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Urteil Obergericht (SH)

Zusammenfassung des Urteils Nr. 60/2012/28: Obergericht

Die Beschuldigte wurde des Hausfriedensbruchs im Sinne von Art. 186 StGB schuldig gesprochen, nachdem sie ohne Erlaubnis in eine Liegenschaft in Zürich eingedrungen war und sich dort unrechtmässig aufhielt. Sie wurde mit einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je Fr. 30.- bestraft, wobei ein Tagessatz durch Haft erstanden ist. Die Gerichtskosten wurden auf Fr. 800.- festgesetzt. Die Beschuldigte hat gegen das Urteil Berufung eingelegt und beantragt die Einstellung des Verfahrens. Die Staatsanwaltschaft fordert hingegen eine Freiheitsstrafe von 100 Tagen für die Beschuldigte. Das Obergericht des Kantons Zürich hat noch keine endgültige Entscheidung getroffen.

Urteilsdetails des Kantongerichts Nr. 60/2012/28

Kanton:SH
Fallnummer:Nr. 60/2012/28
Instanz:Obergericht
Abteilung:-
Obergericht Entscheid Nr. 60/2012/28 vom 08.01.2013 (SH)
Datum:08.01.2013
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort: Art. 48 f. BauG. Aufbau einer Mobilfunkantenne auf einer altrechtlichen Baute
Schlagwörter : Gebäude; Baute; Recht; Antenne; Vorschriften; Antennen; Gerätekabine; Aufbau; Liegenschaft; Gebäudevolumen; Obergericht; Mobilfunkantenne; Amtsbericht; Bauten; Neuhausen; Baubewilligung; Mobilfunkanlage; Geschoss; Verwaltungsgerichts; Pipeantenne; Geschosse; Gebäudehöhe; Regierungsrat; Mobilfunkanlagen
Rechtsnorm:-
Referenz BGE:-
Kommentar:
Alfred Kölz, Jürg Bosshart, Martin Röhl, Kommentar zum Verwal- tungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, 1999

Entscheid des Kantongerichts Nr. 60/2012/28

Art. 48 f. BauG. Aufbau einer Mobilfunkantenne auf einer altrechtlichen Baute (OGE 60/2012/28 vom 8. Januar 2013)

Veröffentlichung im Amtsbericht

Der Aufbau einer neuen Mobilfunkantenne (Pipeantenne ohne Gerätekabine) auf dem Dach einer nach geltendem Recht bereits um zwei Geschosse zu hohen Liegenschaft ist zulässig, brauchen doch blosse Antennen die Vorschriften über die Gebäudehöhe nicht einzuhalten und wird das Gebäudevolumen dadurch nicht vergrössert (E. 2b/bb). Der Aufbau einer Antenne verletzt auch nicht Art. 48 Abs. 2 BauG, wonach zulässige Änderungen altrechtlicher Bauten die Identität der Baute wahren müssen (E. 2b/cc).

Ein Mobilfunkunternehmen beabsichtigt, auf dem Dach einer älteren, nach geltendem Recht um zwei Geschosse zu hohen Liegenschaft in der Wohnund Gewerbezone Neuhausen am Rheinfall eine neue Mobilfunkantenne (Pipeantenne) zu errichten, wobei die Gerätekabine neben der fraglichen Liegenschaft erstellt werden soll. Der Gemeinderat Neuhausen erteilte die Baubewilligung. Der Regierungsrat hob die Baubewilligung jedoch auf Rekurs eines Anwohners hin auf. Das Mobilfunkunternehmen erhob Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Obergericht. Dieses hiess die Beschwerde gut und bestätigte die Baubewilligung.

