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Urteil Obergericht (SH)

Zusammenfassung des Urteils Nr. 60/2007/43: Obergericht

Das Obergericht des Kantons Zürich hat am 22. Oktober 2019 ein Urteil in einem Strafverfahren gefällt. Der Beschuldigte wurde des mehrfachen Diebstahls schuldig gesprochen, jedoch von einigen Vorwürfen freigesprochen. Er wurde zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen à Fr. 30.- verurteilt, wovon 52 Tage durch Haft erstanden sind. Die Schadenersatzforderungen der Privatklägerinnen wurden auf den Zivilweg verwiesen. Die Kosten des Verfahrens wurden dem Beschuldigten auferlegt, wobei die Kosten der amtlichen Verteidigung von der Gerichtskasse übernommen wurden. Der Beschuldigte kann innerhalb von 30 Tagen eine bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen einreichen. Das Urteil wurde von Richter lic. iur. S. Volken gefällt. Die Gerichtskosten wurden auf Fr. 2'500.- festgesetzt, und die Kosten der amtlichen Verteidigung betrugen Fr. 1'968.95.

Urteilsdetails des Kantongerichts Nr. 60/2007/43

Kanton:SH
Fallnummer:Nr. 60/2007/43
Instanz:Obergericht
Abteilung:-
Obergericht Entscheid Nr. 60/2007/43 vom 31.08.2007 (SH)
Datum:31.08.2007
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort: Art. 60d EG ZGB; Art. 379 Abs. 1, Art. 381 und Art. 388 Abs. 2 ZGB; Art. 12 KRK. Anfechtung der Wahl eines Vormunds; rechtliches Gehör, Berücksichtigung offensichtlicher Rechtsfehler von Amts wegen
Schlagwörter : Vormunds; Vormundschaft; Vormundschaftsbehörde; Person; Kinder; Vormundes; Verfahren; Vormundin; Kindes; Gehör; Rechtsfehler; Rügeprinzip; Schnyder/Murer; Anhörung; Gelegenheit; Vorschlagsrecht; Gebrauch; Wahrung; Kindesinteressen; Mutter; Obergericht; Schweizerischen; Mündel; Urteilsfähigkeit; Kommentar
Rechtsnorm:Art. 12 KRK ;Art. 381 ZGB ;Art. 384 ZGB ;Art. 388 ZGB ;
Referenz BGE:107 Ia 345; 131 III 553;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts Nr. 60/2007/43

Veröffentlichung im Amtsbericht

Art. 60d EG ZGB; Art. 379 Abs. 1, Art. 381 und Art. 388 Abs. 2 ZGB; Art. 12 KRK. Anfechtung der Wahl eines Vormunds; rechtliches Gehör, Berücksichtigung offensichtlicher Rechtsfehler von Amts wegen (OGE 60/2007/43 vom 31. August 2007)

Die Vormundschaftsbehörde hat zu bevormundenden Kindern Gelegenheit zu geben, von ihrem Vorschlagsrecht Gebrauch zu machen bzw. sich zur Person des ins Auge gefassten Vormunds zu äussern, soweit sie urteilsfähig sind. Unterlässt dies die Vormundschaftsbehörde, so stellt dies eine Gehörsverletzung dar, und das von ihr durchgeführte Verfahren ist gesetzwidrig.

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren sind offensichtliche Rechtsfehler unabhängig vom Rügeprinzip von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn es um die Wahrung von Kindesinteressen geht.

Die Vormundschaftsbehörde Y. errichtete eine Vormundschaft für die Kinder B. und C., nachdem sie für deren Mutter A. eine vorläufige Fürsorge mit Entzug der Handlungsfähigkeit errichtet hatte; sie ernannte X. zur Vormundin. A. beschwerte sich bei der Vormundschaftsbehörde über die Wahl von X. zur Vormundin ihrer Kinder. Sie rügte, X. habe sich als bisherige Beiständin unachtsam um das Wohl von B. und C. gekümmert; es sei daher ein anderer Vormund zu ernennen. Die Vormundschaftsbehörde gab diesem Antrag nicht statt und leitete die Beschwerde ans Volkswirtschaftsdepartement weiter, welches diese abwies. Dagegen erhob A. Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Obergericht. Dieses hiess die Beschwerde gut und wies die Sache zu neuem Entscheid an die Vormundschaftsbehörde zurück.

Aus den Erwägungen: 2.a) ...

b) Bei schwerwiegenden Eingriffen in die persönliche Freiheit und in die Elternrechte können alle Mängel des Verfahrens und der angefochtenen Anordnung gerügt werden; das Obergericht hat volle Kognition (Art. 60d des Gesetzes über die Einführung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches vom 27. Juni 1911 [EG ZGB, SHR 210.100]).

