Zusammenfassung des Urteils Nr. 60/2004/12: Obergericht
Der Fall betrifft eine Ausnahmebewilligung für ein Dienstleistungscenter in der Industriezone Mühletal, Schaffhausen. Die Baubewilligung wurde erteilt, aber aufgrund von Beschwerden des Heimatschutzes aufgehoben. Es wird diskutiert, ob die Ausnahmebewilligung selbständig in Rechtskraft erwachsen kann. Es wird festgestellt, dass die Ausnahmebewilligung nicht alleine stehen kann und mit dem Baubewilligungsentscheid koordiniert werden muss. Es wird auch über die Schutzwürdigkeit des Gebiets aufgrund des ISOS und der kantonalen Richtplanung diskutiert. Letztendlich wird entschieden, dass das geplante Projekt einen schweren Eingriff in das geschützte Ortsbild darstellt und keine überwiegenden Interessen für das Projekt vorliegen.
Kanton: | SH |
Fallnummer: | Nr. 60/2004/12 |
Instanz: | Obergericht |
Abteilung: | - |
Datum: | 29.04.2005 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Art. 6 NHG; Art. 1 VISOS; Art. 22 Abs. 2 lit. a RPG; Art. 35, Art. 51 und Art. 55 Abs. 2 BauG; Art. 49 BauO Stadt Schaffhausen. Ausnahmebewilligung für zonenwidrige Baute (Dienstleistungscenter) in der Industriezone; Schutzwürdigkeit aufgrund des ISOS |
Schlagwörter : | Schutz; Mühlental; Industrie; Ortsbild; Stadt; Interesse; Schaffhausen; Projekt; Ausnahmebewilligung; Interessen; Baubewilligung; Recht; Gebiet; Bundes; Hinweis; Eingriff; ISOS-SH; Baute; Erhaltung; Bauten; Abbruch; Hinweise; Umnutzung; Neubau; Schutzziel; Stadtrat |
Rechtsnorm: | - |
Referenz BGE: | 107 Ia 216; 120 Ib 52; 126 II 36; 127 II 281; 127 II 282; |
Kommentar: | Kölz, Bosshart, Röhl, Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, 1999 Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Veröffentlichung im Amtsbericht.
Eine Ausnahmebewilligung zur Abweichung von Zonenbestimmungen teilt das Schicksal des gesamten Bauentscheids und kann nicht selbständig in Rechtskraft erwachsen (E. 1c).
Es ist zulässig, dass die zuständigen Baubehörden Baugesuchsteller beraten und eine materielle Vorprüfung des Baugesuches vornehmen. Hinweise zur Problematik des Vertrauensschutzes und der behördlichen Voreingenommenheit (E. 2b bb-dd).
Das ISOS ist aufgrund der kantonalen Richtplanung 2001 als Grundlage für den Entscheid über die Schutzwürdigkeit von wichtigen Ortsbildteilen zu beachten und bei der Konkretisierung gesetzlicher Schutzund Abwägungsklauseln direkt anzuwenden (E. 3b). Auslegung des ISOS im konkreten Fall (E. 3c und d). Hinweise Zur Frage des nachträglichen Verzichts auf den ISOS-Schutz (E. 3e).
Die Zulässigkeit von Eingriffen in durch das ISOS geschützte Objekte richtet sich auch im Bereich der kantonalen Aufgabenerfüllung sinngemäss nach Art. 6 NHG (E. 4a). Stellt das geplante Dienstleistungscenter in diesem Sinn eine schwere leichte Beeinträchtigung des Ortsbilds dar (Frage offen gelassen; E. 4b und c). Gleichoder höherwertige Eingriffsinteressen von nationaler Bedeutung liegen beim Projekt jedenfalls nicht vor (E. 4d). Auch gewöhnliche überwiegende Interessen können für das Projekt nicht angeführt werden (E. 4e).
Keine Ausnahmebewilligung für zonenwidrige Bauten, wenn der Gesetzgeber das Problem (vorhandene Industriebrachen) erkannt, eine Übergangsregelung geschaffen (Zulässigkeit von Umnutzungen in bestehenden Bauten) und eine Zonenplanrevision eingeleitet hat, mit welcher weitergehende Umnutzungen ermöglicht werden sollen. Grössere zonenwidrige Bauten können überdies auch innerhalb der Bauzone nicht einfach durch Ausnahmebewilligung der Verwaltung, sondern nur auf dem Weg der Planung unter Mitwirkung der Öffentlichkeit bewilligt werden (E. 5c und d). Erfordernis planerischer Schutzmassnahmen bei Beibehaltung des ISOS-Schutzes (E. 5e).
Die Georg Fischer Liegenschaften AG möchte die bestehenden Hallen des früheren Werks I (Stahlgiesserei; ohne strassenseitige Fassade) im Mühlental, Schaffhausen, abreissen und ein Dienstleistungscenter mit Hotel, Gastronomie, Kongress-Zentrum, Mehrzeckhalle, Dienstleistungen, Ausstellungen, Shopping und Parking erstellen. Da die geltende städtische Bauordnung eine Umnutzung in der Industriezone nur innerhalb der bestehenden Bauten ermöglicht, gewährte das kantonale Bauinspektorat eine Ausnahme von den Zonenvorschriften, und es erteilte die Abbruchund Baubewilligung. Der Regierungsrat wies einen hiegegen gerichteten Rekurs des Heimatschutzes Schaffhausen und des Schweizer Heimatschutzes im wesentlichen ab. Das Obergericht hiess die hierauf erhobene Verwaltungsgerichtsbeschwerde dieser Organisationen gut und hob die angefochtene Abbruchund Baubewilligung auf.
Aus den Erwägungen:
.- ...
c) Umstritten ist, ob auch die vom kantonalen Bauinspektorat mit der Baubewilligung vom 25. September 2003 in Ziff. 1 des Dispositivs erteilte Ausnahmebewilligung zur Abweichung von den Zonenbestimmungen Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens bilden könne. Die Beschwerdegegner haben diesbezüglich ... geltend gemacht, hierbei handle es sich um eine gegenüber der eigentlichen Abbruchund Baubewilligung selbständige Bewilligung, welche weder im Rekursnoch im Beschwerdeverfahren angefochten worden und daher in Rechtskraft erwachsen sei.
Es trifft zu, dass es sich bei der Bewilligung von Ausnahmen von einzelnen kantonalen kommunalen Bauvorschriften gemäss Art. 51 des Gesetzes über die Raumplanung und das öffentliche Baurecht im Kanton Schaffhausen vom 1. Dezember 1997 (Baugesetz, BauG, SHR 700.100) an sich um einen selbständigen Entscheid handelt, für welchen gemäss Art. 57 Abs. 1 BauG - unabhängig von der Baubewilligungskompetenz - das kantonale Baudepartement bzw. aufgrund der Delegation in § 22 Abs. 1 der Verordnung zum Baugesetz vom 15. Dezember 1998 (BauV, SHR 700.100; Fassung vom
17. Dezember 2002) das kantonale Bauinspektorat zuständig ist. Darüber kann jedoch nicht losgelöst vom eigentlichen Baubewilligungsentscheid (vorliegend: Abbruchund Baubewilligungsentscheid) entschieden werden. Viel-
mehr muss das Verfahren für die Erteilung dieser Bewilligungen, welche alle-
samt für die Verwirklichung des Bauvorhabens erforderlich sind, von Anfang
an koordiniert werden, und es müssen die Entscheide inhaltlich aufeinander abgestimmt und gemeinsam gleichzeitig eröffnet werden, weil ein Ergebnis erzielt werden muss, wie wenn eine einzige Behörde einen Gesamtentscheid fällen würde (vgl. dazu die Anforderungen von Art. 25a des Bundesgesetzes über die Raumplanung vom 22. Juni 1979 [Raumplanungsgesetz, RPG, SR 700], welche durch Art. 64 Abs. 2 und Art. 66 Abs. 4 BauG umgesetzt wurden).
