Zusammenfassung des Urteils Nr. 60/2015/25: Obergericht
Das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Strafkammer, vom 26. August 2019 betrifft einen Beschuldigten, der mehrfach grobe Verkehrsregelverletzungen begangen hat. Er wird zu einer Freiheitsstrafe von 40 Tagen und einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je Fr. 10.- verurteilt. Der bedingte Vollzug zweier früherer Geldstrafen wird widerrufen. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Beschuldigten auferlegt, mit Ausnahme der Kosten der amtlichen Verteidigung. Die amtliche Verteidigung wird mit Fr. 3'300.- entschädigt. Gegen diesen Entscheid kann eine bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen innerhalb von 30 Tagen beim Bundesgericht eingereicht werden.
Kanton: | SH |
Fallnummer: | Nr. 60/2015/25 |
Instanz: | Obergericht |
Abteilung: | - |
Datum: | 20.12.2016 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Baubewilligung; Einordnung einer Baute; Kostenverlegung bei Rück-weisungsentscheid - Art. 6 Abs. 2 NHG; Art. 106 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO; Art. 5 Abs. 1 VRG; Art. 35 Abs. 1 und Abs. 2 BauG; Art. 14 Abs. 2 lit. a NHG/SH; Art. 10 Abs. 1 und Abs. 3, Art 31 Abs. 2 lit. b und Art. 60 Abs. 2 Bauordnung Stadt Schaff-hausen. Für Neubauten im Gebiet schützenswerter Ortsbilder (ISOS- und BLN-Gebiet), welche erhebliche Auswirkungen auf das Ortsbild haben können, hat die Kantonale Natur- und Heimatschutzkommission in ihrer Fachstellungnahme eingehend zu er- örtern, inwiefern das konkrete Bauprojekt die erhöhten Anforderungen hinsichtlich der Gestaltung und Einordnung erfüllt (E. 2.4.1-2.4.3). Notwendigkeit einer Stel-lungnahme der Stadtbildkommission zum definitiv eingereichten Bauprojekt (E. 2.4.3). |
Schlagwörter : | Stadt; Strasse; Projekt; Stadtbildkommission; Schaffhausen; Altstadt; Bundes; Gebiet; Regierungsrat; Natur; X-Strasse; Ortsbild; Kanton; Gutachten; Bauprojekt; Bundesinventar; Heimatschutz; Stellung; Neubau; Umgebung; Denkmalpflege; Einordnung; Fachstellungnahme; Gestaltung; Stellungnahme; Abklärung; Bauten; Recht |
Rechtsnorm: | Art. 106 ZPO ;Art. 95 ZPO ; |
Referenz BGE: | 130 I 337; 135 II 209; 135 V 254; |
Kommentar: | Alain Griffel, Donatsch, Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, 2014 Alain Griffel, Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, 2014 Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Abs. 1 VRG; Art. 35 Abs. 1 und Abs. 2 BauG; Art. 14 Abs. 2 lit. a NHG/SH; Art. 10
Abs. 1 und Abs. 3, Art 31 Abs. 2 lit. b und Art. 60 Abs. 2 Bauordnung Stadt Schaffhausen.
Für Neubauten im Gebiet schützenswerter Ortsbilder (ISOSund BLN-Gebiet), welche erhebliche Auswirkungen auf das Ortsbild haben können, hat die Kantonale Naturund Heimatschutzkommission in ihrer Fachstellungnahme eingehend zu erörtern, inwiefern das konkrete Bauprojekt die erhöhten Anforderungen hinsichtlich der Gestaltung und Einordnung erfüllt (E. 2.4.1-2.4.3). Notwendigkeit einer Stellungnahme der Stadtbildkommission zum definitiv eingereichten Bauprojekt (E. 2.4.3).
Verteilung der Prozesskosten bei Rückweisung der Sache an den Regierungsrat zur weiteren Abklärung (E. 4).
