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Urteil Obergericht (SH)

Zusammenfassung des Urteils Nr. 60/2014/14: Obergericht

Der Gesuchsteller hat gegen einen Strafbefehl der Staatsanwaltschaft See/Oberland Revision eingelegt, nachdem das Einzelgericht das Verfahren als erledigt abgeschrieben hatte. Das Obergericht des Kantons Zürich hat die Beschwerde des Gesuchstellers gegen die Entscheidung des Einzelgerichts gutgeheissen und das Verfahren an das Bezirksgericht Meilen zurückverwiesen. Da das ordentliche Verfahren noch nicht abgeschlossen ist, wurde das Revisionsbegehren des Gesuchstellers nicht angenommen. Die Gerichtskosten werden aufgrund der Billigkeit nicht erhoben.

Urteilsdetails des Kantongerichts Nr. 60/2014/14

Kanton:SH
Fallnummer:Nr. 60/2014/14
Instanz:Obergericht
Abteilung:-
Obergericht Entscheid Nr. 60/2014/14 vom 30.09.2014 (SH)
Datum:30.09.2014
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort: Art. 1 Abs. 3 lit. c IVöB; Art. 12 lit. m, Art. 14 lit. i und Art. 32 Abs. 1 VRöB. Submission; Berücksichtigung zukünftiger Kosten beim Zuschlagskriterium Preis; Transparenz des Vergabeverfahrens; Bekanntgabe der Zuschlagskriterien
Schlagwörter : Angebot; Vergabe; Wartung; Angebots; Vergabestelle; Zuschlag; Kriterien; Wartungs; Sirene; Unterhalts; Ausschreibung; Anbieter; Wartungskosten; Transparenz; Angebotspreis; Sirenen; Zuschlagskriterien; Gewicht; Verfahren; Unterhaltskosten; VRöB; Angebote; Offerte; Bewertung; Anschaffung; Preis; Zuschlagskriterium; Verfahrens
Rechtsnorm:-
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts Nr. 60/2014/14

Art. 1 Abs. 3 lit. c IVöB; Art. 12 lit. m, Art. 14 lit. i und Art. 32 Abs. 1 VRöB. Submission; Berücksichtigung zukünftiger Kosten beim Zuschlagskriterium Preis; Transparenz des Vergabeverfahrens; Bekanntgabe der Zuschlagskriterien (OGE 60/2014/14 vom 30. September 2014)

Keine Veröffentlichung im Amtsbericht

Die Zuschlagskriterien und deren Gewicht bzw. deren relative Bedeutung sind zu Beginn des Verfahrens festzulegen und den Interessenten in der Ausschreibung mit den Ausschreibungsunterlagen bekanntzugeben. Der Grundsatz der Rechtssicherheit und der Transparenz des Verfahrens bedingt, dass die Vergabe tatsächlich nach den veröffentlichten Kriterien und deren Gewichtung vorgenommen wird (E. 3b).

Neben dem Angebotspreis (Investitionsoder Anschaffungskosten) können bei der Offertbewertung auch die längerfristig eintretenden finanziellen Folgen der einzelnen Angebote berücksichtigt werden. Auch in diesem Fall müssen die Anbieter zum Voraus genau darüber informiert werden, welche (nicht dem Offertpreis entsprechenden) künftigen Kosten in welcher Weise und welche Aspekte der Offerte nicht bei den Lebenszykluskosten, sondern im Rahmen von nichtpreislichen Kriterien bewertet werden sollen (E. 3c).

Im vorliegenden Fall war gemäss Ausschreibung nur die Angebotssumme für Lieferung und Montage der Sirenenanlagen etc. preisliches Zuschlagskriterium; die nach Inbetriebnahme der Anlagen anfallenden Unterhaltsund Wartungskosten waren im ausgeschriebenen Leistungsumfang nicht enthalten. Dadurch, dass diese dennoch entscheidend in die Bewertung einbezogen wurden, hat die Vergabebehörde das Transparenzgebot verletzt (E. 3f).

Der Kanton Schaffhausen schrieb den Sirenenersatz im Rahmen des Projekts POLYALERT im offenen Verfahren aus. Für den Auftrag bewarben sich die X. AG mit einem Offertbetrag von Fr. 323'199.67 und die Y. AG mit einem Offertbetrag von Fr. 343'520.20. Der Regierungsrat beschloss, den Auftrag der Y. AG zu vergeben. Eine hiegegen gerichtete Beschwerde der X. AG hiess das Obergericht gut.

