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Urteil Obergericht (SH)

Zusammenfassung des Urteils Nr. 51/2007/8: Obergericht

Es wurde ein Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich gefällt, in dem ein Beschuldigter vom Vorwurf der Veruntreuung freigesprochen wurde. Der Beschuldigte wurde jedoch verpflichtet, dem Privatkläger Schadenersatz in Höhe von Fr. 55'000.- zuzüglich 5% Zinsen seit dem 1. Oktober 2003 zu zahlen. Die Gerichtskosten wurden dem Beschuldigten auferlegt. Der Privatkläger wurde zu drei Vierteln und der Beschuldigte zu einem Viertel zur Zahlung der Kosten des Berufungsverfahrens verpflichtet. Der Beschuldigte wurde auch zur Zahlung einer Prozessentschädigung von Fr. 500.- an den Privatkläger verurteilt. Das Urteil wurde dem Beschuldigten persönlich mitgeteilt, und es besteht die Möglichkeit, innerhalb von 10 Tagen eine neue Beurteilung des Urteils zu beantragen. Gegen diesen Entscheid kann bundesrechtliche Beschwerde in Strafsachen erhoben werden.

Urteilsdetails des Kantongerichts Nr. 51/2007/8

Kanton:SH
Fallnummer:Nr. 51/2007/8
Instanz:Obergericht
Abteilung:-
Obergericht Entscheid Nr. 51/2007/8 vom 25.05.2007 (SH)
Datum:25.05.2007
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort: Art. 25 lit. e und Art. 26 StPO. Ausstand von Justizpersonen bei Vor­befassung
Schlagwörter : Verfahren; Ausstand; Untersuchungsrichter; Zivil; Ausgang; Verfahren; Verfahrens; Vorbefassung; Richter; Zivilprozess; Gerichtsschreiber; Justizperson; Entscheid; Ausschliessungsgr; Ablehnungsgr; Konkurs; Prozessordnung; Kanton; Sinne; Beschwerdeführers; Stellung; Anschein; Befangenheit; Sachverhalts; Fragen
Rechtsnorm:Art. 25 StPO ;Art. 26 StPO ;Art. 28 StPO ;Art. 30 StPO ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts Nr. 51/2007/8

Veröffentlichung im Amtsbericht

Art. 25 lit. e und Art. 26 StPO. Ausstand von Justizpersonen bei Vorbefassung (OGE 51/2007/8 vom 25. Mai 2007)

Einen Ausschliessungsgrund i.S.v. Art. 25 lit. e StPO bildet die Vorbefassung nur, wenn die betreffende Justizperson am gleichen Verfahren schon in anderer amtlicher Stellung mitgewirkt hat (E. 2).

Hat eine Justizperson an einem anderen Verfahren mitgewirkt, in welchem sie eine ähnliche qualitativ gleiche Frage bereits geprüft hat, kann der Anschein der Befangenheit (Ablehnungsgrund i.S.v. Art. 26 StPO) gegeben sein, wenn der Ausgang des neuen Verfahrens dadurch vorbestimmt erscheint, namentlich wenn die betreffende Justizperson sich über alle wesentlichen Aspekte des dem neuen Verfahren zugrundeliegenden Sachverhalts in abschliessender und eindeutiger Weise geäussert und sich in den auch für das zweite Verfahren entscheidenden Fragen bereits festgelegt hat (E. 3).

Untersuchungsrichter X. führt gegen Y. ein Strafverfahren wegen betrügerischen Konkurses. Im Lauf dieses Verfahrens stellte sich heraus, dass der Ausgang eines früheren Zivilprozesses vor Kantonsgericht zu diesem Konkurs geführt hatte, an welchem der Untersuchungsrichter bis zur Hauptverhandlung als Gerichtsschreiber mitgewirkt hatte. Y. machte hierauf geltend, Untersuchungsrichter X. habe in den Ausstand zu treten. Dieser verneinte das Vorliegen eines Ausstandsgrunds. Das Obergericht wies eine Beschwerde gegen das Handeln des Untersuchungsrichters, mit welcher auch ein Ausstandsbegehren gegen diesen gestellt wurde, ab.

Aus den Erwägungen:

  1. .- Der Beschwerdeführer beruft sich zunächst auf Art. 25 lit. e der Strafprozessordnung für den Kanton Schaffhausen vom 15. Dezember 1986 (StPO, SHR 320.100), wonach ein Richter von Gesetzes wegen den Ausstand zu wahren hat, wenn er in der Sache bereits in anderer amtlicher Stellung gehandelt mitgewirkt hat, es sei denn, er werde infolge Wiederaufnahme des Verfahrens zur amtlichen Tätigkeit berufen. Diese Vorschrift gilt sinngemäss auch für die Untersuchungsrichter (Art. 28 StPO).

