E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Urteil Obergericht (SH)

Zusammenfassung des Urteils Nr. 60/2011/2: Obergericht

Der Beschuldigte wurde wegen Verbrechen gegen das Betäubungsmittelgesetz schuldig gesprochen und zu einer Freiheitsstrafe von 30 Monaten und einer Busse von Fr. 500.- verurteilt. Die Landesverweisung für 5 Jahre wurde angeordnet und im Schengen-Informationssystem ausgeschrieben. Die Kosten des Berufungsverfahrens wurden dem Beschuldigten auferlegt, mit Ausnahme der Kosten der amtlichen Verteidigung, die vorerst von der Gerichtskasse übernommen wurden. Die amtliche Verteidigung wird mit Fr. 5'704.85 entschädigt. Die sichergestellten Betäubungsmittel und Utensilien werden eingezogen und vernichtet. Gegen das Urteil kann eine bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen innerhalb von 30 Tagen erhoben werden.

Urteilsdetails des Kantongerichts Nr. 60/2011/2

Kanton:SH
Fallnummer:Nr. 60/2011/2
Instanz:Obergericht
Abteilung:-
Obergericht Entscheid Nr. 60/2011/2 vom 13.04.2012 (SH)
Datum:13.04.2012
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort: Art. 12 Abs. 3 und Art. 16 Abs. 3 BauG. Altrechtliche Baulinie; Bewilligung eines Carports innerhalb der Baulinie
Schlagwörter : Baulinie; Baulinien; Baugesetz; Nebengebäude; Recht; Kanton; Kommission; Kleinbaute; Zweck; Kantons; Garten; Treibhäuschen; Kleinbauten; Autogarage; Kantonsrat; Autogaragen; Licht; Fassung; Carport; Nebengebäude»; Regierung; Regierungsrat; Baugesetzes; Vorlage; «kleinere; Kommissionssitzung
Rechtsnorm:-
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts Nr. 60/2011/2

Art. 12 Abs. 3 und Art. 16 Abs. 3 BauG. Altrechtliche Baulinie; Bewilligung eines Carports innerhalb der Baulinie (OGE 60/2011/2 vom 13. April 2012)

Veröffentlichung im Amtsbericht

Auch altrechtliche Baulinien bezwecken nicht nur die Freihaltung des betreffenden Raums für eine allfällige Strassenverbreiterung, sondern dienen auch der Siedlungsgestaltung und Wohnhygiene (E. 2c).

Autogaragen und Carports, welche von der Grösse, Funktion und Fundamentierung her mit Autogaragen vergleichbar sind, fallen sowohl nach dem früheren als auch nach dem heute geltenden Recht nicht unter die baulichen Massnahmen, die innerhalb der Baulinien mit einer ordentlichen Baubewilligung errichtet werden können (E. 3).

Aus den Erwägungen:

2.- a) Zwischen den Parteien ist zunächst umstritten, welche Bedeutung der Baulinie an der strasse zukommt, welche unbestrittenerweise auf einen 1993 geänderten Baulinienplan aus dem Jahre 1952 zurückgeht und der Errichtung des umstrittenen Bauvorhabens entgegensteht. Im angefochtenen Rekursentscheid wird dazu ausgeführt, gemäss Art. 12 Abs. 3 BauG1 könnten Baulinien - neben dem Zweck der Freihaltung für allfällige Strassenverbreiterungen auch der Erfüllung gestalterischer, ästhetischer, naturund landschaftsschützender Aufgaben dienen. Dabei sei nicht ausgeschlossen, dass aufgrund einer zeitgemässen Auslegung Sinn und Zweck einer Baulinie im Laufe der Zeit eine Wandlung erfahren könne. Die zur Diskussion stehende Baulinie vermöge daher auch gestalterische bzw. ästhetische Zwecke zu erfüllen, wie dies von der Gemeinde Neuhausen am Rheinfall geltend gemacht werde.