Aus den Erwägungen:

2.a) Die Vergabestelle hielt in der seinerzeitigen Begründung des Zuschlagsentscheids fest, die Anbieter hätten gemäss den preisunabhängigen Zuschlagskriterien gleichwertige Offerten eingereicht. Es sei der Anbieter berücksichtigt worden, der in der Gesamtrechnung von Anschaffung und Unterhaltskosten während der durchschnittlichen Lebensdauer der Sirenen die günstigste Offerte unterbreitet habe.

Die Beschwerdeführerin macht geltend, der Angebotspreis des berücksichtigten Anbieters habe um gut 6 % über ihrem Angebot gelegen. Die Unterhaltskosten seien nicht Teil der Ausschreibung gewesen und könnten daher nicht als Zuschlagskriterium berücksichtigt werden. Massgeblich sei die Angebotssumme, die anhand eines Angebotsformulars des Auftraggebers errechnet worden sei; dieses habe keine Leistungsbeschreibungsposition Unterhaltskosten enthalten. Erst nach der Submissionseingabe habe der Auftraggeber die Anbieter ersucht, noch die Wartungsund Unterhaltskosten nach Ablauf der Garantiezeit zu detaillieren.

  1. Das wirtschaftlich günstigste Angebot erhält den Zuschlag. Es können insbesondere folgende Kriterien berücksichtigt werden: Qualität, Preis, Zweckmässigkeit, Termine, technischer Wert, Ästhetik, Betriebskosten, Nachhaltigkeit, Kreativität, Kundendienst, Infrastruktur, Lehrlingsausbildung (Art. 32 Abs. 1 VRöB1).

    Die Zuschlagskriterien werden in Art. 32 Abs. 1 VRöB nur beispielhaft, nicht abschliessend aufgezählt; sie bedürfen im Einzelfall der Konkretisierung. Die Vergabestelle legt die für eine Beschaffung massgeblichen Kriterien im Hinblick auf die Besonderheiten des jeweiligen Auftrags fest. Sie müssen, um die notwendige Transparenz des Vergabeverfahrens zu gewährleisten (vgl. Art. 1 Abs. 3 lit. c IVöB2), zu Beginn des Verfahrens festgelegt und den Interessenten in der Ausschreibung mit den Ausschreibungsunterlagen bekanntgegeben werden. Aus der Bekanntgabe muss ferner ersichtlich sein, welches Gewicht die Vergabestelle den einzelnen Kriterien beimisst; sie hat daher die Zuschlagskriterien im voraus in der Reihenfolge ihrer Bedeutung darzulegen zumindest die relative Bedeutung, die sie

    1. Vergaberichtlinien zur Interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen vom 15. April 2003 (VRöB, SHR 172.512); anwendbar gemäss § 2 Abs. 1 der Verordnung zur Interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen vom 15. April 2003 (ViVöB, SHR 172.511).

    2. Interkantonale Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen vom 25. November 1994 / 15. März 2001 (IVöB, SHR 172.510).

      den einzelnen Kriterien beimessen will, ersichtlich zu machen (Art. 12 lit. m und Art. 14 lit. i VRöB).

      Der Grundsatz der Rechtssicherheit und der Transparenz des Verfahrens bedingt, dass die Vergabe tatsächlich nach den veröffentlichten Kriterien und deren Gewichtung vorgenommen wird. Der Vergabestelle ist es grundsätzlich verwehrt, die Kriterien und deren Gewichtung nach der Ausschreibung, insbesondere nach Eingang der Angebote, noch wesentlich abzuändern. Eine nachträgliche Änderung der Kriterien deren Gewichtung kommt nur ausnahmsweise und unter Wahrung der Transparenz in Frage, d.h. prinzipiell nur mit erneuter vorgängiger Bekanntgabe an die Anbieter, damit diese sie in ihrem Angebot berücksichtigen können.3

  2. Eine Vergabestelle kann im Rahmen der Offertbewertung neben dem blossen Angebotspreis (Investitionsoder Anschaffungskosten) grundsätzlich auch die längerfristig eintretenden finanziellen Folgen der einzelnen Angebote berücksichtigen. Das kann über gewisse Qualitätskriterien geschehen, aber auch über Kostenberechnungen und in diesem Sinn im Rahmen des Preiskriteriums bzw. unter geeigneter Aufrechnung auf den Offertpreis. Allerdings ist die Ermittlung künftiger Kosten nicht in allen Fällen in hinreichend zuverlässiger Weise möglich, und in der Angebotsbewertung darf das Gewicht des vergleichsweise gut messbaren Offertpreises nicht durch übermässig ungewisse Prognosen über künftige Kosten verwässert werden.

