Zusammenfassung des Urteils Nr. 60/2005/20: Obergericht
Der Beschuldigte wurde wegen mehrfacher Pornografie verurteilt. Er erhielt eine Freiheitsstrafe von 24 Monaten, von der 1 Tag durch Untersuchungshaft erstanden ist. Die Strafe wird vollzogen, jedoch wird der Vollzug zugunsten einer ambulanten Behandlung aufgeschoben. Der Beschuldigte wird für 5 Jahre des Landes verwiesen, jedoch wird die Landesverweisung nicht im Schengener Informationssystem ausgeschrieben. Die Gerichtskosten werden dem Beschuldigten zur Hälfte auferlegt. Eine Prozessentschädigung von Fr. 4'500.- wird dem Beschuldigten zugesprochen. Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.
Kanton: | SH |
Fallnummer: | Nr. 60/2005/20 |
Instanz: | Obergericht |
Abteilung: | - |
Datum: | 16.09.2005 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Art. 3 und Art. 5 BGBM; Art. 1 Abs. 3 lit. c, Art. 11 lit. a und Art. 18 Abs. 1 IVöB; Art. 4a, Art. 12 lit. m, Art. 14 lit. i, Art. 32 Abs. 1 und Art. 33 VRöB. Submission; Transparenz bei Zuschlagskriterien; Kriterium der Lehrlingsausbildung; Nichtdiskriminierung der Anbieter |
Schlagwörter : | Zuschlag; Kriterien; Vergabe; Zuschlags; Punkte; Anbieter; Zuschlagskriterien; Angebot; Bewertung; Ausschreibung; Gewicht; VRöB; Kanton; Preis; Hinweis; Material; Transparenz; Verfahren; Hinweisen; Punkten; Kriterium; Schaffhausen; Vergabestelle; Gewichtung; Entfernung; ücksichtigt |
Rechtsnorm: | - |
Referenz BGE: | 130 I 248; 130 I 250; |
Kommentar: | - |
Veröffentlichung im Amtsbericht.
Die Zuschlagskriterien und deren Bedeutung sind zu Beginn des Verfahrens festzulegen und den Interessenten bekanntzugeben. Wird bei der Vergabe auf andere Kriterien abgestellt, so wird das Transparenzgebot verletzt (E. 3b). Das ist hier der Fall (E. 3d).
Wird der Zuschlag durch die Missachtung des Transparenzgebots im Ergebnis beeinflusst, so ist er aufzuheben (E. 3e).
Das Zuschlagskriterium der Lehrlingsausbildung ist in dem von Staatsverträgen nicht erfassten Bereich zulässig, aber nur mit einer untergeordneten Gewichtung von höchstens 10 % (E. 3d). Dabei liegt es im Ermessen, nur Lehrstellen zu berücksichtigen, die tatsächlich besetzt sind. Es ist sodann angezeigt, die Zahl der Lehrlinge im Verhältnis zum gesamten Personalbestand zu werten, nicht nur zu demjenigen aus dem Arbeitsbereich, in welchem der vorgesehene Auftrag ausgeführt wird (E. 3f).
Die Faktoren Infrastruktur/Ökologie/Materialbezug (bzw. Bezugsquellen Material/Belagstransportdistanzen), Entfernung zwischen Domizil und Tätigkeitsort sowie Sicherung der Arbeitsplätze im Kanton sind als Zuschlagskriterien mit dem Grundsatz der Nichtdiskriminierung prinzipiell nicht vereinbar. Auf die Länge der Anfahrtswege kann nur ausnahmsweise abgestellt werden, wenn der Transport als solcher eine erhebliche Rolle spielt (E. 3e).
Wird der Zuschlag im Beschwerdeverfahren aufgehoben, können alle ursprünglichen Anbieter ins weitere Verfahren einbezogen werden (E. 3f).
Aus den Erwägungen:
3.- Die Beschwerdeführerin macht im wesentlichen geltend, ihr Angebot sei wirtschaftlich günstiger als dasjenige der Beigeladenen. Die in den Ausschreibungsunterlagen angegebenen Zuschlagskriterien seien zum Teil nicht gewichtet und angewandt worden. Es seien sodann gewisse Zuschlagskriterien angewandt worden, die in der Ausschreibung nicht genannt worden
seien. Im übrigen seien die Zuschlagskriterien zum Teil falsch bzw. so angewandt worden, dass sie ein völlig unproportionales Gewicht erhalten hätten.
