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Urteil Obergericht (SH)

Zusammenfassung des Urteils Nr. 60/2015/36: Obergericht

Es geht um die Frage der Standortgebundenheit für Bauten ausserhalb der Bauzonen gemäss Art. 24 RPG und Art. 52 BauG. Es werden strenge Anforderungen an die Standortgebundenheit gestellt, die durch eine umfassende Interessenabwägung beurteilt wird. Die positive Standortgebundenheit erfordert objektive Gründe, die den Standort ausserhalb der Bauzone als vorteilhafter erscheinen lassen. Eine negative Standortgebundenheit ist nur in Ausnahmefällen denkbar, wenn keine geeignete Nutzungszone in der Region verfügbar ist. Eine umfassende Interessenabwägung ist erforderlich, um eine Ausnahmebewilligung gemäss Art. 24 RPG zu erhalten. Es wird betont, dass das Koordinationsgebot bei der Anwendung des materiellen Rechts eingehalten werden muss, um widersprüchliche Entscheidungen zu vermeiden.

Urteilsdetails des Kantongerichts Nr. 60/2015/36

Kanton:SH
Fallnummer:Nr. 60/2015/36
Instanz:Obergericht
Abteilung:-
Obergericht Entscheid Nr. 60/2015/36 vom 04.06.2019 (SH)
Datum:04.06.2019
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort: Baubewilligung; Ausnahmen für Bauten ausserhalb der Bauzonen; Standortgebundenheit; Interessenabwägung; Koordinationsgebot - Art. 24 und Art. 25a RPG; Art. 52 und Art. 66 BauG. An das Erfordernis der Standortgebundenheit für Bauten ausserhalb der Bauzonen sind strenge Anforderungen zu stellen. Eine negative Standortgebundenheit wegen einer fehlenden adäquaten Bauzone ist nur in ausgesprochenen Ausnahme-fällen denkbar. Die Bejahung der Standortgebundenheit im Sinne von Art. 24 lit. a RPG setzt eine umfassende Interessenabwägung voraus, die sich mit derjenigen nach Art. 24 lit. b RPG überschneidet (E. 6.2). Bei der Interessenabwägung im Sinne von Art. 24 lit. b RPG sind alle vom Projekt betroffenen öffentlichen und privaten Interessen zu berücksichtigen. In erster Linie sind dies die Anliegen der Raumplanung selbst, namentlich die Interessen des Um-welt-, Natur-, Landschafts- und Ortsbildschutzes, aber auch technische Aspekte (E. 7.2). Koordinationsgebot. Beim Waldabstand handelt es sich nicht um einen unter-geordneten Aspekt, der sich sinnvoll isoliert beurteilen lässt (E. 7.4).
Schlagwörter : Standort; Standortgebundenheit; Interesse; Interessen; Bauzone; Interessenabwägung; Raumplanung; Pfadiheim; Bauzonen; Hinweis; Planung; Hinweisen; Baute; Projekt; Aspekt; Zweck; Entscheid; Bauten; Anforderungen; Sinne; Planungspflicht; Muggli; Anlage; Natur; Ausnahmebewilligung
Rechtsnorm:-
Referenz BGE:133 II 181; 134 II 97; 136 II 214; 137 II 182; 138 II 570; 141 II 393;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts Nr. 60/2015/36

Baubewilligung; Ausnahmen für Bauten ausserhalb der Bauzonen; Standortgebundenheit; Interessenabwägung; Koordinationsgebot - Art. 24 und Art. 25a RPG; Art. 52 und Art. 66 BauG.

An das Erfordernis der Standortgebundenheit für Bauten ausserhalb der Bauzonen sind strenge Anforderungen zu stellen. Eine negative Standortgebundenheit wegen einer fehlenden adäquaten Bauzone ist nur in ausgesprochenen Ausnahmefällen denkbar. Die Bejahung der Standortgebundenheit im Sinne von Art. 24 lit. a RPG setzt eine umfassende Interessenabwägung voraus, die sich mit derjenigen nach Art. 24 lit. b RPG überschneidet (E. 6.2).

Bei der Interessenabwägung im Sinne von Art. 24 lit. b RPG sind alle vom Projekt betroffenen öffentlichen und privaten Interessen zu berücksichtigen. In erster Linie sind dies die Anliegen der Raumplanung selbst, namentlich die Interessen des Umwelt-, Natur-, Landschaftsund Ortsbildschutzes, aber auch technische Aspekte (E. 7.2).