Aus den Erwägungen:

2.b) aa) Es entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichts und ist zwischen den Parteien nicht umstritten, dass Mobilfunkanlagen als technisch bedingte Anlagen bzw. Dachaufbauten gelten und daher grundsätzlich nicht an die Vorschriften über Gebäudeund Firsthöhen gebunden sind.1 Fraglich und umstritten ist jedoch, ob im vorliegenden Fall die Vorschriften über altrechtliche Bauten (Besitzstandsgarantie gemäss Art. 48 f. BauG2) die Errichtung der geplanten Mobilfunkanlage auf der nach geltendem Recht um zwei Geschosse zu hohen Liegenschaft ausschliessen. Das Obergericht hat dies in einem früheren Fall aus der Gemeinde Neuhausen bejaht und fest-

  1. Vgl. auch Bundesgerichtsurteil 1C_229/2011 vom 8. November 2011, E. 2.4.2.

  2. Gesetz über die Raumplanung und das öffentliche Baurecht im Kanton Schaffhausen vom

    1. Dezember 1997 (Baugesetz, SHR 700.100).

      gehalten, es handle sich um eine unzulässige Erweiterung einer altrechtlichen Baute, als es darum ging, auf dem Dach eines bereits um mehr als 50 % zu hohen Mehrfamilienhauses eine Mobilfunkantenne mit mehreren Antennen und drei grösseren Gerätekabinen zu errichten.3 Es führte aus, unter Erweiterung werde grundsätzlich die Vergrösserung des bestehenden Bauvolumens verstanden, wozu unter anderem auch die Erstellung von Dachaufbauten das Ersetzen eines Flachdachs durch ein Walmdach gehöre. Namentlich die geplanten Gerätekabinen, welche auch aufgrund ihrer Funktion als eigentliche Bauten erschienen, seien deutlich grösser als die bestehenden Kamine und vergleichbar mit einem (nicht zulässigen) grösseren Lichtschacht einem kleineren Attika-Aufbau. Sie würden daher die Rechtswidrigkeit der nach geltendem Recht bereits um mehr als die Hälfte zu hohen Baute deutlich verstärken. Die Argumentation, es handle sich nicht um eine Vergrösserung des eigentlichen Gebäudevolumens, erscheine unter den gegebenen Umständen als sehr formalistisch.4

      bb) Im vorliegenden Fall aber wird die Gerätekabine am Boden neben der Liegenschaft erstellt, weshalb die in der Gebäudehöhe bestehende Rechtswidrigkeit dadurch nicht verstärkt wird. Auf dem nach den geltenden Vorschriften zu hohen Dach wird lediglich eine sogenannte Pipeantenne aufgestellt, welche den bestehenden Liftaufbau um ca. 2,40 Meter überragt. Die einzelnen Antennen sind bei dieser Antennenart in einem zylinderförmigen schlanken Hohlraum untergebracht, was diesen wie von der Beschwerdeführerin geltend gemacht mit einem modernen Heizungskamin vergleichbar erscheinen lässt. Unter diesen Umständen kann nicht gesagt werden, es liege direkt sinngemäss eine unzulässige Erweiterung des Gebäudevolumens in der Höhe und damit eine Verstärkung der bestehenden, auf die Gebäudehöhe bezogenen Rechtswidrigkeit vor. Vielmehr ist darauf hinzuweisen, dass Kamine und Antennen für sich allein genommen unbestrittenerweise keine Gebäude bzw. Gebäudevolumen bilden und die bestehenden Geschossund Fassadenhöhenvorschriften nicht einhalten müssen, ja diese auch deutlich überschreiten können. Unter diesen Umständen muss eine zusätzliche Antenne, welche die bestehende Dachaufbaute (Liftschacht) ohnehin nur um etwas mehr als zwei Meter überragt, auf der altrechtlichen Baute zugelassen werden, soweit dem keine andern Vorschriften entgegenstehen. Entgegen der Auffassung des privaten Beschwerdegegners handelt es sich hierbei nicht um eine vom Obergericht nicht prüfbare Ermessensfrage, sondern um die Auslegung und Konkretisierung der Umschreibung der Besitzstandsgarantie in Art. 49 Abs. 1 BauG und mithin um eine in die Kognition des Obergerichts

