicht jedoch in dieser Bestimmung selbst wird denn auch darauf hingewiesen, dass die Formulierung aArt. 35 Abs. 1 BauG entspreche (vgl. zur Bedeutung von Materialien statt vieler BGE 139 III 368 E. 3.2 S. 372 f.). Im Übrigen wird festgehalten, die Gesamtwirkung werde in erster Linie geprägt durch die Dimensionierung und Stellung der Bauten, durch ihre Proportionen und ihr Verhältnis zu den benachbarten Bauten, in zweiter Linie durch die Umgebungsund
Freiraumgestaltung (< http://www.stadt-schaffhausen.ch/fileadmin/Red aktoren/ Dokumente/Baupolizei/Bauordnung_2005 Stand_1._August_2017_pdf >, letztmals besucht am 23. September 2019). Allerdings enthielt bereits die Bauordnung für die Stadt Schaffhausen vom 29. Oktober 1996 in Art. 10 eine Bestimmung, die Art. 8 Abs. 1 BauO inhaltlich im Wesentlichen entsprach und wie folgt lautete: Alle Bauwerke sind so in ihre bauliche und landschaftliche Umgebung einzufügen und in ihren Proportionen und Einzelheiten so zu gestalten, dass eine gute Gesamtwirkung erzielt wird. Diese Vorschrift wurde seinerzeit unverändert aus der Bauordnung der Stadt Schaffhausen vom 1. Juni 1982 übernommen, deren Art. 10 gleich lautete. Entgegen der Ansicht des Regierungsrats kann deshalb nicht einfach gesagt werden, der kommunale Gesetzgeber habe beim Erlass von Art. 8 Abs. 1 BauO gar keinen bewussten Entscheid treffen können. Vielmehr hatte der städtische Gesetzgeber bereits Jahre vor dem Inkrafttreten von Art. 8 Abs. 1 BauO und von aArt. 35 Abs. 1 BauG entschieden, eine gute Gesamtwirkung zu verlangen.
Der Vorlage des Stadtrats vom 20. Juni 2002 an den Grossen Stadtrat betreffend gesamthafte Überprüfung von Bauordnung und Zonenplan lässt sich zum Hintergrund von Art. 8 Abs. 1 BauO nichts entnehmen. In der zuständigen Spezialkommission des Grossen Stadtrats wurde anlässlich der Beratung von Art. 8 Abs. 1 BauO vom damaligen Stadtbaumeister angemerkt, die wörtliche Übernahme des Textes von aArt. 35 Abs. 1 BauG erfolge, weil die Bauwilligen in der Regel nicht das kantonale Baugesetz und die städtische Bauordnung zur Hand nehmen, wenn sie sich über das Vorgehen für die Einreichung eines Baugesuches orientieren wollen. Die Wiederholung des Textes aus dem Baugesetz geschah deshalb im Sinne einer gewissen Kundenfreundlichkeit. Auf die Frage eines Kommissionsmitglieds, wer über die gute Gesamtwirkung eines Projekts entscheide, erwiderte der frühere Stadtbaumeister unter anderem: Die Gestaltungsvorschriften der Bauordnung lassen einen sehr grossen Spielraum frei. Es sollen nur gewisse Auswüchse verhindert werden. Der an der Kommissionssitzung anwesende Rechtsberater hielt wenig später fest: Das Ästhetikgebot wird in der Praxis so gehandhabt, dass es eigentlich einem Verunstaltungsverbot entspricht. Es wird wirklich nur in Fällen von sehr extremen Wünschen bezüglich der Umgebungsgestaltung interveniert. Ein weiteres Kommissionsmitglied gab zu Protokoll: Nach meiner Meinung gibt es in unserer Stadt mehr Quartiere, die durch eine schlechte Umgebungsgestaltung negativ auffallen als durch unästhetische Bauten. Das gilt auch für einige Neubauquartiere. Deshalb muss es meines Erachtens eine Möglichkeit geben, um in allzu gravierenden Fällen seitens der Baubewilligungsbehörde eingreifen zu können (Protokoll der 17. Sitzung vom 24. Mai 2004, S. 4 f.). In ihrem Bericht an den Grossen Stadtrat vom 21. Dezember 2004 betreffend
Gesamthafte Überprüfung von Bauordnung und Zonenplan (Vorlage des Stadtrates vom 20. Juni 2002) äusserte sich die Spezialkommission nicht zu Art. 8 BauO, und im Grossen Stadtrat gab es zu Art. 8 BauO keine Wortmeldungen (vgl. Protokoll der 6./7. Sitzung vom 10. Mai 2005 S. 144 ff., insb. S. 167 f.).