Bei der Vergabe ist der Grundsatz der Nichtdiskriminierung bzw. Gleichbehandlung der Anbieter einzuhalten (Art. 3 und Art. 5 des Bundesgesetzes über den Binnenmarkt vom 6. Oktober 1995 [BGBM, SR 943.02]; Art. 11 lit. a der Interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen vom 25. November 1994/15. März 2001 [IVöB, SHR 172.510, SR 172.056.5]). Daneben sind auch die verfassungsmässigen allgemeinen Grundsätze verwaltungsmässigen Handelns wie z.B. das Verbot von Willkür und rechtsungleicher Behandlung, der Grundsatz von Treu und Glauben sowie das Gebot eines fairen Verfahrens bzw. eines fairen Wettbewerbs zu beachten. Dies gilt speziell auch im Zusammenhang mit der Anwendung der für die Beschaffung im Einzelfall massgeblichen Zuschlagskriterien.
Das wirtschaftlich günstigste Angebot erhält den Zuschlag. Es können insbesondere folgende Kriterien berücksichtigt werden: Qualität, Preis, Zweckmässigkeit, Termine, technischer Wert, Ästhetik, Betriebskosten, Nachhaltigkeit, Kreativität, Kundendienst, Infrastruktur, Lehrlingsausbildung (Art. 32 Abs. 1 der Vergaberichtlinien zur Interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen vom 15. April 2003 [VRöB, SHR 172.512] in der Fassung vom 25. Januar 2005). Bei mehreren annähernd gleichwertigen Angeboten wird der Auftrag gemäss Art. 33 VRöB nach folgenden Gesichtspunkten vergeben: frühere Leistungen (lit. a); Beschäftigungsgrad zur Zeit der Auftragsausführung (lit. b); Umfang der seit fünf Jahren vor der Vergebung erhaltenen staatlichen Aufträge (lit. c); Bezugsquellen des Materials (lit. d); Sicherung und Erhaltung der Arbeitsund Ausbildungsplätze im Kanton Schaffhausen (lit. e); geringe Entfernung zwischen Geschäftsdomizil und Tätigkeitsort (lit. f).
Die Zuschlagskriterien werden in Art. 32 Abs. 1 VRöB nur beispielhaft, nicht abschliessend aufgezählt; sie bedürfen im Einzelfall der Konkretisierung. Die Vergabestelle legt die für eine Beschaffung massgeblichen Kriterien im Hinblick auf die Besonderheiten des jeweiligen Auftrags fest. Sie müssen, um die notwendige Transparenz des Vergabeverfahrens zu gewährleisten (vgl. Art. 1 Abs. 3 lit. c IVöB), zu Beginn des Verfahrens festgelegt und den Interessenten in der Ausschreibung mit den Ausschreibungsunterlagen bekanntgegeben werden. Aus der Bekanntgabe muss ferner ersichtlich sein, welches Gewicht die Vergabestelle den einzelnen Kriterien beimisst; sie hat daher die Zuschlagskriterien im voraus in der Reihenfolge ihrer Bedeutung darzulegen zumindest die relative Bedeutung, die sie den einzelnen Kriterien beimessen will, ersichtlich zu machen (Art. 12 lit. m und Art. 14 lit. i VRöB; OGE vom 28. Juli 2000 i.S. C. AG, E. 5a mit Hinweisen, Amtsbericht 2000, S. 132; vgl. auch Galli/Moser/Lang, Praxis des öffen-
tlichen Beschaffungsrechts, Zürich/Basel/Genf 2003, S. 207 ff., Rz. 445 ff., mit Hinweisen).