OGE 60/2015/25 vom 20. Dezember 2016 Veröffentlichung im Amtsbericht
SachverhaltDie Bauherrin reichte bei der Stadt Schaffhausen ein Baugesuch für den Abbruch von bestehenden Gebäuden und den Neubau eines Wohnund Geschäftshauses mit elf Wohnungen, Verkaufsladen im Erdgeschoss und einer Autoeinstellhalle im Untergeschoss für zwölf Personenwagen, mit Lifterschliessung und Zugang beziehungsweise Zufahrt ab der X.-Strasse ein. Die betroffenen Grundstücke befinden sich in der Altstadtzone. Mit Beschluss vom 6. Mai 2014 erteilten der Stadtrat Schaffhausen und mit Verfügung vom 9. Mai 2014 das Planungsund Naturschutzamt des Kantons Schaffhausen die entsprechenden Baubewilligungen. Dagegen erhoben Anwohner Rekurs an den Regierungsrat. Im Rekursverfahren holte das Bauinspektorat eine Fachstellungnahme der kantonalen Naturund Heimatschutzkommission zur Frage der Gestaltung und Einordnung des Bauprojekts ein. Am 30. Juni 2015 wies der Regierungsrat die Rekurse ab. Die gegen den Rekursentscheid erhobene Verwaltungsgerichtsbeschwerde hiess das Obergericht gut und wies die Sache zur weiteren Abklärung im Sinne der Erwägungen an den Regierungsrat zurück.
Aus den ErwägungenNach Art. 35 Abs. 1 und 2 des Gesetzes über die Raumplanung und das öffentliche Baurecht im Kanton Schaffhausen vom 1. Dezember 1997 (Baugesetz, BauG, SHR 700.100) sind Bauten, Anlagen und Umschwung für sich und in ihrem Zusammenhang mit der baulichen und landschaftlichen Umgebung im Ganzen und in ihren einzelnen Teilen so zu gestalten und zu unterhalten, dass eine gute Gesamtwirkung erreicht wird. Besondere Sorgfalt ist geboten im Bereich empfindlicher Ortsund Strassenbilder. Kulturell wertvolle Bausubstanz ist nach Möglichkeit zu erhalten. Bei Art. 35 Abs. 1 und 2 BauG handelt es sich um eine allgemeine minimale Einordnungsvorschrift des kantonalen Gesetzgebers.
Darüber hinaus sind nach Art. 10 Abs. 1 der Bauordnung für die Stadt Schaffhausen vom 10. Mai 2005 (BauO, RSS 700.1) Bauwerke und deren Umgebung unter anderem in der Altstadtzone (lit. a) und in den BLN-Gebieten (lit. e) besonders sorgfältig zu gestalten, und es ist alles vorzunehmen, um eine einwandfreie städtebauliche Wirkung zu erzielen. Diese Norm enthält wie bereits Art. 35 BauG eine positive Ästhetikklausel und geht somit über ein reines Verunstaltungsverbot hinaus (OGE vom 3. August 1990 i.S. G., E. 4c/aa, Amtsbericht 1990, S. 104; OGE 60/1998/17 vom 19. Februar 1999, E. 2b/aa). Art. 31 BauO hält des Weiteren Grundsätze für die Altstadtzone fest. Überdies sind gemäss Art. 60 Abs. 2 BauO Bauten und Anlagen in BLN-Gebieten besonders sorgfältig in die Landschaft und in die bestehende Siedlungsform einzupassen und es ist die Massstäblichkeit zu wahren. Diese Normen des kommunalen Rechts konkretisieren und verstärken das oben angeführte allgemeine Einordnungsgebot nach kantonalem Recht.
Die Baugrundstücke liegen unbestrittenermassen in der Altstadtzone der Stadt Schaffhausen (vgl. auch die aktuelle Version des Zonenplans der Stadt Schaffhausen vom 9. Juni 2016 [SSR 700.1a]). Zugleich liegen sie gemäss Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder von nationaler Bedeutung (ISOS) im ISOS-Gebiet Nr. 1 (Altstadt). Dieses Gebiet wird im ISOS der Aufnahmekategorie A (Gebiet mit ursprünglicher Substanz, das heisst die Mehrheit der Bauten und Räume hat historisch die gleiche epochenspezifische regionaltypische Prägung) und dem Erhaltungsziel A (Erhalten der Substanz: Alle Bauten, Anlageteile und Freiräume integral erhalten, störende Eingriffe beseitigen; Abbruchverbot, keine Neubauten, Detailvorschriften für Veränderungen) zugeordnet (siehe dazu die gestützt auf Art. 2 der Verordnung über das Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz vom 9. September 1981 [VISOS, SR 451.12] herausgegebene Publikation Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz, Ortsbilder von nationaler Bedeutung, Kanton Schaffhausen, Bern 1986, Plan und Erläuterungsblatt; siehe auch Bundesamt für Kultur, Sektion Heimatschutz und Denkmalpflege, Erläuterungen zum ISOS vom 31. Oktober 2011). Auch befinden sich
die Baugrundstücke gemäss dem Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung (BLN; vgl. dazu die Verordnung über das Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler vom 10. August 1977 [VBLN, SR 451.11]) im BLN-Schutzgebiet Nr. 1411, Untersee-Hochrhein. Die Bedeutung dieses BLN-Gebietes beschränkt sich nicht nur auf die landschaftlich grossartige und kulturgeschichtlich bedeutsame Seeund Stromlandschaft von noch weitgehend ursprünglichem Gepräge, sondern geschützt sind auch unter anderem die bedeutende[n] klösterliche[n] und städtische[n] Siedlungen des Mittelalters auf dem betreffenden Gebiet (vgl. Beschreibung zum BLN-Objekt Nr. 1411, Untersee-Hochrhein, des Bundesamts für Umwelt BAFU). Diesbezüglich ist zu beachten, dass die Baugrundstücke zwischen dem Rhein und dem Munot liegen und das Bauprojekt daher die Postkartenansicht von Altstadt und Munot vom Rhein und vom Zürcher Rheinufer her betrifft. Es kann folglich entgegen dem Regierungsrat nicht von vornherein gesagt werden, dass die Schutzziele nach dem BLN durch das Bauvorhaben nicht betroffen wären.