Ins kantonale Recht wurde eine Ästhetikklausel erst mit dem Baugesetz vom 1. Dezember 1997 aufgenommen. Das frühere Baugesetz für den Kanton Schaffhausen vom 9. November 1964 (aBauG, OS 20, S. 271 ff.) enthielt noch keine Bestimmung zur Gesamtwirkung (vgl. Art. 28 ff. aBauG, insb. Art. 39 ff. aBauG). Es erlaubte den Gemeinden aber, im Rahmen ihrer Zuständigkeit über die kantonalen Mindestvorschriften hinausgehende Bestimmungen aufzustellen (Art. 28 Abs. 2 aBauG).
In der regierungsrätlichen Vorlage zum neuen Art. 35 Abs. 1 BauG war vorgesehen, dass Bauten, Anlagen und Umschwung grundsätzlich (nur) eine befriedigende Gesamtwirkung zu erreichen haben. Damit erhoffte man sich eine liberalere Bewilligungsund Gerichtspraxis sowie weniger zum Teil mehrere Jahre dauernde baurechtliche Verfahren (Bericht und Antrag des Regierungsrates des Kantons Schaffhausen vom 5. September 2017 an den Kantonsrat betreffend Teilrevision des Gesetzes über die Raumplanung und das öffentliche Baurecht im Kanton Schaffhausen, Amtsdruckschrift 17-81, S. 15). In der zuständigen Spezialkommission des Kantonsrats wurde der Antrag gestellt, Art. 35 Abs. 1 BauG unverändert zu belassen, da eine befriedigende Gesamtwirkung nicht genüge. Schliesslich einigte man sich im Sinne eines Kompromisses auf eine Ergänzung der Bestimmung, wonach die Gemeinden in ihren Bauordnungen eine gute Gesamtwirkung vorsehen können (Bericht und Antrag der Spezialkommission 2017/9 vom
18. Mai 2018 betreffend Teilrevision Baugesetz, Amtsdruckschrift 18-53, S. 3). Aus dem entsprechenden Protokoll der zuständigen Spezialkommission ergibt sich nichts mit Bezug auf die Frage, was geschehen sollte, wenn eine Gemeinde in ihrer Bauordnung bereits bisher eine gute Gesamtwirkung vorsah, ohne diese Bestimmung mit Inkrafttreten des neuen Art. 35 Abs. 1 BauG anzupassen zu bestätigen (Protokoll der 2. Kommissionssitzung vom 18. Januar 2018, S. 18 f.). Im Kantonsrat gab Art. 35 Abs. 1 BauG zu keinen Diskussionen mehr Anlass (vgl. Protokoll der 12. Sitzung vom 2. Juli 2018, S. 598 ff., insb. S. 606).
Aus den Materialien zur geltenden Bauordnung der Stadt Schaffhausen ergibt sich auf den ersten Blick nicht klar, ob der kommunale Gesetzgeber die kantonale Vorschrift zur Gesamtwirkung einzig der Kundenfreundlichkeit zuliebe in die Bauordnung aufnahm und dort bloss wiederholte, ob ihr neben der entsprechenden Bestimmung im Baugesetz eigenständige Wirkung zukommen sollte. Allerdings hatten bereits die beiden früheren städtischen Bauordnungen eine gute
Gesamtwirkung verlangt. Insofern kann nicht gesagt werden, erst die entsprechende kantonale Bestimmung (aArt. 35 Abs. 1 BauG) habe den kommunalen Gesetzgeber veranlasst, eine gute Gesamtwirkung vorzuschreiben. Dass der städtische Gesetzgeber mit der geltenden Bauordnung anders als in den mindestens zwei Jahrzehnten davor an sich nur noch eine befriedigende Gesamtwirkung zu fordern beabsichtigte, sich dann aber aufgrund der einige Jahre zuvor in Kraft getretenen kantonalen Ästhetikklausel trotzdem gezwungen sah, weiterhin eine gute Gesamtwirkung zu verlangen, ist abwegig, zumal es dafür keine Hinweise gibt. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass das Baurecht der Stadt Schaffhausen bereits (spätestens) seit 1983 eine gute Gesamtwirkung vorgeschrieben hatte, sind die Materialien zu Art. 8 Abs. 1 BauO vielmehr so zu verstehen, dass auf jeden Fall