Der Grundsatz der Rechtssicherheit und der Transparenz des Verfahrens bedingt, dass die Vergabe tatsächlich nach den veröffentlichten Kriterien und deren Gewichtung vorgenommen wird. Der Vergabestelle ist es grundsätzlich verwehrt, die Kriterien und deren Gewichtung nach der Ausschreibung, insbesondere nach Eingang der Angebote, noch wesentlich abzuändern (BGE 130 I 248 E. 5.1 mit Hinweis). Eine nachträgliche Änderung der Kriterien deren Gewichtung kommt nur ausnahmsweise und unter Wahrung der Transparenz in Frage, d.h. prinzipiell nur mit erneuter vorgängiger Bekanntgabe an die Anbieter, damit diese sie in ihrem Angebot berücksichtigen können (vgl. Galli/Moser/Lang, S. 189, Rz. 402, mit Hinweisen, S. 207, Rz. 445).
Der Vergabestelle steht beim Entscheid darüber, welches Angebot anhand der im genannten Sinn grundsätzlich verbindlich festgelegten - Zuschlagskriterien das wirtschaftlich günstigste ist, und damit insbesondere auch bei der Wahl der Bewertungsmethode und der Bewertung der Zuschlagskriterien als solcher ein erheblicher Ermessensspielraum zu, in welchen das Gericht nicht eingreifen kann, es sei denn, er werde überschritten missbraucht (vgl. ... BGE 130 I 250 E. 6.1; Herbert Lang, Offertenbehandlung und Zuschlag im öffentlichen Beschaffungswesen, ZBl 2000, S. 246; je mit Hinweisen).
Im vorliegenden Fall gab das Tiefbauamt in den Ausschreibungsunterlagen als Ergänzung zu Art. 18 Abs. 2 der SIA-Norm 118 folgende Zuschlagskriterien an: Preis, Qualität, Termine, Lehrlinge im Filialbetrieb, Leistungsfähigkeit des Unternehmers und die Aufträge der letzten drei Jahre.
In der nachmaligen Aufstellung der Beurteilungskriterien nannte das Tiefbauamt einleitend als Kriteriengrundlage die allgemeinen Bestimmungen von Art. 32 und Art. 33 VRöB. Es führte sodann folgende Kriterien mit einem Bewertungsraster von insgesamt höchstens 100 Punkten auf: Qualität (0 Punkte, da in der Submission vorgegeben), Terminvorgabe (5 Punkte), Offertepreis (70 Punkte), Lehrlinge (10 Punkte), Infrastruktur/Ökologie/Materialbezug mit der Zusatzbemerkung Bezugsquellen Material/Belagstransportdistanzen (10 Punkte), Entfernung Domizil/Tätigkeitsort mit der Zusatzbemerkung Werkhof/Magazin (3 Punkte) und Sicherung Arbeitsplätze im Kanton Schaffhausen (2 Punkte). Diese Kriterien wurden für die hier in Frage stehende Vergabe wie folgt bewertet:
Diese Bewertung bildete in der Folge die Grundlage für den Vergabeentscheid des Regierungsrats ...
Bei der Ausschreibung wurde nicht angegeben, welches Gewicht den einzelnen Zuschlagskriterien beigemessen werde. Dies konnte bei der Art der zu vergebenden Arbeiten nicht etwa bedeuten, dass alle Kriterien insbesondere auch der Preis gleich zu gewichten seien. Vielmehr war davon auszugehen, dass die Kriterien entsprechend der Minimalvorgabe in Art. 12 lit. m und Art. 14 lit. i VRöB in der Rangordnung bzw. Reihenfolge ihrer Bedeutung aufgeführt seien, dass also der Preis das wichtigste Kriterium sei. Die Vergabestelle hat denn auch den Angebotspreis bei der Bewertung mit höchstens 70 von insgesamt höchstens 100 Punkten den andern Kriterien klar vorangestellt.
Dagegen wurde das in den Ausschreibungsunterlagen an zweiter Stelle genannte Kriterium (Qualität) bei der Bewertung nicht berücksichtigt; dies unter Hinweis darauf, dass es in der Submission vorgegeben sei. Damit wurde es letztlich von einem Zuschlagskriterium in ein Eignungskriterium umgedeutet und stillschweigend von dessen Erfüllung durch alle Anbieterinnen ausgegangen. Dies hatte jedoch im Ergebnis keinen Einfluss auf die Vergabe.