Koordinationsgebot. Beim Waldabstand handelt es sich nicht um einen untergeordneten Aspekt, der sich sinnvoll isoliert beurteilen lässt (E. 7.4).

OGE 60/2015/36 vom 4. Juni 2019 Keine Veröffentlichung im Amtsbericht

Aus den Erwägungen 6.2. Gemäss Art. 24 lit. a des Bundesgesetzes über die Raumplanung vom

22. Juni 1979 (Raumplanungsgesetz, RPG, SR 700) und Art. 52 lit. a des Gesetzes über die Raumplanung und das öffentliche Baurecht im Kanton Schaffhausen vom 1. Dezember 1997 (Baugesetz, BauG, SHR 700.100) kann die Errichtung Zweckänderung zonenfremder Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen bewilligt werden, wenn (unter anderem) der Zweck der Bauten und Anlagen einen Standort ausserhalb der Bauzonen erfordert. An die Standortgebundenheit sind strenge Anforderungen zu stellen, da Art. 24 lit. a RPG dazu beiträgt, den raumplanerischen Grundsatz der Trennung von Bauund Nichtbaugebiet zu verwirklichen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts muss ein Bauvorhaben entweder positiv negativ standortgebunden sein. Der Begriff der positiven Standortgebundenheit bedeutet objektives Angewiesen-Sein auf eine bestimmte Lage, was sich aus technischen, betriebswirtschaftlichen aus Gründen der Bodenbeschaffenheit ergeben kann; subjektive Gründe finanzielle, persönliche Überlegungen der Bequemlichkeit fallen ausser Betracht. Dabei genügen

besonders gewichtige Gründe, die den beanspruchten Standort gegenüber Standorten innerhalb der Bauzone als erheblich vorteilhafter erscheinen lassen. Ausreichend ist somit die relative Standortgebundenheit. Die ebenfalls von Art. 24 RPG umfasste negative Standortgebundenheit setzt einzig voraus, das sich die geplante Nutzung nicht in einer Bauzone verwirklichen lässt (zum Ganzen BGE 136 II 214 E. 2.1 S. 218; BGer 1C_231/2018 vom 13. November 2018 E. 3.1 und 1C_604/2014 vom 12. Mai 2015 E. 2.3; je mit Hinweisen). Die Standortgebundenheit muss ausserdem einem aktuellen und tatsächlichen Bedarf entsprechen (Zaugg/Ludwig, Kommentar zum Baugesetz des Kantons Bern vom 9. Juni 1985, Band II, 4. A., Bern 2017, Art. 81 N. 11, S. 258 f.; Christoph Jäger, in: Griffel/Liniger/Rausch/Thurnherr [Hrsg.], Fachhandbuch Öffentliches Baurecht, Zürich 2016, Rz. 3.122, S. 134; Peter Hänni, Planungs-, Bauund besonderes Umweltschutzrecht, 6. A., Bern 2016, S. 226).

Angesichts der oft grosszügig dimensionierten und vielfältig nutzbaren Bauzonen sowie der Planungspflicht nach Art. 2 RPG (vgl. dazu etwa BGer 1C_405/2016 vom 30. Mai 2018 E. 3.1 und 1C_561/2016 vom 14. November 2017 E. 4.1) ist eine negative Standortgebundenheit wegen einer fehlenden adäquaten Bauzone nur in ausgesprochenen Ausnahmefällen denkbar. Die Frage nach der negativen Standortgebundenheit kann sich erst stellen, wenn für ein Bauvorhaben in der Region keine geeignete Nutzungszone zur Verfügung steht. Vor der Annahme einer negativen Standortgebundenheit ist deshalb die Eignung von Bauzonen in einem weiteren regionalen Umfeld zu prüfen (BGer 1C_312/2012 vom 17. April 2013

E. 2.4.1 mit Hinweisen; Muggli, in: Aemisegger/Moor/Ruch/Tschannen [Hrsg.], Praxiskommentar RPG: Bauen ausserhalb der Bauzone, Zürich 2017, Art. 24

N. 15, S. 171). Was unter den Begriffen weiteres regionales Umfeld bzw. Region zu verstehen ist und wie weit sie in räumlicher Hinsicht zu ziehen sind, hängt entscheidend von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab. Das betroffene Bauvorhaben soll seinen Zweck sinnvoll erfüllen können, was nicht mehr der Fall ist, wenn es sich zu weit vom ursprünglich geplanten Standort entfernt befindet. In welcher Entfernung von diesem anfänglich vorgesehenen Standort die Anlage noch zweckmässig ist, ist wiederum für jedes Projekt gesondert aufgrund der konkreten Verhältnisse zu bestimmen. Anders als die Beschwerdeführenden anzunehmen scheinen, ist mithin nicht erforderlich, dass die geplante Nutzung ganz generell in einer Bauzone nicht umsetzbar ist (vgl. VGer ZH VB.2011.00723 vom

