Zusammenfassung des Urteils Nr. 51/2007/5: Obergericht
Der Beschwerdeführer hat gegen die Entscheidung des Leiters des Verkehrsstrafamts, die Ungültigkeit des Verzichts auf einen Strafantrag festzustellen, Beschwerde eingelegt. Es wird diskutiert, ob ein aktuelles Interesse an der Klärung der Rechtsfrage besteht, da das Strafverfahren gegen den Beschuldigten eingestellt wurde. Der Beschwerdeführer argumentiert, dass er ein Interesse an der Feststellung der Ungültigkeit des Verzichts hat, insbesondere im Hinblick auf zukünftige zivilrechtliche Auseinandersetzungen. Das Gericht entscheidet jedoch, dass kein rechtlich geschütztes Interesse an einem Beschwerdeentscheid besteht, da die Rechtslage sich für den Beschwerdeführer nicht ändern würde. Die Beschwerde wird daher abgelehnt.
Kanton: | SH |
Fallnummer: | Nr. 51/2007/5 |
Instanz: | Obergericht |
Abteilung: | - |
Datum: | 01.06.2007 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Art. 30 Abs. 5 StGB; Art. 327 Abs. 2 und Art. 328 Abs. 1 StPO. Gültigkeit des Verzichts auf einen Strafantrag; aktuelles Feststellungs- und Anfechtungsinteresse |
Schlagwörter : | Verzicht; Antrag; Verzichts; Verfahren; Interesse; Feststellung; Verzichtserklärung; Feststellungs; Beschuldigte; Körperverletzung; Ungültigkeit; Gültigkeit; Verkehrsstrafamts; Akten; Hinblick; Rechtslage; Beschuldigten; Amtsbericht; Klärung; Leiters; Entfernung; Antrags; Verdachts; Kanton |
Rechtsnorm: | Art. 207 StPO ;Art. 30 StGB ;Art. 328 StPO ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | - |
Veröffentlichung im Amtsbericht
Art. 30 Abs. 5 StGB; Art. 327 Abs. 2 und Art. 328 Abs. 1 StPO. Gültigkeit des Verzichts auf einen Strafantrag; aktuelles Feststellungsund Anfechtungsinteresse (OGE 51/2007/5 vom 1. Juni 2007)Nachdem der Beschuldigte gestorben und das Strafverfahren gegen ihn definitiv eingestellt worden ist, besteht kein aktuelles, rechtlich geschütztes Interesse an der Klärung der Frage mehr, ob der Verzicht auf den Strafantrag mangels Urteilsfähigkeit ungültig sei.
Aus den Erwägungen:
1.- ...
Gegenstand der vorliegenden Beschwerde ist das Schreiben des Leiters des Verkehrsstrafamts ..., mit welchem dieser dem Beschwerdeführer mitteilte, dass eine Entfernung der Verzichtserklärung bezüglich eines Strafantrags wegen fahrlässiger Körperverletzung aus den Akten nicht möglich sei und über die Gültigkeit des Verzichts einstweilen nicht entschieden werden müsse, da von Amts wegen ein Verfahren wegen Verdachts der schweren fahrlässigen Körperverletzung eröffnet worden sei. Der Beschwerdeführer sieht hierin eine Rechtsverweigerung und einen Rechtsmissbrauch. Das erwähnte Schreiben des Leiters des Verkehrsstrafamts ist mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen (Beschwerde nach Art. 327 der Strafprozessordnung für den Kanton Schaffhausen vom 15. Dezember 1986 [StPO, SHR 320.100] an das Obergericht), doch wird im Text darauf hingewiesen, dass die Zulässigkeit der Beschwerde ungewiss sei. Der Beschwerdeführer bringt dagegen vor, er sei durch die Weigerung des Verkehrsstrafamts, die Ungültigkeit des Verzichts auf einen Strafantrag festzustellen, in seinen Rechten betroffen und deshalb zur Beschwerde legitimiert. Da die Verzichtserklärung finanzielle Konsequenzen im zivilrechtlichen Schadenersatzverfahren haben könnte, bestehe ein Anspruch, eine sofortige Ungültigkeit der Verzichtserklärung zu verlangen.
