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Urteil Obergericht (SH)

Zusammenfassung des Urteils Nr. 60/2000/8: Obergericht

Die Einwohnergemeinde X hat eine Nutzungsgebühr für die Grundwassernutzungskonzession Y bezahlt, die über dem gesetzlichen Gebührenrahmen lag. Es gab Uneinigkeit darüber, ob dieser Rahmen die einzelnen Gebühren begrenzt oder nur die Gesamtgebühr für die Konzession. Das Obergericht entschied, dass der Rahmen die Gebühren insgesamt begrenzt und setzte die Nutzungsgebühr auf das gesetzlich zulässige Maximum von Fr. 20'000.- herab.

Urteilsdetails des Kantongerichts Nr. 60/2000/8

Kanton:SH
Fallnummer:Nr. 60/2000/8
Instanz:Obergericht
Abteilung:-
Obergericht Entscheid Nr. 60/2000/8 vom 08.09.2000 (SH)
Datum:08.09.2000
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort: Art. 15 und Art. 35 Abs. 2 WWG; § 12 Satz 1 und § 13 GBV WWG. Grundwassernutzungsgebühren
Schlagwörter : Gebühr; Gebühren; Wasser; Nutzungs; Tarif; Regierungsrat; Nutzungsgebühr; Gebührenrahmen; Menge; Gebühreneinheit; Gewässer; Gebühreneinheiten; Wassernutzung; Kriterien; Grundwasser; Verordnung; Tarifrahmen; Preis; Konzession; Verbrauch; Recht; Gesetzes; Verleihungs; Verleihungsgebühren; Gebührentarife; Rahmens; ängige
Rechtsnorm:-
Referenz BGE:123 I 249;
Kommentar:
Müller, Schweizer, Kommentar zur Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 29. Mai, Art. 4 BV, 1987
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017

Entscheid des Kantongerichts Nr. 60/2000/8

Art. 15 und Art. 35 Abs. 2 WWG; § 12 Satz 1 und § 13 GBV WWG. Grundwassernutzungsgebühren (Entscheid des Obergerichts Nr. 60/2000/8 vom 8. September 2000 i.S. Einwohnergemeinde X.).

Der gesetzliche Gebührenrahmen für die Nutzung öffentlicher Gewässer bezieht sich nicht auf einzelne Gebühreneinheiten, sondern begrenzt auch bei verbrauchsabhängiger Wassernutzung generell sämtliche aus den fraglichen Sachverhalten abgeleitete Nutzungsbzw. Verleihungsgebühren als solche.

Aus den Erwägungen:

2.a) Gemäss Art. 15 des Wasserwirtschaftsgesetzes vom 18. Mai 1998 (WWG, SHR 721.100) sind konzessionsund bewilligungspflichtige Nutzungen öffentlicher Gewässer gebührenpflichtig (Abs. 1). Die Nutzungsgebühr bemisst sich insbesondere nach Massgabe der eingeräumten Sondervorteile, namentlich des wirtschaftlichen Nutzens, der für die Öffentlichkeit entstehenden Nachteile, der Art und Dauer, der Menge des beanspruchten Wassers sowie bei der Inanspruchnahme der Gewässer - des Wertes angrenzender Grundstücke (Abs. 2).

Der Regierungsrat setzt die Gebührentarife nach den Kriterien von Art. 15 WWG im Rahmen von Fr. 20.bis Fr. 20'000.fest (Art. 35 Abs. 2 WWG). Gemäss den von ihm erlassenen Bestimmungen beträgt die Nutzungsgebühr für die Nutzung des Grundwassers jährlich Fr. 1.50 pro l/min der maximalen Förderleistung (Leistungspreis) und Fr. 10.pro 1'000 m3 Wasserbezug (Arbeitspreis; § 12 Satz 1 der Gebührenund Beitragsverordnung zum Wasserwirtschaftsgesetz vom 22. Dezember 1998 [GBV WWG, SHR 721.103]). Beim Bezug von Grundwasser für die öffentliche Trinkund Löschwasserversorgung werden die Nutzungsgebühren auf 2/3 der normalen Gebühren reduziert (§ 13 GBV WWG). Im Jahr 1999 wurden sodann die gemäss der regierungsrätlichen Verordnung berechneten Gebühren um 20 % reduziert (§ 28 Abs. 2 GBV WWG).

  1. Gestützt auf diese Bestimmungen errechnete das Baudepartement für 1999 aufgrund der bewilligten Menge von 48'611 l/min einen Leistungspreis von Fr. 48'611.- und aufgrund der Fördermenge 1998 von 5'334'860 m3 einen Arbeitspreis von Fr. 35'565.75. Nach Abzug des zwanzigprozentigen Rabatts

    ergab sich so eine Nutzungsgebühr für die Grundwassernutzungskonzession Y. von Fr. 67'341.40.