Nicht ausdrücklich geregelt ist die Frage, ob allenfalls die Ausnahmebewilligung nach Art. 51 BauG selbständig in Rechtskraft treten könne, wenn sie nicht nicht ausdrücklich angefochten wird. Eine solche Teilrechtskraft kann jedoch nur eintreten, wenn sich die einzelnen Teile eines Entscheids nach der Natur der Streitsache voneinander trennen lassen (vgl. dazu Kölz/Bosshart/Röhl, Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, 2. A., Zürich 1999, Vorbemerkungen zu §§ 19-28 Rz. 7, S. 296 f.). Allenfalls stellt sich auch die Frage, ob eine solche Teilrechtskraft nicht in sinngemässer Anwendung von Art. 262 der Zivilprozessordnung für den Kanton Schaffhausen vom 3. September 1951 (ZPO, SHR 273.100) durch die zuständige Behörde festgestellt werden müsste (vgl. Arnold Marti, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit im Kanton Schaffhausen, Diss. Zürich 1986, S. 286, mit weiteren Hinweisen). Die Frage kann jedoch offen gelassen werden, da eine Ausnahmebewilligung i.S. von Art. 51 BauG wie dargelegt eng mit der Baubewilligung zusammenhängt und für sich allein keinen praktischen Nutzen zu gewähren vermag. So können allein gestützt auf die Ausnahmebewilligung keine baulichen Massnahmen ergriffen werden, und umgekehrt wird durch die Aufhebung der Baubewilligung auch der Ausnahmebewilligung die Grundlage entzogen. Dies schliesst eine Teilrechtskraft der Ausnahmebewilligung nach dem Gesagten aus, was sich durchaus auch zugunsten der Bauherrschaft auswirken kann (wenn sich z.B. im Lauf des Verfahrens ergibt, dass eine weitergehende Ausnahme erforderlich ist). Im übrigen haben die Beschwerdeführer sowohl im Rekursals auch im Beschwerdeverfahren sinngemäss die Aufhebung des gesamten Baubewilligungsentscheids vom 25. September 2003, nicht nur einzelner Teile davon, beantragt, weshalb die Ausnahmebewilligung insofern auch durch die Rechtsmittelanträge der Beschwerdeführer erfasst wird. ...
.- ...
b) aa) Entgegen der Argumentation der Beschwerdeführer kann nicht gesagt werden, das vorliegende Baugesuch sei routinemässig wie ein Gesuch für ein blosses Einfamilienhaus bewilligt worden. Vielmehr weisen die Beschwerdegegner zu Recht darauf hin, dass das Verfahren von der Einreichung des Baugesuchs bis zur Bewilligung rund anderthalb Jahre dauerte und zum Teil umfangreiche Abklärungen durchgeführt wurden. So benötigte
das Projekt wegen der vorgesehenen rund 900 Parkplätze eine Umweltverträglichkeitsprüfung, welche bereits mit einer Voruntersuchung vom
21. Januar 2002 eingeleitet wurde. Auch kann nicht gesagt werden, die Frage der Schutzwürdigkeit der Stahlgiessereihallen sei überhaupt nicht viel zu spät berücksichtigt worden. Vielmehr bildete diese Frage offenbar bereits Gegenstand der Verhandlungen, welche vor Einreichung des Baugesuchs zwischen der Bauherrschaft und den zuständigen Baubehörden stattfanden und auch eine behördliche Vorprüfung des Baugesuchs umfassten, in welche offenbar neben dem Stadtbaumeister auch die damalige städtische Denkmalpflegerin einbezogen war. Hierbei wurde das Projekt als grundsätzlich bewilligungsfähig bezeichnet, und der Stadtrat Schaffhausen erklärte sich offenbar im Rahmen dieser Verhandlungen prinzipiell mit der vorgesehenen Gestaltung des Projekts einverstanden. Dies wird allerdings nicht mit behördlichen Unterlagen, sondern lediglich mit einem von der Unternehmerfirma verfassten Workshop-Protokoll dokumentiert, ist aber unbestritten geblieben.
bb) Wie im Umweltverträglichkeitsbericht unter Bezugnahme unter anderem auf die Hinweise im Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS) dargelegt wird, besteht das mit dem Stadtrat Schaffhausen abgesprochene Gestaltungskonzept im wesentlichen darin, dass das Volumen der Giessereihalle (Werk I) ungefähr bestehen bleiben und die strassenseitige Backsteinfassade als baulicher Zeitzeuge des industriegeschichtlich wertvollen Gefüges erhalten werden sollen, während die übrigen Gebäudeteile abgesehen von der Fundamentund Bodenplatte weitgehend abgebrochen bzw. erneuert werden sollen. In diesem Sinn haben denn auch die städtischen Behörden schon vor der Projektbewilligung eine grundsätzliche Zustimmung zum Projekt signalisiert. Dies ist an sich nicht zu beanstanden, da die Vorprüfung von Baugesuchen und die Begleitung wichtiger städtebaulicher Projekte zu den Aufgaben des Stadtrats und der städtischen Baubehörden gehören (vgl. zur Zulässigkeit der [materiellen] Vorprüfung von Baugesuchen und zur Beratung der Baugesuchsteller durch die Baubehörden auch Fritzsche/Bösch, Zürcher Planungsund Baurecht, 3. A., Zürich 2003, Ziff. 21.1 und 21.2, mit weiteren Hinweisen).
Allerdings ist hierbei insbesondere auch im Hinblick auf die Problematik des Vertrauensschutzes zu beachten, dass entsprechende Auskünfte und Stellungnahmen nur auf gesicherter Grundlage erteilt werden sollten und stets unter dem Vorbehalt von Einwendungen Dritter stehen. Eine verlässliche Sicherheit besteht für die Baugesuchsteller daher nur, wenn über entsprechende Fragen ein formeller Vorentscheid mit öffentlicher Auflage der Gesuchsunterlagen getroffen wird, wie dies Art. 68 BauG vorsieht (vgl. BGE 120 Ib 52 E. 2b und dazu Haller/Karlen, Raumplanungs-, Bau und Umweltrecht, Band I, 3. A., Zürich 1999, Rz. 782 ff., S. 216, sowie Fritzsche/Bösch,
Ziff. 21.3, je mit weiteren Hinweisen). Aus diesem Grund wäre es wohl emfehlenswert gewesen, über die heikle Frage des Abbruchs der Giessereihallen des Stahlwerks I schon frühzeitig eine Stellungnahme auch der kantonalen Denkmalpflege und der kantonalen Naturund Heimatschutzkommission einzuholen, zumal die aufgrund des ISOS bestehenden Schutzziele für das Industriequartier Mühlental erheblich tangiert werden (vgl. dazu nachfolgend
E. 3 und E. 4; zur vorgeschriebenen Anhörung der kantonalen Naturund Heimatschutzkommission bei Vorhaben im Bereich kantonaler Inventarobjekte, welche die angestrebten Schutzziele erheblich beeinträchtigen, vgl. Art. 14 Abs. 2 lit. a des Gesetzes über den Naturund Heimatschutz im Kanton Schaffhausen vom 12. Februar 1968 [NHG/SH, SHR 451.100; Fassung vom 21. August 2000]; zur Bezeichnung des im Sinn des ISOS geschützten Ortsbilds der Stadt Schaffhausen als kantonales Schutzobjekt vgl. Kantonale Richtplanung 2001, S. 160, und nachfolgend E. 3b). Dasselbe gilt im übrigen auch für den erst im formellen Baubewilligungsverfahren erfolgten Einbezug der Stadtbildkommission, für welche Art. 11a der Bauordnung für die Stadt Schaffhausen vom 29. Oktober 1996 (BauO) ausdrücklich die Begutachtung und Begleitung von städtebaulich wichtigen privaten und öffentlichen Bauvorhaben vorsieht (vgl. dazu auch nachfolgend E. 3b ...). Da jedoch lediglich eine formlose materielle Vorprüfung des Baugesuchs vorgenommen wurde, stellt der Nichteinbezug der erwähnten Fachorgane und -kommissionen keine Rechtsverletzung, sondern lediglich einen Mangel in den entsprechenden Vorabklärungen dar, welcher im Rahmen des eigentlichen Baubewilligungsverfahrens geheilt werden kann.
cc) Da die Projektbegleitung durch die städtischen Baubehörden wie dargelegt grundsätzlich zulässig war, kann nicht von einem an sich politischen Projekt gar wie die Beschwerdeführer zumindest andeuten von einer Verletzung von behördlichen Ausstandspflichten die Rede sein. Wohl ist unbestreitbar, dass der Stadtrat Schaffhausen am vorliegenden Projekt offensichtlich auch volkswirtschaftlich und städtebaulich interessiert ist, doch ist dies nicht unzulässig, sondern ergibt sich aus der Aufgabe und Funktion des Stadtrats als verantwortlicher Exekutivbehörde des Gemeinwesens. Freilich ist hierbei zu beachten, dass die mit der baurechtlichen Prüfung des Projekts beauftragten Amtsstellen das Vorhaben trotzdem unvoreingenommen auf seine Gesetzmässigkeit überprüfen und nicht einfach nach Vorgabe der Exekutive handeln sich bei ihrer Prüfung von sachfremden Erwägungen leiten lassen dürfen. Grundsätzlich besteht jedoch für Behördemitglieder und Arbeitnehmer der öffentlichen Verwaltung nur dann eine Ausstandspflicht, wenn sie schon in anderer Instanz in anderer amtlicher Stellung an der Behandlung der Sache teilgenommen haben (Art. 2 Abs. 1 lit. e des Gesetzes über den Rechtsschutz in Verwaltungssachen vom 20. September 1971 [VRG, SHR 172.200]). Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall, da Vor-
prüfungen und Vorabklärungen wie dargelegt zum Aufgabenbereich der Baubehörden gehören (vgl. zum heiklen Problem der Vorbefassung bei Verwaltungsbehörden, welche verschiedene Funktionen ausüben und zum Teil die Privaten im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens auch zu beraten haben, Kölz/Bosshart/Röhl, § 5a Rz. 12, S. 93 f., mit Hinweisen; vgl. auch Kölz/Häner, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes,