    Auch in diesem Fall müssen die Anbieter im Sinne des Transparenzgrundsatzes zum Voraus genau darüber informiert werden, welche (nicht dem Offertpreis entsprechenden) künftigen Kosten in welcher Weise und welche Aspekte der Offerte nicht bei den Lebenszykluskosten, sondern im Rahmen von nichtpreislichen Kriterien bewertet werden sollen.4

  3. Im vorliegenden Fall gab die Vergabestelle in den Ausschreibungsunterlagen folgende Zuschlagskriterien an: Angebotspreis (absolut), Aktionsund Terminplanung (35 %), Organisation des Störungsdiensts (35 %), Referenzobjekte (25 %), Lehrlingsausbildung (5 %). Bei der Bewertung sollte der Angebotspreis nicht gewichtet, sondern den übrigen Kriterien gegenübergestellt werden (x-Achse bzw. y-Achse).

    1. OGE 60/2005/20 vom 16. September 2005, E. 3b mit Hinweisen, Amtsbericht 2005, S. 144; Galli/Moser/Lang/Steiner, Praxis des öffentlichen Beschaffungsrechts, 3. A., Zürich/Basel/ Genf 2013, S. 383 f., Rz. 855.

    2. Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich VB.2010.00708 vom 28. September 2011, E. 5.2 und E. 5.3.2; Zusammenfassung und Anmerkung bei Martin Beyeler, Vergaberechtliche Urteile 2012-2013, in: Stöckli/Beyeler (Hrsg.), Das Vergaberecht der Schweiz,

    9. A., Zürich/Basel/Genf 2014, S. 559 f., Nr. 208.

    Die Vergabestelle bewertete beide Angebote bei den preisunabhängigen Zuschlagskriterien im Ergebnis gleich, nämlich mit 75 von höchstmöglichen 100 Punkten:

    Kriterium Beigeladene Beschwerdeführerin

    Aktionsund Terminplanung 25 30

    Organisation des Störungsdiensts 25 20

    Referenzobjekte 25 25

    Lehrlingsausbildung 0 0

    Total 75 75

    Diese Bewertung wird im Beschwerdeverfahren nicht in Frage gestellt; daher ist sie hier nicht zu überprüfen. Sind aber beide Angebote insoweit gleichwertig, so muss für die Bestimmung des wirtschaftlich günstigsten Angebots der Preis den Ausschlag geben.

  4. Im Absageschreiben an die Beschwerdeführerin hat die Vergabestelle erklärt, die Preisspanne der Anschaffungskosten habe zwischen Fr. 323'199.67 und Fr. 343'520.20 gelegen. Schliesslich sei der Anbieter berücksichtigt worden, der in der Gesamtrechnung von Anschaffung und Unterhaltskosten während der durchschnittlichen Lebensdauer der Sirenen (18 Jahre) die günstigste Offerte unterbreitet habe.

    In der Beschwerdeantwort hat die Vergabestelle erklärt, der Unterschied bei den Angebotspreisen der Beschwerdeführerin (Fr. 323'199.67) und der Beigeladenen (Fr. 343'520.20) habe sie veranlasst, die Unterhaltsund Wartungskosten der Offertsteller zu vergleichen. Sie seien wie folgt berechnet worden: Gemäss Expertenaussagen liege die Lebensdauer eines Schallgebers bei 15 bis 20 Jahren. Im Durchschnitt könne somit von einem Lebenszyklus von rund 18 Jahren ausgegangen werden. Es sei vorgesehen, die Wartung alle zwei Jahre durchzuführen, womit jede Sirene in 18 Jahren neunmal gewartet werde. Zu den Wartungskosten müsse der Batteriewechsel gerechnet werden, wobei die Batterien nach rund sechs Jahren bzw. in 18 Jahren pro Sirene dreimal auszuwechseln seien. Da in dieser Submission 41 Sirenen erstellt o- der erneuert würden, würden die Kosten pro Sirene um diesen Faktor multipliziert. Die Beigeladene verrechne pro Sirene und Wartung Fr. 170.-; der Batteriewechsel sei in der Wartung inbegriffen. Die Wartungskosten betrügen daher nach 18 Jahren rund Fr. 62'730.-. Die Beschwerdeführerin verrechne pro Wartung alle zwei Jahre Fr. 200.- und pro Batteriewechsel (jeweils zwei Stück pro Sirene) Fr. 214.für 500 W und Fr. 298.für 1'000 W. Die Wartungskosten beliefen sich daher nach 18 Jahren auf rund 109'774.-. Das bedeute eine Differenz von gut Fr. 47'000.bzw. 74 % zugunsten der Beigeladenen.