das heisst unabhängig von der kantonalen Vorschrift weiterhin eine gute Gesamtwirkung verlangt werden sollte. Offen war bloss, ob vom Wortlaut her die bisherige kommunale Bestimmung, die neue kantonale Norm allenfalls eine andere Formulierung in die neue Bauordnung aufgenommen werden sollte. Der Einfachheit halber entschied man sich für die Wiederholung von aArt. 35 Abs. 1 BauG. Es gibt hingegen keinen Hinweis, dass damit lediglich deklaratorisch auf das kantonale Recht verwiesen werden sollte. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der kommunale Gesetzgeber gleichzeitig die bereits bisher in der städtischen Bauordnung enthaltene Vorschrift bezüglich guter Gesamtwirkung aufrechterhalten wollte, mithin auch Art. 8 Abs. 1 BauO eine eigenständige, vom kantonalen Recht unabhängige Wirkung zukommen sollte. So wurde denn auch eine entsprechende Bestimmung in die Bauordnung aufgenommen und nicht etwa bloss auf aArt. 35 Abs. 1 BauG verwiesen. Diese Vorschrift wird und wurde in Art. 8 Abs. 1 BauO überhaupt nicht erwähnt. Demgegenüber hatte der Regierungsrat diese Norm zusammen mit der städtischen Bauordnung vorbehaltlos genehmigt, ging mithin offenbar ebenfalls von deren Rechtsgültigkeit aus.
Die Entstehungsgeschichte von Art. 35 Abs. 1 BauG zeigt, dass der Kantonsrat zwar die Hürden für Baubewilligungen mit Bezug auf die zu erzielende Gesamtwirkung senken wollte. Gleichzeitig sollten die Gemeinden für ihr Gebiet aber nach wie vor das Erfordernis einer guten Gesamtwirkung vorbehalten können. Aus den Materialien zur Baugesetzesrevision lässt sich hingegen nichts ableiten mit Bezug auf die Frage, wie bisherige kommunale Bestimmungen zur Gesamtwirkung zu behandeln sind. Es gibt namentlich keinen Hinweis, dass auf jeden Fall ein neuer Beschluss des kommunalen Gesetzgebers notwendig sein sollte, um im kommunalen Baurecht weiterhin eine gute Gesamtwirkung zu verlangen, dass mithin alle entsprechenden, bis zum Inkrafttreten des neuen Art. 35 Abs. 1 BauG geltenden kommunalen Bestimmungen aufgehoben werden sollten.
Ob der Grosse Stadtrat und allenfalls die stimmberechtigte Bevölkerung der Stadt Schaffhausen heute im Fall einer entsprechenden Volksabstimmung für die Beibehaltung der bisherigen Regelung (gute Gesamtwirkung) die Übernahme der kantonalen Mindestvorschrift (befriedigende Gesamtwirkung) votieren würden, ist unbekannt. Mit der vorliegenden Beschwerde zeigt immerhin die Stadtexekutive, dass sie weiterhin das Erfordernis einer guten Gesamtwirkung favorisiert.
Ebenso, wie das städtische Parlament Art. 8 Abs. 1 BauO aufheben entsprechend Art. 35 Abs. 1 Satz 1 BauG anpassen könnte (oder dies auf Anfang 2019 hätte tun können), wenn es inskünftig eine befriedigende Gesamtwirkung genügen lassen wollte (bzw. ab Januar 2019 hätte genügen lassen wollen), könnte es mit einem die aktuelle Fassung von Art. 8 Abs. 1 BauO bestätigenden Beschluss zum Ausdruck bringen, dass es an der guten Gesamtwirkung festhalten möchte. Der Grundsatz der Rechtssicherheit spricht dafür, bis zu einem anderslautenden gesetzgeberischen Votum von der bisherigen Lösung auszugehen. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass in der Stadt Schaffhausen für höchstens einige wenige Jahre eine befriedigende Gesamtwirkung ausreichte, während zuvor (mindestens bis zum Inkrafttreten des neuen Art. 35 Abs. 1 BauG am 1. Januar 2019, allenfalls sogar bis zu einem rechtskräftigen, präjudiziellen Entscheid in der vorliegenden Sache) und danach (ab einer expliziten Bestätigung des bisherigen Art. 8 Abs. 1 BauO durch den Grossen Stadtrat allenfalls die städtische Stimmbevölkerung) eine gute Gesamtwirkung erforderlich (gewesen) wäre. Dies wäre auch unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung der Baugesuchsteller problematisch. Sollte der kommunale Gesetzgeber dagegen, anders als von 1983 bis 1998 (von 1999 bis 2018 war er ohnehin aufgrund des übergeordneten kantonalen Rechts dazu verpflichtet), keine gute Gesamtwirkung mehr vorschreiben, sondern eine befriedigende Gesamtwirkung genügen lassen wollen, könnte er ohne Weiteres Art. 8 Abs. 1 BauO aufheben diese Bestimmung entsprechend anpassen. Eine Gutheissung der Beschwerde führte in diesem Fall mithin bloss dazu, dass - nach (mindestens) rund 35 Jahren für höchstens einige weitere Jahre nach wie vor eine gute Gesamtwirkung erreicht werden müsste, während danach (bis auf Weiteres) eine befriedigende Gesamtwirkung genügte. Dies ist mit Blick auf die Rechtssicherheit und die Gleichbehandlung der Baugesuchsteller jedenfalls weniger problematisch.