  1. Der Beschwerdeführer vertritt demgegenüber die Auffassung, es sei nicht zulässig, die fragliche, aus dem Jahr 1952 stammende Baulinie i.S. der neueren Vorschriften von Art. 12 BauG auszulegen. Aus dem Genehmigungsentscheid des Regierungsrates vom 12. März 1952 ergebe sich implizit, dass die fragliche Baulinie einzig zum Zweck der Freihaltung des Strassen-

    1. Gesetz über die Raumplanung und das öffentliche Baurecht im Kanton Schaffhausen vom

      1. Dezember 1997 (Baugesetz, BauG, SHR 700.100).

        raums festgelegt worden sei. Eine erweiterte Zielsetzung für Baulinien gemäss Art. 12 Abs. 3 BauG sei erst seit dem Inkrafttreten dieser Bestimmung am 1. Januar 1999 möglich, zumal auch das Baugesetz 1964 noch keine solche enthalten habe. Der Sinn und Zweck einer Baulinie, mit welcher ein erheblicher Eingriff in die Eigentumsfreiheit erfolge, bedürfe aber einer klaren gesetzlichen Grundlage. Hiefür könnten nur das im Zeitpunkt der Baulinienfestlegung geltende Recht, nicht aber später eingeführte Vorschriften herbeigezogen werden. Die vom Regierungsrat erwähnte zeitgemässe Auslegung des Baulinienplans sei daher nicht zulässig.

  2. Es trifft zu, dass in den früheren Baugesetzen zwar die Festlegung von Baulinien vorgesehen war, aber nicht definiert worden war, welchen Zwecken diese Baulinien dienen sollen.2 Erst im geltenden Baugesetz wurde ausdrücklich festgehalten, dass Baulinien auch zur Erfüllung gestalterischer, ästhetischer, naturoder landschaftsschützender Aufgaben erlassen werden können.3 Seither ist es somit zulässig, Baulinien spezifisch auch für gestalterische und naturund landschaftsschützende Zwecke festzulegen. Im vorliegenden Fall ist die Baulinie jedoch lange vor Inkrafttreten dieser neuen Bestimmungen erlassen worden, weshalb die Auslegung der Baulinie nicht nach den neuen Vorschriften, sondern im Sinne des früheren Rechts auszulegen ist, welches die Funktion der Baulinien nicht spezifizierte. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers schliesst dies jedoch nicht aus, den damals festgelegten Baulinien auch gestalterische Bedeutung beizumessen. Baulinien kam nämlich auch schon nach dem früheren Recht in gleicher Weise wie den Abstandsvorschriften allgemein und entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht nur die Bedeutung zu, Land für eine spätere Strassenverbreiterung freizuhalten, sondern generell die betreffende Fläche im Sinne

verschiedenster Zwecke (Verkehrssicherheit, Zutritt von Licht und Luft, Gewährleistung wohnhygienischer Verhältnisse etc.) von einer Überbauung freizuhalten.4 Dies ergibt sich übrigens auch daraus, dass schon in den früheren Baugesetzen festgehalten wurde, kleinere Vorsprünge im Erdgeschoss dürften nur dann über die Baulinie hinausragen, wenn dadurch Luftund Lichtzutritt

  1. Vgl. Art. 10 des Baugesetzes vom 8. September 1936 (BauG 1936, Amtsblatt für den Kanton

    Schaffhausen 1936, S. 1199 ff.) sowie Art. 9 des Baugesetzes vom 9. November 1964 (BauG 1964, Amtsblatt für den Kanton Schaffhausen 1965, S. 351 ff.).

  2. Vgl. Art. 16 Abs. 3 BauG und dazu die Hinweise in der Vorlage des Regierungsrates zur (anschliessend gescheiterten) Revision des Baugesetzes vom 31. Mai 1988, S. 12 f. (die dortige Fassung von Art. 18 Abs. 3 des Gesetzesentwurfs ist in Art. 16 Abs. 3 des geltenden Baugesetzes übernommen worden).

