Zusammenfassung des Urteils Nr. 60/1999/20: Obergericht
Das Obergericht hat entschieden, dass eine ausserordentliche Auflösung des Dienstverhältnisses während der Amtsdauer auch dann zulässig ist, wenn der betroffene Beamte arbeitsunfähig ist. Diese Auflösung ist nur bei einem qualifizierten Mangel erlaubt, der eine Fortsetzung des Dienstverhältnisses unzumutbar macht. Der Beschwerdeführer argumentierte, dass die Kündigung aufgrund seiner Arbeitsunfähigkeit unzulässig war, aber das Gericht sah keinen Kündigungsschutz bei Krankheit im öffentlichen Dienstrecht vor. Die ausserordentliche Kündigung während der Amtsdauer erfordert einen wichtigen Grund, der höhere Anforderungen als eine Nichtwiederwahl am Ende einer Amtsperiode stellt. Das Obergericht prüft frei, ob solche Gründe vorliegen.
Kanton: | SH |
Fallnummer: | Nr. 60/1999/20 |
Instanz: | Obergericht |
Abteilung: | - |
Datum: | 24.03.2000 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Art. 9 Abs. 1 lit. d Ziff. 1 und Ziff. 2 PG. Ausserordentliche Auflösung des Dienstverhältnisses; Voraussetzungen |
Schlagwörter : | Dienstverhältnis; Kündigung; Amtsdauer; Beamte; Dienstverhältnisse; Dienstverhältnisses; Beamten; Auflösung; Arbeitsverhältnis; Recht; Krankheit; Hinweisen; Verwaltung; Voraussetzungen; Beendigung; Kündigungsschutz; Gründen; Entlassung; Arbeitsverhältnisse; Zeitpunkt; Fortsetzung; Vorschriften; Leistungen; Verhalten; Zusammenhang |
Rechtsnorm: | Art. 335 OR ;Art. 337 OR ; |
Referenz BGE: | 124 II 55; |
Kommentar: | - |
Eine ausserordentliche Auflösung des Dienstverhältnisses während der Amtsdauer ist auch dann zulässig, wenn der betroffene Beamte im Zeitpunkt der Kündigung arbeitsunfähig ist (E. 2b).
Eine ausserordentliche Auflösung des Dienstverhältnisses ist nur bei einem qualifizierten Mangel zulässig; es müssen Umstände vorliegen, die eine Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Amtsdauer nach Treu und Glauben unzumutbar machen. Dies wird unter anderem mit den Vorschriften von Art. 9 Abs. 1 lit. d Ziff. 1 und Ziff. 2 PG konkretisiert (E. 2c).
Aus den Erwägungen:
2.- Das Arbeitsverhältnis der Beamten endigt gemäss Art. 9 Abs. 1 lit. d des Gesetzes über die Dienstverhältnisse des Staatspersonals (Personalgesetz) vom 26. Oktober 1970 (PG, SHR 180.100) in der geltenden Fassung vom 27. September 1993 unter anderem durch Auflösung durch die Wahlbehörde bzw. bei Lehrkräften durch den Regierungsrat aus folgenden Gründen: unzureichende Leistungen über eine längere Zeit (Ziff. 1); unzumutbares Verhalten, welches die Arbeitsgemeinschaft erheblich stört (Ziff. 2). ...
...
Der Beschwerdeführer macht ... geltend, die Kündigung sei unzulässig gewesen, weil er in jenem Zeitpunkt arbeitsunfähig gewesen sei.
Diese Frage wurde bereits im Zusammenhang mit der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde aufgeworfen. Der Vizepräsident des Obergerichts hat dazu ausgeführt, bei summarischer Prüfung könne nicht ohne weiteres von einem entsprechenden Kündigungsverbot ausgegangen werden. Das kantonale Personalrecht sehe dies jedenfalls nicht ausdrücklich vor. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers könne darin nicht unbesehen eine vom Richter in Anlehnung ans Privatrecht (Art. 336c Abs. 1 lit. b des Schweizerischen Obligationenrechts vom 30. März 1911 [OR, SR 220]) zu füllende Lücke gesehen werden. Zum einen hätte der Gesetzgeber, wenn er es gewollt hätte, bei einer der verschiedenen Revisionen des Personalgesetzes insbesondere bei der Neuregelung der Beendigung des Arbeitsverhältnisses der
Beamten (Art. 9 PG in der heute geltenden Fassung vom 27. September 1993)
ohne weiteres auch für das öffentliche Recht einen Kündigungsschutz bei Krankheit einführen können. Zum andern sei der privatrechtliche Kündigungsschutz als Korrektiv im Zusammenhang mit der grundsätzlich freien Kündbarkeit des privatrechtlichen Arbeitsvertrags zu sehen (Art. 335 Abs. 1 OR). Im Gegensatz dazu könne das öffentliche Dienstverhältnis vom Gemeinwesen zum vornherein nur aus triftigen Gründen aufgelöst werden mit einer speziellen Abgangsentschädigung bei unverschuldeter Nichtwiederwahl Entlassung (Art. 37b PG) -, was letztlich einen eigenständigen, öffentlichrechtlichen Kündigungsschutz bedeute. Es spreche somit einiges dafür, dass das Fehlen einer Kündigungssperrfrist bei Krankheit auf ein qualifiziertes Schweigen des Gesetzgebers zurückgehe, weshalb für eine richterliche Lückenfüllung kein Platz bleibe (vgl. für das bundesrechtliche Dienstverhältnis bei den SBB BGE 124 II 55 ff. E. 2).