Wie erwähnt gibt es indes keine Hinweise, dass der kommunale Gesetzgeber die für die Stadt Schaffhausen geltende Rechtslage betreffend Gesamtwirkung per Anfang 2019 hätte ändern wollen. Hätte er dies tun wollen, wäre angesichts der als bekannt vorauszusetzenden bevorstehenden Revision von Art. 35 Abs. 1 BauG zu erwarten gewesen, dass er Art. 8 Abs. 1 BauO per 1. Januar 2019 entsprechend
angepasst aufgehoben hätte. Dass der städtische Gesetzgeber wie offenbar der Regierungsrat - davon ausging, Art. 8 Abs. 1 BauO würde mit dem Inkrafttreten des neuen Art. 35 Abs. 1 BauG ohnehin derogiert bzw. nicht mehr anwendbar, und deshalb auf eine Anpassung Aufhebung von Art. 8 Abs. 1 BauO verzichtete, ist unwahrscheinlich, wie die obigen Ausführungen zeigen.
Nach dem Gesagten schreibt Art. 8 Abs. 1 BauO rechtsgültig eine gute Gesamtwirkung für Bauten, Anlagen und deren Umschwung vor.
An diesem Ergebnis würde sich im Übrigen nichts ändern, wenn davon ausgegangen würde, dass diese Bestimmung anfänglich lediglich deklaratorische Bedeutung hatte. Ebenso wenig könnte dies dazu führen, dass eine konstitutive bzw. normative Wirkung von Art. 8 Abs. 1 BauO zufolge der Aufhebung von aArt. 35 Abs. 1 BauG von vornherein ausgeschlossen wäre.
Zu verneinen ist schliesslich auch eine Verletzung des in Art. 5 Abs. 1 BV und Art. 7 Abs. 1 KV verankerten Legalitätsprinzips (vgl. dazu statt vieler BGE 141 II 169
E. 3.1 S. 171 mit Hinweis). Der privaten Beschwerdegegnerin ist zwar insofern zuzustimmen, als erst mit dem Inkrafttreten des neuen Art. 35 Abs. 1 BauG in Form von dessen Satz 2 (wieder) eine ausdrückliche Delegationsnorm zum Erlass einer kommunalen Ästhetikklausel, die eine gute Gesamtwirkung verlangt, besteht. Eine entsprechende Delegationsbefugnis enthält insbesondere Art. 7 BauG nicht. Da indes Art. 8 Abs. 1 BauO der kantonalen Bestimmung von aArt. 35 Abs. 1 BauG entsprach, konnte diese Vorschrift als rechtsgültige Delegationsnorm angesehen werden. Damit sind weder das dem Gesetzmässigkeitsprinzip innewohnende demokratische Anliegen der Sicherung der staatsrechtlichen Zuständigkeitsordnung noch das rechtsstaatliche Anliegen der Rechtsgleichheit, Berechenbarkeit und Voraussehbarkeit staatlichen Handelns gefährdet (vgl. vielmehr vorangehende E. 6.2).
Aus dem Gesagten ergibt sich somit, dass auf das streitgegenständliche Bauprojekt das im Zeitpunkt der Erteilung der Baubewilligung geltende Recht, namentlich Art. 8 Abs. 1 BauO, anzuwenden ist, wobei die genannte Bestimmung wie gezeigt auch nach dem Inkrafttreten von Art. 35 Abs. 1 BauG weiterhin anwendbar bleibt.
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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