    Der entsprechende Ausschliessungsgrund bezweckt die Verhinderung mehrfacher Mitwirkung in der gleichen Sache in oberer Instanz bzw. in anderer amtlicher Stellung. Mitwirkung an einem früheren Entscheid im Sinne dieser Bestimmung liegt dementsprechend nur vor, wenn in beiden Verfahren die Rechtsfragen und die Parteien dieselben sind. Der Begriff der Sache ist somit in prozessrechtlichem Sinne zu verstehen (vgl. zur entsprechenden Ausstandsbestimmung des Zürcher Gerichtsorganisationsrechts Hauser/Schweri, Kommentar zum zürcherischen Gerichtsverfassungsgesetz, Zürich 2002, § 95 N. 24 ff., S. 320 f., mit zahlreichen Hinweisen). Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers liegt daher selbst dann keine unzulässige Vorbefassung vor, wenn ein Richter in einem Strafverfahren zu amten hat, das eng mit einem von ihm früher beurteilten Zivilverfahren zusammenhängt (Stephan Rawyler, Die Beschwerde nach der Strafprozessordnung für den Kanton Schaffhausen vom 15. Dezember 1986, Zürcher Diss., Neuhausen am Rheinfall 1998, S. 41, Fn. 67, welcher darauf hinweist, dass hierin auch keine Verletzung der Richtergarantie der EMRK liegt). Im vorliegenden Fall, in welchem der amtierende Untersuchungsrichter lediglich als Gerichtsschreiber im Instruktionsstadium eines Zivilprozesses mitgewirkt hat, dessen späterer negativer Ausgang offenbar zum Gegenstand des Strafverfahrens bildenden Konkurs führte, besteht daher jedenfalls kein Ausschliessungsgrund i.S.v. Art. 25 StPO, zumal die Strafverfolgungsbehörden und der Zivilrichter grundsätzlich unterschiedliche Sachverhalte zu prüfen haben.

    Auch aus der vom Beschwerdeführer angeführten Literaturstelle zur Praxis des Kantons Thurgau (Barbara Merz, Die Praxis zur thurgauischen Zivilprozessordnung, 2. A., Bern 2007, § 51 N. 5 lit. b, S. 79) ergibt sich nichts anderes. In dem dort angeführten Entscheid RBOG 1996 Nr. 34 wird nämlich zunächst ausdrücklich festgehalten, dass eine von vorneherein unzulässige Vorbefassung nur dann vorliegt, wenn ein Richter im gleichen Prozessverfahren in verschiedenen Funktionen mitwirkt (E. 2a). Zu prüfen ist jedoch bei Beurteilung des gleichen Sachverhalts durch ein Zivilund hernach durch ein Strafgericht mit ganz teilweise gleicher Besetzung, ob allenfalls bei objektiver Betrachtung der Anschein der Befangenheit besteht, was jedoch im Sinne der Schaffhauser Strafprozessordnung nicht einen Ausschliessungs-, sondern einen blossen Ablehnungsgrund bildet (E. 2b des erwähnten Entscheids; vgl. auch nachfolgend E. 3).

    Der Hauptantrag des Beschwerdeführers ist somit unbegründet.

  2. .a) Eventualiter beantragt der Beschwerdeführer, es sei das Ausstandsbegehren gegen Untersuchungsrichter X. als Ablehnungsbegehren zu behandeln.

Zur Begründung wird geltend gemacht, der Ausgang des Forderungsprozesses unter Mitwirkung von Untersuchungsrichter X. zumindest während der entscheidenden Behauptungsphase sowie dessen nunmehrige neuerliche Befassung mit der Thematik jenes Prozesses bzw. dessen Bedeutung für das vorliegende Strafverfahren lasse dessen Ausgang nicht mehr als hinreichend offen erscheinen. Eine Übergabe des Falles an einen anderen Gerichtsschreiber sei nicht dokumentiert. Aus den Akten ergebe sich lediglich, dass eine andere Gerichtsschreiberin auf dem Urteil angeführt worden sei. Wer das Urteilsexposé erstellt habe, sei nicht bekannt. Gerichtsnotorisch sei jedoch, dass ein Gerichtsschreiber, der an der Hauptverhandlung teilgenommen habe, seinen Nachfolger seine Nachfolgerin instruiere. Der Beschwerdeführer befürchte deshalb, dass die vorliegende Strafuntersuchung in Anbetracht dieser Vorgeschichte von Untersuchungsrichter X. nicht mehr unvoreingenommen geführt werden könne, zumal es nicht unwahrscheinlich sei, dass Untersuchungsrichter X. insoweit auch bewusst unbewusst gewisse Rückschlüsse für das vorliegende Strafverfahren gezogen habe. Nicht massgebend sein könne, dass Untersuchungsrichter X. subjektiv anderer Meinung sei. ...

