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Urteil Obergericht (SH)

Zusammenfassung des Urteils Nr. 60/2003/9: Obergericht

Ein Gesuchsteller hat gegen ein Urteil des Bezirksgerichts Uster Revision wegen fahrlässiger Körperverletzung eingereicht. Das Urteil verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe, Geldstrafe und Busse. Der Gesuchsteller beantragt die Aufhebung des Urteils und einen Freispruch. Das Gericht entscheidet, dass das Revisionsgesuch rechtsmissbräuchlich ist und tritt nicht darauf ein. Die Kosten des Revisionsverfahrens werden dem Gesuchsteller auferlegt.

Urteilsdetails des Kantongerichts Nr. 60/2003/9

Kanton:SH
Fallnummer:Nr. 60/2003/9
Instanz:Obergericht
Abteilung:-
Obergericht Entscheid Nr. 60/2003/9 vom 19.12.2003 (SH)
Datum:19.12.2003
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort: Art. 29 Abs. 2 BV; Art. 8 Abs. 1 VRG; Art. 37 Abs. 2 VRöB; Art. 2 Abs. 4 lit. b und Art. 6 Abs. 1 EG BGBM. Präqualifikation für die Teilnahme an einem Projektwettbewerb; Begründung und Anfechtbarkeit des Entscheids
Schlagwörter : Begründung; Bewerbung; Stadt; Wettbewerb; Stadtrat; Beschwerdeführerinnen; Obergericht; Beurteilung; Entscheid; Beurteilungsgremium; Bewerbungen; Hinweis; Teilnahme; Projektwettbewerb; Wettbewerbs; Vergabe; Auswahl; Begründungspflicht; Antrag; Verfügung; Ermessen; Präqualifikation; Teams; Beschaffungswesen; Hinweisen; Entscheids; Anspruch
Rechtsnorm:Art. 29 BV ;
Referenz BGE:129 I 236;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts Nr. 60/2003/9

Art. 29 Abs. 2 BV; Art. 8 Abs. 1 VRG; Art. 37 Abs. 2 VRöB; Art. 2 Abs. 4 lit. b und Art. 6 Abs. 1 EG BGBM. Präqualifikation für die Teilnahme an einem Projektwettbewerb; Begründung und Anfechtbarkeit des Entscheids (Entscheid des Obergerichts Nr. 60/2003/9 vom 19. Dezember 2003 i.S. A. AG und weitere).

Wird ein Projektwettbewerb den Regeln des selektiven Submissionsverfahrens unterworfen, so kann gegen den Präqualifikationsentscheid über die Auswahl der Unternehmungen, die zum Wettbewerb eingeladen werden, Beschwerde erhoben werden (E. 1a).

Anfechtbare Verfügungen sind auch im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens zu begründen. Die Begründungspflicht ist zwar unter Umständen weniger streng, wenn das Vergabeverfahren in Form eines Wettbewerbs mit anonymen Beiträgen und einer unabhängigen Jury durchgeführt wird; abgewiesene Anbieter haben aber auch in diesem Fall Anspruch auf Bekanntgabe der wesentlichen Gründe ihrer Nichtberücksichtigung (E. 2b).

Nach Abschluss des Wettbewerbs kann das Obergericht bei einer Verletzung der Begründungspflicht durch die Vergabebehörde lediglich noch die entsprechende Rechtswidrigkeit feststellen (E. 1c und 2d).

Der Stadtrat Stein am Rhein schrieb einen Projektwettbewerb für den Bau eines Parkhauses aus. Im Wettbewerbsprogramm wurde festgehalten, es könnten sich Teams von Fachleuten aus den Bereichen Ingenieurbau, Architektur und Landschaftsarchitektur um die Teilnahme bewerben; das Beurteilungsgremium wähle in einer ersten Stufe aus den eingegangenen Bewerbungen vier bis sechs Teams für die Teilnahme am Wettbewerb aus. Innert der vorgegebenen Frist wurden 44 Bewerbungen eingereicht. Entsprechend dem Antrag des Preisgerichts lud der Stadtrat hierauf sechs Bewerber ein, am Projektwettbewerb teilzunehmen. Die A. AG, die B. AG und die C. + Co., deren gemeinsame Bewerbung nicht berücksichtigt worden war, erhoben Beschwerde ans Obergericht mit dem Antrag, ihr Projektteam zur Teilnahme am Projektwettbewerb zuzulassen. Das Obergericht hiess die Beschwerde teilweise gut und stellte fest, dass die Beschwerdegegnerin mit dem Präqualifikationsentscheid den Anspruch der Beschwerdeführerinnen auf rechtliches Gehör verletzt habe.