Beim drittgenannten Kriterium (Terminvorgabe) erhielten alle Anbieterinnen die Höchstpunktzahl 5,0; dies offenbar aufgrund der angekreuzten Bestätigung, dass die Arbeiten gemäss dem auf dem Offertdeckblatt aufgeführten Termin ausgeführt werden könnten. Da die Frage auch verneint werden konnte, kann diesbezüglich entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin - nicht unbesehen gesagt werden, es handle sich um nicht wettbewerbsrelevante Bewertungspunkte, die im Bewertungsschema nichts zu suchen hätten. Da alle Anbieterinnen hier gleich bewertet wurden, hatte es im übrigen letztlich keinen entscheidenden Einfluss, dass dieses Kriterium entgegen der bei der Ausschreibung genannten Reihenfolge weniger hoch gewichtet wurde als das nächstgenannte.
Dieses nächstgenannte Kriterium (Lehrlinge) ist insoweit nicht unproblematisch, als es eigentlich sachfremd ist; es dient einem leistungsfremden, sozialpolitischen Ziel. Nach der Rechtsprechung ist es aber worauf der Re-
gierungsrat zutreffend hinweist mit einer untergeordneten Gewichtung von höchstens 10 % als Zuschlagskriterium grundsätzlich zulässig. Es darf aber keine Diskriminierung auswärtiger Anbieter bewirken und insbesondere gegenüber Anbietern aus Vertragsstaaten des einschlägigen GATT/WTOÜbereinkommens, die keine mit dem schweizerischen Lehrlingswesen vergleichbare Berufsausbildung kennen, nicht angewandt werden (grundlegend etwa Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich VB.2002.00255 vom 9. Juli 2003, BEZ 2003 Nr. 38, E. 3; vgl. auch Galli/Moser/Lang, S. 201 f., Rz. 425 ff.; je mit Hinweisen). In den Vergaberichtlinien wird dies insoweit berücksichtigt, als bei der Auswahl im freihändigen Verfahren und im Einladungsverfahren gemäss Anhang 2 der IVöB also nur in dem von Staatsverträgen nicht erfassten Bereich - nach Möglichkeit Anbietende zu berücksichtigen sind, die Lehrstellen in einem für die Branche und die Betriebsgrösse angemessenen Umfang anbieten (Art. 4a VRöB). Die Anwendung dieses Zuschlagskriteriums ist daher im vorliegenden Fall grundsätzlich nicht zu beanstanden; auch die Beschwerdeführerin stellt dies nicht in Frage.
Die zwei letzten bei der Ausschreibung genannten Kriterien (Leistungsfähigkeit des Unternehmers; Aufträge der letzten drei Jahre) wurden bei der Bewertung nicht verwendet. Ihre Eignung als formelles Zuschlagskriterium ist denn auch insoweit fraglich, als zwar die Aufzählung in Art. 32 Abs. 1 VRöB wie erwähnt (oben, lit. b) - nicht abschliessend ist; es handelt sich aber mindestens zum Teil um Kriterien, die nach Art. 33 VRöB nur bei annähernd gleichwertigen Angeboten gemessen an der Gesamtbewertung der eigentlichen Zuschlagskriterien - den Ausschlag für die Vergabe geben sollen.
Bewertet wurden dagegen drei Kriterien, die bei der Ausschreibung noch nicht angegeben worden waren (Infrastruktur/Ökologie/Materialbezug; Entfernung Domizil/Tätigkeitsort; Sicherung Arbeitsplätze im Kanton Schaffhausen). Regierungsrat und Tiefbauamt behaupten jedenfalls nicht, und es ist auch nicht ersichtlich, dass und inwieweit diese Kriterien wenigstens sinngemäss unter die bei der Ausschreibung bekanntgegebenen Zuschlagskriterien subsumiert werden könnten. Ihr Einbezug hatte aber im Ergebnis nicht nur untergeordnete Bedeutung; mit der möglichen Höchstzahl von 15 Punkten (bei insgesamt maximal 100 Punkten) und angesichts des verwendeten Rasters, der hier zu markanten punktemässigen Unterschieden zwischen den Anbieterinnen führte, gaben diese Kriterien vielmehr letztlich den Ausschlag für den angefochtenen Vergabeentscheid (vgl. Aufstellung der Beurteilungskriterien ... sowie unten, lit. e).