2. A., Zürich 1998, Rz. 254, S. 92 f., mit Hinweis auf BGE 1P.569/1993 vom 8. November 1993, E. 2, ZBl 1994, S. 224 f.).
dd) Im vorliegenden Fall ist nicht dargetan, dass einzelne Amtsstellen bei einer unvoreingenommenen Beurteilung des umstrittenen Projekts effektiv behindert worden sind. Vielmehr weisen die Beschwerdeführer selber darauf hin, dass die erst im Lauf des eigentlichen Baubewilligungsverfahrens eingeholten Stellungnahmen des städtischen und des kantonalen Denkmalpflegers und der kantonalen Naturund Heimatschutzkommission kritisch bzw. ablehnend ausgefallen sind. Richtig ist freilich, dass der Stadtrat Schaffhausen in seinem Antrag an das kantonale Bauinspektorat diese abweichenden Fachbeurteilungen nicht erwähnt und sich demzufolge auch nicht mit ihnen auseinandergesetzt, sondern lediglich in sehr verkürzter Form eine Interessenabwägung für die Abbruchbewilligung i.S.v. Art. 55 Abs. 2 BauG vorgenommen hat. Da es sich um ein gewerblich-industrielles Bauvorhaben handelt, welches vom kantonalen Bauinspektorat zu bewilligen ist (Art. 57 Abs. 1 lit. c BauG i.V.m. § 22 Abs. 1 BauV, Fassung vom 17. Dezember 2002), hat der Stadtrat Schaffhausen im vorliegenden Fall jedoch nur antragstellende Funktion (vgl. Art. 65 Abs. 2 BauG), weshalb im ungenügend begründeten Antrag kein entscheidender Mangel des baurechtlichen Entscheids liegen kann. Immerhin ist darauf hinzuweisen, dass dem Antrag des Stadtrats, welcher sich nicht mit den Fachbeurteilungen auseinandergesetzt hat, aus diesem Grund für die Beurteilung des umstrittenen Bauvorhabens keine entscheidende Bedeutung zukommen kann, obwohl der Stadtrat im vorliegenden Verfahren auch die primär betroffene kommunale Planungsebene vertritt.
...
.a) In materieller Hinsicht machen die Beschwerdeführer geltend, sowohl aus dem ISOS als auch aus den Fachbeurteilungen der städtischen und der kantonalen Denkmalpflege, der kantonalen Naturund Heimatschutzkommission und des Arias-Gutachtens ergebe sich, dass nicht nur die strassenseitige Fassade des Werks I, sondern die Stahlgiessereihallen als solche schutzwürdig seien, wobei die Hallen zwar nicht sklavisch und in gleicher integraler Weise wie die Fassade erhalten werden müssten, sondern Umund Neunutzungen möglich seien, welche den schutzwürdigen Charakter der Hallen respektierten. Der vorgesehene Neubau entspreche diesen Anforderungen nicht, sei überdies völlig überdimensioniert und entspreche in
keiner Weise den für das Mühlental bestehenden besonderen Einordnungsvorschriften, welche eine besonders sorgfältige Gestaltung und eine einwandfreie städtebauliche Wirkung verlangten. Die erteilte Abbruchund Baubewilligung müsse daher aufgehoben und das Projekt zur Überarbeitung an die Bauherrschaft zurückgewiesen werden.
Gemäss Art. 55 Abs. 2 BauG darf der Abbruch von Bauten und Anlagen nur bewilligt werden, wenn nicht überwiegende Interessen des Ortsbildschutzes der Erhaltung kulturell wertvoller Bausubstanz entgegenstehen. Unabhängig vom Bestehen einer formellen Schutzverfügung muss somit bei der Beurteilung eines Abbruchgesuchs eine entsprechende Interessenabwägung vorgenommen werden, worin auch die vorgesehene neue Nutzung einzubeziehen ist. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang auch die Ästhetiknorm von Art. 35 BauG, wonach Bauten, Anlagen und Umschwung für sich und in ihrem Zusammenhang mit der baulichen und landschaftlichen Umgebung im Ganzen und in ihren einzelnen Teilen so zu gestalten und zu unterhalten sind, dass eine gute Gesamtwirkung erreicht wird (Abs. 1; allgemeine positive ästhetische Generalklausel). Besondere Sorgfalt ist geboten im Bereich empfindlicher Ortsund Strassenbilder, Landschaften, Flussufer und Erholungsgebiete. Kulturell wertvolle Bausubstanz ist nach Möglichkeit zu erhalten (Abs. 2; erhöhte Anforderungen für empfindliche Gebiete, insbesondere für den Ortsbildschutz). Entsprechende Vorschriften enthalten auch Art. 10 ff., insbesondere Art. 10 und Art. 11 BauO, welchen freilich nur noch insofern eine selbständige Bedeutung zukommt, als sie in Art. 11 BauO die kantonale Ästhetiknorm von Art. 35 BauG für bestimmte schutzwürdige Objekte und Gebiete gestützt auf Art. 7 Abs. 1 Ziff. 9 BauG konkretisieren und zusätzliche Anforderungen enthalten (vgl. BGE 1P.185/1999 und 1P.193/1999 vom 22. Juli 1999, E. 4b und c [in URP 1999, S. 794 ff., nicht veröffentlicht], sowie Haller/Karlen, Rz. 652, S. 177, mit Hinweis auf die ähnliche Rechtslage im Kanton Zürich). Für das wie noch zu zeigen sein wird schutzwürdige Industriegebiet des Mühlentals ergeben sich hieraus jedoch keine zusätzlichen materiellrechtlichen Anforderungen, doch sind wichtige Bauprojekte in diesem Gebiet aufgrund von Art. 11a BauO der Stadtbildkommission vorzulegen, wie dies hier allerdings erst im Rahmen des formellen Baubewilligungsverfahrens geschehen ist (vgl. dazu E. 2b bb).
Im vorliegenden Fall besteht für das Baugrundstück unbestrittenerweise keine formelle Schutzverfügung, doch liegt das Bauareal in einem durch das ISOS geschützten Gebiet. Wie der Regierungsrat im Prinzip zutreffend darlegt, ist dieses durch den Bundesrat mit der Verordnung über das Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz vom 9. September 1981 (VISOS, SR 451.12) erlassene Inventar bzw. sind die damit verbundenen Schutzziele aufgrund der bundesstaatlichen Kompetenzausscheidung im Be-
reich des Naturund Heimatschutzes bzw. nach der ausdrücklichen Vorschrift von Art. 6 Abs. 2 des Bundesgesetzes über den Naturund Heimatschutz vom
1. Juli 1966 (NHG, SR 451) nur bei der Erfüllung von Bundesaufgaben unmittelbar verbindlich, wozu die Erteilung einer Baubewilligung innerhalb des Baugebiets nicht gehört (vgl. auch Art. 2 NHG). Da dem Inventar materiell jedoch Sachplanbzw. Konzeptcharakter i.S.v. Art. 13 RPG zukommt, haben die Kantone die Vorgaben dieses Inventars bei der Richtund Nutzungsplanung zu berücksichtigen (Art. 6 Abs. 4 RPG; vgl. dazu Rausch/Marti/Griffel, Umweltrecht, Zürich/Basel/Genf 2004, Rz. 565, S. 188, mit Hinweisen).
Dementsprechend galt das ISOS schon aufgrund des früheren kantonalen Richtplans 1985/1987 ausdrücklich als Grundlageninformation mit empfehlendem Charakter (vgl. ... insbesondere BGE 1P.185/1999 und 1P.193/1999 vom 22. Juli 1999, E. 6a, URP 1999, S. 798 f.). Die heute geltende, vom Bundesrat genehmigte Richtplanung 2001 des Kantons Schaffhausen geht noch einen Schritt weiter und erklärt das ISOS unter dem Titel Sachplanungen/Inventare ohne Vorbehalt als Grundlage für die kantonalen und kommunalen Schutzmassnahmen (vgl. Grundlagenteil, S. 88). Im Richtplanteil wird sodann im Sinn der neu geschaffenen kantonalen Planungsgrundsätze festgehalten, dass durch das ISOS geschützte Ortsbilder langfristig mit planerischen und organisatorischen Massnahmen zu erhalten sind und neue Eingriffe die schutzwürdigen historischen Ortsbilder weder beeinträchtigen noch zerstören dürfen (S. 160; vgl. dazu auch Vorlage des Regierungsrats vom
14. Dezember 1999 betreffend die Genehmigung des kantonalen Richtplans [Amtsdruckschrift 99-93], S. 12 f.). Es ist daher davon auszugehen, dass die Vorgaben des ISOS aufgrund der kantonalen Richtplanung auch bei der Erfüllung von kantonalen und kommunalen Aufgaben als massgebende Grundlage zu beachten sind, was im übrigen grundsätzlich unbestritten geblieben ist (vgl. ... zur Bedeutung des ISOS für die kantonale und kommunale Aufgabenerfüllung auch allgemein Rausch/Marti/Griffel, Rz. 561 ff., S. 187 ff., mit weiteren Hinweisen).
Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass der kantonale Richtplan nur für die mit der Raumplanung befassten Behörden, nicht aber für die Grundeigentümer verbindlich ist und daher grundsätzlich einer Umsetzung durch grundeigentümerverbindliche Massnahmen bedarf (Art. 9 Abs. 1 RPG). Werden aber die Bauund Planungsbehörden im Rahmen eines Baubewilligungsverfahrens zur Durchführung einer Interessenabwägung zur Konkretisierung von Schutzvorschriften verpflichtet, wie dies vorliegend bezüglich des Ortsbildschutzes und der Erhaltung kulturell wertvoller Bausubstanz aufgrund von Art. 55 Abs. 2 und Art. 35 Abs. 2 BauG der Fall ist, müssen sie hierbei die Richtplanaussagen, also auch die Geltung des ISOS als Grundlage für
kantonale und kommunale Schutzmassnahmen, berücksichtigen. Den Grundeigentümern steht es frei, die entsprechenden Richtplanaussagen im Bewilligungsverfahren bzw. im anschliessenden Rechtsmittelverfahren in Frage zu stellen (vgl. dazu BGE 1A.154/2002 vom 22. Januar 2003, E. 4, ZBl 2004, S. 108 ff., mit Hinweisen; zur Bedeutung des Richtplans für die behördliche Rechtskonkretisierung und Ermessensausübung auch Pierre Tschannen in: Aemisegger/Kuttler/Moor/Ruch [Hrsg.], Kommentar zum Bundesgesetz über die Raumplanung [Kommentar RPG], Zürich 1999, Art. 9 Rz. 26 f., S. 15 f.). Wie erwähnt, ist die grundsätzliche Anwendbarkeit des ISOS im vorliegenden Fall jedoch nicht umstritten, sondern lediglich dessen Auslegung und Anwendung im Hinblick auf das zur Diskussion stehende Abbruchund Bauprojekt.
Die Stadt Schaffhausen gilt gemäss Anhang zur VISOS als schützenswertes Ortsbild von nationaler Bedeutung. In der vom Eidgenössischen Departement des Innern gestützt auf Art. 2 VISOS herausgegebenen Publikation Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz, Ortsbilder von nationaler Bedeutung, Kanton Schaffhausen (ISOS-SH), Bern 1986, wird ein kartographisch abgegrenzter Teil des Mühlentals, das als charakteristisches Industriequartier des 19./20. Jahrhunderts gilt und in dessen Zentrum das Baugrundstück liegt, als schutzwürdiges Gebiet Nr. 14 bezeichnet. Diesem Gebiet wird die Aufnahmekategorie A (ursprüngliche Substanz von Bauten und Freiräumen mit ausgeprägten epochenspezifischen regionaltypischen Merkmalen als Ganzheit vorhanden) und C (spezifischer Charakter von Bauten und Freiräumen) zugeordnet (vgl. S. 193). In allen drei Kategorien (räumliche Qualität, architekturhistorische Qualität und Bedeutung für das Ortsbild) erhält das Gebiet Mühlental die höchstmögliche Bewertung (besondere Qualität), und es gilt das Erhaltungsziel C, was gemäss den Erläuterungen bedeutet: Erhalten des Charakters: Erhalten Herstellen eines Gleichgewichts zwischen Altund Neubauten. Integrales Erhalten der für den Charakter wesentlichen Elemente (Faltblatt zum ISOS-SH). Zusätzlich gelten gemäss den erwähnten Erläuterungen folgende generellen Erhaltungshinweise:
besondere Vorschriften zur Eingliederung von Umund Neubauten
obligatorische Beratung durch die Denkmalpflege, offizielle Fachinstanzen andere Fachleute.
Als von besonderer Bedeutung für das Ortsbild bzw. für das Gebiet Mühlental werden sodann die strassenseitigen Fassaden unter anderem des Werks I bezeichnet (Einzelelement 14.0.72: Imposante Fabrik-Fassaden im Mühlental). Für diese Fassaden gilt das Erhaltungsziel A, d.h. Integrales Erhalten der Substanz (vgl. S. 197).
In den Ausführungen zur Siedlungsentwicklung wird sodann zum Gebiet Mühlental festgehalten, dass hier die Wasserkraft auch schon in frühindustrieller Zeit genutzt worden sei und dieses Gebiet anschliessend einen derart imposanten Ausbau erfahren habe, dass es heute zu den bedeutendsten Ortsbildteilen Schaffhausens ausserhalb der Altstadt gehöre. Das tiefeingeschnittene, einer jurassischen Klus vergleichbare Tal beherberge eine nichtendenwollende Abfolge von Produktionsstätten, Verwaltungsbauten und Lagerhallen der Eisenwerke der Georg Fischer AG, die nördlich des Gebiets durch die Umgebungsrichtung XVIII fortgesetzt werde. Der geschwungene Verlauf des Tals und die unterschiedlichen Fabrikfronten vermittelten ein einzigartiges räumliches Erlebnis (Siedlungsentwicklung, S. 10, ISOS-SH, S. 211).
Hieraus ergibt sich, dass das ISOS entgegen der Darstellung der Beschwerdegegner nicht nur die strassenseitigen Fassaden des Werks I als schutzwürdig bezeichnet. Während für diese das Schutzziel in einer integralen Erhaltung der Substanz besteht, gilt für das kartographisch umschriebene Gebiet Mühlental als Ganzes lediglich das Schutzziel der Erhaltung des spezifischen Gebietscharakters, welches aber ausdrücklich das Erhalten eines Gleichgewichts zwischen Altund Neubauten und das integrale Erhalten der für den Charakter als ursprüngliches Industriequartier wesentlichen Elemente vorsieht. Nun ist aber unbestreitbar, dass das ursprüngliche Industriequartier Mühlental durch den vollständigen Abbruch seines zentralen Elements, nämlich der Giessereihallen des Werks I (mit Ausnahme der strassenseitigen Fassaden), und den vorgesehenen, relativ voluminös in Erscheinung tretenden Neubau (optische Veranderthalbfachung des Volumens [Arias-Gutachten,
S. 8]), welcher sich abgesehen von den erwähnten Fassaden - nicht an die bestehenden Strukturen anlehnt, seinen Charakter völlig ändern würde, was auch die übereinstimmend negativen Bewertungen in den Fachstellungnahmen erklärt. Überdies erscheint das blosse Erhalten einer Fassade nach heutiger Auffassung ohnehin nicht als sinnvolle Schutzmassnahme (vgl. dazu im einzelnen die Stellungnahmen des kantonalen und des städtischen Denkmalpflegers vom 14. August bzw. 1. November 2002, der Kantonalen Naturund Heimatschutzkommission vom 24. Oktober 2002 und der Stadtbildkommission vom 4. November 2002 sowie das Arias-Gutachten, S. 8). Von diesen übereinstimmenden Fachstellungnahmen dürften die zuständigen Baubewilligungsbehörden und Rechtsmittelinstanzen jedenfalls nur abweichen, wenn sie für eine abweichende Beurteilung triftige Gründe geltend machen könnten (vgl. dazu OGE vom 30. März 1998 i.S. H., E. 3b dd bbb, Amtsbericht 1998,
S. 121, und Rausch/Marti/Griffel, Rz. 553, S. 183 f., mit weiteren Hinweisen). Dies ist aber nicht der Fall, sind diese Fachstellungnahmen doch nachvollziehbar und überzeugend begründet, während sich die Vorinstanzen als Begründung für die Abweichung von den Fachstellungnahmen im wesen-
tlichen damit begnügen, Schutzziele des ISOS-SH bezüglich des Mühlentals als ganzes Gebiet wie gesehen zu Unrecht zu negieren.
Wie die Beschwerdeführer zu Recht geltend machen, werden die erwähnten Fachstellungnahmen im übrigen auch durch den ausdrücklichen Hinweis im ISOS-SH unterstützt, wonach die Abbrüche von Altbauten im Bereich des Einzelelements 14.0.73 beim Werk III zwischen 1979 und 1985 eine gefährliche Tendenz für den Ganzheitscharakter des Mühlentals aufzeigen (vgl. ISOS-SH, S. 198). Daraus, dass dies im ISOS-SH nicht ausdrücklich als störend bezeichnet wird, kann entgegen der Auffassung der Baugesuchstellerin nichts abgeleitet werden, da eben lediglich auf die Tendenz einer schlechten Entwicklung hingewiesen wird und die bisherigen Abbrüche auch nicht zentrale Elemente des schutzwürdigen Industriequartiers betrafen. Dies wird denn auch durch die Ausführungen zur Siedlungsgeschichte und durch die speziellen Erhaltungshinweise für die Stadt Schaffhausen im ISOS-SH bestätigt. So wird zunächst festgestellt, dass seit der Schliessung alter Giessereiabteilungen mehrere Gebäude vom Abbruch bedroht seien und bereits einige empfindliche Lücken klafften (Einzelelement 14.0.73; Siedlungsentwicklung, S. 10, ISOS-SH, S. 211).