Beim Strafantrag gemäss Art. 30 des Schweizerischen Strafgesetzbuchs vom 21. Dezember 1937 (StGB, SR 311.0; Fassung vom 13. Dezember 2002) handelt es sich um die Willenserklärung der verletzten Person, dass für die angezeigte Handlung die Strafverfolgung stattfinden solle. Soweit Delikte
nur auf Antrag verfolgt werden, handelt es sich beim Strafantrag um eine Prozessvoraussetzung. Eine darüber hinaus gehende Bedeutung, insbesondere eine Wirkung auch für ein Zivilverfahren, kommt dem Strafantrag nicht zu (vgl. dazu Art. 207 StPO und Christof Riedo im Basler Kommentar, Strafgesetzbuch I, Basel/Genf/München 2003, N. 15 ff. vor Art. 28, S. 346 ff., mit weiteren Hinweisen). Nachdem vorliegend aufgrund des Verdachts einer fahrlässigen schweren Körperverletzung von Amts wegen ein Strafverfahren eingeleitet worden ist, stellt sich sowohl hinsichtlich des Anspruchs auf einen Feststellungsentscheid als auch für die Beschwerdelegitimation die Frage, inwiefern an der Klärung der Rechtsfrage, ob der Verzicht auf einen Strafantrag rechtsgültig sei, überhaupt noch ein aktuelles Interesse bestehe, zumal in diesem Fall grundsätzlich kein Antragserfordernis mehr besteht (vgl. zum Erfordernis eines aktuellen schutzwürdigen Interesses für Feststellungsentscheide allgemein Kölz/Bosshart/Röhl, Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, 2. A., Zürich 1999, § 19 N. 58 ff., S. 345 f., insbesondere N. 61, mit weiteren Hinweisen).
Ein aktuelles Interesse an einer entsprechenden Feststellung bestünde im Prinzip lediglich dann, wenn es sich erweisen sollte, dass als Unfallfolge doch nur eine einfache Körperverletzung anzunehmen ist. Die Frage, ob der Verzicht auf den Strafantrag gültig war, kann diesfalls aber grundsätzlich ohne nicht wieder gutzumachenden Nachteil auch noch zu einem späteren Zeitpunkt entschieden werden, zumal sowohl die Verzichtserklärung als auch deren Anfechtung sowie ein rechtzeitig erhobener ausdrücklicher Strafantrag vorliegen. Im Hinblick auf diese Rechtslage besteht für ein Beschwerdeverfahren grundsätzlich auch der Ausschlussgrund von 327 Abs. 2 StPO (zulässiger anderer Rechtsweg), ist doch nicht ersichtlich, weshalb ein allenfalls erst später getroffener Entscheid einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil bewirken könnte (vgl. auch E. 1d). Nachdem inzwischen das Strafverfahren gegen X. zufolge Todes des Beschuldigten aber ohnehin gestützt auf Art. 225 lit. a StPO definitiv eingestellt werden musste, besteht jedenfalls im Hinblick auf ein Strafverfahren kein aktuelles Feststellungsinteresse mehr (...).
Der Beschwerdeführer vertritt allerdings die Auffassung, im Hinblick auf die zivilrechtliche Auseinandersetzung mit der Versicherung des verstorbenen Beschuldigten bestehe durchaus noch ein aktuelles Interesse an der Feststellung der Ungültigkeit des Verzichts auf einen Strafantrag. Worin dieses Interesse konkret bestehen soll bzw. welche Nachteile er bei Fehlen eines Entscheids über die Gültigkeit des Strafantragsverzichts zu gewärtigen hat, tut der Beschwerdeführer allerdings nicht näher dar. Aus objektiver Sicht ist festzuhalten, dass die Frage, ob der Beschwerdeführer auf einen Strafantrag gegen den inzwischen verstorbenen Beschuldigten verzichtet hat, für die zivilrechtliche Auseinandersetzung mit dessen Haftpflichtversicherung wie be-
reits erwähnt (E. 1b) in keiner Weise von Bedeutung ist. Die Haftpflichtversicherung kann aus dem wie sich aus den Akten in genügender Deutlichkeit ergibt ohnehin und mit substanzieller Begründung angefochtenen Verzicht nichts ableiten. Damit aber entfällt auch das nach Art. 327 Abs. 2 bzw. Art. 328 Abs. 1 StPO erforderliche rechtlich geschützte Interesse an einem Beschwerdeentscheid in der vorliegenden Sache, zumal sich die Rechtslage für den Beschwerdeführer dadurch nicht verändern würde. Allfällige rein subjektive psychologische Befürchtungen Auswirkungen vermögen ein genügendes Rechtsschutzinteresse jedenfalls nicht zu begründen. Festzuhalten ist überdies, dass eine Entfernung der Verzichtserklärung aus den Akten, wie sie der Beschwerdeführer ursprünglich beantragt hat, selbst bei feststehender Ungültigkeit des Verzichts nach der hiesigen Praxis nicht möglich wäre (vgl. dazu OGE Nr. 51/2004/22 vom 24. September 2004, E. 2d, Amtsbericht 2004, S. 189 f.).
Auf die Beschwerde ist somit aufgrund der heute gegebenen Rechtslage nicht einzutreten.
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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