15. März 2012 E. 4.6; VGer BE vom 27. Juni 1983 E. 4, publ. in BVR 1983

S. 470 ff.).

Die Bejahung der Standortgebundenheit setzt eine umfassende Interessenabwägung voraus, die sich mit derjenigen nach Art. 24 lit. b RPG überschneidet (BGE

141 II 245 E. 7.6.1 S. 253 f. mit Hinweisen; BGer 1C_561/2016 vom 14. November 2017 E. 5.3). Mithin sind bei der Interessenabwägung nach Art. 24 lit. b RPG auch Kriterien zu beachten, die bereits bei der Frage der Standortgebundenheit nach Art. 24 lit. a RPG zu berücksichtigen sind (BGE 136 II 214 E. 3.1 S. 220; BGer 1C_533/2010 vom 20. Juli 2011 E. 4.4.2). Sinnvollerweise werden daher die Anforderungen der Standortgebundenheit sowie fehlender (überwiegender) entgegenstehender Interessen in einer einzigen, umfassenden Standortevaluation und Interessenabwägung geprüft (so auch Muggli, Art. 24 N. 20, S. 175 f.).

      1. Die positive Standortgebundenheit des geplanten Pfadizentrums verneinte das Obergericht bereits im Entscheid vom 30. Dezember 2009. Bei den von den Beschwerdegegnern zur Bejahung der Standortgebundenheit angeführten Kriterien handelt es sich lediglich um subjektive Faktoren, die hier nicht berücksichtigt werden können. Objektive Gründe wie technische Voraussetzungen, betriebliche bzw. betriebswirtschaftliche Anforderungen die Bodenbeschaffenheit (für Beispiele vgl. Jäger, Rz. 3.120), welche die positive Standortgebundenheit zu begründen vermöchten, sind nicht ersichtlich (vgl. dazu auch VGer BE vom 27. Juni 1983

        E. 4, publ. in BVR 1983 S. 470 ff.; Arnold Marti, Urteilsbesprechung von BGer 1C_281/2015, ZBl 118/2017 S. 348 f. mit Hinweisen). Es ist nicht einzusehen, weshalb ein Pfadiheim nicht in einer Bauzone sollte verwirklicht werden können, wobei dafür eine Randlage in Waldnähe gewählt werden kann. Pfadiheime stehen denn auch regelmässig in Bauzonen, nicht zuletzt die vom privaten Beschwerdegegner erworbene (ehemalige) Christian-Morgenstern-Schule. Deren Standort in der Nähe der ehemaligen Pfadiliegenschaft Güetli zeigt entgegen der Ansicht des privaten Beschwerdegegners denn auch nicht die Standortgebundenheit von Pfadiheimen. Die Pfadfinder können ihre Übungen und weiteren Aktivitäten auch dann im Wald bzw. in der freien Natur ausüben, wenn das Pfadiheim nicht dort steht, selbst wenn dies selbstredend bequemer und zeitlich ökonomischer wäre.

      2. Die negative Standortgebundenheit ist grundsätzlich ebenfalls zu verneinen. Der Betrieb eines Pfadiheims ist zwar naturgemäss mit gewissen Emissionen verbunden, wie es beispielsweise auch für einen Jugendtreff Freizeitanlagen gilt. Lärmund andere Immissionen sind jedoch für sich allein nur ausnahmsweise bzw. in extremen Fällen ein Grund, eine negative Standortgebundenheit zu bejahen (vgl. etwa betreffend Schiessstände BGer 1A.183/2001 vom 18. September 2002 E. 6.7.1 mit Hinweisen, wobei mittlere und grössere Schiessanlagen wiederum nur aufgrund einer Nutzungsplanung bewilligt werden können [Planungspflicht], vgl. BGE 133 II 181 E. 5.2.1 S. 196, BGer 1C_561/2016 vom 14. November 2017 E. 4.2). Wenn schon das Umweltschutzrecht genügend Möglichkeiten gegen

        übermässige Störungen bietet, ist eine negative Standortgebundenheit zu verneinen (VGer ZH VB.2012.00336 vom 7. November 2012 E. 4.2 mit Hinweis). Im Gegensatz zu anderen Sportund Freizeitanlagen dürften die mit einem Pfadiheim zusammenhängenden Emissionen im Übrigen oft nicht direkt von diesem bzw. dessen unmittelbarer Umgebung ausgehen und damit die direkte Nachbarschaft stören, da die Pfadfinder ihre Aktivitäten regelmässig im Wald bzw. der freien Natur ausüben (selbst dann, wenn sich das Pfadiheim im Siedlungsgebiet befindet). Wie bereits erwähnt stehen denn auch verschiedenenorts Pfadiheime in der Bauzone.