Als spezieller Erhaltungshinweis wird sodann im Anschluss an die Ausführungen zur Siedlungsentwicklung festgehalten, die leerstehenden Fabrikgebäude sollten nicht abgerissen, sondern als Chance zum Einbringen neuer Nutzungen (kultureller administrativer Art) betrachtet werden (Siedlungsentwicklung, S. 14, ISOS-SH, S. 215). Weshalb dieser spezielle Erhaltungshinweis ausgerechnet für das als besonders schutzwürdig erachtete Industriequartier des Mühlentals, wo zuvor eine entsprechende negative Tendenz festgestellt wurde, nicht gelten soll, ist entgegen der Auffassung der Baugesuchstellerin unerfindlich.
Auf kantonaler Ebene kann schliesslich auch noch auf den mit der Richtplanung geschaffenen Planungsgrundsatz hingewiesen werden, wonach neue Eingriffe die schutzwürdigen historischen Ortsbilder weder beeinträchtigen noch zerstören sollen (Richtplanung 2001, S. 160).
Nun trifft es freilich zu, dass sich die Situation im Gebiet Mühlental seit der in Zusammenarbeit mit den kommunalen und kantonalen Behörden durchgeführten ISOS-Inventarisation der Stadt Schaffhausen in den Jahren 1979 (Beginn) bis 1985 (Abschluss nach Durchführung der Vernehmlassung) insofern völlig verändert hat, als die Stahlgiesserei der Georg Fischer AG im Mühlental 1992 vollständig stillgelegt wurde und an eine Rückkehr der Schwerindustrie ins Mühlental nicht zu denken ist. Grosse Teile des durch das ISOS-SH als schutzwürdig bezeichneten Gebiets sind dadurch zu sogenannter Industriebrache geworden, welche einer neuen Nutzung zugeführt werden
muss. Damit stellt sich die Frage, ob an der Qualifikation des Mühlentals als schutzwürdiges Industriequartier durch das ISOS-SH in vollem Umfang festgehalten werden kann ob nicht im Rahmen einer Anpassung des ISOSSH diese Einstufung überprüft werden müsste. Hiefür würden insbesondere dann gute Gründe bestehen, wenn auch bei Vornahme zulässiger Umbauten und Teilabbrüche (vgl. dazu die nachfolgenden Hinweise sowie E. 5e) keine wirtschaftlich sinnvolle Nutzung der Giessereihallen mehr möglich wäre und daher mit dem langsamen Zerfall dieser Gebäude gerechnet werden müsste. Dies kann jedoch grundsätzlich nicht im Rahmen des vorliegenden kantonalen Baubewilligungsverfahrens geprüft werden, sondern bedürfte weiterer Abklärungen und eines entsprechenden Antrags des Kantons an das zuständige eidgenössische Departement (vgl. Art. 3 VISOS; zur Frage einer allfälligen akzessorischen Überprüfung der ISOS-Inhalte in einem Planungsoder Baubewilligungsverfahren auch Rausch/Marti/Griffel, Rz. 535 i.V.m. 587, S. 178,
196).
In diesem Zusammenhang kann darauf hingewiesen werden, dass auch rein finanzielle Aspekte (Entschädigungsforderungen der Grundeigentümer wegen materieller Enteignung) unter besonderen Umständen die Rücknahme einer Schutzmassnahme zu rechtfertigen vermögen, wenn mit ebenso guten Gründen auf einen Schutz verzichtet werden könnte das Gemeinwesen aufgrund dieser Forderungen in eine notstandsähnliche Situation geraten würde (vgl. dazu Haller/Karlen, Rz. 443, S. 122). Ob im vorliegenden Fall bei Beibehaltung des bisherigen ISOS-Schutzes tatsächlich eine materielle Enteignung gegeben wäre, ist allerdings fraglich, da eine solche im Zusammenhang mit Massnahmen des Ortsbildund Denkmalschutzes nur zu bejahen ist, wenn sich mit der betreffenden Liegenschaft kein angemessener, wirtschaftlich sinnvoller Nutzen mehr erzielen lässt (vgl. dazu Haller/Karlen, Rz. 484,
S. 132 f., mit weiteren Hinweisen). Der ISOS-Schutz lässt aber für das Industriequartier Mühlental durchaus Umnutzungen und auch Teilabbrüche und Umbauten zu, wie sie mit der zur Zeit geplanten neuen Zonenordnung ermöglicht werden sollen, freilich nicht einen Totalabbruch des bisherigen zentralen Elements des Schutzgebiets (vgl. in diesem Sinne auch die erwähnten behördlichen Fachstellungnahmen und das Arias-Gutachten, S. 10; zum Erfordernis besonderer Schutzvorschriften bei einer Öffnung der bisherigen reinen Industriezone für neue gemischte Nutzungen nachfolgend E. 5e).
.a) Im vorliegenden Verfahren ist somit von der Geltung des ISOSSH in der ursprünglichen, seit dem 1. Januar 1986 geltenden Fassung auszugehen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass für die betroffenen Objekte ein absoluter Schutz im Rahmen der Schutzziele besteht. Nach Art. 6 NHG wird durch die Aufnahme eines Objekts in das ISOS dargetan, dass es in besonderem Mass die ungeschmälerte Erhaltung, jedenfalls aber unter Einbezug von
Wiederherstellungsoder angemessenen Ersatzmassnahmen grösstmögliche Schonung verdient (Abs. 1). Ein Abweichen von der ungeschmälerten Erhaltung im Sinn des ISOS darf bei Erfüllung einer Bundesaufgabe nur in Erwägung gezogen werden, wenn ihr bestimmte gleichoder höherwertige Interessen von ebenfalls nationaler Bedeutung entgegenstehen (Abs. 2). Diese Einschränkung des Schutzes gilt selbstverständlich sinngemäss auch dann, wenn das ISOS wie im vorliegenden Fall aufgrund des kantonalen Rechts für die Erfüllung einer kantonalen Aufgabe angewandt wird, da in diesem Bereich nicht ein strengerer Schutz als bei der Erfüllung von Bundesaufgaben gelten soll. Nach der Botschaft zum NHG ist der Begriff der ungeschmälerten Erhaltung so zu verstehen, dass der im Inventar angestrebte Schutz vollumfänglich zur Geltung gelangen und allfälligen Bedrohungen begegnet werden soll. Die Aufnahme eines Objekts in ein Verzeichnis bedeutet andererseits nicht, dass sich am bestehenden Zustand überhaupt nichts mehr ändern darf. Der Zustand eines Objekts soll aber gesamthaft betrachtet unter dem Gesichtspunkt des Naturund Heimatschutzes nicht verschlechtert werden. Allfällige geringfügige Nachteile einer Veränderung müssen durch anderweitige Vorteile mindestens ausgeglichen werden (BBl 1965 III 103; BGE 127 II 281 ff. E. 4c mit Hinweisen).
Gestützt auf die zitierte Botschaft unterscheidet die Rechtsprechung schwere Eingriffe, d.h. umfangreiche, nicht rückgängig zu machende, auf das Schutzziel ausgerichtete Beeinträchtigungen von leichten Eingriffen, die nur mit einem geringfügigen Nachteil für das Schutzziel verbunden sind. Schwere Eingriffe sind nur zulässig, wenn sie durch ein mindestens gleichwertiges Interesse gerechtfertigt werden; dieses Interesse muss von nationaler Bedeutung sein. Leichte Eingriffe sind zulässig, wenn sie im Rahmen einer gewöhnlichen Interessenabwägung gerechtfertigt erscheinen. Zudem dürfen bei solchen Einzeleingriffen, die für sich allein (nur) mit leichten Nachteilen verbunden sind, nicht negative Präjudizien für eine Folgeentwicklung zu erwarten sein, die insgesamt für den Naturund Heimatschutz zu einem erheblich nachteiligen Ergebnis führen. In jedem Fall ist dafür zu sorgen, dass das Schutzobjekt die grösstmögliche Schonung erfährt, d.h. dass der Eingriff soweit möglich minimiert wird (BGE 1A.73-77/2002 vom 6. Oktober 2003, E. 5.1, mit Hinweisen, insbesondere auf BGE 127 II 282 ff. E. 4c, 115 Ib 145 E. 5hc; vgl. auch Jörg Leimbacher in: Keller/Zufferey/Fahrländer [Hrsg.], Kommentar zum Bundesgesetz über den Naturund Heimatschutz, Zürich 1997, Art. 6 N. 14 ff., S. 212 ff., sowie Rausch/Marti/Griffel, Rz. 552 ff., S.