Die Beschwerde richtet sich gegen die Wahl von X. als Vormundin. Gemäss Art. 379 Abs. 1 des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs vom 10. Dezember 1907 (ZGB, SR 210) hat die Vormundschaftsbehörde als Vormund eine mündige Person zu wählen, die zu diesem Amt als geeignet erscheint. Sodann hat der Gesetzgeber weitere Voraussetzungen für die Person des Vormundes aufgestellt, nämlich die Ausschliessungsgründe nach Art. 384 ZGB sowie die Vorzugsrechte nach Art. 380 und 381 ZGB.

Hat die zu bevormundende Person deren Vater und Mutter jemand als den Vormund ihres Vertrauens bezeichnet, so soll dieser Bezeichnung, wenn nicht wichtige Gründe dagegen sprechen, Folge geleistet werden (Art. 381 ZGB). In diesem Sinn hat die Vormundschaftsbehörde die vorschlagsberechtigten Personen aufzufordern, ihr Vorschläge für die Person des Vormundes zu unterbreiten. Darunter fällt auch die zu bevormundende Person (unmündige wie entmündigte Mündel), welcher Gelegenheit gegeben werden muss, von ihrem Vorschlagsrecht Gebrauch zu machen bzw. sich zur Person des ins Auge gefassten Vormundes zu äussern, soweit sie urteilsfähig ist. An die Urteilsfähigkeit dürfen aber keine hohen Anforderungen gestellt werden (Schnyder/Murer, Berner Kommentar, ZGB, Band II, Die Vormundschaft, 1. Teilband, Art. 380/381 N. 79, 83 f., S. 726 f.; ZVW 1/1997 Nr. 2, S. 26;

BGE 107 Ia 345 E. 3). Art. 381 ZGB gelangt bei der erstmaligen Ernennung des Vormundes wie auch bei jeder späteren Wahl zur Anwendung (Schnyder/Murer, Art. 380/381 N. 77, S. 725). Der Anhörungsanspruch der Kinder ist im Übrigen ein staatsvertraglich gewährleistetes Grundrecht (Art. 12 des Übereinkommens über die Rechte des Kindes vom 20. November 1989 [U- NO-Kinderrechtskonvention, KRK, SR 0.107]).

Nach Art. 388 Abs. 2 ZGB kann jedermann, der ein Interesse hat, die Wahl des Vormundes als gesetzwidrig anfechten. Gesetzwidrigkeit liegt u.a. vor, wenn die Vormundschaftsbehörde ihr Ermessen nicht pflichtgemäss willkürlich ausgeübt hat, wenn sie einen absolut ungeeigneten Vormund gewählt hat wenn sie das rechtliche Gehör des Mündels und dessen Eltern nicht gewahrt hat (Schnyder/Murer, Art. 388 N. 46 ff., S. 831 f.). Im Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses der Vormundschaftsbehörde war B. 16 Jahre und C. 12 Jahre alt. Ihr Alter sprach somit von vornherein nicht gegen eine Anhörung. Aus den Akten ergeben sich im Übrigen keine Hinweise, dass ihnen in dieser Hinsicht aus anderen Gründen die Urteilsfähigkeit abgehen könnte. Sie wären daher vor Bestellung der Vormundin über ihre Meinung zu befragen gewesen. ... Somit erweist sich aber das von der Vormundschaftsbehörde durchgeführte Verfahren als gesetzwidrig.

Angesichts des Grundsatzes der Rechtsanwendung von Amts wegen im Verwaltungsgerichtsverfahren, der eingeschränkten Prozessfähigkeit der Beschwerdeführerin und des Umstands, dass es bei der Ernennung des Vor-

munds für B. und C. um die Wahrung von Kindesinteressen geht, ist es vorliegend geradezu geboten, unabhängig vom Rügeprinzip offensichtliche Rechtsfehler von Amts wegen zu berücksichtigen (zur Rechtsanwendung von Amts wegen: Arnold Marti, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit im Kanton Schaffhausen, Diss. Zürich 1986, S. 220, 225 und 259; zur Bedeutung der Kindesanhörung von Amts wegen im Scheidungsrecht: BGE 131 III 553 ff., insbesondere 554 E. 1.1; zur Ausnahme vom Rügeprinzip: Marti, S. 216 f., und Kölz/Bosshart/Röhl, Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, 2. A., Zürich 1999, Vor §§ 19-28, N. 73, S. 318).

Die Beschwerde erweist sich somit als begründet; sie ist gutzuheissen. Da vorliegend nach Anhörung von B. und C. ein ausgesprochener Ermessensentscheid zu treffen ist, erscheint es unter dem Aspekt, dass A. der Instanzenzug erhalten bleiben soll, angezeigt, die Sache zur Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen an die Vormundschaftsbehörde zurückzuweisen (Art. 45 Abs. 1 i.V.m. Art. 47 EG ZGB).

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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