Die Bundesinventare sind zwar nur bei der Erfüllung von Bundesaufgaben unmittelbar anwendbar (Art. 6 Abs. 2 des Bundesgesetzes über den Naturund Heimatschutz vom 1. Juli 1966 [NHG, SR 451]). Gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung und heute gestützt auf Art. 4a VISOS und Art. 2a VBLN haben die Kantone das ISOS und das BLN aber auch bei der Erstellung der Richtpläne nach den Art. 6-12 des RPG zu berücksichtigen. Die Pflicht zur Beachtung findet daher ihren Niederschlag zum einen in der Anwendung der die Schutzanliegen umsetzenden Nutzungsplanung, zum anderen aber auch darin, dass im Einzelfall erforderliche Interessenabwägungen im Lichte der Schutzziele von ISOS und BLN vorzunehmen sind (BGE 135 II 209 E. 2.1 S. 212 f; BGer 1C_488/2015 vom 24. August 2016, E. 4.3; vgl. auch Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation UVEK, Empfehlungen zur Berücksichtigung der Bundesinventare nach Art. 5 NHG in der Richtund Nutzungsplanung, 15. November 2012, S. 9).
Der Regierungsrat führt im angefochtenen Beschluss unter anderem aus, die Altstadt sei von geschlossenen Gassenzügen geprägt. Die bestehende Hofsituation mit der offenen Häuserzeile sei daher atypisch. Genau aus diesem Grund attestiere ihr die Denkmalpflege einen gewissen stadtgeschichtlichen Wert. Da sie jedoch eher zufällig entstanden sei und sich die Umnutzung der bestehenden Gebäude als schwierig erweisen könnte, sei ein angemessener Neubau vertretbar. Die Kantonale Naturund Heimatschutzkommission (KNHK) spreche klar von einer Verbesserung und Bereinigung der Stadtstruktur durch den geplanten Neubau. Die KNHK habe sich in Kenntnis der Fassadenpläne und der Visualisierung - nicht nur für die geschlossene Bauweise, sondern auch für das konkrete Projekt aus-
gesprochen. Die Beurteilung der Materialisierung obliege zudem primär der örtlichen Bewilligungsbehörde. Vorliegend sei mit einer Auflage in der Baubewilligung die enge Begleitung durch die Stadtplanung und die Denkmalpflege vorgeschrieben worden. Dadurch sei sichergestellt, dass für die Detailgestaltung eine besondere Sorgfalt aufgewendet und eine gute Gesamtwirkung erreicht werde. Zusatzfragen an die KNHK würden sich deshalb erübrigen. Eine blosse Anpassung an die vorgefundene Bausubstanz sei nicht erwünscht, negierte das doch die Architektur als Ausdruck ihrer Zeit. Der Unterbruch zur Liegenschaft W. im Westen schade dem guten Gesamteindruck nicht. Einerseits sei er Folge der Eigentumsverhältnisse, anderseits betone er die Wirkung der Liegenschaft W..