183 ff., und Rz. 564, S. 188).
Im vorliegenden Fall soll mit dem Werk I ein flächenmässig bedeutsamer, zentraler Teil des schutzwürdigen Industriegebiets Mühlental abgebrochen und völlig neu überbaut werden. Wie bereits dargelegt, wird damit
das ISOS-Schutzziel für dieses Gebiet, welches in der Erhaltung des typischen Charakters des Industriequartiers bzw. im Erhalten Herstellen eines Gleichgewichts zwischen Altund Neubauten und dem integralen Erhalten der für den Charakter wesentlichen Elemente besteht, klar verletzt (E. 3d). Zu berücksichtigen ist allerdings, dass das ISOS schon aufgrund der gesetzlichen Grundlage, welche einzelne Ortsbilder von nationaler Bedeutung insgesamt als schutzwürdig bezeichnet (vgl. Art. 1 VISOS mit Anhang und dazu Leimbacher, Art. 5 Rz. 18 ff., S. 200 f.) auf ein ganzheitliches Ortsbild ausgerichtet ist (vgl. dazu auch Sibylle Heusser-Keller, Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz [ISOS], Bern 1981, S. 40 ff.). Damit stellt sich die Frage, ob die klare Verletzung eines Schutzziels bezüglich eines Teilgebiets des geschützten Ortsbilds bereits als schwerer Eingriff in das Ortsbild im Sinn der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu betrachten sei ob dies nur dann gegeben sei, wenn das Ortsbild insgesamt durch ein Bauvorhaben schwer beeinträchtigt wird. Letzteres ist insbesondere dann zu bejahen, wenn es sich um ein zentrales Element des Ortsbilds von nationaler Bedeutung handelt wenn sich die Beeinträchtigung eines Teilgebiets von minderer Bedeutung aufgrund der Sichtverhältnisse auf das Ortsbild insgesamt auswirkt (vgl. dazu die allerdings nicht eindeutigen Hinweise in BGE 1A.73-77/2002 vom 6. Oktober 2003, E. 5.5, insbesondere 5.5.4, und Aemisegger/Haag, Gedanken zu Inhalt und Aufbau der Gutachten der Eidg. Naturund Heimatschutzkommission, URP 1998, S. 568 ff., 571).
Beim Industriequartier Mühlental handelt es sich aufgrund des ISOS-SH zwar nicht um ein zentrales Element des Schaffhauser Ortsbilds insgesamt, das durch die Altstadt, den Rhein und den Munot geprägt ist (vgl. ISOS-SH,
S. 202 f.). Andererseits liegt obwohl sich das Gebiet ausserhalb der Altstadt im klusartigen Mühlental befindet und die grundsätzlich schützenswerten Industriebauten von ausserhalb dieses Tals kaum einsehbar sind auch nicht ein nur unbedeutender Teil des geschützten Ortsbilds vor, gehört das Industriequartier Mühlental doch aufgrund der ISOS-Bewertung zu den bedeutendsten Ortsbildteilen Schaffhausens ausserhalb der Altstadt (ISOS-SH, S. 211). Aufgrund des Wortlauts von Art. 6 NHG, welcher jedes Abweichen von der ungeschmälerten Erhaltung im Sinn der Inventare an die strengen Voraussetzungen des Vorliegens eines gleichoder höherwertigen Eingriffsinteresses von nationaler Bedeutung knüpft, könnte aber wohl nur eine Schutzzielverletzung bezüglich eines unbedeutenden Teils des gesamten schutzwürdigen Ortsbilds noch als leichter Eingriff qualifiziert werden, welcher nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung eine gewöhnliche Interessenabwägung genügen lässt. Die Frage, ob das angefochtene Abbruchund Bauvorhaben im Sinn dieser bundesgerichtlichen Rechtsprechung einen schweren oder leichten Eingriff in das geschützte Ortsbild der Stadt Schaffhausen darstellt, kann aber letztlich offen gelassen werden, da wie die nachfolgenden Erwägungen zei-
gen auch bei Annahme eines leichten Eingriffs kein das Schutzinteresse überwiegendes Interesse am umstrittenen Projekt angenommen werden kann.
Wird ein schwerer Eingriff angenommen, könnte dieser wie dargelegt - nur bewilligt werden, wenn für das Projekt gleichoder höherwertige Interessen von nationaler Bedeutung angeführt werden können. Hierbei muss es sich nach Lehre und Rechtsprechung um ein Eingriffsinteresse handeln, welches sich auf einen Verfassungsoder Gesetzesauftrag des Bundes stützen kann, wozu z.B. der Ausbau eines leistungsfähigen Fernmeldenetzes die Sicherstellung einer ausreichenden Energieund Rohstoffversorgung gehören. Nicht jede Erfüllung von Bundesaufgaben ist freilich von nationaler Bedeutung; vielmehr muss die betreffende Bundesaufgabe von besonderem Gewicht sein. Dabei hat das Bundesgericht freilich auch das Eingriffsinteresse bezüglich Anlagen von regionaler Bedeutung als genügendes Eingriffsinteresse zugelassen, sofern es sich um die Erfüllung einer bundesrechtlich geregelten Aufgabe handelt und das entsprechende Projekt für die Lebensfähigkeit der betreffenden Region von entscheidender Bedeutung ist (vgl. für die Kiesversorgung den nicht veröffentlichten BGE vom 27. Juni 1984 i.S. Neuheim; vgl. zum Ganzen auch Leimbacher, Art. 6 N. 19 ff., insbesondere N. 24, S. 214 ff., sowie Rausch/Marti/Griffel, Rz. 555 ff., S. 184 f.).
Im vorliegenden Fall könnte allenfalls argumentiert werden, dass es um die Umbzw. Neunutzung einer grossen Industriebrache gehe, was heute insbesondere aufgrund des Verfassungsprinzips der haushälterischen Bodennutzung (Art. 75 Abs. 1 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 [BV, SR 101]) und der Vorschriften des RPG als Bundesaufgabe anerkannt ist (vgl. dazu Valda/Westermann, Die brachliegende Schweiz - Entwicklungschancen im Herzen von Agglomerationen, Bundesamt für Raumentwicklung/Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft, Bern 2004; vgl. ferner auch Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation/Bundesamt für Raumentwicklung, Raumentwicklungsbericht 2005, insbesondere S. 38, 93 f., 112 f.), und es sich um eine solche Brache von mindestens regionaler Bedeutung handle. Dass allerdings für die Region ein zwingendes Bedürfnis dafür besteht, eine Neunutzung in Form eines derart umfangreichen und kapitalintensiven Projekts vorzunehmen, dessen Finanzierung offenbar noch keineswegs sichergestellt ist (vgl. Arias-Gutachten, S. 9), wurde nicht dargetan und ist auch nicht zu sehen (vgl. zur erforderlichen Begründung für die nach Art. 6 Abs. 2 NHG erforderliche Interessenabwägung auch Leimbacher, Art. 6 N. 22 ff., S. 216 f.). Andere gleichoder höherwertige Interessen, die im genannten Sinn von nationaler Bedeutung wären, wurden nicht geltend gemacht und sind auch nicht ersichtlich.
Wird lediglich ein leichter Eingriff in das geschützte Ortsbild angenommen, ist zu prüfen, ob am angefochtenen Projekt allenfalls ein überwiegendes privates öffentliches Interesse bestehe, ohne dass dieses von nationaler Bedeutung sein müsste. An der Verwirklichung des strittigen Abbruchund Neubauprojekts bestehen zunächst zweifellos erhebliche private, wirtschaftliche Interessen der Baugesuchstellerin, macht diese doch geltend, dass sie die bestehenden Hallen nicht mehr sinnvoll wirtschaftlich nutzen könne und mit dem Ertrag nicht einmal den Unterhalt der bestehenden Hallen zu finanzieren vermöge. Da es sich aufgrund dieser Umstände unbestreitbar um eine Industriebrache handelt, bestehen insofern auch öffentliche Interessen an einem Umoder Neubau, als das überbaute, zentrumsnahe Gebiet aus Gründen einer haushälterischen Bodennutzung und sinnvollen Stadtplanung einer neuen Nutzung zugeführt werden sollte (vgl. dazu auch die Hinweise in
E. 4d ...). Es kann jedoch nicht gesagt werden, dass diese privaten und öffentlichen Interessen an einem Neubau jedenfalls in der projektierten Form - die durch das ISOS-SH belegten öffentlichen Schutzinteressen an der Erhaltung des Quartiercharakters zu überwiegen vermögen, zumal das zur Diskussion stehende Projekt abgesehen von der Erhaltung der strassenseitigen Fassade keine Rücksicht auf den bestehenden Quartiercharakter nimmt, sondern eine zwar durchaus ansprechende, aber von den bestehenden Bauten völlig losgelöste Neuüberbauung vorsieht. Wie sich aus den eingeholten Fachstellungnahmen ergibt, wären aber durchaus Projekte denkbar und auch realisierbar, welche auf einen Totalabbruch des Werks I verzichten und sich im Sinn des Schutzziels auf Teilabbrüche und Umbauten beschränken würden. Eine solche Umnutzung würde unter Umständen sogar eine bessere Rendite ergeben als der vorgesehene umfangreiche und kapitalintensive Neubau, dessen Finanzierung offenbar noch keineswegs sichergestellt ist (vgl. dazu AriasGutachten, S. 8 f.). Unter diesen Umständen aber kann nicht gesagt werden, es bestünden überwiegende private und öffentliche Interessen am angefochtenen Abbruchund Neubauprojekt.