An dieser Auffassung ist auch bei näherer Betrachtung festzuhalten. Zwar wäre wohl auch im öffentlichen Recht eine Regelung mit Sperrfristen denkbar. Eine solche wurde aber gerade nicht gewählt. Der Beschwerdeführer tut nicht dar, dass und inwieweit dies aufgrund der Materialien anders zu beurteilen wäre. Die Ungleichbehandlung der Krankheit im privaten und öffentlichen Dienstrecht lässt sich aus den genannten Gründen denn auch sachlich vertreten, so dass sich eine Lückenfüllung mittels analoger Anwendung privatrechtlicher Vorschriften in diesem Zusammenhang nicht aufdrängt. Insbesondere lässt auch die auf Verordnungsstufe getroffene Regelung, dass bei Arbeitsunfähigkeit infolge von Krankheit Unfall die Besoldung längstens während zwölf Monaten ausgerichtet wird (§ 14 Abs. 1 lit. a der Verordnung über die Arbeitsverhältnisse des Staatspersonals [Personalverordnung] vom 24. Februar 1987 [SHR 180.111]; § 17 Abs. 1 lit. a der Verordnung über die Arbeitsverhältnisse der Lehrerschaft an den öffentlichen Schulen [Lehrerverordnung] vom 13. Juni 1989 [SHR 410.401]) durchaus Raum für eine vorzeitige Beendigung der Lohnfortzahlung bei ausserordentlicher Auflösung des Dienstverhältnisses. Im übrigen ist das Gewähren eines gewissen Bestandesschutzes ohnehin nur dann am Platz, wenn die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses an sich zumutbar wäre. Bei der ausserordentlichen Entlassung eines Beamten während der Amtsdauer aus wichtigen Gründen ist das aber grundsätzlich nicht der Fall, dies in Anlehnung an die Voraussetzungen der ausserordentlichen Beendigung des Arbeitsvertrags nach Art. 337 OR, bei welcher aber der Kündigungsschutz etwa bei Krankheit gerade nicht gilt (vgl. Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 4. Juni 1997, E. 4 mit Hinweisen, BVR 1998, S. 37; allgemein Rhinow/Krähenmann, Schweizeri-
sche Verwaltungsrechtsprechung, Ergänzungsband, Basel und Frankfurt am Main 1990, Nr. 150 B IIa, S. 483, mit Hinweisen; unten, lit. c).
Der Umstand, dass der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Entlassung arbeitsunfähig war, hat demnach nicht die Ungültigkeit der ausserordentlichen Kündigung und damit auch nicht die formelle Unzulässigkeit des angefochtenen Beschlusses zur Folge.
Der Beschwerdeführer wurde als Lehrer jeweils auf Amtsdauer gewählt, zuletzt für die Amtsperiode 1997 - 2000 (Beschluss des Regierungsrats über die Bestätigungswahlen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer für die Amtsdauer 1997 - 2000 vom 17. Dezember 1996, ABl 1996, S. 1878).
Die Verwaltung kann das öffentlichrechtliche Dienstverhältnis mit Beamten ordentlicherweise durch Nichtwiederwahl bei Ablauf der Amtsdauer beenden. Zwar besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Wiederwahl. Doch ist die Wahlbehörde insoweit nicht völlig frei. Eine Nichtwiederwahl ist nur dann zulässig, wenn sie sich durch zureichende sachliche Gründe etwa durch ungenügende Leistungen unbefriedigendes Verhalten des Beamten
rechtfertigen lässt (OGE vom 19. September 1980 i.S. X., E. 2b und E. 4 mit Hinweisen, Amtsbericht 1981, S. 133 ff.; Rhinow/Krähenmann, Nr. 150 B I und Ia, S. 481, mit weiteren Hinweisen).
Daneben ist unter gewissen Voraussetzungen eine ausserordentliche Auflösung des Dienstverhältnisses möglich. Für eine solche fristlose nach Ablauf einer bestimmten Frist wirksam werdende - Entlassung eines Beamten während der Amtsdauer ist ein wichtiger Grund erforderlich. Als wichtige Gründe gelten in Anlehnung an die ausserordentliche Beendigung des privatrechtlichen Arbeitsvertrags nach Art. 337 OR - Umstände, die eine Fortsetzung des Dienstverhältnisses nach Treu und Glauben unzumutbar machen (Rhinow/Krähenmann, Nr. 150 B IIa, S. 483, mit Hinweisen). Gemeint ist damit die Unzumutbarkeit der Weiterführung bis zum Ablauf der Amtsdauer. An den wichtigen Grund sind sodann höhere Anforderungen zu stellen als an die sachlichen bzw. triftigen Gründe, welche es erlauben, einen Beamten am Ende einer Amtsperiode nicht wiederzuwählen; die Annahme eines wichtigen Grundes setzt einen qualifizierten Mangel voraus.
Im öffentlichen Personalrecht des Kantons Schaffhausen wird der wichtige Grund unter anderem mit den zur Diskussion stehenden Vorschriften von Art. 9 Abs. 1 lit. d Ziff. 1 und Ziff. 2 PG konkretisiert. Trotz dieser Einschränkung bzw. Verdeutlichung stellen aber die Voraussetzungen der unzureichenden Leistungen bzw. des unzumutbaren Verhaltens sogenannte unbestimmte Rechtsbegriffe dar. Ob solche Gründe vorliegen, ist demnach eine
Rechtsfrage, die das Obergericht grundsätzlich frei überprüft (Art. 36 Abs. 1 lit. a des Gesetzes über den Rechtsschutz in Verwaltungssachen [Verwaltungsrechtspflegegesetz] vom 20. September 1971 [VRG, SHR 172.200]), auch wenn es der Vorinstanz bei der Würdigung der speziellen Verhältnisse im Einzelfall einen gewissen Beurteilungsspielraum einräumt.
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