Die Beschwerdeführer machen vor Obergericht in verfahrensrechtlicher Hinsicht eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes und des rechtlichen Gehörs geltend. Die Beschwerdeführer hätten im vorinstanzlichen Verfahren eine Ergänzung des vom Bauinspektorat eingeholten Gutachtens der KNHK verlangt, weil sich dieses relativ rudimentär und eher allgemein zur städtebaulichen Situation und gar nicht zur baulichen Einpassung und Dimensionierung des geplanten Baukörpers äussere. Der Regierungsrat habe sich jedoch mit der Stellungnahme des KNHK zufrieden gegeben. Auch habe der Regierungsrat nicht wie beantragt einen Augenschein durchgeführt und sich nicht mit der Rekursbegründung auseinandergesetzt. In materieller Hinsicht führen die Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, sowohl die Denkmalpflege als auch die Stadtbildkommission tendierten ganz klar Richtung Erhalt der bestehenden Situation, insbesondere was die Volumetrie anbelangt. Einzig die KNHK befürworte mit rudimentärer Begründung die Schliessung der Häuserzeile, allerdings ohne darauf einzugehen, dass die Schliessung ja nicht vollständig erfolge. Bezüglich der Gestaltung äussere sich die KNHK nicht. Die Vorinstanz habe sich mit den drei Fachmeinungen nicht auseinandergesetzt. Dass die bestehende Hofstruktur im Vergleich zur gesamten Altstadt eher klein sei, sei zwar offensichtlich, zeuge indessen aber geradezu von der einmaligen Situation, wie das die Denkmalpflege zu Recht betone. Die Beschwerdeführer hätten unwidersprochen dargelegt, dass die gesamte Situation über Jahrzehnte mit privaten Dienstbarkeiten abgesichert sei, welche nur eine beschränkte Lockerung im Sinne der bestehenden Überbauung ermöglicht habe.
Die private Beschwerdegegnerin (Bauherrschaft) führt unter anderem an, sowohl die KNHK als auch der Regierungsrat hätten sich in ausreichendem Mass mit dem Bauprojekt selbst, seiner baulichen Umgebung sowie den Standpunkten der Beschwerdeführer auseinandergesetzt. Hinsichtlich der Frage einer geschlossenen Häuserzeile habe der Stadtrat betont, der Gassenverlauf mit der geschlossenen Häuserreihe von der V.-Strasse bis zum Q.-gässchen hin lasse sich an der Liegenschaft auf GB Nr. xy. sehr gut ablesen, zumal die Brandmauer im oberen Teil der
Liegenschaft offen zutage trete. Mit dem Neubau müsse die Häuserzeile soweit es die Eigentumsverhältnisse zuliessen wieder geschlossen werden und es entstehe jene Art von Gassenzug, welcher seit jeher der Altstadt von Schaffhausen ihr besonderes Gepräge gebe. Entgegen der Darstellung der Beschwerdeführer habe die Bauherrschaft die kritischen Bemerkungen der Stadtbildkommission aufgenommen und der Kommission anlässlich ihrer Sitzung vom 17. September 2012, an der auch die kantonale Denkmalpflegerin teilgenommen habe, das überarbeitete Projekt präsentiert. Den Beschlüssen der Stadtbildkommission sei unschwer zu entnehmen, dass diese dem Projekt punkto Massstäblichkeit/Einordnung/Gestaltung im Grundsatz zugestimmt habe, indes bei dessen Detailausformulierung Verbesserungsvorschläge gemacht und Korrekturen verlangt habe. Diese Vorgaben seien in der Folge bei der Ausarbeitung des definitiven Bauprojekts in vorbildlicher Weise umgesetzt worden. Die Umsetzung habe der Stadtrat in der Folge im Rahmen seiner Baubewilligung vom 6. Mai 2014 und insbesondere auch in seiner Vernehmlassung vom 7. August 2014 an die Vorinstanz denn auch entsprechend gewürdigt.
Der Stadtrat führt in seiner Vernehmlassung unter anderem aus, die KNHK äussere sich wenn auch knapp gehalten - äusserst klar zugunsten des vorliegenden Projekts und seiner harmonischen Eingliederung in die Umgebung. Sowohl die Fachgremien Stadtbildkommission, Denkmalpflege als auch die KNHK und die Entscheidbehörden Stadtrat sowie Regierungsrat hätten sich mit der Schliessung der Baulücke und der konkreten Dimensionierung und Gestaltung des Bauvorhabens auseinandergesetzt, wobei alle zum selben Schluss gekommen seien, dass das Bauprojekt unter Berücksichtigung seiner Volumetrie und Stellung im Sinne einer Schliessung der atypischen Lücke verträglich und damit bewilligungsfähig sei.
Die Verwaltungsbehörde untersucht den Sachverhalt von Amtes wegen durch Befragung der Beteiligten und von Auskunftspersonen, durch Augenschein, Beizug von Sachverständigen, Urkunden und Amtsberichten auf andere Weise (Art. 5 Abs. 1 VRG).