Gleichgültig, ob ein schwerer leichter Eingriff in das geschützte Ortsbild angenommen wird, fehlt somit ein genügendes, überwiegendes Eingriffsinteresse am strittigen Projekt, weshalb jedenfalls die zu konkretisierenden allgemeinen Schutzvorschriften von 55 Abs. 2 BauG (Voraussetzungen der Abbruchbewilligung) bzw. von Art. 35 Abs. 2 BauG (Ästhetiknorm) verletzt sind und die erteilte Abbruchund Baubewilligung daher in Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde aufgehoben werden muss.
.- Selbst wenn die Frage des ISOS-Schutzes bezüglich des Industriequartiers Mühlental bzw. die Zulässigkeit einer Abweichung von den bestehenden Schutzzielen für dieses Gebiet anders beurteilt würde, könnte die erteilte Abbruchund Baubewilligung trotzdem nicht geschützt werden, da eine
andere zentrale Baubewilligungsvoraussetzung, nämlich die Zonenkonformität, nicht gegeben ist (Art. 22 Abs. 2 lit. a RPG) und zu Unrecht eine Ausnahmebewilligung für eine Abweichung von den Zonenvorschriften erteilt wurde.
Das Baugrundstück GB Nr. 1700 ist gemäss dem geltenden Zonenplan der Stadt Schaffhausen vom 1. Juni 1982 der Industriezone zugewiesen. Diese ist gemäss Art. 49 BauO grundsätzlich für Bauten von Industrie und Grossgewerbe bestimmt (Abs. 1). Bestehende Bauten dürfen allerdings an dafür geeigneten Lagen zu gewerblichen Dienstleistungszwecken (wie Büros, Läden und dergleichen) umgenutzt werden, sofern die bauund feuerpolizeilichen Vorschriften eingehalten werden können und keine privaten öffentlichen Interessen verletzt werden (Abs. 2 Satz 1). Als geeignete Lage gilt unter anderem das vordere Mühlental, welches nach ausdrücklicher Anordnung die Industriezone südlich des Breitestiegs plus das Areal der ehemaligen Werke II und III der +GF+ umfasst (Abs. 3).
Diese 1996 neu eingeführte Umnutzungsmöglichkeit wurde wie folgt begründet: Die laufenden Umstrukturierungsprozesse in der Industrie hätten dazu geführt, dass mehr und mehr Industriebauten nicht mehr ihrem Zweck entsprechend benützt würden und sofern sie nicht umgenutzt werden könnten leer stünden. Es werde daher angestrebt, raumplanerisch vertretbare Erleichterungen für den nötigen Umnutzungsprozess zu gewähren. Der Stadtrat habe ein entsprechendes Nutzungskonzept in Auftrag gegeben. Es habe sich gezeigt, dass die völlige Freigabe von Umnutzungen in genereller Weise nicht durch eine blosse Teilrevision der Bauordnung eingeführt werden könne, sondern auch eine Revision des Zonenplans erfordere. Hingegen könne die Umnutzung von bestehenden, nicht mehr für industrielle Zwecke benötigten Bauten an geeigneten Lagen schon mit der Revision der Bauordnung ermöglicht werden. Die entsprechenden Gebiete würden daher in der Bauordnung im Sinn einer Übergangsregelung bis zur nächsten Zonenplanrevision parzellenscharf definiert (vgl. Abstimmungsvorlage zur städtischen Volksabstimmung vom 2. März 1997, S. 40, 42).
Die Beschwerdeführer haben geltend gemacht, das Baugrundstück gehöre nicht zu den entsprechend definierten Lagen, da darunter nur das Industriegebiet südlich des Breitestiegs, d.h. auf der westlichen Seite der Mühlentalstrasse, und im übrigen nur das Areal der ehemaligen Werke II und III, nicht aber des Werks I der +GF+ falle. Diese Auffassung trifft jedoch nicht zu, da mit der Umschreibung Industriezone südlich des Breitestieges offensichtlich auch das Gebiet östlich der Mühlentalstrasse gemeint ist, wie sich aus dem Plan über die Zuordnung der Empfindlichkeitsstufen im Anhang der Bauordnungsrevision 1996 klar ergibt (vgl. Abstimmungsvorlage zur Volksabstimmung vom 2. März 1997, Erläuterungen, S. 15). Dies anerkennen nun-
mehr auch die Beschwerdeführer. Unbestritten ist jedoch, dass das vorliegend zu beurteilende Bauprojekt insoweit gegen die Zonenvorschriften verstösst, als nicht bestehende Bauten umgenutzt werden sollen, sondern eine Umnutzung im Rahmen eines Neubaus geplant ist. Das kantonale Bauinspektorat hat diese Abweichung von den Zonenvorschriften jedoch im Rahmen einer Ausnahmebewilligung nach Art. 51 BauG bewilligt.
Art. 51 BauG sieht vor, dass aus wichtigen Gründen Ausnahmen von einzelnen Bauvorschriften gewährt werden können, wenn dadurch keine überwiegenden öffentlichen privaten Interessen verletzt werden. Nach der Rechtsprechung des Obergerichts darf eine Ausnahme von kantonalen und kommunalen Bauvorschriften als Einschränkung des Gesetzmässigkeitsprinzips jedoch nur in wirklichen Sonderfällen bewilligt werden. Mit der Ausnahmebewilligung sollen Härten, Unbilligkeiten und Unzulänglichkeiten vermieden werden, die sich wegen der Besonderheit des Sachverhalts aus der strikten Anwendung von Bauvorschriften ergäben. Verlangt wird eine Ausnahmesituation, bei der die Handhabung der gesetzlichen Vorschriften hart und unbillig wäre und sich eine abweichende Lösung mit dem Gesetzeszweck vereinbaren lässt, insbesondere weil der Gesetzgeber diese besondere Situation bei der generell-abstrakten Regelung nicht vor Augen haben bzw. hierfür keine ausdrückliche Regelung treffen konnte. Eine solche Ausnahmesituation verlangt also, dass die öffentlichen privaten Interessen, die normalerweise die Einschränkung verlangen, im konkreten Fall nicht vorliegen. Überdies dürfen der Abweichung von der betreffenden Bauvorschrift nicht überwiegende öffentliche private Interessen entgegenstehen. Ob die Voraussetzungen für eine Ausnahmebewilligung erfüllt sind, ist eine Rechtsfrage und daher vom Obergericht im Rahmen einer Verwaltungsgerichtsbeschwerde grundsätzlich frei überprüfbar, während die Frage, inwieweit von den Vorschriften abgewichen werden kann, grundsätzlich eine Ermessensfrage darstellt, welche im verwaltungsgerichtlichen Verfahren aufgrund von Art. 36 VRG nur beschränkt überprüft werden kann (vgl. OGE vom 14. August 1998
i.S. N., E. 3b, Amtsbericht 1998, S. 132 f.; Haller/Karlen, Rz. 683 ff., S. 189 ff.; für das entsprechende Institut des Zürcher Rechts sowie allgemein zur Ausnahmebewilligung im Baurecht Alexander Ruch im Kommentar RPG, Art. 23 Rz. 7 ff., S. 3 ff.).
Das kantonale Bauinspektorat hat die Ausnahmebewilligung nach Art. 51 BauG für die zonenwidrige Nutzung damit begründet, die wichtigen Gründe und die Besonderheit des Falls seien vorliegend im Bauvorhaben gegeben. Grossund Schwerindustrie seien an diesem Ort aufgrund der heutigen Umweltschutzbestimmungen kaum noch möglich; zudem bestehe kein Bedarf mehr für Grossindustrie. Das geplante Projekt und die damit vorgesehene Nutzung entspreche im übrigen den städteplanerischen Überlegungen des
Stadtrats Schaffhausen. Gemäss dem vorliegenden Revisionsentwurf von Bauordnung und Zonenplan solle die Industriezone im Mühlental generell für Gewerbe und Dienstleistungen geöffnet werden. Für die Bauherrschaft würde es eine gewisse Härte bedeuten, wenn sie bis zur Rechtskraft der Zonenplanrevision zuwarten müsste. Durch die Erteilung einer Ausnahmebewilligung im heutigen Zeitpunkt würden keine überwiegenden Interessen der Öffentlichkeit verletzt. Im Gegenteil sei die Öffentlichkeit daran interessiert, dass im vorderen Mühlental nutzbare Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt würden. Die zu gewährende Ausnahme für die Realisierung des Neubaus verletze auch keine wesentlichen Interessen der Nachbarn.
