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Urteil Obergericht (SH)

Zusammenfassung des Urteils Nr. 51/2011/11: Obergericht

Die Angeklagte wurde des Förderung der Prostitution, sexueller Handlungen mit Abhängigen und Übertretung von Betäubungsmittelgesetz schuldig befunden. Sie erhielt eine Freiheitsstrafe von 3 Jahren, wovon 70 Tage durch Untersuchungshaft erstanden sind, sowie eine Geldstrafe von 900 CHF. Ein Teil der Freiheitsstrafe wird aufgeschoben, während der andere Teil vollzogen wird. Die Angeklagte wurde dazu verpflichtet, der Geschädigten 12'000 CHF plus Zinsen als Genugtuung zu zahlen. Die Gerichtskosten belaufen sich auf 3'000 CHF, zusätzlich zu weiteren Kosten. Die Berufungsanträge der Staatsanwaltschaft wurden abgewiesen, und das Urteil des Bezirksgerichts Winterthur wurde in Rechtskraft bestätigt.

Urteilsdetails des Kantongerichts Nr. 51/2011/11

Kanton:SH
Fallnummer:Nr. 51/2011/11
Instanz:Obergericht
Abteilung:-
Obergericht Entscheid Nr. 51/2011/11 vom 21.04.2011 (SH)
Datum:21.04.2011
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort: Art. 27 Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 JStPO Verlängerung der Untersuchungshaft im Jugendstrafverfahren; Fristwahrung; Gebot der Trennung Jugendlicher von erwachsenen Inhaftierten
Schlagwörter : Zwangsmassnahmengericht; Polizei; Untersuchungs; JStPO; Jugendliche; Untersuchungshaft; Frist; Schaffhauser; Haftverlängerung; Gesuch; Handen; Zwangsmassnahmengerichts; Haftverlängerungsgesuch; Prozessordnung; Gefängnis; Inhaftierte; Jugendanwaltschaft; Jugendlichen; Gebot; Trennung; Jugendlicher; Inhaftierten; Vollzug; Stunden; Schweizerische; Jugendstrafprozessordnung; Gericht; Häftlingen; Verlängerung
Rechtsnorm:Art. 90 StPO ;
Referenz BGE:133 I 297;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts Nr. 51/2011/11

Art. 27 Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 JStPO. Verlängerung der Untersuchungshaft im Jugendstrafverfahren; Fristwahrung; Gebot der Trennung Jugendlicher von erwachsenen Inhaftierten (OGE 51/2011/11 vom

21. April 2011)

Veröffentlichung im Amtsbericht

Die Frist, innert welcher die Jugendanwaltschaft das Zwangsmassnahmengericht um Haftverlängerung zu ersuchen hat, beginnt am Tag nach dem Beginn der Untersuchungshaft zu laufen. An Tagen, an denen die Gerichtskanzlei geschlossen ist, wahrt die Jugendanwaltschaft diese Frist auch dann, wenn sie das Gesuch vor dem Fristablauf bei der Schaffhauser Polizei zu Handen des Zwangsmassnahmengerichts deponiert (E. 2).

Das Vollzugsregime des Kantonalen Gefängnisses genügt dem gesetzlichen Gebot der Trennung Jugendlicher von erwachsenen Inhaftierten im Vollzug der Untersuchungshaft (E. 4).

Aus den Erwägungen:

2.- Der Beschwerdeführer macht zunächst geltend, das Haftverlängerungsgesuch sei verspätet eingereicht worden, weil es einerseits nicht mehr am siebten Tag der Untersuchungshaft gestellt und anderseits ohnehin nicht dem Zwangsmassnahmengericht, sondern lediglich der Schaffhauser Polizei übergeben worden sei.

Soll die Untersuchungshaft länger als 7 Tage dauern, so stellt die Untersuchungsbehörde spätestens am siebten Tag ein Verlängerungsgesuch an das Zwangsmassnahmengericht. Dieses entscheidet unverzüglich, spätestens aber innert 48 Stunden nach Eingang des Gesuchs (Art. 27 Abs. 2 JStPO1). Gemäss Art. 3 Abs. 1 JStPO i.V.m. Art. 90 Abs. 1 StPO2 beginnen Fristen, die durch eine Mitteilung den Eintritt eines Ereignisses ausgelöst werden, am folgenden Tag zu laufen.3

  1. Schweizerische Jugendstrafprozessordnung vom 20. März 2009 (Jugendstrafprozessordnung,

    JStPO, SR 312.1).

  2. Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO,

    SR 312.0).

  3. Vgl. Jositsch/Riesen-Kupper/Brunner/Murer Mikolásek, Schweizerische Jugendstrafprozessordnung, Kommentar, Zürich/St. Gallen 2010, Art. 27 N. 13, S. 95.