Sind zur Abklärung des relevanten Sachverhalts besondere Sachkenntnisse erforderlich, über welche die Entscheidbehörde nicht nur teilweise verfügt, so können Sachverständige beigezogen werden. Gestützt auf ihre besonderen Fachkenntnisse erstatten Sachverständige im Rahmen von Gutachten Bericht über die Sachverhaltsprüfung und -würdigung (Kaspar Plüss, in: Alain Griffel [Hrsg.], Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich [VRG], 3. A., Zürich/Basel/Genf 2014, § 7 N. 66, S. 169; BGE 135 V 254 E. 3.3.1
S. 257). Für bauliche Massnahmen im Bereich von Schutzzonen im Sinne von Art. 7 ff. des Gesetzes über den Naturund Heimatschutz im Kanton Schaffhausen
vom 12. Februar 1986 (NHG/SH, SHR 451.100) ist in Anlehnung an die Regelung des Bundes für Bundesinventarobjekte grundsätzlich aufgrund von Art. 7b Abs. 1 NHG/SH eine Fachstellungnahme der zuständigen kantonalen Fachbehörde beziehungsweise bei einer möglichen erheblichen Beeinträchtigung ein Gutachten der Kantonalen Naturund Heimatschutzkommission gemäss Art. 14 Abs. 2 lit. a NHG/SH beizuziehen (zur Auslegung von Art. 7b Abs. 1 NHG/SH vgl. OGE 60/2014/20 vom 13. Mai 2016, E. 3.3 - 3.4.2, mit Hinweisen, Publikation im Amtsbericht 2016 vorgesehen). Handelt es sich um geringfügige und unbestrittene Änderungen an nicht besonders schutzwürdigen Bauten, kann die Fachstellungnahme beziehungsweise das Gutachten kurz gehalten werden. Geht es dagegen um besonders schutzwürdige Bauten wie im vorliegenden Fall - um Neubauten in schützenswerten Ortsbildern (ISOSund BLN-Gebiet), welche erhebliche Auswirkungen auf das schutzwürdige Ortsbild haben können und überdies umstritten und angefochten sind, ist eine eingehendere Fachstellungnahme erforderlich, welche auch auf die erhobenen Rügen eingeht. Nur dies erlaubt im Rahmen des Rechtsschutzes eine Auseinandersetzung der Parteien mit den vorgenommenen fachlichen Beurteilungen und den erhobenen Rügen sowie eine sachgemässe Überprüfung durch die Rechtsschutzinstanzen (vgl. OGE 60/2014/20 vom 13. Mai 2016 E. 3.3 - 3.4.2, mit Hinweisen, Publikation im Amtsbericht 2016 vorgesehen; vgl. auch den kantonalen Richtplan 2013/14, Ziff. 2-2-5, S. 108 f.). Erscheint die Schlüssigkeit eines Gutachtens in wesentlichen Punkten zweifelhaft, hat die Entscheidinstanz nötigenfalls ergänzende Beweise zur Klärung dieser Zweifel zu erheben. Das Abstellen auf eine nicht schlüssige Expertise beziehungsweise der Verzicht auf gebotene zusätzliche Beweiserhebungen kann gegen das Verbot willkürlicher Beweiswürdigung verstossen (Plüss, § 7 N 69 S. 170; BGE 130 I 337
E. 5.4.2 S. 346; BGer 1C_288/2012 vom 24. Juni 2013, E. 2.4.3; vgl. zu den Anforderungen an prozessuale Gutachten im Allgemeinen: Annette Dolge, in: Spühler/Tenchio/Infanger [Hrsg.], Basler Kommentar, Zivilprozessordnung, 2. A., Basel 2013, Art. 183 N. 10, S. 949, m.w.H.; zu den Anforderungen an Fachgutachten nach Art. 7 Abs. 2 NHG vgl. Aemisegger/Haag, Gedanken zu Inhalt und Aufbau der Gutachten der Eidg. Naturund Heimatschutzkommission, URP 1998 S. 570 ff.; und zur Aufgabe und den Stellungnahme der Umweltschutzfachstellen allgemein auch Rausch/Keller, Kommentar zum Umweltschutzgesetz, 2. A., Zürich 1998-2011, Art. 9 N. 115 ff., sowie Ursula Brunner, Kommentar zum Umweltschutzgesetz, 2. A., Zürich 1998-2011, Art. 42 N. 1 ff.).
Das Bauinspektorat hat mit Schreiben vom 26. Mai 2015 von der KNHK ein Gutachten eingefordert, welches sich zur städtebaulichen Qualität des Projekts und zu seiner Einpassung in die bebaute engere und weitere Umgebung äussern solle.