  1. Gemäss Art. 26 StPO kann ein Richter abgelehnt werden, wenn Tatsachen vorliegen, die ihn als befangen erscheinen lassen und Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit erregen, vor allem wenn er selber eine nahestehende Person vom Ausgang des Verfahrens einen nicht unerheblichen Vorteil Nachteil zu erwarten hat (lit. a), wenn er zu einer Partei im Verhältnis besonderer Freundschaft Feindschaft in einem besonderen Pflichtoder Abhängigkeitsverhältnis steht (lit. b) wenn er ohne amtliche Veranlassung in der Sache Rat erteilt aussergerichtlich ein Gutachten abgegeben hat (lit. c). Will eine Partei gestützt auf diese Bestimmung den Ausstand einer Justizperson verlangen, so hat sie bei dem betroffenen Richter o- der bei der zum Entscheid über dessen Ausstand berufenen Instanz ein begründetes Ausstandsbegehren zu stellen, sobald ihr der betreffende Ablehnungsgrund bekanntgeworden ist (Art. 30 Abs. 1 StPO).

  2. ...

  3. Der Beschwerdeführer bringt als Ablehnungsgrund nicht einen der erwähnten, im Gesetz ausdrücklich angeführten Gründe vor, sondern leitet diesen aus der Vorbefassung ab. Wie in E. 2 dargelegt wurde, bildet die Vorbefassung in der vorliegende Konstellation jedoch keinen von Amtes wegen zu beachtenden Ausschliessungsgrund. Trotzdem kann die Vorbefassung allenfalls dann den objektiv begründeten Anschein der Befangenheit und damit eine Ausstandspflicht zur Folge haben, wenn der Richter eine ähnliche qualitativ gleiche Frage bereits geprüft hat und der Ausgang des neuen Verfahrens vorbestimmt erscheint, namentlich wenn er sich über alle wesentlichen Aspekte des dem neuen Verfahren zugrundeliegenden Sachverhalts in

    abschliessender und eindeutiger Weise geäussert und sich in den auch für das zweite Verfahren entscheidenden Fragen bereits festgelegt hat (vgl. dazu den erwähnten Thurgauer Entscheid RBOG 1996 Nr. 34 E. 2b mit Hinweisen, und allgemein Hauser/Schweri, § 96 N. 36, S. 331).

  4. Eine solche Konstellation besteht vorliegend aber offensichtlich nicht. Untersuchungsrichter X. hat am erwähnten Zivilprozess lediglich als Gerichtsschreiber bis zur Hauptverhandlung mitgewirkt. Am Urteil selber war er nicht beteiligt, da er andernfalls bei den Mitwirkenden hätte aufgeführt werden müssen, was nicht der Fall ist. Zu den sich im Rahmen dieses Verfahrens stellenden Fragen und auch zu den Prozessaussichten des Verfahrens musste er sich nicht äussern, und es sind auch keine solchen Äusserungen bekannt. Allfällige interne Äusserungen im Zusammenhang mit der Aktenübergabe sind nicht bekannt und können für die Frage einer Ausstandspflicht im vorliegenden Verfahren auch keine Rolle spielen, da es sich jedenfalls nicht um abschliessende und eindeutige Äusserungen im erwähnten Sinne handeln kann, welche den Ausgang des vorliegenden Verfahrens als nicht mehr offen erscheinen lassen könnten. Dies gilt umso mehr, als im Zivilprozess nicht die Frage des Vorliegens eines betrügerischen Konkurses zu prüfen war, weshalb der Ausgang des vorliegenden Strafverfahrens durch den fraglichen Zivilprozess nicht präjudiziert wird. Vielmehr spielt der Zivilprozess im vorliegenden Strafverfahren aufgrund summarischer Prüfung wohl höchstens insofern eine Rolle, als die Beurteilung der damaligen Prozessaussichten (nicht diejenige des Gerichts, sondern diejenige, welche der Beschwerdeführer pflichtgemäss hätte vornehmen können sollen), für die strafrechtliche Würdigung des Verhaltens des Beschwerdeführers unter Umständen von Bedeutung sein kann, was aber keineswegs gewiss ist.

Das Ablehnungsbegehren des Beschwerdeführers ist daher unbegründet und die Beschwerde auch in diesem Punkt abzuweisen.

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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