    Das Baudepartement und in der Folge auch der Regierungsrat gingen im wesentlichen davon aus, dass der Tarifrahmen von Art. 35 Abs. 2 WWG bei verbrauchsabhängigen Wassernutzungen nicht als Begrenzung der einzelnen Gebührenrechnung zu verstehen sei, sondern sich auf die jeweilige Gebühreneinheit, d.h. auf den Preis pro Menge beziehe.

    Die Beschwerdeführerin ist dagegen der Auffassung, Art. 35 Abs. 2 WWG setze den Tarifrahmen für die einzelne Konzession und begrenze so die Belastung des Pflichtigen nach oben; nur innerhalb dieses Rahmens seien die Kriterien von Art. 15 WWG anzuwenden.

  2. Der Gesetzgeber hat in Art. 35 Abs. 2 WWG bewusst einen Rahmen für die zu erlassenden Gebührentarife gesetzt. Dieser gilt grundsätzlich für sämtliche Nutzungsund Verleihungsgebühren im Sinn von Art. 15 WWG, ungeachtet dessen, ob die Nutzung mit dem Verbrauch von Wasser verbunden sei nicht. Zu prüfen ist, welche Bedeutung er für die in Frage stehende verbrauchsabhängige Wassernutzung habe.

    Angesichts des bestehenden und damit auch anwendbaren Tarifrahmens ist nicht massgeblich, ob auf dessen Festlegung wie etwa beim Wasserzins für die Nutzung der Wasserkraft (Art. 20 Abs. 1 WWG) generell im früheren Recht bzw. heute noch im Kanton Zürich hätte verzichtet werden können.

  3. Die Bestimmung von Art. 35 Abs. 2 WWG befand sich als Art. 36 Abs. 2 des Entwurfs schon in der Vorlage des Regierungsrats vom 3 September 1996 (Amtsdruckschrift 4322). Trotz einzelner kritischer Äusserungen von Vernehmlassungsteilnehmern wurde sie jedoch weder darin kommentiert noch in der Folge bei der Beratung des Gesetzes diskutiert. Ein spezieller gesetzgeberischer Wille bezüglich ihrer Bedeutung ist demnach nicht ersichtlich. Wie sich aus dem Folgenden ergibt, kann aber nicht gesagt werden, der Gebührenrahmen von Art. 35 Abs. 2 WWG sei völlig sinnund zwecklos und damit unbeachtlich (vgl. Georg Müller, Kommentar zur Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 29. Mai 1874, Basel, Zürich und Bern 1987 ff., Stand Mai 1995, Art. 4 Rz. 51, mit Hinweisen). Eine vernünftige Auslegung ist vielmehr durchaus möglich.

    Die auszulegende Norm umfasst verschiedene Elemente. Sie enthält in erster Linie den in Frage stehenden ziffernmässigen Rahmen. Innerhalb dieses Rahmens sind Gebührentarife festzusetzen. Diese wiederum haben sich an die

    Kriterien von Art. 15 WWG zu halten, d.h. unter anderem die Menge des beanspruchten Wassers zu berücksichtigen.

    Der Regierungsrat ist davon ausgegangen, dass unter Tarifen für Güter des Gebrauchs und Verbrauchs nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ein bestimmter Preis pro Menge verstanden werde. Dies trifft in dieser einschränkenden Form jedoch nicht bzw. nicht vollständig zu. Ein Tarif ist nicht nur eine einzelne Preiseinheit, sondern eine Zusammenstellung bzw. ein Verzeichnis der Preisoder Gebührensätze, d.h. in letzterem Fall die gesamte Gebührenordnung als solche (vgl. Duden, Rechtschreibung der deutschen Sprache, Band 1, 21. A., Mannheim/Leipzig/Wien/Zürich 1996, S. 731). Der Rahmen von Art. 35 Abs. 2 WWG bezieht sich somit nicht unbesehen nur auf die einzelnen Tarifeinheiten.