Die KNHK hält in ihrem Bericht vom 28. Mai 2015 fest, mit dem Bau der X.-Strasse. in den Siebzigerjahren des 19. Jahrhunderts sei das sich einst von der Unterstadt bis zum Rhein erstreckende Viertel in zwei Teile getrennt worden. Der nördliche Bereich der X.-Strasse. sollte in der geschlossenen Bauweise bebaut werden. Allerdings sei dies nur in Teilen umgesetzt worden. Die Lücke X.-Strasse 12, 14 und 16 sei nie geschlossen worden. Das vorliegende Projekt sehe nun die Schliessung dieser Lücke vor. Die einbis zweigeschossigen Gewerbebauten an der X.-Strasse 12 und 14 sollen durch einen viergeschossigen, 18.23 m hohen Neubau ersetzt werden. Dieser schliesse im Osten an die Brandmauer des Nachbargebäudes X.- Strasse 10 an. Gegen Westen bleibe aufgrund der Eigentumsverhältnisse eine Lücke zum Nachbargebäude X.-Strasse 18 bestehen. Im sich gegen Norden erstreckenden Hof sollen zweigeschossige Flügelbauten errichtet werden, die sich über ein flächendeckendes Erdgeschoss (Verkaufslokal/Erschliessung) erheben.
Im jetzigen Zustand sei das vom Bauvorhaben betroffene Gebiet geprägt durch sekundäre Hinterhofbauten, die kammartig von der Rückseite der geschlossenen Bebauung entlang der Unterstadt zur X.-Strasse hin führten. Historisch gesehen habe sich die Altstadt immer wieder verändert. Einerseits sei im 20. Jahrhundert die Brücke über den Rhein versetzt worden, wodurch sich der Brückenkopf auf Schaffhauser Seite gegen Westen verschoben habe und eine neue städtebauliche Situation entstanden sei. Andererseits habe auch die Unterstadt, wie Stiche aus dem 19. Jahrhundert zeigten, immer wieder bauliche Veränderungen erfahren. Die Entwicklung der Stadt Schaffhausen zeige, dass Strukturen, die derjenigen der Unterstadt zur X.-Strasse hin entsprochen hätten, durchaus durch geschlossene Bebauungen ergänzt und aufgewertet würden, so etwa am Münsterplatz, der die Rückseite der unteren Vordergasse darstelle. Hier sei, wie die Häusernamen heute noch bezeugten, aus einzelnen Hinterhäusern im Laufe der Zeit eine geschlossene Zeile geworden. Die Hauptgassen der Schaffhauser Altstadt seien allesamt durch eine geschlossene Bebauung geprägt. Eine entsprechende Entwicklung wäre nach Ansicht der KNHK auch auf der nördlichen Seite der X.-Strasse sinnvoll, zumal beabsichtigt sei, den Brückenkopf städtebaulich aufzuwerten, sodass an der X.- Strasse, entsprechend der Primärstruktur der Altstadt, ein durch geschlossene Häuserzeilen geprägter Strassenraum entstehen könnte. Das vorgesehene Projekt führe zu einer Verbesserung und Bereinigung der Stadtstruktur, definiere und stärke durch seine Setzung und seine Volumetrie den öffentlichen Aussenraum. Aussenräume seien die wichtigsten Teile einer Stadt und ständen in ihrer Bedeutung und Wahrnehmung über den einzelnen Bauten. Unter diesen Gesichtspunkten spreche sich die KNHK für eine geschlossene Bebauung im nördlichen Bereich der X.-Strasse aus und befürworte das vorliegende Projekt.
