E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Urteil Obergericht (SH)

Zusammenfassung des Urteils Nr. 51/2004/10: Obergericht

In dem vorliegenden Fall ging es um eine Beschwerde gegen eine Verfügung im Zusammenhang mit Eheschutz. Der Beklagte forderte mehrfach die Aufhebung der Sistierung des Besuchsrechts, was jedoch abgelehnt wurde. Es wurde festgestellt, dass die Verfügung in Rechtskraft erwachsen ist und die Beschwerde abgewiesen wurde. Der Beklagte wurde mit den Gerichtskosten belastet und sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wurde abgelehnt. Es wurde entschieden, dass der Klägerin keine Parteientschädigung zugesprochen wird. Der Richter war Dr. R. Klopfer.

Urteilsdetails des Kantongerichts Nr. 51/2004/10

Kanton:SH
Fallnummer:Nr. 51/2004/10
Instanz:Obergericht
Abteilung:-
Obergericht Entscheid Nr. 51/2004/10 vom 25.06.2004 (SH)
Datum:25.06.2004
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort: Art. 58 Abs. 1 StGB; Art. 152 und Art. 172 StPO. Strafprozessuale Beschlagnahme bzw. Schliessung eines Geschäftslokals
Schlagwörter : Einziehung; Verfügung; Beschlag; Handlung; Beschlagnahme; Untersuchungsrichter; Recht; Laden; Geschäftslokal; Grundstück; Cannabis; Betriebsschliessung; Untersuchungshaft; Räumlichkeiten; Wohnung; Rechts; Begehung; Siegelung; Liegenschaft; Niklaus; Schmid; ältnismässig
Rechtsnorm:Art. 152 StPO ;Art. 172 StPO ;Art. 188 StPO ;Art. 58 StGB ;Art. 712b ZGB ;
Referenz BGE:114 IV 98;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts Nr. 51/2004/10

Art. 58 Abs. 1 StGB; Art. 152 und Art. 172 StPO. Strafprozessuale Beschlagnahme bzw. Schliessung eines Geschäftslokals (Entscheid des Obergerichts Nr. 51/2004/10 vom 25. Juni 2004 i.S. X.)

Veröffentlichung im Amtsbericht vorgesehen.

Ein nicht als Grundstück im Rechtssinn ausgestaltetes Geschäftslokal, in welchem Cannabis verkauft wird, kann als blosser Teil einer Gesamtliegenschaft nicht strafrechtlich eingezogen und im Hinblick darauf strafprozessual beschlagnahmt werden (E. 2d).

Eine Betriebsschliessung ist strafprozessual nur mit einer Auflage möglich, als Ersatzmassnahme anstelle von Untersuchungshaft wegen Wiederholungsgefahr (E. 2e).

X. betrieb in gemieteten Räumlichkeiten den Y. Shop. Nachdem der Verdacht aufgekommen war, dass darin Cannabis verkauft werde, wurden bei einer Hausdurchsuchung im Laden verschiedene Gegenstände sichergestellt. Nach einer weiteren Hausdurchsuchung in der Wohnung von X. wurde dieser vorübergehend in Untersuchungshaft genommen. Einen guten Monat später verfügte der zuständige Untersuchungsrichter die Beschlagnahme des Ladens. Eine hiegegen gerichtete Beschwerde von X. hiess das Obergericht gut.

Aus den Erwägungen:

2.- Der zuständige Untersuchungsrichter hat die angefochtene Verfügung in Anwendung von Art. 172 ff. der Strafprozessordnung für den Kanton Schaffhausen vom 15. Dezember 1986 (StPO, SHR 320.100) erlassen. Er hat die Beschlagnahme des Y. Shops angeordnet als Gegenstand, der nach den Bestimmungen des Strafrechts der Einziehung unterliegt (Gegenstand, mit welchem strafbare Handlungen begangen wurden bzw. welcher der Begehung strafbarer Handlungen gedient hat). Aus der Begründung der angefochtenen Verfügung geht sodann hervor, dass das Geschäftslokal im Sinne einer Siegelung mittels Beschlagnahme zu schliessen sei.