    Die Untersuchungshaft wurde per 20. März 2011, 14.45 Uhr, verhängt. Die siebentägige Frist für die Einreichung des Haftverlängerungsgesuchs begann daher am folgenden Tag, am 21. März 2011, zu laufen und endete am Sonntag, 27. März 2011. An diesem Tag übergab die Jugendanwaltschaft das Haftverlängerungsgesuch der Schaffhauser Polizei zu Handen des Zwangsmassnahmengerichts, wie dies der Beschwerdeführer ausdrücklich einräumt. Der Beschwerdeführer ist zwar der Ansicht, diese Übergabe wirke nicht fristwahrend, falls die Polizei den Pikettrichter nicht umgehend informiert habe. Weshalb dies so sein sollte, erklärt der Beschwerdeführer allerdings nicht näher und ist auch nicht ersichtlich. Es trifft zu, dass die Schaffhauser Polizei mit dem Zwangsmassnahmengericht des Kantonsgerichts und der Staatsanwaltschaft eine Absprache getroffen hat, wonach die Zentralstelle der Schaffhauser Polizei als Postfach dient, wenn die direkte Zustellung einer Eingabe der Staatsanwaltschaft ans Zwangsmassnahmengericht nicht möglich ist, weil die Gerichtskanzlei etwa an Wochenenden - nicht geöffnet ist. Aufgrund dieser Vereinbarung fungiert die Polizei an solchen Tagen als Gehilfin des Zwangsmassnahmengerichts. Bereits mit der Übergabe eines Haftverlängerungsgesuchs an die Schaffhauser Polizei zu Handen des Zwangsmassnahmengerichts ist demnach das Gesuch im Sinn von Art. 27 Abs. 2 JStPO bei ihm eingegangen. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers würde dies im Übrigen selbst dann gelten, wenn ein Gesuch zwar bereits bei der Polizei deponiert wurde, der zuständige Einzelrichter die zuständige Einzelrichterin aber nicht erst viel später über die Hinterlegung orientiert worden wäre. Zu beachten ist aber, dass ab dem Zeitpunkt der Deponierung bei der Schaffhauser Polizei zu Handen des Zwangsmassnahmengerichts die Frist von 48 Stunden läuft, innert welcher das Gericht über das Gesuch ent-

    scheiden muss.4

    Indem also die Jugendanwaltschaft das Haftverlängerungsgesuch am

    27. März 2011 (um 16.20 Uhr) der Schaffhauser Polizei zu Handen des Kantonsgerichts übergab, ist die siebentägige Frist von Art. 27 Abs. 2 JStPO eingehalten. Das Zwangsmassnahmengericht hat sodann innert 48 Stunden ab dem Gesuchseingang entschieden. Dieser ganze Vorgang ist daher nicht zu beanstanden.

    4.a) Untersuchungsund Sicherheitshaft werden in einer für Jugendliche reservierten Einrichtung in einer besonderen Abteilung einer Haftanstalt vollzogen, wo die Jugendlichen von erwachsenen Inhaftierten getrennt sind. Eine angemessene Betreuung ist sicherzustellen (Art. 28 Abs. 1 JStPO). Diesem Gebot der Trennung Jugendlicher von Erwachsenen im Vollzug der

  4. Art. 27 Abs. 2 JStPO.

    Untersuchungshaft kommt eine absolute Bedeutung zu, die keine Ausnahmen zulässt. Ihr kommt Vorrang zu, weshalb allenfalls auch eine Einzelhaft von Jugendlichen in Kauf zu nehmen ist.5

    1. Der Beschwerdeführer beanstandet, dass er in einem Gefängnis für Erwachsene und nicht in einer Anstalt für Jugendliche einsitze. Dass er körperlich robust sei, wie das Zwangsmassnahmengericht festgestellt habe, wiege die Tatsache nicht auf, dass er minderjährig sei, zumal die körperliche Konstitution nichts über die Verletzlichkeit der Psyche aussage.

    2. Man kann sich fragen, ob der Umstand, dass der Beschwerdeführer bereits in rund 4½ Monaten das 18. Altersjahr erreicht, nicht sein Bedürfnis nach Schutz vor dem Kontakt mit erwachsenen Häftlingen mindert; letztlich kann diese Frage aber offengelassen werden. Bereits der Wortlaut von Art. 28 Abs. 1 JStPO zeigt nämlich, dass die über einen Jugendlichen verhängte Untersuchungshaft durchaus auch in einem Gefängnis für erwachsene Inhaftierte vollzogen werden darf. Dabei ist aber jedenfalls sicherzustellen, dass Kontakte des Jugendlichen mit erwachsenen Häftlingen vermieden werden.6 Diese Voraussetzung ist im Kantonalen Gefängnis Schaffhausen erfüllt: zwar verfügt das Gefängnis nicht über einen eigenen Block für jugendliche Inhaftierte. Sie werden aber bei allen Aktivitäten (Sport, Spazieren, Körperpflege) strikt von den erwachsenen Häftlingen getrennt. Den gesetzlichen Anforderungen ist damit Genüge getan

  5. BGE 133 I 297-299 E. 4.5 ff. (zu aArt. 6 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 20. Juni 2003 über das Jugendstrafrecht [Jugendstrafgesetz, JStG, SR 311.1]).

  6. Jositsch/Riesen-Kupper/Brunner/Murer Mikolásek, Art. 28 N. 2, S. 96.

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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