Die KNHK begründet in ihrer Fachstellungnahme zwar grundsätzlich, weshalb im betroffenen Gebiet ihrer Ansicht nach die geschlossene der offenen Bauweise vorzuziehen ist. Sie belässt es jedoch dabei, vor dem Hintergrund der Stadtentwicklung und -geschichte in allgemein gehaltenen Ausführungen die geschlossene Bauweise als angebracht zu erachten. Wie es sich jedoch im Zusammenhang mit dem konkreten Projekt verhält, beispielsweise dem Umstand, dass im Westen die geschlossene Bauweise hin zur Liegenschaft W., X.-Strasse 18, nicht erreicht wird, ist der Fachstellungnahme nicht zu entnehmen. Zudem wird in keiner Weise dargelegt, inwiefern sich das konkrete Projekt in das Ortsbild einfügt. Dabei hat sich die KNHK mit der Wirkung des Objekts an sich und ihrem Bezug zur Umgebung umso sorgfältiger auseinanderzusetzen, als das Projekt sowohl im ISOSals auch BLN-Gebiet liegt und daher erhöhte Anforderungen hinsichtlich der Gestaltung und Einordnung zu erfüllen hat, zumal eine typische Postkartenansicht der Stadt Schaffhausen betroffen ist. Auffällig ist diesbezüglich, dass die KNHK zwar erwähnt, dass das Baugebiet Teil der beiden Bundesinventare ist, auf diesen Umstand beziehungsweise die damit verbundenen Schutzziele aber weder eingeht, noch daraus Schlüsse zieht. Auch erwähnt die KNHK zwar Art. 31 Abs. 2 lit. b BauO, welche Bestimmung die charakteristischen Elemente der Altstadt exemplarisch festhält. Eine Auseinandersetzung mit den darin angeführten Kriterien und dem Projekt fehlt aber. Im Weiteren ist nicht ersichtlich, inwieweit die KNHK sich bei ihrer Beurteilung auf die mit dem Auftrag eingereichten Akten abstützt. Jedenfalls fällt auf, dass sie weder auf die Ausführungen der Denkmalpflege vom 13. August 2012 noch der Stadtbildkommission vom 25. Oktober 2012 Bezug nimmt.
Nach dem Gesagten stellt die Beurteilung der KNHK vom 28. Mai 2015, insbesondere im Hinblick auf die im Spiel stehenden Interessen des Ortsbildund Landschaftsschutzes, keine genügende Grundlage zur Abklärung der städtebaulichen Qualität des Bauvorhabens und seiner Einpassung in die bebaute engere und weitere Umgebung dar.
Gemäss Art. 10 Abs. 3 BauO hat der Stadtrat für Bauwerke und deren Umgebung, welche sich in der Altstadtzone befinden, in Kenntnis der Empfehlungen der Stadtbildkommission zu entscheiden.
Die Stadtbildkommission hat sich in den Sitzungen vom 16. Januar 2012 und vom
17. September 2012 mit dem Projekt befasst. Als Ergebnis der Sitzung vom
17. September 2012 hat sie hinsichtlich des überarbeiteten Bauprojekts die Empfehlungen abgegeben, dass bei der vorgestellten zweiflügeligen Innenhofvariante eine zurückversetzte Erschliessung studiert werden solle. Neu solle eine einflügelige Innenhofvariante vorgelegt werden, bei der der Innenhof teilweise im Erdgeschoss liege. Das Eingangstor sollte der Höhe des Sockelgeschosses entsprechen. Die Belichtung im Innenhof sollte verbessert werden. Das Hauptgebäude
dürfe auf der Innenhofseite nicht fünfgeschossig in Erscheinung treten. Das Giebeldach solle symmetrisch sein, die Traufhöhe von Hofund Strassenseite solle ähnlich hoch sein. Es seien keine Dacheinschnitte erlaubt; offene DachgeschossBereiche müssten gaubenartig gedeckt sein. Die Fensteranordnung sei zu beliebig, sie müsse ruhiger sein. Die Erdgeschoss-Öffnungen seien etwas zu gross, sie sollten kleiner sein und allenfalls ein leicht stehendes Format aufweisen. Die Gestaltung der Strassenfassade sollte wie bereits die Hoffassade mit Referenzbildern erläutert werden.
Zum definitiven Projekt, das die private Beschwerdegegnerin 1 eingereicht hat, hat sich die Stadtbildkommission jedoch soweit aus den Akten ersichtlich - nicht geäussert, obwohl sie wie erwähnt auch in ihrer zweiten Stellungnahme Änderungsvorschläge machte. Damit ist aber nicht aktenkundig, wie sich die Stadtbildkommission zum definitiv eingereichten Projekt stellt. Namentlich ist den Akten nicht zu entnehmen, dass die Stadtbildkommission dazu Stellung nehmen konnte, ob ihre Empfehlungen umgesetzt worden seien oder, soweit dies nicht der Fall wäre, das Projekt aus ihrer Sicht dennoch den Anforderungen genüge. Mangels Empfehlung der Stadtbildkommission zum definitiv eingereichten Projekt fehlt somit die vollständige Entscheidgrundlage nach Art. 10 Abs. 3 BauO. Folglich wurde mit dem Verzicht, über das definitiv eingereichte Baugesuch eine Stellungnahme der Stadtbildkommission einzuholen, Art. 10 Abs. 3 BauO verletzt.