  3. Vgl. dazu Peter Hänni, Planungs-, Bauund besonderes Umweltschutzrecht, 5. A., Bern 2008,

    S. 240; Haller/Karlen, Raumplanungs-, Bauund Umweltrecht, Band I, 3. A., Rz. 344, S. 100 f.; Zaugg/Ludwig, Baugesetz des Kantons Bern vom 9. Juni 1985, Kommentar, Band II, 3. A., Bern 2010, Art. 90/91 Rz. 7, S. 264; je mit weiteren Hinweisen.

    nicht gehindert würden.5 Etwas anderes ergibt sich denn auch nicht aus dem angeführten regierungsrätlichen Genehmigungsentscheid vom 12. März 1952. Die ästhetische bzw. gestalterische Funktion von Baulinien im Hinblick auf die Gewährleistung wohnhygienischer Verhältnisse darf daher bei der Auslegung und Anwendung der fraglichen Baulinie entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers durchaus berücksichtigt werden, obwohl die Baulinie noch unter der Geltung des Baugesetzes 1936 geschaffen wurde. Wie die Beschwerdegegner zu Recht erwähnen, wäre etwas anderes auch nicht verständlich, da auch den allgemeinen Abstandsvorschriften ästhetische und gestalterische Bedeutung zukommt und das Bestehen von Baulinien (anstelle von Abstandsvorschriften) nicht dazu führen kann, dass diese Aspekte nicht mehr berücksichtigt werden dürfen.

    3.- Der Beschwerdeführer hat ursprünglich ein Gesuch um Erteilung einer ordentlichen Baubewilligung eingereicht. Auf Hinweis der Gemeinde hin hat er alsdann einen Antrag um Erteilung einer Ausnahmebewilligung gestellt. Die Anträge im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren lauten ebenfalls auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung. Im Rahmen der Begründung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde hat der Beschwerdeführer aber auch geltend gemacht, es bestehe ein Anspruch auf Erteilung einer ordentlichen Baubewilligung. Da letztere einer Ausnahmebewilligung vorgeht, ist im Rahmen der Rechtsanwendung von Amts wegen zunächst zu prüfen, ob allenfalls Anspruch auf eine ordentliche Baubewilligung besteht.

    1. Wo die Baulinie wie im vorliegenden Fall hinter der Grenze der öffentlichen Verkehrsanlagen liegt, können nach Art. 16 Abs. 3 und 4 BauG gewisse Bauten auch innerhalb der Baulinien bewilligt werden, wobei sie im Falle einer Verbreiterung der Verkehrsanlage auf Kosten des Grundeigentümers beseitigt werden müssen.6 Im Zeitpunkt der Einreichung des Baugesuchs war für diese Frage noch die ursprüngliche Fassung von Art. 16 Abs. 3 BauG massgebend. Diese lautete wie folgt:

      Wo die Baulinie hinter den Grenzen der öffentlichen Verkehrsanlagen, des Waldes des Gewässers liegt, sind ausser den in Abs. 2 erwähnten Ausladungen auch kleinere Vorsprünge im Erdgeschoss wie Treppen, Terrassen, Veranden und dergleichen zulässig, sofern sie den Luftund Lichtzutritt nicht zum Nachteil der Nachbarschaft hindern. Ausserdem können kleinere Nebengebäude wie Gartenund Treibhäuschen Tiefbauten wie Lichtschächte und Garageneinfahrten gestattet werden, sofern keine überwiegenden Interessen entgegenstehen.