Wurden somit gewisse bei der Ausschreibung festgelegte Zuschlagskriterien nicht angewandt, dafür aber mehrere nicht genannte Kriterien entscheidend gewichtet, so hat die Vergabebehörde das Transparenzgebot verletzt. An
diesem Gebot findet insbesondere auch deren Ermessen bei der Auswahl der im Einzelfall anzuwendenden Kriterien seine Schranke. Die massgebliche Auswahl darf wie erwähnt (oben, lit. b) grundsätzlich nicht erst nachträglich getroffen nachträglich noch geändert werden.
Da bei der Ausschreibung nur die Reihenfolge, nicht jedoch die konkrete Gewichtung der Zuschlagskriterien bekanntgegeben worden war was im Grundsatz genügt - und weil damals nicht absehbar war, dass sich die Bewertung schliesslich nicht an die veröffentlichten Kriterien halten werde, bestand für die Beschwerdeführerin kein Anlass, wegen solcher Mängel in der Bewertungsstruktur - die sich erst mit dem Zuschlag manifestierten bereits die Ausschreibung anzufechten (vgl. Art. 15 Abs. 1bis lit. a IVöB). Vielmehr kann erst der Zuschlag daraufhin überprüft werden.
Die Missachtung des Transparenzgebots einer Regel formeller Natur führt nur dann nicht zur Aufhebung des angefochtenen Entscheids, wenn sie den strittigen Zuschlag letztlich nicht zu beeinflussen vermochte (vgl. BGE 2P.299/2000 vom 24. August 2001, E. 4, mit Hinweisen).
Dies ist hier jedoch nicht der Fall: Erst der Einbezug der drei bei der Ausschreibung nicht bekanntgegebenen Kriterien hat dazu geführt, dass die Beigeladene mit dem drittbesten Angebotspreis - den Zuschlag erhielt. Dies widerspricht im übrigen insoweit auch den Vergaberichtlinien, als gemäss Art. 33 VRöB diese Kriterien beim ersten jedenfalls der Materialbezug als Teilaspekt grundsätzlich nur bei ansonsten annähernd gleichwertigen Angeboten zusätzlich zu berücksichtigen wären. Vor deren Berücksichtigung hätte aber aufgrund der Bewertung der übrigen Kriterien durch die Vergabestelle die K.G. AG mit dem preisgünstigsten Angebot - die höchste Punktzahl (78,4), und zwar vor der S. AG (77,7 Punkte, trotz höchstem Angebotspreis), der Beschwerdeführerin (77,4 Punkte) und der Beigeladenen (77,0 Punkte). Die Rangliste würde somit völlig umgekrempelt.
Die Faktoren Infrastruktur/Ökologie/Materialbezug (bzw. Bezugsquellen Material/Belagstransportdistanzen), Entfernung zwischen Domizil und Tätigkeitsort sowie Sicherung der Arbeitsplätze im Kanton Schaffhausen sind im übrigen als eigentliche Zuschlagskriterien insbesondere auch mit Blick darauf problematisch, dass die Bevorzugung einheimischer Anbieter gegenüber ausserkantonalen Offerenten mit dem Grundsatz der Nichtdiskriminierung prinzipiell nicht vereinbar ist. Das Abstellen beispielsweise auf die Anfahrtswege, die ein Anbieter bis zum Einsatzort zurücklegen muss, bringt aber eine direkte Benachteiligung der weiter entfernt gelegenen Anbieter mit sich. Würde generell auf die Länge der Anfahrtswege abgestellt, so würde damit der vom Binnenmarktgesetz angestrebte freie und gleichberechtigte Zugang zum Markt auf dem gesamten Gebiet der Schweiz (vgl. Art. 1-3 BGBM) weit-
gehend verunmöglicht. Zwar sind für ortsfremde Anbieter aus Gründen des Umweltschutzes gewisse Beschränkungen des Marktzugangs zulässig (Art. 3 Abs. 1 lit. b i.V.m. Abs. 2 lit. b BGBM). Doch müsste dabei der Transport als solcher eine erhebliche Rolle spielen; es müsste z.B. im Rahmen einer Dienstleistung eine Vielzahl von Fahrten über eine längere Zeitspanne durchgeführt werden, es müsste in grossem Masse Material mit Lastwagen über weite Strecken transportiert werden (OGE 60/2003/16 vom 30. Januar 2004, E. 4e mit Hinweisen, Amtsbericht 2004, S. 124).