  1. Gemäss Art. 172 StPO sind Gegenstände, die als Beweismittel dienen können, sowie Gegenstände und Vermögenswerte, die nach den Bestimmun-

    gen des Strafrechts der Einziehung dem Verfall unterliegen, mit Beschlag zu belegen und in amtliche Verwahrung zu nehmen auf andere Weise der unbefugten Verfügung zu entziehen (Abs. 1). Gegenstände Vermögenswerte, die durch eine strafbare Handlung hervorgebracht erlangt worden sind, an mit denen eine strafbare Handlung begangen wurde die zur Begehung einer strafbaren Handlung bestimmt waren, können in jedem Fall beschlagnahmt werden (Abs. 3).

    ...

  2. Der Richter verfügt ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit einer bestimmten Person die Einziehung von Gegenständen, die zur Begehung einer strafbaren Handlung gedient haben bestimmt waren, die durch eine strafbare Handlung hervorgebracht worden sind, wenn diese Gegenstände die Sicherheit von Menschen, die Sittlichkeit die öffentliche Ordnung gefährden (Art. 58 Abs. 1 StGB).

    ...

  3. ...

  4. Als Objekt einer Sicherungseinziehung gemäss Art. 58 Abs. 1 StGB kommt prinzipiell auch ein Grundstück in Frage (BGE 114 IV 98 f. [wo es um die Einziehung eines ganzen Hauses, d.h. einer ganzen Liegenschaft, ging]; Niklaus Schmid in: Niklaus Schmid [Hrsg.], Kommentar Einziehung, Organisiertes Verbrechen, Geldwäscherei, Band I, Zürich 1998, § 1/StGB 58

    N. 22, S. 14, mit Hinweisen; vgl. auch den entsprechenden Hinweis in dem vom Untersuchungsrichteramt eingereichten Vortrag von Renato Walty vom

    12. Dezember 2003, Hanfanbau und Hanfverkauf praktische und rechtliche Probleme bei der Strafverfolgung, lit. C 2b).

    Wohnungen Geschäftslokale sind jedoch nur dann Grundstücke im Rechtssinn, wenn sie als Stockwerkeigentum ausgestaltet sind (Art. 655 Abs. 2 Ziff. 4 i.V.m. Art. 712a Abs. 1 des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs vom

    10. Dezember 1907 [ZGB, SR 210]). Nur dann kann - ungeachtet der konkreten Eigentumsverhältnisse - über deren weiteres Schicksal letztlich eigenständig verfügt werden, wie dies im Anschluss an eine Einziehung zu deren Vollzug erforderlich ist (vgl. die wohl als Eigentumswohnungen zu verstehenden Appartements, als Beispiel für die Einziehung von Wohnungen genannt von Jürg-Beat Ackermann in: Niklaus Schmid [Hrsg.], Kommentar Einziehung, Organisiertes Verbrechen, Geldwäscherei, Band I, Zürich 1998,

    § 5/StGB 305bis N. 538, S. 652, Fn. 1084).

    Der zuständige Untersuchungsrichter weist zwar im Grundsatz zutreffend - darauf hin, dass dann, wenn sich die Gefährlichkeit ausschliesslich aus einzelnen Teilen eines Gegenstands ergibt, nur diese einzuziehen seien (Jörg

    Rehberg, Strafrecht II, 7. A., Zürich 2001, S. 178). Dies gilt jedoch nur, wenn eine Trennung dieser Teile von der Gesamtsache ohne erhebliche Beschädigung und ohne unverhältnismässigen Aufwand möglich ist (BBl 1993 III 306; vgl. Art. 58 Abs. 2 StGB in der bis 31. Juli 1994 geltenden Fassung vom

    22. März 1974 [AS 1974, S. 1893]; vgl. auch Günter Stratenwerth, Schweizerisches Strafrecht, Allgemeiner Teil II, Bern 1989, § 14 N. 33, S. 488 [wonach Beispiele hiezu Seltenheitswert hätten]). Es kann aber kaum noch von einem verhältnismässigen Aufwand gesprochen werden, wenn die fragliche