    Würden die Anschaffungskosten (vom Bund finanziert) und die Wartungskosten (vom Kanton getragen) zusammengerechnet, so biete die Beigeladene im Vergleich zur Beschwerdeführerin eine um Fr. 26'723.47 bzw. 6,6 % kostengünstigere Lösung an.

  5. Zuschlagskriterium war gemäss Ausschreibung der Angebotspreis. Als solchen verstand die Vergabestelle offenbar die Angebotssumme, die im Formular 2: Angebot anzugeben war als Übertragung der im Formular 2.2: Zusammenfassung Sirenenanlagekosten zusammengefassten Kosten der einzelnen Leistungen.

    Die anzugebende Angebotssumme bezog sich zusammengefasst auf folgende Leistungen: Lieferung, Montage und Inbetriebnahme sowie Rückbau und Entsorgung von Sirenenanlagen. Die nach der Inbetriebnahme bzw. Abnahme der Sirenenanlagen anfallenden Unterhaltsund Wartungskosten waren wie die Beschwerdeführerin zutreffend geltend macht im ausgeschriebenen Leistungsumfang nicht enthalten. Erst nach Einreichung der Angebote erfragte die Vergabestelle bei den Anbietern noch gewisse Angaben zu den Wartungsund Unterhaltskosten nach Ablauf der Garantiezeit, da (erst) während des Studiums der eingegangenen Offerten Fragen unter anderem zu den Unterhaltsund Wartungskosten aufgetaucht seien.

    Bei der Ausschreibung war demnach nicht die Rede davon, dass beim Zuschlagskriterium Preis nicht nur der Angebotspreis für die konkret ausgeschriebenen Leistungen, sondern auch gewisse künftige Kosten für nicht ausgeschriebene Leistungen in die Bewertung einbezogen werden sollten, geschweige denn in welcher Weise und für welchen Zeitraum. Insoweit wurden die Kriterien bzw. die Bewertungsgrundlagen somit nachträglich massgeblich verändert; die Vergabe wurde nicht nach den veröffentlichten Kriterien vorgenommen.

    Es kann offenbleiben, ob eine solche nachträgliche Änderung unter gewissen Umständen im Grundsatz zulässig sein könnte. Sie war es im vorliegenden Fall jedenfalls nicht, wurde sie doch den Anbietern nicht offengelegt und hatten diese deshalb keine Gelegenheit, sie im Wissen um ihre konkrete Bedeutung in ihrem Angebot zu berücksichtigen. Die Beschwerdeführerin weist zutreffend darauf hin, dass die Wartungsund Unterhaltskosten gemäss Fragebogen nur als Richtwerte hinsichtlich der Wartungsverträge zu detaillieren waren. Dass diese Angaben entgegen der Ausschreibung eine massgebliche Bewertungsgrundlage bilden sollten, zumal kumuliert für einen Zeitraum von 18 Jahren, war nicht ersichtlich. Daher hatten die Anbieter auch keinen Anlass, ihre Ansätze für die Unterhaltsund Wartungskosten im Rahmen einer angebotsspezifischen Gesamtbetrachtung anzugeben.

  6. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Vergabestelle mit dem angefochtenen Vergabeentscheid gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit und der Transparenz des Verfahrens verstossen und damit rechtswidrig gehandelt hat. Die Beschwerde erweist sich somit als begründet, und der angefochtene Entscheid ist aufzuheben.

Das Obergericht kann grundsätzlich in der Sache selbst entscheiden sie mit ohne verbindliche Anordnungen an die Vergabestelle zurückweisen (Art. 18 Abs. 1 IVöB). Unter den gegebenen Umständen erscheint es angezeigt, die Sache an die Vergabestelle zurückzuweisen und es dieser zu überlassen, unter Berücksichtigung der massgeblichen Rechtsgrundsätze einen neuen Vergabeentscheid zu treffen allenfalls bei Vorliegen wichtiger Gründe - das Verfahren abzubrechen zu wiederholen (Art. 36 VRöB).

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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