Gestützt auf die von den Vorinstanzen getätigten Abklärungen ist folglich keine umfassende Beurteilung aller massgebenden Gesichtspunkte möglich. Nach dem Gesagten verletzt die Bewilligungserteilung Vorschriften und Grundsätze der Sachverhaltsabklärung. Da eine vollständige und umfassende Begutachtung durch die KNHK sowie die Stellungnahme der Stadtbildkommission zum definitiv eingereichten Bauprojekt grundlegende Voraussetzungen für die Bewilligungserteilung sind und das Obergericht überdies im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nur eine beschränkte Kognition hat (vgl. Art. 36 Abs. 1 und 2 VRG), können die erwähnten Mängel im vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht geheilt werden. Vielmehr ist der Rekursentscheid in teilweiser Gutheissung der Beschwerde aufzuheben und die Sache an den Regierungsrat zurückzuweisen. Dieser wird entsprechend den vorstehenden Erwägungen ein verbessertes Gutachten der KNHK sowie eine abschliessende Stellungnahme der Stadtbildkommission einzuholen haben. Auch wird er zu beurteilen haben, ob zusätzlich, wie von den Beschwerdeführern beantragt, ein Augenschein durchzuführen ist. Bei der ergänzenden Abklärung und Würdigung des Sachverhalts wird der Regierungsrat des Weiteren ebenfalls das im Beschwerdeverfahren eingereichte Privatgutachten von Y., dipl. Architekt ETH SIA, vom 7. September 2015, zu beachten haben, soweit dessen Äusse-
rungen Bestandteil der Rechtsmittelbegründung der Beschwerdeführer bilden. Allenfalls stellt sich überdies die Frage, ob entsprechend dem Antrag der Beschwerdeführer ein Gutachten der Eidgenössischen Naturschutzund Heimatschutzkommission einzuholen ist, da heikle Bereiche im Sinne der Schutzziele der beiden Bundesinventare betroffen sind.
3. ( ) 4. Die Prozesskosten sind nach dem Ausgang des Verfahrens zu verteilen (Art. 106 Abs. 2 ZPO i.V.m. Art. 48 Abs. 1 VRG).Die Rückweisung der Sache an den Regierungsrat zur weiteren Abklärung gilt als volles Obsiegen der Beschwerdeführer im Sinn von Art. 48 Abs. 1 VRG i.V.m. Art. 106 Abs. 1 ZPO (vgl. OGE 60/2012/44 vom 6. Dezember 2016, E. 8; BGE 132
V 215 E. 6.1 S. 235; BGer 2C_984/2012 vom 21. März 2013 E. 3.2). Das Ver-
waltungsgericht des Kantons Zürich geht zwar in ständiger Praxis von einem hälftigen Obsiegen beziehungsweise Unterliegen aus, wird hierfür jedoch von der Lehre zu Recht kritisiert (Marco Donatsch, in: Alain Griffel [Hrsg.], Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich [VRG], 3. A., Zürich/Basel/ Genf 2014, § 64 N. 5, S. 1122). Die Sache ist aufgrund von Verfahrensfehlern der Vorinstanzen zurückzuweisen, wobei sich die private Beschwerdegegnerin mit dem angefochtenen Entscheid identifiziert und die Abweisung der Beschwerde unter Kostenund Entschädigungsfolgen zulasten der Beschwerdeführer beantragt hat. Demzufolge sind die Kosten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens je zur Hälfte auf die private Beschwerdegegnerin und die öffentlichen Beschwerdegegner aufzuteilen, wobei 1/4 der Kosten von der Stadt Schaffhausen zu tragen sind und 1/4 der Kosten auf die Staatskasse zu nehmen sind.
Zu den Prozesskosten gehört auch die Parteientschädigung (Art. 48 Abs. 1 VRG
i.V.m. Art. 95 Abs. 1 lit. b ZPO). Die Beschwerdeführer sind in der gesamten Höhe ihrer berechtigten Anwaltskosten zu entschädigen (Art. 48 Abs. 1 VRG i.V.m. Art. 95 Abs. 3 ZPO). Das angeführte Privatgutachten von dipl. Architekt ETH SIA
Y. vom 7. September 2015 stellt allerdings keine notwendige Auslage im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren im Sinne von Art. 95 Abs. 3 lit. a ZPO dar, weshalb dafür vorliegend keine Entschädigung auszurichten ist (vgl. Plüss,
§ 17 N. 77, S. 425). ( )
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
Hier geht es zurück zur Suchmaschine.