Diese Begründung vermag nicht zu überzeugen. Insbesondere kann nicht gesagt werden, es liege hier ein besonderer Fall bzw. eine Ausnahmesituation vor, an welche der Gesetzgeber nicht gedacht habe. Die Stahlgiesserei der Georg Fischer AG im Mühlental war bereits 1992 vollständig stillgelegt worden (Arias-Gutachten, S. 1, 15). Wie dargelegt, war dem städtischen Gesetzgeber bei der Teilrevision der Bauordnung im Jahre 1996 sodann bewusst, dass eine Umnutzung der nicht mehr benötigten Industrieanlagen ermöglicht werden müsse. Im Sinn einer Übergangsregelung wollte man jedoch an geeigneten Lagen wie dem vorderen Mühlental einstweilen eine Umnutzung nur im Rahmen der bestehenden Bauten ermöglichen. Weitergehende Änderungen wurden wegen der damit verbundenen raumplanerischen und städtebaulichen Implikationen ausdrücklich einer bereits damals angekündigten Zonenplanänderung vorbehalten. Eine entsprechende Änderung (Umwandlung der Industriezone im Mühlental in eine Industriezone mit Dienstleistungen; keine Beschränkung auf bestehende Bauten) hat der Stadtrat nun dem Grossen Stadtrat unterbreitet, doch steht ein entsprechender Beschluss des Stadtparlaments sowie der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger noch aus (vgl. Vorlage des Stadtrats an den Grossen Stadtrat vom 20. Juni 2002, Art. 42/43, bzw. Bericht der vorberatenden Spezialkommission an den Grossen Stadtrat vom 21. Dezember 2004, Art. 43/44).
Unter diesen Umständen aber fehlen zum vorneherein eine Ausnahmesituation bzw. ein wichtiger Grund i.S.v. Art. 51 BauG, welche eine derart weitgehende Abweichung von den Zonenvorschriften (Umnutzung in einem vollständigen Neubau statt im Rahmen der bestehenden Bauten) zu rechtfertigen vermöchten. Zwar mag sich beim ehemaligen Werk I eine definitive, wirtschaftlich tragbare Umnutzung im Rahmen der bestehenden Gebäulichkeiten inzwischen als unmöglich erwiesen haben. Dies allein genügt jedoch nicht für die Annahme eines wirklichen, vom Gesetzgeber nicht bedachten Sonderfalls, dem durch Erteilung einer Ausnahmebewilligung Rechnung zu tragen wäre, zumal die Grundproblematik dem Gesetzgeber bekannt war, das vordere Mühlental, welches namentlich durch das Werk I geprägt ist, in der
Übergangsregelung ausdrücklich erwähnt wird und inzwischen die bereits 1996 angekündigte weitergehende Zonenplanänderung eingeleitet worden ist. Weshalb es eine unzumutbare Härte darstellen soll, deren Ausgang abzuwarten, ist nicht ersichtlich, zumal die Finanzierung des Projekts wie erwähnt - noch keineswegs gesichert ist und im übrigen wirtschaftliche Interessen allein eine Ausnahmebewilligung ohnehin nicht zu rechtfertigen vermögen (vgl. Ruch, Art. 23 Rz. 11, S. 4, mit Hinweis auf BGE 107 Ia 216 E. 5). Insoweit machen daher die Beschwerdeführer zu Recht eine unzulässige Vorwirkung der von den zuständigen Instanzen noch nicht genehmigten neuen Bauund Zonenordnung geltend. Hinzuweisen ist auch darauf, dass die Übergangsregelung von 1996 immerhin jetzt schon eine Umnutzung im Rahmen der bestehenden Bauten ermöglicht, womit die bestehenden Anlagen für die Baugesuchstellerin jedenfalls nicht völlig nutzlos sind, auch wenn die vorgenommenen Zwischennutzungen offenbar nicht kostendeckend sind.
Überdies kann auch nicht gesagt werden, der Gewährung der beantragten Ausnahmebewilligung stünden keine öffentlichen Interessen entgegen, zumal
wie dargelegt - das aufgrund des ISOS-SH für das Mühlental als schutzwürdiges Industriequartier bestehende Schutzziel der Erhaltung des Quartiercharakters erheblich beeinträchtigt wird. Dieser Aspekt zeigt im übrigen auch, dass durch die Bewilligung des Bauvorhabens auf dem Weg einer Ausnahmebewilligung nicht nur der Gesetzmässigkeitsgrundsatz, sondern auch der Grundsatz der Planungspflicht (Art. 2 RPG) verletzt wird. Dieser verlangt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts, dass grössere zonenwidrige Vorhaben auch innerhalb der Bauzonen - nicht einfach durch Ausnahmebewilligung in einem blossen Verwaltungsverfahren, sondern auf dem Weg der Planung unter Mitwirkung der Öffentlichkeit (Art. 4 RPG) ermöglicht werden (vgl. dazu Peter Hänni, Planungs-, Bauund besonderes Umweltschutzrecht, 4. A., Bern 2002, S. 105, 193 f., und Lukas Bühlmann, Weisse Flächen in Zonenplänen: Rechtswirkung von Verkehrsflächen, VLPInformationsdienst 6/2005, S. 2; der von Hänni, S. 105, in Fn. 188 zitierte BGE 126 II 36 f. E. 4d ist nicht einschlägig, da es sich dort um ein zonenkonformes Vorhaben handelte).
Gerade im vorliegenden Fall zeigt sich, dass eine Umnutzung des bisherigen Industriegebiets Mühlental dringend einer Abstimmung von Schutzund Nutzungsinteressen auf planerischer Ebene bedarf. Aufgrund der bestehenden Schutzvorschriften für das Mühlental kann das Bauprojekt denn auch
wie dargelegt (vgl. E. 3 und E. 4) - nicht einfach durch die geplante Öffnung der bisherigen reinen Industriezone in eine gemischte Zone (Industrie/Dienstleistungen) realisiert werden. Zu prüfen sein wird vielmehr, ob allenfalls auf den bestehenden Schutz des Mühlentals durch eine Änderung
des ISOS-SH verzichtet werden soll (vgl. E. 3e). Wollen die zuständigen Be-
hörden dagegen am Schutz des Industriequartiers Mühlental festhalten, muss die geplante Zonenplanänderung, welche im Rahmen des neuen Zonenzwecks auch Neubauten ermöglicht, aufgrund der bestehenden ISOSSchutzvorschriften zwingend mit den erforderlichen besonderen Schutzmassnahmen zur Eingliederung von Umund Neubauten versehen werden. Diese können entweder in besonderen Schutzvorschriften der Bauordnung bestehen, wie dies bisher für die Altstadtzone der Fall ist (vgl. Art. 34 und Art. 35 BauO), aber in der Einführung der Quartierplanpflicht (Gestaltungsplanpflicht) gemäss Art. 17 und Art. 18 BauG, wie dies in Art. 64 bzw. Art. 65 des aktuellen Entwurfs für eine Revision des Bauund Zonenplans für bestimmte Gebiete, bisher aber offenbar nicht für das Industriequartier Mühlental vorgesehen ist.
Das Erfordernis entsprechender planerischer Schutzmassnahmen ergibt sich nicht nur aus dem allgemeinen Grundsatz von Art. 17 RPG (Schaffung geeigneter Schutzmassnahmen für schutzwürdige Objekte), sondern konkret auch aus den generellen Erhaltungshinweisen des ISOS-SH (vgl. dazu auch die Erläuterungen zur praktischen Anwendung des ISOS im neuen Faltblatt des Büros für ISOS von 1998) und dem kantonalen Richtplan, welcher vorsieht, dass die charakteristischen Siedlungsstrukturen langfristig mit planerischen und organisatorischen Massnahmen zu erhalten sind (Kantonale Richtplanung 2001, S. 160). Eine entsprechende Pflicht besteht um so mehr, als aufgrund der geltenden Regelung der Bauordnung (Umnutzung nur innerhalb der bestehenden Bauten) grundsätzlich kein Konflikt mit den Schutzzielen des ISOS-SH für das Mühlental besteht, während die vorgesehene Neuordnung der gemischten Industriezone mit Dienstleistungen durch die Ermöglichung von Neubauten das bestehende Schutzziel gefährdet und somit der Schutzstandard ohne flankierende planerischen Massnahmen verschlechtert würde.
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