    (Gesamt-)Liegenschaft vor einer allfälligen Einziehung der zur Diskussion

    stehenden Teile zunächst grundbuchlich zu parzellieren wäre. Im übrigen könnte wohl nicht unbesehen davon ausgegangen werden, dass die einzuziehenden, abzuparzellierenden Teile der Liegenschaft als Gegenstand des entsprechenden spezifischen Sonderrechts geeignet seien (vgl. Art. 712b ZGB). Nach Auffassung des zuständigen Untersuchungsrichters sollen aber gegebenenfalls effektiv die Räumlichkeiten als solche, nicht etwa das daran bestehende mietvertragliche Nutzungsrecht des Beschwerdeführers eingezogen werden. Wie diese Einziehung konkret zu vollziehen wäre, in welcher Form also über das Ladenlokal schliesslich zu verfügen bzw. dieses zu verwerten wäre, ist jedoch nicht ersichtlich (vgl. zu den verschiedenen, hier allerdings letztlich kaum vorstellbaren Verfügungsmöglichkeiten bei der Sicherungseinziehung: Stratenwerth, § 14 N. 34 ff, S. 488 ff.).

    Es ist daher zumindest fraglich, ob der Y. Shop als solcher - d.h. nur die dazugehörigen, vom Beschwerdeführer gemieteten Geschäftsräume als Teil der Gesamtliegenschaft tatsächlich als gefährlicher Gegenstand eingezogen werden könnte.

  5. Die Begründung der angefochtenen Verfügung sowie das Fazit, dass der Shop im Sinne einer Siegelung mittels Beschlagnahme zu schliessen sei, deuten darauf hin, dass gar nicht eine eigentliche Beschlagnahme - d.h. eine Verfügungsbeschränkung im Hinblick auf eine allfällige spätere Einziehung -, sondern nur eine Betriebsschliessung bzw. ein Betriebsverbot beabsichtigt gewesen sei (wobei die Siegelung nicht als Versiegelung von Aufzeichnungen im Sinn von Art. 188 StPO verstanden werden kann); dies mit dem Ziel, die weitere Umsetzung von Cannabis in den fraglichen Räumlichkeiten zu unterbinden, offenbar aber letztlich nicht, um eine effektive spätere Einziehung des Ladenlokals als solche zu sichern.

    ...

    Eine blosse Betriebsschliessung bzw. ein Betriebsverbot ist als eigenständige strafprozessuale Zwangsmassnahme nicht bzw. jedenfalls nicht konkret vorgesehen. Es liesse sich lediglich fragen, ob dem Beschwerdeführer als Ersatzmassnahme anstelle von Untersuchungshaft wegen Wiederholungs-

    gefahr eine formelle Auflage in diesem Sinn hätte erteilt werden können (Art. 152 StPO; vgl. BGE Nr. 1P.317/2000 vom 11. September 2000, E. 3; vgl. auch Walty, lit. C 2a). Diesen Weg hat aber der zuständige Untersuchungsrichter mit der angefochtenen Verfügung nicht gewählt; er hat die entsprechenden Voraussetzungen nicht geprüft. Daher ist auch hier nicht näher darauf einzugehen.

  6. ...

  7. Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass eine Einziehung der vom Beschwerdeführer gemieteten Geschäftsräumlichkeiten im Sinn von Art. 58 Abs. 1 StGB wenn nicht überhaupt unzulässig bzw. unmöglich, so jedenfalls unverhältnismässig wäre. Damit hat aber auch eine ausdrücklich auf eine allfällige spätere Einziehung ausgerichtete bzw. speziell mit dieser Möglichkeit begründete vorläufige Sicherungsmassnahme im Sinn von Art. 172 StPO zu entfallen. Mit dieser spezifischen prozessualen Zwangsmassnahme kann insbesondere auch nicht ein anderer Zweck hier die blosse Ladenschliessung als solche verfolgt werden.

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.