    Die Beschwerdeführerin hat sodann zu Recht darauf hingewiesen, dass Art. 35 Abs. 2 WWG jedenfalls bei der Entnahme von Grundoder Oberflächenwasser letztlich keine normative Wirkung und damit keinen erkennbaren Sinn als Gesetzesgrundlage mehr hätte, wenn der darin festgelegte Rahmen auf einzelne - nicht definierte - Gebühreneinheiten bezogen würde. Dem Verordnungsgeber wäre so völlig freigestellt, ob er beispielsweise die Verbrauchsmenge in Litern Kubikmetern bzw. die Verbrauchszeit in Sekunden, Minuten einer andern Zeiteinheit berechnen wollte, womit wohl auch das Legalitätsprinzip verletzt würde (BGE 123 I 249 f. E. 2 mit Hinweisen; vgl. neuerdings Art. 164 Abs. 1 lit. d der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 [BV, SR 101]). Dass nicht ein Rahmen nur für einzelne Gebühreneinheiten gemeint sein kann, zeigt sich denn auch etwa darin, dass mehrere in der Verordnung festgelegte Ansätze die untere Grenze von Fr. 20.- deutlich unterschreiten, diese also im Hinblick auf ein sinnvolles Ergebnis bei einer auf die einzelnen Gebühreneinheiten bezogenen Betrachtungsweise gar nicht eingehalten werden könnte (bzw. nur dann, wenn andere Grundeinheiten gewählt würden). Die Verordnung enthält sodann keine Ansätze, die auch nur annähernd im Bereich der oberen Grenze festgelegt wären.

    Der Tarifrahmen von Art. 35 Abs. 2 WWG ist daher nur so sinnvoll anzuwenden, dass er die zu erhebenden Gebühren als solche objektiv und nachvollziehbar begrenzt. Es ist jedenfalls nicht ersichtlich, wieso der gesetzliche Rahmen wie der Regierungsrat geltend macht - nur für Wassernutzungen ohne Wasserverbrauch eine begrenzende Wirkung haben, für Nutzungen, bei denen eine variable Wassermenge beansprucht bzw. verbraucht werde, jedoch nicht begrenzend wirken sollte. Vielmehr ist dem Umstand, dass sich der Gebührenrahmen auf unterschiedliche Bewilligungsbzw. Konzessionssachver-

    halte bezieht, gerade dadurch Rechnung zu tragen, dass der Rahmen als gemeinsamer Nenner generell sämtliche aus den fraglichen Sachverhalten abgeleitete Nutzungsbzw. Verleihungsgebühren als solche nach oben und unten begrenzen soll.

    Die Vorschrift von Art. 35 Abs. 2 WWG ist daher entsprechend der Auffassung der Beschwerdeführerin so zu verstehen, dass sie den Rahmen für die aufgrund der erteilten Konzession zu entrichtende Gebühr hier der Nutzungsgebühr für eine ordentliche jährliche Periode setzt (vgl. Art. 15 Abs. 3 WWG; Vorlage des Regierungsrats vom 3. September 1996, S. 6). Nur innerhalb dieses Gebührenrahmens hat der Tarif die besonderen Kriterien von Art. 15 WWG zu berücksichtigen.

  4. Der Gesetzgeber hat selber eine Gebührenobergrenze gesetzt. Diese kann nicht - unter Hinweis auf den ebenfalls normierten Grundsatz der haushälterischen Nutzung der Gewässer (Art. 3 Abs. 1 lit. a und Art. 8 Abs. 2 WWG) gleichsam als unwirksam erklärt werden. Der Gebührenrahmen erlaubt grundsätzlich auch eine rechtsgleiche Ausgestaltung der Tarifordnung. Ob und inwieweit allenfalls andere Konzessionäre bei einer Herabsetzung der angefochtenen Gebühr auf das rechtlich zulässige Mass ungleich behandelt würden, ist hier nicht zu prüfen. Soweit die vom Regierungsrat erwähnten möglichen Konsequenzen einer Einhaltung des gesetzlichen Rahmens als unzweckmässig erscheinen sollten (Bevorzugung von Grossbezügern bzw. zu geringe Gebühren für Kleinbezüger Konflikt mit der Zielsetzung von Art. 3 WWG), müsste dem mit einer Gesetzesänderung begegnet werden. Im vorliegenden Fall geht es im übrigen um einen Sachverhalt, bei welchem die Gemeinden nach früherem Recht von Verleihungsund Benützungsgebühren noch befreit waren (Art. 3 Abs. 1 des Gesetzes über den Schutz von Wasserversorgungen und die Förderung von Feuerverhütungsund Feuerbekämpfungsmassnahmen vom 21. November 1949 [OS 18, S. 118; ABl 1950, S.

    834]).

  5. Zusammenfassend erweist sich die mit der Beschwerde angefochtene Nutzungsgebühr betragsmässig als gesetzwidrig. Sie ist daher in Gutheissung der Beschwerde auf das zulässige Höchstmass von Fr. 20'000.herabzusetzen.

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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