Es ist schon zum vornherein fraglich, ob dies bei der Art der hier in Frage stehenden Arbeiten der Fall sei. Im vorliegenden Fall hat das Tiefbauamt sodann einen Raster angelegt, der bei einer Distanz von 23 km also keiner besonders weiten Entfernung - nur noch die Hälfte der maximalen Punktzahl
(d.h. von 10 bzw. 3 Punkten) und ab 45 km Entfernung null Punkte vorsieht; bezüglich der Arbeitsplätze im Kanton Schaffhausen reicht die Spannweite von 2,0 Punkten bei einem Standort, der sich uneingeschränkt im Kanton Schaffhausen befindet, bis 0,0 Punkte bei einem Standort ohne Bezug zum Kanton Schaffhausen. Dementsprechend ergeben sich zwischen den Anbieterinnen, die immerhin alle aus der Region Winterthur/Bülach/Schaffhausen stammen, speziell bei den distanzabhängigen Kriterien erhebliche Punktedifferenzen (Aufstellung der Beurteilungskriterien ...). Auswärtige Anbieter werden dadurch im Ergebnis diskriminiert.
Dies zeigt sich insbesondere auch im Vergleich zur Bewertung des Kriteriums Preis. Das Tiefbauamt hat den tiefsten Angebotspreis mit dem Maximum von 70 Punkten bewertet, den höchsten - um 7,1 % höheren - Preis (absolut 107,1 %) mit 65,4 Punkten (offenbar nach der Formel: 70 geteilt durch 1,071, gerundet auf eine Stelle nach dem Komma). Bei dieser Skala ergäbe ein um 50 % höherer Preis 46,7 Punkte, der doppelte Preis noch 35 Punkte, der Wert null könnte mathematisch gar nicht erreicht werden. Im Bereich der beurteilten Angebote sind demnach beim Angebotspreis die Punktedifferenzen prozentual weit geringer als bei den andern Kriterien; dies im wesentlichen als Folge davon, dass dabei im Gegensatz zu den andern Kriterien - der gesamte Bewertungsspielraum von 0-100 % bei weitem nicht ausgeschöpft wird und realistischerweise auch nicht ausgeschöpft werden kann. Das richtigerweise vorgesehene vorrangige Gewicht des Angebotspreises kommt mit dieser Bewertung nicht wirklich zum Tragen. Um der Gewichtung des Preises Rechnung zu tragen, dürfte bei der Festlegung der Bewertungsskala grundsätzlich nur die tatsächlich in Frage kommende Bandbreite möglicher Preise, d.h. die realistischerweise zu erwartende Preisspanne berücksichtigt werden (Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich VB.2003.00469 vom 21. April 2004, E. 2.2 und 2.5, mit Hinweisen, ZBl 2004, S. 383 f.). Andernfalls besteht die Gefahr, dass an sich untergeordnete
Kriterien wie im Ergebnis auch hier ein unverhältnismässiges, ausserhalb des Ermessensspielraums der Vergabestelle liegendes Gewicht erhalten.
Der angefochtene Vergabeentscheid erweist sich damit als rechtswidrig; er ist aufzuheben.
Bei Aufhebung des Vergabeentscheids kann das Gericht in der Sache selbst entscheiden sie an die Vergabebehörde mit ohne verbindliche Anordnungen zurückweisen (Art. 18 Abs. 1 IVöB).
Die Beschwerdeführerin beantragt, den Zuschlag ihr zu erteilen. Sie macht geltend, nach den allein zulässigen Kriterien Angebotspreis und Lehrlingsausbildung liege sie vor der Beigeladenen. Dass sie nicht das günstigste Angebot unterbreitet habe, spiele keine Rolle; die Offerentin mit dem günstigsten Angebot sei nicht Partei im Beschwerdeverfahren und habe insbesondere darauf verzichtet, selber Beschwerde zu erheben.