  4. Vgl. Art. 48 Abs. 1 BauG 1936 und Art. 32 Abs. 2 BauG 1964 bzw. heute Art. 16 Abs. 3 BauG.

  5. Vgl. ähnlich bereits Art. 48 BauG 1936 und Art. 32 Abs. 2 BauG 1964.

    Eine ähnliche Regelung für Vorsprünge im Erdgeschoss und kleinere Nebengebäude innerhalb der Baulinien (mit vorgesehenem Beseitigungsrevers für den Fall einer Strassenerweiterung) bestand schon in den früheren Baugesetzen.7 Die Regelung betreffend kleinere Nebengebäude wie Gartenund Treibhäuschen wurde stets so verstanden, dass entsprechende einfache, leicht entfernbare bauliche Massnahmen namentlich für die Bewirtschaftung der Vorgärten grundsätzlich zulässig sein sollten. Nicht zulässig sein sollten demgegenüber grössere, nicht leicht entfernbare Nebenbauten wie insbesondere Autogaragen, welche sich mit dem Sinn und Zweck der Baulinien nicht vertragen. Blosse Autoabstellplätze können dagegen in diesem Bereich als ebenfalls vorbehaltene Tiefbauten bewilligt werden.8 Nichts anderes abgeleitet werden kann aus dem vom Beschwerdeführer angeführten OGE Nr. 11/1986 vom 19. Dezember 1986, S. 6 f., zumal es dort um die Auslegung einer anderen (kommunalen) Vorschrift ging, welche für «eingeschossige Anbauten und Neubauten, wie Garagen, gedeckte Vorplätze und dergleichen» eine Unterschreitung des ordentlichen Grenzabstands bis zum Minimalgrenzabstand ermöglicht.

    1. Es stellt sich die Frage, wie der hier bei der Anwendung von Art. 16 Abs. 3 BauG zur Diskussion stehende sog. Carport zu behandeln ist, welcher eine Grundfläche von 16 m2 und eine Höhe von insgesamt 2,4 m aufweist. Unter Carport wird ein Unterstand für ein Fahrzeug verstanden, welcher über ein Dach verfügt, seitlich jedoch grundsätzlich offen ist. Von der Grösse her entspricht ein Carport einer Autogarage, ebenso ist eine massive Verankerung im Boden erforderlich. Obwohl Licht und Luft nicht gleichermassen wie bei einer geschlossenen Garage abgehalten werden, erscheint es daher richtig, Carports den Autogaragen gleichzustellen, zumal sie aus den erwähnten Gründen - und ebenso von ihrer Funktion her - nicht mit Gartenund Treibhäuschen verglichen werden können. Dies entspricht denn auch der langjährigen Praxis des Baudepartements, welches die Gemeinden entsprechend berät. Es stellt sich allerdings die Frage, ob sich hieran durch die Revision des Baugesetzes vom 6. September 2010 etwas geändert hat, mit welcher der Wortlaut von Art. 16 Abs. 3 BauG an die Terminologie der «Interkantonalen Vereinbarung über die Harmonisierung der Baubegriffe (IVHB)» angepasst wurde. So wurde namentlich der Begriff «Tiefbauten» durch «Unterniveaubauten» ersetzt. Anstelle des in der IVHB nicht definier-

      ten Begriffs «kleinere Nebengebäude» schlug der Regierungsrat sodann vor, von «Kleinbauten wie Gartenund Treibhäuschen» zu sprechen, doch hat der Kantonsrat in der Folge sowohl auf die Einfügung des Begriffs «Kleinbauten»

  6. Vgl. Art. 48 BauG 1936 und Art. 32 Abs. 2 BauG 1964.

  7. Vgl. Entscheid des Obergerichts vom 12. August 1994 i.S. C., E. 2b/bb, Amtsbericht 1994, S. 128.

    als auch auf die Beibehaltung des Oberbegriffes «kleinere Nebengebäude» verzichtet und es stattdessen bei der Aufzählung «Gartenund Treibhäuschen und dergleichen» belassen.9 Art. 16 Abs. 3 BauG lautet in der heute geltenden Fassung vom 6. September 2010 wie folgt:

    Wo die Baulinie hinter den Grenzen der öffentlichen Verkehrsanlagen, des Waldes des Gewässers liegt, sind ausser den in Abs. 2 erwähnten vorspringenden Gebäudeteilen auch kleinere Vorsprünge im Erdgeschoss wie Treppen, Terrassen, Veranden und dergleichen zulässig, sofern sie den Luftund Lichtzutritt nicht zum Nachteil der Nachbarschaft hindern. Ausserdem können Garten-, Treibhäuschen und dergleichen Unterniveaubauten wie Lichtschächte und Garageneinfahrten gestattet werden, sofern keine überwiegenden Interessen entgegenstehen.