        Eine negative Standortgebundenheit könnte dann bejaht werden, wenn im konkreten Fall in der weiteren regionalen Umgebung keine geeignete Parzelle in der Bauzone für die Verwirklichung des streitgegenständlichen Bauprojekts zur Verfügung stünde. Dieser Nachweis wurde jedoch (weiterhin) nicht erbracht ( ).

      3. Überdies ist zu berücksichtigen, dass es nicht Sinn der Ausnahmeregelung von Art. 24 RPG ist, eine Art. 15 RPG nicht genügende Nutzungsplanung zu ergänzen bzw. die erforderliche Nachbesserung der Planung überflüssig zu machen. Eine solche Ausnahmebewilligungspraxis widerspräche Art. 2 RPG (zur Planungspflicht vgl. etwa BGer 1C_405/2016 vom 30. Mai 2018 E. 3.1 und 1C_561/2016 vom 14. November 2017 E. 4.1). Fehlt an einem bestimmten Ort bzw. in einer gewissen Region bloss geeignetes Bauland, vermag dies deshalb noch keine negative Standortgebundenheit zu begründen (so auch Muggli, Art. 24 N. 15, S. 171). Im konkreten Fall beschloss der Grosse Stadtrat Schaffhausen, den Standort Brandtobel mittels Zonenplanänderung einzuzonen, was letztlich jedoch an den infolge der noch nicht genehmigten Revision des kantonalen Richtplans geltenden Einzonungsrestriktionen (vgl. Art. 38a RPG und Art. 52a Abs. 2 der Raumplanungsverordnung vom 28. Juni 2000 [RPV, SR 700.1] sowie dazu BGE 141 II 393

        1. 3 S. 399 f. und seitherige Rechtsprechung) scheiterte ( ). Damit wählten die zuständigen Behörden grundsätzlich das richtige Vorgehen angesichts des (mutmasslich) fehlenden geeigneten Grundstücks in der Bauzone (womit jedoch nichts mit Bezug auf die Zulässigkeit einer solchen Einzonung gesagt ist). Soll die geplante Baute dagegen gestützt auf Art. 24 RPG errichtet werden, stellt dies letztlich eine Umgehung bzw. jedenfalls eine Ersatzmassnahme gegenüber der Nutzungsplanung dar, die durch eine solche Ausnahmebewilligung aber gerade nicht ersetzt werden soll.

          Hatte es der Kanton Schaffhausen bis zu diesem Zeitpunkt unterlassen, das kantonale Baurecht und den kantonalen Richtplan den neuen bundesrechtlichen Vorgaben (Teilrevision des Raumplanungsgesetzes vom 15. Juni 2012, in Kraft seit

          1. Mai 2014, vgl. insb. Art. 8a RPG) anzupassen, kann dieses Versäumnis nicht ohne Weiteres dadurch kompensiert werden, dass eine Ausnahmebewilligung

        nach Art. 24 RPG erteilt wird. Dabei kann offenbleiben, ob für das streitgegenständliche Bauprojekt eine eigentliche Planungspflicht im Sinne von Art. 2 RPG besteht. Jedenfalls ist aber die Verhältnismässigkeit zu wahren und insbesondere die Dringlichkeit der fraglichen Baute zu berücksichtigen. Vorliegend ist dabei insbesondere zu beachten, dass der Bundesrat den modifizierten kantonalen Richtplan (Siedlungsentwicklung) am 10. April 2019 im Sinne von Art. 11 RPG genehmigt hat (vgl. BBl 2019 3098 f.).

      4. Bei der Frage der Standortgebundenheit bedarf es schliesslich wie erwähnt einer umfassenden Interessenabwägung (vgl. dazu sogleich E. 7.2).