Aus den Erwägungen:

  1. .a) Die (revidierte) Interkantonale Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen vom 25. November 1994 / 15. März 2001 (IVöB, SHR 172.510, SR 172.056.5), die neu generell auch für die Vergabe von Aufträgen der Gemeinden gilt, ist auf den vorliegenden Fall noch nicht anwendbar; sie trat für den Kanton erst am 6. Mai 2003 und für die Gemeinden spätestens am 1. Juli 2003 in Kraft (§ 6 Abs. 1 und Abs. 4 der Verordnung zur Interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen vom

    1. April 2003 [ViVöB, SHR 172.511]; AS 2003, S. 939). Das Beschwerde-

      verfahren richtet sich somit ausschliesslich nach dem kantonalen Einführungsgesetz zum Bundesgesetz über den Binnenmarkt vom 29. Juni 1998 (EG BGBM, SHR 172.500).

      Demnach können Personen mit Sitz Niederlassung in der Schweiz gegen den Entscheid der Auftraggeberin des Auftraggebers über die Auswahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer im selektiven Verfahren innert zehn Tagen seit Eröffnung beim Obergericht schriftlich und begründet Beschwerde erheben (Art. 2 Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 4 lit. b sowie Art. 3 Abs. 1 EG BGBM). Dies gilt auch im vorliegenden Fall, in welchem die Auftraggeberin den in ihrer Submissionsverordnung nicht geregelten Projektwettbewerb ausdrücklich den Regeln des selektiven Verfahrens unterworfen hat.

      1. ...

      2. Der Projektwettbewerb, zu welchem die Beschwerdeführerinnen zugelassen werden wollten, ist entsprechend dem seinerzeit vorgesehenen Zeitablauf (...) mittlerweile abgeschlossen; eine Teilnahme der Beschwerdeführerinnen ist daher nicht mehr möglich. In dieser Situation kann das Obergericht, falls sich die Beschwerde als begründet erweist, lediglich noch feststellen, inwiefern die angefochtene Verfügung Bundesrecht verletzt (Art. 6 Abs. 1 EG BGBM). Dazu bedarf es nicht zunächst eines formellen entsprechenden Antrags der Beschwerdeführerinnen, ist doch das Obergericht ohnehin nicht an deren Antrag gebunden (vgl. Art. 7 EG BGBM i.V.m. Art. 46 Satz 1 des Gesetzes über den Rechtsschutz in Verwaltungssachen vom

    1. September 1971 [VRG, SHR 172.200]).

  2. .a) Die Auswahl der Bewerbungsteams, die zur Teilnahme am Wettbewerb eingeladen werden sollten, war nach folgenden Kriterien zu treffen (Ziff. 4 des Wettbewerbsprogramms):

    • Qualität der aussenräumlichen und landschaftsarchitektonischen Gestaltung von Referenzprojekten vergleichbarer Aufgaben (realisierte Objekte, Wettbewerbsprojekte, geplante Objekte)

    • Qualität von Referenzprojekten im Parkhausbau bezüglich Benützerfreundlichkeit und Wirtschaftlichkeit (realisierte Objekte, Wettbewerbsprojekte, geplante Objekte)

    • Erfahrung der Bewerber

Das Beurteilungsgremium hielt im Beschluss ..., mit welchem es dem Stadtrat Stein am Rhein Antrag stellte, fest, es seien zahlreiche Bewerbungen mit hoher fachlicher Qualität eingereicht worden; es sei ihm nicht leicht gefallen, aus der Fülle der Angebote die sechs Teilnehmenden auszuwählen. Es habe in den ersten zwei Rundgängen diejenigen Bewerbungen ausgeschieden, deren Referenzobjekte bezüglich städtebaulich-landschaftlicher Einordnung und bezüglich architektonischem Ausdruck wenig überzeugt hätten; die verbleibenden Bewerbungen seien anhand der eingereichten Referenzprojekte genauer bewertet worden. Gemäss beigefügter Tabelle gehörte die Bewerbung der Beschwerdeführerinnen zu denjenigen, die in den ersten beiden Rundgängen ausgeschieden waren.