    1. Aus den Materialien der Gesetzesrevision ergibt sich, dass mit dem verabschiedeten neuen Wortlaut von Art. 16 Abs. 3 BauG keine Änderung gegenüber der bisherigen Rechtslage bewirkt werden sollte. Bei der Beratung des Änderungsvorschlags zu Art. 16 Abs. 3 BauG an der Sitzung der vorberatenden Spezialkommission «Teilrevision Baugesetz» vom 3. März 2010 wies Kantonsrat Richard Bührer darauf hin, dass es den Begriff «Nebengebäude» in der IVHB nicht gebe, und stellte die Frage, was mit dem Ausdruck «kleinere Nebengebäude» überhaupt gemeint sei. Regierung und Verwaltung wurden darauf beauftragt, dies zu überprüfen.10 An der nächsten Kommissionssitzung

      vom 22. März 2010 unterbreitete der Rechtsdienst des Baudepartements eine neue Fassung von Art. 16 Abs. 3 BauG, welche auf die Begriffe «kleinere Nebengebäude» und «Kleinbauten» verzichtete und dem heute geltenden Text entspricht. Der Leiter des Rechtsdiensts, Michael Hoff, erklärte dazu, dass es den Begriff «kleinere Nebengebäude» in der IVHB nicht gebe und Kleinbauten darüber hinaus bauliche Massnahmen bis zu einer Grundfläche 50 m2 umfassen würden.11 Nach längeren Diskussionen zur Frage, ob nicht eine genauere Definition der betreffenden Bauten bzw. der Grösse von Kleinbauten erforderlich sei,12 wurde die vom Rechtsdienst vorgeschlagene Formulierung schliesslich unverändert dem Kantonsratsplenum unterbreitet.13

  8. Vgl. dazu die Vorlage des Regierungsrats vom 8. Dezember 2009, S. 15, sowie die Vorlage der Spezialkommission «Teilrevision Baugesetz» vom 25. April 2010, S. 2.

  9. Protokoll der Kommissionssitzung vom 3. März 2010, S. 11 f.

  10. Vgl. Protokoll der Kommissionssitzung vom 22. März 2010, S. 8; in der Musterbotschaft IVHB, Erläuterungen der einzelnen Definitionen des Anhangs, Ziff. 2.2, werden ausdrücklich auch Autogaragen als Beispiel für Kleinbauten genannt.

