Zusammenfassung des Urteils Nr. 60/2010/32A: Obergericht
Der Beschwerdeführer hat gegen die Einstellungsverfügung des Statthalteramts des Bezirks Hinwil Beschwerde erhoben, nachdem das Strafverfahren gegen den Beschwerdegegner 1 eingestellt wurde. Das Statthalteramt begründete die Einstellungsverfügung damit, dass der Beschwerdegegner den Beschwerdeführer nicht tätlich angegangen habe. Der Beschwerdeführer argumentierte, dass zumindest Nötigung vorliege und Zeugen den Vorfall beobachtet hätten. Das Statthalteramt wies die Beschwerde ab, da keine konkreten Zeugen genannt wurden. Die Gerichtskosten von CHF 500 wurden dem Beschwerdeführer auferlegt, die Prozesskaution von CHF 1'000 wurde verrechnet und der Restbetrag unter Vorbehalt des Verrechnungsrechts des Staates zurückgezahlt.
Kanton: | SH |
Fallnummer: | Nr. 60/2010/32A |
Instanz: | Obergericht |
Abteilung: | - |
Datum: | 17.12.2010 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Art. 31 Abs. 1 WPEG; Art. 52 Abs. 3 WPEV; Art. 36b und Art. 39 Abs. 2 VRG; Art. 137 StG; § 1a Abs. 2 der Kantonalen Militärverordnung Erlass der Wehrpflichtersatzabgabe; Verfahren |
Schlagwörter : | Verfahren; Gericht; Wehrpflichtersatz; Gerichtsferien; Steuer; Beschwerde; Bundessteuer; Militärverordnung; Wehrpflichtersatzabgabe; Erlass; Fristenstillstand; Schaffhausen; Verordnung; Gesetzes; Bundesgesetz; Obergericht; Verwaltungsrechtspflegegesetz; Kanton; Steuerrecht; Bundessteuerrecht; Beschwerdeverfahren; Veranlagungsverfahren; Beschwerdeinstanz; Verfügung; Bereich; Soziales; Stadt |
Rechtsnorm: | - |
Referenz BGE: | 106 Ia 18; |
Kommentar: | - |
Veröffentlichung im Amtsbericht.
Art. 31 Abs. 1 WPEG; Art. 52 Abs. 3 WPEV; Art. 36b und Art. 39 Abs. 2 VRG; Art. 137 StG; § 1a Abs. 2 der Kantonalen Militärverordnung. Erlass der Wehrpflichtersatzabgabe; Verfahren (OGE 60/2010/32 vom17. Dezember 2010)
Im Beschwerdeverfahren, in welchem ein Wehrpflichtersatzabgabepflichtiger die Abweisung seines Erlassgesuchs anficht, gilt der Fristenstillstand während der Gerichtsferien nicht.
Aus den Erwägungen:
1.a) Über Beschwerden gegen Erlassverfügungen der zuständigen kantonalen Behörde entscheidet ein oberes kantonales Gericht als einzige Instanz. Für das Verfahren gelten die Bestimmungen über die Rechte und Pflichten im Veranlagungsverfahren sinngemäss.1 Kantonale Beschwerdeinstanz ist das Obergericht.2
Gemäss Art. 31 Abs. 1 WPEG beträgt die Beschwerdefrist im Veranlagungsverfahren und kraft Art. 52 Abs. 3 WPEV auch im Erlassverfahren 30 Tage. Die angefochtene Verfügung vom 15. Juni 2010 ging am 21. Juni 2010 beim Bereich Soziales der Stadt Schaffhausen, welcher den Beschwerdeführer vertritt, ein. Die Rechtsmittelfrist begann daher am folgenden Tag zu laufen3 und endete am Mittwoch, 21. Juli 2010. Der Rechtsdienst des Bereichs Soziales der Stadt Schaffhausen versandte die Beschwerde am 4. August 2010. Die Beschwerde wäre daher verspätet eingereicht. Fraglich ist jedoch, ob vorliegend der Fristenstillstand während der Gerichtsferien vom
15. Juli bis und mit dem 15. August4 gilt.
Art. 52 Abs. 2 und 3 der Verordnung über die Wehrpflichtersatzabgabe vom 30. August 1995
(WPEV, SR 661.1).
§ 1a Abs. 2 der Kantonalen Militärverordnung vom 23. November 2004 (SHR 510.101)
i.V.m. Art. 52 Abs. 3 WPEV und Art. 31 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Wehrpflichtersatzabgabe vom 12. Juni 1959 (WPEG, SR 661).
Art. 22 Abs. 1 und Art. 52 Abs. 3 WPEV.
Art. 50 Abs. 1 des Gesetzes über den Rechtsschutz in Verwaltungssachen vom 20. September 1971 (Verwaltungsrechtspflegegesetz, VRG, SHR 172.200) i.V.m. Art. 28 Abs. 1 und Art. 50 der Zivilprozessordnung für den Kanton Schaffhausen vom 3. September 1951 (ZPO, SHR 273.100).