Soweit das Verfahren aufgrund der festgestellten Mängel nicht von Grund auf wiederholt und neu ausgeschrieben werden muss, stellt sich in der Tat die Frage, ob neben dem ursprünglichen Zuschlagsempfänger nur noch Anbieter, die den Vergabeentscheid angefochten haben, in die neue Beurteilung einzubeziehen seien. Die Praxis dazu ist uneinheitlich. Mit dem Zuschlag wird jedoch prinzipiell nur entschieden, dass der ausgewählte Anbieter den Zuschlag erhält. Damit ist zwar gleichzeitig gesagt, dass die übrigen Anbieter nicht zum Zug kommen, doch ist dies eher eine Reflexwirkung des Zuschlags als eine individuelle Zurückweisung jedes nicht berücksichtigten Anbieters, die gegebenenfalls selbständig rechtskräftig würde. Wird somit der ursprüngliche Zuschlag im Beschwerdeverfahren aufgehoben, so liegt es nahe, dass dessen Rechtswirkungen auch gegenüber den andern Anbietern dahinfallen (Robert Wolf, Die Beschwerde gegen Vergabeentscheide - Eine Übersicht über die Rechtsprechung zu den neuen Rechtsmitteln, ZBl 2003, S. 27 f., mit Hinweisen). Es spricht von daher nichts dagegen, alle ursprünglichen Anbieter ins weitere Verfahren einzubeziehen. Das Obergericht hat denn auch schon bisher in vergleichbaren Fällen keine Beschränkung auf die Verfahrensbeteiligten verlangt, ohne sich allerdings mit dieser Problematik näher auseinanderzusetzen (vgl. etwa OGE 60/2000/15 vom 28. Juli 2000 i.S. C. AG, E. 5f, Amtsbericht 2000, S. 134 f.).
Die entsprechend der Auffassung der Beschwerdeführerin reduzierte Bewertung kann sodann nicht ohne weiteres übernommen werden. Zum einen erhielte so die Lehrlingsausbildung mit dem potentiellen Maximum von 10 Punkten (das der Anbieterin für Belagsarbeiten auf andern Ausbaustrecken zugeordnet wurde; vgl. Aufstellung der Beurteilungskriterien ...) letztlich ein unzulässig hohes Gewicht (vgl. oben, lit. d). Zum andern blieben gewisse
bei der Ausschreibung bekanntgegebene Zuschlagskriterien unberücksichtigt
auch dies ein Verstoss gegen das Transparenzgebot.
Es ist im übrigen grundsätzlich nicht zu beanstanden und liegt jedenfalls im Bewertungsermessen der Vergabestelle, dass bei der Lehrlingsausbildung nur Lehrstellen berücksichtigt werden, die tatsächlich besetzt sind. Es ist sodann angezeigt, die Zahl der Lehrlinge im Verhältnis zum gesamten Personalbestand zu werten, nicht nur zu demjenigen aus dem Arbeitsbereich, in welchem der vorgesehene Auftrag ausgeführt wird; umgekehrt sind denn auch mit Blick auf den sozialpolitischen Zweck dieses Kriteriums alle Lehrlinge zu berücksichtigen, nicht nur diejenigen aus dem fraglichen Geschäftsbereich (vgl. Entscheide des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich VB.2002.00255 vom 9. Juli 2003, BEZ 2003 Nr. 38, E. 4, und VB.2002.00270 vom 9. Juli
2003, E. 4c).
...
Das Angebot der Beschwerdeführerin ist demnach aufgrund der vorgegebenen Zuschlagskriterien jedenfalls nicht eindeutig das wirtschaftlich günstigste. Das Obergericht kann ihm daher nicht einfach den Zuschlag erteilen, ohne in den Ermessensspielraum des Regierungsrats einzugreifen. Dieser wird unter Berücksichtigung der massgeblichen Rechtsgrundsätze und der als anwendbar erklärten Zuschlagskriterien sowie nach Klarstellung, wer nach Ablauf des seinerzeit vorgesehenen Ausführungstermins überhaupt noch am Auftrag interessiert ist (vgl. Wolf, S. 28), einen neuen Vergabeentscheid zu treffen allenfalls bei Vorliegen wichtiger Gründe im Sinn von Art. 36 VRöB ein neues Vergabeverfahren durchzuführen haben.
Die Beschwerde erweist sich in diesem Sinn als teilweise begründet.
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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