Der Stadtrat Stein am Rhein stimmte der Auswahl des Preisgerichts ... zu. Dies eröffnete er den nicht berücksichtigten Bewerbern mit der angefochtenen, nicht begründeten Verfügung ... Im Beschwerdeverfahren weist er darauf hin, dass viele gute Präsentationen eingereicht worden seien; das Ergebnis der Präqualifikation bedeute nicht, dass die nicht eingeladenen Teams die Bedingungen nicht erfüllten. Das Bessere sei jedoch der Feind des Guten. Es liege im Ermessen der Jury, die Qualität der Präsentationen zu beurteilen; dabei sei ihr ein Ermessensspielraum zuzugestehen. Der Stadtrat habe das Ergebnis der Jury übernommen; er sei davon überzeugt, dass die besten Bewerbungen ausgewählt worden seien.

Die Beschwerdeführerinnen machen geltend, sie erfüllten bereits mit einem von den Kantonen Basel-Stadt und Basel-Landschaft ausgezeichneten Referenzobjekt die geforderten Kriterien 1 und 3; mit den übrigen Referenzobjekten erfüllten sie mindestens auch das zweite Kriterium. In der Antwort des Stadtrats fehle eine objektive, nachvollziehbare Begründung, wieso sie die aufgestellten Kriterien nicht hinreichend erfüllt hätten.

  1. Anfechtbare Verfügungen sind grundsätzlich zu begründen; das gilt insbesondere auch im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens (vgl. allgemein Art. 8 Abs. 1 VRG; für das Submissionsverfahren heute § 2 Abs. 1 ViVöB i.V.m. Art. 37 Abs. 2 der Vergaberichtlinien zur Interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen vom 15. April 2003 [VRöB, SHR 172.512]; Robert Wolf, Die Beschwerde gegen Vergabeentscheide - Eine Übersicht über die Rechtsprechung zu den neuen Rechtsmitteln, ZBl 2003, S. 19, mit Hinweis). Dieses übergeordnete Rechtsprinzip geht der Bestimmung von Art. 20 Satz 2 der Submissionsverordnung der

    Stadt Stein am Rhein vor, welche vorsieht, dass über die Gründe der Vergebung keine Auskunft erteilt werden (vgl. § 3 Abs. 2 ViVöB).

    Die Begründungspflicht ergibt sich im übrigen schon aus dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 [BV, SR 101]). Ein Anspruch auf rechtliches Gehör und damit auf eine Begründung besteht immer dann, wenn ein Hoheitsakt unmittelbar die Rechtsstellung eines Einzelnen berührt. Dieser soll wissen, warum die Behörde zu seinem Nachteil entschieden hat. Ein Entscheid muss deshalb grundsätzlich so begründet sein, dass der Betroffene ihn gegebenenfalls sachgerecht anfechten kann. Dies ist nur möglich, wenn sowohl er wie auch die Rechtsmittelinstanz sich über die Tragweite des Entscheids ein Bild machen können. In diesem Sinn müssen wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde leiten liess und auf welche sich ihr Entscheid stützt (BGE 129 I 236 E. 3.2 mit Hinweisen).

    Wird das Vergabeverfahren in Form eines Wettbewerbs mit anonymen Beiträgen und einer unabhängigen Jury durchgeführt, so sind zwar die Anforderungen an die Begründungspflicht wegen der durch diese Besonderheiten bereits weitgehend gewährleisteten Objektivität und Transparenz unter Umständen weniger streng. Abgewiesene Anbieter haben aber auch in diesem Fall Anspruch auf Bekanntgabe der wesentlichen Gründe ihrer Nichtberücksichtigung. Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich hat es beispielsweise als ausreichend betrachtet, dass das Beurteilungsgremium festhielt, die Gründe für eine Nichtberücksichtigung seien sehr unterschiedlich gewesen, und zudem - nach Fallgruppen geordnet - darlegte, weshalb die abgewiesenen Projekte für die zweite Stufe nicht ausgewählt worden waren (vgl. Galli/Moser/Lang, Praxis des öffentlichen Beschaffungsrechts, Zürich/Basel/Genf 2003, S. 242, Rz. 511, mit Hinweisen; vgl. auch die Bemerkungen von Peter Rechsteiner zu dieser Frage in BR 2002, S. 65, mit Hinweisen).