  3. OGE Nr. 60/2009/56 vom 30. Dezember 2010 (Amtsbericht 2010, S. 97 ff.).

  4. Vgl. E. 2b/cc, Amtsbericht 2010, S. 99 f.

    fallende Rechtsfrage.5 Es kann in diesem Zusammenhang auch auf den im Obergerichtsentscheid vom 30. Dezember 2010 erwähnten Entscheid des Berner Verwaltungsgerichts hingewiesen werden, wo die Errichtung eines neuen Mobilfunk-Antennenmasts (ohne Gerätekabine) auf einer nach den geltenden Vorschriften zu hohen, altrechtlichen Baute im Rahmen einer ähnlich geregelten Besitzstandsgarantie ebenfalls bewilligt wurde.6

    cc) Der private Beschwerdegegner macht allerdings in seiner Beschwerdeantwort noch geltend, das Gebäude würde mit dem als Fremdkörper wirkenden Antennenmast eine wesentliche Veränderung erfahren, weshalb die Antennenanlage aufgrund von Art. 48 Abs. 2 BauG nicht bewilligt werden könne. Die erwähnte Bestimmung beschränkt die Erneuerung und teilweise Änderung altrechtlicher Bauten, indem der bisherige Zustand hinsichtlich Form, Stellung, Gestaltung, Umfang und Nutzung im Wesentlichen erhalten bleiben muss. Diese Bestimmung betrifft jedoch wie Art. 49 BauG - nur das Gebäudevolumen sowie die Gebäudeform, -gestaltung und -nutzung, nicht aber technische Aufbauten der vorliegenden Art, welche grundsätzlich unabhängig von den bestehenden Vorschriften über die Gebäudeund Fassadenhöhe errichtet werden können und auch keine Zweckänderung der Baute dar-

    stellen.7 Angesprochen werden können somit mit den erwähnten Argumenten nur Fragen der Einordnung, doch ist davon auszugehen, dass übliche Mobilfunkanlagen aus Gründen der Einordnung bzw. der Ästhetik nur in schutzwürdigen Ortsteilen untersagt werden können.8 Letzteres trifft vorliegend

    nicht zu und ist auch nicht geltend gemacht worden.

    dd) Eine Verletzung weiterer Vorschriften ist nicht gerügt worden und aufgrund der Akten, welche die nötigen umweltrechtlichen Abklärungen enthalten, auch nicht ersichtlich. Dass aufgrund der Zuweisung des fraglichen Grundstücks zur Wohnund Gewerbezone keine Standortevaluation im Sinne von Art. 47a BauG erforderlich ist, hat der Regierungsrat bereits festgehalten; ebenso das Fehlen kommunaler Vorschriften i.S.v. Art. 10a Abs. 1 BauG. In Gutheissung der vorliegenden Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist daher der Rekursentscheid des Regierungsrates aufzuheben und die Baubewilligung gemäss Beschluss des Gemeinderates Neuhausen am Rheinfall vom 21. Juni 2011 zu erteilen.

  5. Vgl. zur Umschreibung der Kognition im verwaltungsgerichtlichen Verfahren Art. 36 des Gesetzes über den Rechtsschutz in Verwaltungssachen vom 20. September 1971 (Verwaltungsrechtspflegegesetz, VRG, SHR 172.200).

  6. Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 28. April 2008 (100.2007.22990U), E. 5.5.5.

  7. Vgl. dazu bereits E. 2b/dd des Entscheids vom 30. Dezember 2010, Amtsbericht 2010, S. 100.

  8. Vgl. dazu Benjamin Wittwer, Bewilligung von Mobilfunkanlagen, Diss. Zürich, 2. A., Zürich/ Basel/Genf 2008, S. 95 f., 132 f.

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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