Zusammenfassung des Urteils Nr. 60/2009/10A: Obergericht
Eine Gemeinde kann die Aufhebung einer kommunalen Schulbussenverfügung durch den Erziehungsrat mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde anfechten. In diesem Fall belegte die Schulleitung der Gemeinde X. die Mutter eines Schülers mit einer Busse, die jedoch vom Erziehungsrat aufgehoben wurde. Die Gemeinde X. legte daraufhin Beschwerde ein, die jedoch vom Obergericht abgewiesen wurde. Es wurde festgestellt, dass Gemeinden im Kanton Schaffhausen gegen Verwaltungsakte vorgehen können, auch wenn sie öffentliche Interessen vertreten. Die Beschwerde wurde daher abgelehnt.
Kanton: | SH |
Fallnummer: | Nr. 60/2009/10A |
Instanz: | Obergericht |
Abteilung: | - |
Datum: | 14.08.2009 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Art. 18 Abs. 2 und Art. 50 Abs. 2 VRG Aufhebung einer kommunalen Schulbussenverfügung; Beschwerdebe-fugnis der Gemeinde |
Schlagwörter : | Gemeinde; Recht; Rechtsmittel; Entscheid; Interessen; Rechtsmittelbefugnis; Beschwerdebefugnis; Busse; Gemeinden; Erziehungsrat; Verwaltungsgerichtsbeschwerde; Mutter; Rekurs; Zürcher; Verwaltungsrechtspflege; Amtsbericht; Aufhebung; Schulbussenverfügung; Unterricht; Absenz; Gemeinwesen; Private; öffentlich-rechtlichen; Kanton; Schaffhausen; Bereich |
Rechtsnorm: | - |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | - |
Veröffentlichung im Amtsbericht.
Art. 18 Abs. 2 und Art. 50 Abs. 2 VRG; Aufhebung einer kommunalen Schulbussenverfügung; Beschwerdebefugnis der Gemeinde (OGE 60/2009/10 vom 14. August 2009)Eine Gemeinde ist befugt, die Aufhebung einer kommunalen Schulbussenverfügung durch den Erziehungsrat mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde anzufechten.
Die Schulleitung der Gemeinde X. belegte die Mutter eines 16-jährigen Schülers, der dem Unterricht unentschuldigt ferngeblieben war, mit einer Busse. Auf Rekurs hin hob der Erziehungsrat die Busse auf, da die Mutter für die Absenz nicht verantwortlich gemacht werden könne. Die Gemeinde X. focht diesen Entscheid mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde an. Das Obergericht trat nach Prüfung der Rechtsmittelbefugnis auf die Beschwerde ein, wies sie aber ab.
Aus den Erwägungen:
1.- Wer in eigenen schutzwürdigen Interessen verletzt ist, kann gegen letztinstanzliche Entscheide kantonaler Verwaltungsbehörden soweit wie vorliegend keine besonderen Rechtsmittel offen stehen innert 20 Tagen seit der Mitteilung Verwaltungsgerichtsbeschwerde erheben (Art. 34, 36 Abs. 1 und 39 Abs. 1 VRG1). Die sich aus Art. 36 Abs. 1 VRG ergebende Beschwerdebefugnis und die Praxis dazu sind grundsätzlich auf Privatpersonen und Gemeinwesen zugeschnitten, die in ihren Rechten wie Private betroffen werden, was vorliegend nicht der Fall ist. Für das verwaltungsinterne Rekursverfahren bestimmt Art. 18 Abs. 2 VRG aber ausdrücklich, dass zur Wahrung öffentlicher Interessen das Rekursrecht auch der zuständigen Behörde der Gemeinde, der öffentlich-rechtlichen Korporation oder der selbständigen öffentlich-rechtlichen Anstalt zusteht. Diese besondere Rechtsmittelbefugnis von Gemeinwesen gilt auch für das verwaltungsgerichtliche Verfahren, was sich heute ausdrücklich aus Art. 50 Abs. 2 VRG ergibt.2 Im Gegensatz zu der we-
Gesetz über den Rechtsschutz in Verwaltungssachen vom 20. September 1971 (VRG, SHR 172.200).