    Die Rechtsprechung lässt es in der Regel genügen, wenn die Vergabebehörde die Begründung ihres Entscheids in der Beschwerdeantwort nachreicht ergänzt und so ein Begründungsmangel letztlich geheilt wird (vgl. OGE vom 28. Juli 2000 i.S. C. AG, E. 2 mit Hinweisen, Amtsbericht 2000,

    S. 131; Wolf, S. 19 ff., mit weiteren Hinweisen).

  2. Die angefochtene Verfügung enthielt keine Begründung. Im Antrag des Beurteilungsgremiums wurde lediglich erklärt, die Referenzobjekte der ausgeschiedenen Bewerber hätten bezüglich städtebaulich-landschaftlicher Einordnung und bezüglich architektonischem Ausdruck wenig überzeugt. Im Beschwerdeverfahren weist der Stadtrat auf den Ermessensspielraum der Jury hin. Er erklärt sodann, das Ergebnis der Präqualifikation bedeute nicht, dass

    die nicht eingeladenen Teams die Bedingungen nicht erfüllten; in der Vorrunde seien diejenigen Teams und Projekte ausgeschieden, die nicht in Betracht gekommen seien, ohne dass dafür ein Prädikat erteilt worden sei.

    Aus diesen Angaben lässt sich lediglich entnehmen, dass die Bewerbung der Beschwerdeführerinnen städtebaulich-landschaftlich und architektonisch zu wenig überzeugt habe und nicht in Betracht gekommen sei; offengeblieben ist, ob sie die Eignungskriterien grundsätzlich erfüllt habe. Eine Begründung für die vom Stadtrat übernommene Einschätzung des Beurteilungsgremiums ist jedoch nicht ersichtlich.

    Dem Stadtrat ist zwar beizupflichten, dass dem Beurteilungsgremium ein grosses Auswahlermessen zustand. Auch war der Jury zuzugestehen, angesichts der grossen Zahl von Bewerbungen die Beurteilung auf rationelle Weise durchzuführen. Dennoch muss im Beschwerdeverfahren grundsätzlich überprüfbar bleiben, ob das Ermessen pflichtgemäss ausgeübt worden sei (...), auch wenn sich die Kognition des Obergerichts bei Fragen technischer gestalterischer Art, wie sie bei der vorliegenden Eignungsbewertung zur Diskussion stehen, praktisch auf Willkür beschränkt (vgl. Galli/Moser/Lang,

    S. 233 f., Rz. 493, mit Hinweis). Der Begründungspflicht ist daher nicht Genüge getan, wenn letztlich mit dem blossen Hinweis auf den bestehenden Ermessensspielraum der teilweise mit Fachleuten besetzten Jury die Richtigkeit des Entscheids belegt werden soll; dies insbesondere mit Blick darauf, dass

    im vorliegenden Fall das Beurteilungsgremium insoweit nicht unabhängig

    war, als vier der sieben stimmberechtigten Mitglieder Vertreter der Stadt waren (...).

    Ohne zumindest summarische Darlegung der angesprochenen städtebaulich-landschaftlichen und architektonischen Unstimmigkeiten bzw. der diesbezüglichen Unterschiede zu den schliesslich näher geprüften Bewerbungen ist jedenfalls weder für die Beschwerdeführerinnen noch für das Obergericht erkennbar, welches die wesentlichen Gründe dafür waren, dass die Bewerbung der Beschwerdeführerinnen für die Teilnahme am Wettbewerb nicht berücksichtigt worden ist. Es ist somit im vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht überprüfbar, ob das Beurteilungsgremium bzw. der Stadtrat bei seiner Auswahl das Ermessen pflichtgemäss rechtsfehlerhaft ausgeübt habe.

  3. Es ist demnach festzuhalten, dass die Beschwerdegegnerin mit der angefochtenen Verfügung ihre Begründungspflicht bzw. den Gehörsanspruch der Beschwerdeführerinnen und insoweit Bundes(verfassungs)recht verletzt hat. Die Beschwerde erweist sich in diesem Sinn als teilweise begründet.

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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