  11. Vgl. dazu Protokolle der Kommissionssitzungen vom 22. März 2010, S. 8 ff., und vom

    29. März 2010, S. 4 ff.

  12. Vgl. Vorlage der Spezialkommission «Teilrevision Baugesetz» vom 25. April 2010, S. 2.

    In der ersten Lesung im Kantonsrat stellte Kantonsrat Andreas Gnädinger dann die Frage, was mit «Gartensowie Treibhäuschen und dergleichen» gemeint sei; ob es sich um Kleinbauten und Nebengebäude handle bzw. weshalb diese Begriffe aus dem Gesetzestext gestrichen worden seien. Hierauf ergab sich eine längere Diskussion zu diesem Passus des Gesetzestextes, wobei der Vorsteher des Baudepartements, Regierungsrat Reto Dubach, wiederum darauf hinwies, dass der Begriff «kleinere Nebengebäude» in der IVHB nicht verwendet werde und Kleinbauten nach IVHB auch umfangreichere bauliche Massnahmen umfassen würden; mit der vorgeschlagenen Fassung wolle man dagegen lediglich die bisherige Regelung weiterführen.14 Da der Kommissionspräsident zusicherte, man werde die gestellten Fragen in der Kommission noch näher abklären, war Art. 16 Abs. 3 BauG auch an der letzten Kommissionssitzung vom 13. August 2010 nochmals ein Thema. Der Rechtsdienst des Baudepartements nahm hierbei zur Frage von Kantonsrat Gnädinger schriftlich Stellung und hielt Folgendes fest:15 «Dies [das Weglassen der beiden Begriffe] hängt mit der Harmonisierung der Baubegriffe zusammen. Im geltenden Baugesetz haben wir in Art. 16 den Begriff der ‹kleineren Nebengebäude›. Dieser Begriff ist in der IVHB bzw. im Anhang 2 zur BauGVorlage nicht definiert. Deswegen wurde ursprünglich ein analoger Begriff gesucht und das wäre die Kleinbaute, welche im Anhang 2 in Ziffer 2.2 definiert ist. Nun hat aber die Kleinbaute nach Ziffer 2.2 eine andere Bedeutung als die kleineren Nebengebäude. Kleinbauten gemäss Ziffer 2.2 können grösser und massiver sein (50 m2 Gebäudegrundfläche, gemauert, Fundament) als die kleineren Nebengebäude im Sinne von Art. 16 (Gartenund Treibhäuschen). Daher beschloss die Kommission, inhaltlich die bisherige Regelung weiterzuführen, aber die Worte ‹kleinere Nebengebäude› zu streichen und neu nur noch von ‹Garten-, Treibhäuschen und dergleichen› zu sprechen. Die jetzige Formulierung in der Kommissionsvorlage ist daher gerechtfertigt.» Dieser Bericht wurde von der Kommission ohne Wortmeldungen zur Kenntnis genommen16 und auch in der zweiten Lesung im Kantonsrat wurde dieser Punkt nicht mehr thematisiert.17 Vielmehr wurde die geänderte Fassung gemäss dem Vorschlag des Rechtsdienstes des Baudepartements im definitiven, oben wiedergegebenen neuen Gesetzestext übernommen.

    1. Somit kann festgehalten werden, dass mit der neuen Fassung von Art. 16 Abs. 3 BauG keine Änderung gegenüber der bisherigen Rechtslage

  13. Vgl. dazu Kantonsratsprotokoll 2010, S. 168 ff., insbesondere S. 170 f. (Sitzung vom 17. Mai

    2010).

  14. Vgl. Bericht vom 9. Juli 2010, S. 10 f.

  15. Protokoll der Kommissionssitzung vom 13. August 2010, S. 13.

  16. Vgl. dazu auch Vorlage der Spezialkommission «Teilrevision Baugesetz» für die 2. Lesung vom 13. August 2010, S. 6.

bewirkt werden sollte. Autogaragen und Carports, welche von der Grösse, Funktion und Fundamentierung her mit Autogaragen vergleichbar sind, fallen daher auch nach dem heute geltenden Recht nicht unter die im Gesetzestext erwähnten baulichen Massnahmen innerhalb von Baulinien, die nach Art. 16 Abs. 3 BauG mit einer ordentlichen Baubewilligung (allerdings zwingend verbunden mit einer planerischen Interessenabwägung) genehmigt werden können. Dieses Ergebnis wird durch die Beratungen und Abklärungen zu Art. 16 Abs. 3 BauG im Rahmen der 2010 erfolgten Gesetzesrevision sogar noch bekräftigt, indem ausdrücklich davon die Rede war, dass grössere gemauerte und fundierte Bauten nicht unter die Privilegierung leicht entfernbarer Bauten innerhalb der Baulinien gemäss Art. 16 Abs. 3 BauG fallen sollen. Die Vorinstanzen haben das vorliegende Baugesuch somit zu Recht nur unter dem Gesichtspunkt einer möglichen Ausnahmebewilligung nach Art. 51 BauG geprüft. Auch die am Augenschein angebotene leichte Redimensionierung des geplanten Fahrzeugunterstands würde hieran nichts ändern.

4.- [Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung nach Art. 51 BauG sind nicht erfüllt.]

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.