Vgl. dazu auch OGE Nr. 60/2007/10 vom 8. Juni 2007, E. 1b, Amtsbericht 2007, S. 134.
niger klar formulierten neueren Bestimmung von § 21 lit. b des Zürcher Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959 (VRG ZH; Fassung vom
8. Juni 1997)3 steht damit fest, dass die Gemeinden sich im Kanton Schaffhausen gegen Verwaltungsakte zur Wehr setzen können, auch wenn sie nicht
private, sondern öffentliche Interessen verfolgen. Nicht erforderlich ist nach
dem klaren Wortlaut der erwähnten Bestimmung auch, dass sie im betreffenden Bereich über Autonomie eine erhebliche Entscheidungsfreiheit verfügen. Voraussetzung ist lediglich, dass sie eigene öffentliche Interessen geltend machen können. Dies aber ist auch bei der Anwendung von kantonalem Recht gegeben, jedenfalls soweit ihnen eigene Entscheidungsbefugnisse zukommen und sie geltend machen, der oberinstanzliche Entscheid beeinträchtige sie in ihrer Aufgabenerfüllung, wie dies vorliegend der Fall ist.4 Eine besondere Rechtsmittelbefugnis der Gemeinden i.S. von Art. 18 Abs. 2 VRG dürfte somit lediglich dann fehlen, wenn eine Gemeinde im betroffenen Bereich keine eigene Entscheidungsbefugnisse hat und auch keine eigenständigen kommunalen Interessen geltend zu machen vermag lediglich zugunsten von Privaten Rechtsmittel erhebt.5 Insoweit sind denn auch die Befürchtungen des Erziehungsrats nicht begründet, eine Gemeinde könne bei entsprechender Auslegung praktisch in jedem Fall Rechtsmittelentscheide anfechten, mit welchen ihre Verfügungen nicht geschützt worden sind.
Auf die Beschwerde ist daher einzutreten. 2.-
3.- [Aufgrund der Akten bestand keine Abmachung mit dem Klassenlehrer, wonach die Mutter Absenzen des Sohns hätte melden müssen. Es kann ihr auch kein konkretes Verschulden vorgeworfen werden, dass der Sohn am fraglichen Tag im Unterricht gefehlt hat. Zudem wurde ihr rechtliches Gehör vor Erlass der Bussenverfügung nicht gewahrt. Die Bussenverfügung wurde daher aus materiellen und formellen Gründen zu Recht aufgehoben.]
Vgl. zum heutigen Stand der Auslegung dieser Bestimmung Martin Bertschi, Die Beschwerdebefugnis der Gemeinde im Zürcher Verwaltungsprozess, in: Festschrift für Hans Michael Riemer zum 65. Geburtstag, Bern 2007, S. 3 ff.
Auch nach der weniger weitgehenden Formulierung des Zürcher Rechts wird im Übrigen heute die Rechtsmittelbefugnis der Gemeinden bejaht, wenn sie in Interessen Aufgaben betroffen sind, die sie wahrzunehmen haben; vgl. dazu Bertschi, S. 7, 13 ff.
Vgl. zur relativ weitgefassten, aus dem St. Galler Recht übernommenen Rechtsmittelbefugnis der Gemeinden in der Schaffhauser Verwaltungsrechtspflege auch Arnold Marti, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit im Kanton Schaffhausen, Diss Zürich 1986, S. 181 ff., insbesondere
S. 184 f., und Alfred Kölz, Die Beschwerdebefugnis der Gemeinde in der Verwaltungsrechtspflege, ZBl 1977, S. 97 ff., S. 100 f., je mit weiteren Hinweisen.
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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