Ob die Gerichtsferien in Beschwerdeverfahren betreffend das Wehrpflichtersatzwesen anwendbar sind nicht, ergibt sich aus den Rechtsgrundlagen nicht direkt. Insbesondere enthalten weder das Bundesgesetz über die Wehrpflichtersatzabgabe noch die entsprechende Bundesverordnung eine ausdrückliche Regelung. § 1a der Kantonalen Militärverordnung, welcher das Obergericht als zuständige Beschwerdeinstanz bezeichnet, verweist auf Art. 36b VRG, gemäss dem das Obergericht die kantonale Steuerrekursbehörde ist (Abs. 1) und sich das Verfahren nach dem kantonalen Steuerrecht bzw. dem Bundessteuerrecht richtet (Abs. 2). Durch den Verweis in § 1a der Militärverordnung ist nach dem geltenden System des Verwaltungsrechtspflegegesetzes in besonderen verwaltungsgerichtlichen Rechtsmittelverfahren nicht nur die Zuständigkeit, sondern auch das Verfahren bestimmt.5 Grundsätzlich gelten somit die steuerrechtlichen Verfahrensvorschriften, wie dies bereits vor der Revision des Verwaltungsrechtspflegegesetzes explizit in der inzwischen aufgehobenen Verordnung über den Wehrpflichtersatz vom
25. Februar 19976 vorgesehen war.7 In gerichtlichen Verfahren auf dem Gebiet des kantonalen Steuerrechts8 sowie der direkten Bundessteuer9 gelten
keine Gerichtsferien. Im obergerichtlichen Verfahren, in welchem sich ein Betroffener gegen einen abschlägigen Entscheid über das Gesuch um Erlass der Wehrpflichtersatzabgabe beschwert, sind die Gerichtsferien daher eben-
falls unbeachtlich. Die vorliegende Beschwerde ist daher grundsätzlich ver-
spätet, und es könnte darauf nicht eingetreten werden.
Allerdings ist hier besonders zu beachten, dass § 1a der Kantonalen Militärverordnung nur die Zuständigkeit und nicht auch das anwendbare Verfahrensrecht ausdrücklich erwähnt. Eine Norm, welche für das Wehrpflichtersatzwesen explizit das anwendbare Verfahrensrecht bezeichnen würde, besteht seit der Aufhebung der erwähnten Verordnung über den Wehrpflichtersatz vom 25. Februar 1997 nicht mehr. Aufgrund der blossen Verweisung auf Art. 36b VRG bleibt zudem unbestimmt, inwiefern für den Wehrpflicht-
Anwendbarkeit von Art. 161 ff. des Gesetzes über die direkten Steuern vom 20. März 2000 (StG, SHR 641.100) und Art. 140 ff. des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer vom
14. Dezember 1990 (DBG, SR 642.11); vgl. auch Arnold Marti, Neuordnung der Sozialversicherungsgerichtsbarkeit und weitere Verfahrensverbesserungen, SJZ 2006, S. 372.
Ehemals SHR 661.101 (aufgehoben seit dem 1. Januar 2008); vgl. § 3 Abs. 2 dieser Verordnung.
Vgl. Arnold Marti, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit im Kanton Schaffhausen, Diss. Zürich 1986, S. 16 f.
Art. 137 Abs. 3 des Gesetzes über die direkten Steuern vom 20. März 2000 (StG, SHR 641.100) in Verbindung mit Art. 39 Abs. 2 VRG.
Vgl. Ulrich Cavelti, Basler Kommentar, Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (DBG), Art. 83-222, 2. A., Basel 2008, Art. 140 N. 7b, S. 403, und etwa BGE 2C_331/2008 vom 27. Juni 2008, E. 1.
ersatz kantonales Bundessteuerverfahrensrecht zur Anwendung gelangt. Zu Handen des Gesetzgebers ist daher anzuregen, in § 1a der Militärverordnung klarzustellen, dass in Belangen des Wehrpflichtersatzes das kantonale Steuerrekursverfahrensrecht subsidiär anwendbar ist, um auf diese Weise Lücken zu schliessen bzw. Unklarheiten zu beseitigen. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Frage, ob der Fristenstillstand der Gerichtsferien gelte, ohnehin nur für das kantonale Steuerrecht ausdrücklich geregelt ist.10 Für das Bundessteuerrecht ergibt sich der Ausschluss der Gerichtsferien lediglich aus der Bundesgerichtspraxis.11 Insofern erschiene es ferner sinnvoll, wenn der Gesetzgeber die Regelung von Art. 39 Abs. 2 VRG ausdrücklich auch auf das Bundessteuerrecht bzw. ausdrücklich auf alle Verfahren von Art. 36b VRG ausdehnen würde.
Der Fristenstillstand während der Gerichtsferien ist nach dem Gesagten vorliegend zwar nicht anwendbar, doch erschliesst sich diese Rechtslage nicht klar aus dem Gesetzestext. Auch die Rechtsmittelbelehrung der angefochtenen Verfügung wies nicht auf den Ausschluss der Gerichtsferien hin. Diese Umstände, und weil zudem vorliegend keine Steuer, sondern eine Kausalabgabe zu beurteilen ist, rechtfertigen es aus Fairnessgründen nicht, auf die
an sich verspätete - Beschwerde nicht einzutreten.12 Es ist zu verfahren, wie wenn der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren grundsätzlich geltende Fristenstillstand während der Gerichtsferien vom 15. Juli bis 15. August zu berücksichtigen wäre; unter diesen Voraussetzungen aber wäre die Beschwerde
rechtzeitig erhoben.
Auf die im Übrigen formgerecht eingereichte Beschwerde ist daher einzutreten.
Art. 39 Abs. 2 VRG.
Vgl. Fn. 9.
Vgl. BGE 106 Ia 18 f. E. 4.
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