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7.2. Eine Ausnahmebewilligung kann nur erteilt werden, wenn keine überwiegenden Interessen entgegenstehen (Art. 24 lit. b RPG und Art. 52 lit. b BauG). Die Entscheidbehörde hat eine umfassende Interessenabwägung vorzunehmen, in deren Rahmen alle vom Projekt betroffenen öffentlichen und privaten Interessen zu berücksichtigen sind. In erster Linie sind dies die Anliegen der Raumplanung selbst, namentlich die Interessen des Umwelt-, Natur-, Landschaftsund Ortsbildschutzes (vgl. insb. Art. 1 Abs. 2 lit. a RPG, ferner beispielhaft Muggli, Art. 24

N. 24, S. 176 f.), aber auch technische Aspekte. Nach Art. 3 Abs. 1 RPV haben die Behörden, denen bei der Erfüllung und der Abstimmung raumwirksamer Aufgaben Handlungsspielräume zustehen, alle berührten Interessen zu ermitteln, diese einzeln zu beurteilen und dabei besonders die Vereinbarkeit mit der anzustrebenden räumlichen Entwicklung und die möglichen Auswirkungen zu berücksichtigen sowie den Interessen aufgrund der Beurteilung im Entscheid möglichst umfassend Rechnung zu tragen; diese Interessenabwägung ist in der Begründung darzulegen (Art. 3 Abs. 2 RPV). Lenkender Massstab der vorzunehmenden umfassenden Interessenabwägung bilden nach den vorstehenden Ausführungen hauptsächlich die Planungsziele und Grundsätze des Raumplanungsgesetzes (Art. 1 und 3 RPG). Soweit das positive Verfassungsund Gesetzesrecht einzelne Aspekte der Interessenabwägung konkret regelt, ist vorweg zu klären, ob das Vorhaben mit diesen Vorschriften zu vereinbaren ist. Wenn dies zutrifft, ist die Abwägung aller zu berücksichtigenden Interessen koordiniert durchzuführen (zum Ganzen BGE 134 II 97 E. 3.1 S. 99 f.; BGer 1C_39/2017 vom 13. November 2017 E. 4.1 und

1C_877/2013 vom 31. Juli 2014 E. 3.2.1).

Innerhalb der Landwirtschaftszone ist insbesondere darauf zu achten, dass durch die Anlage keine erhebliche Zweckentfremdung des nicht überbaubaren Bodens erfolgt, was dem überwiegenden Interesse an der Aufrechterhaltung der Zweckbestimmung der entsprechenden Zone zuwiderlaufen würde (BGE 138 II 570 E. 4.3 S. 573).

In der Lehre wird sodann teilweise gefordert, als Teil der Interessenabwägung nach Art. 24 lit. b RPG sei auch darzulegen, dass zum gewählten Standort keine anderen, zwar ebenfalls im Nichtbaugebiet gelegenen, aber besser geeigneten Alternativstandorte bestünden, an denen sich das Vorhaben ebenfalls realisieren liesse (so Jäger, Rz. 3.131, S. 137).

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7.4. Das in Art. 25a RPG und Art. 66 BauG verankerte Koordinationsgebot verlangt, dass die Rechtsanwendung materiell koordiniert, das heisst inhaltlich abgestimmt wird, wenn für die Verwirklichung eines Projekts verschiedene materiellrechtliche Vorschriften anzuwenden sind und zwischen diesen Vorschriften ein derart enger Sachzusammenhang besteht, dass sie nicht getrennt und unabhängig voneinander angewendet werden dürfen. In solchen Fällen ist die Anwendung des materiellen Rechts überdies in formeller, verfahrensmässiger Hinsicht in geeigneter Weise zu koordinieren, um sich widersprechende Entscheide zu vermeiden. Namentlich ist zu gewährleisten, dass die verschiedenen koordinationspflichtigen Entscheide in einem einheitlichen Rechtsmittelverfahren angefochten werden können (zum Ganzen BGE 137 II 182 E. 3.7.4.1 S. 196; BGer 1C_236/2013 vom

4. Februar 2014 E. 3.1). Nachgelagerte Verfahren sind nur dann zulässig, wenn dies von der Sache her sinnvoll ist und sich daraus keine wesentlichen neuen Auswirkungen Änderungen für das Projekt ergeben ergeben können (zum Ganzen BGer 1C_615/2017 vom 12. Oktober 2018 E. 2.5 und 1C_658/2017 vom

18. September 2018 E. 3.3).

Beim Waldabstand handelt es sich nicht um einen untergeordneten Aspekt (wie etwa die Farbgebung der Fassaden andere Einzelheiten der Aussenraumgestaltung; vgl. BGer 1C_658/2017 vom 18. September 2018 E. 3.3 mit Hinweisen), der sich sinnvoll isoliert beurteilen lässt. Der angefochtene Beschluss verletzt daher auch die Koordinationspflicht.

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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