E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Urteil Obergericht (SH)

Zusammenfassung des Urteils Nr. 51/2001/11: Obergericht

Im Privatstrafklageverfahren wegen einer Auseinandersetzung in einem Shuttle-Bus einer Diskothek in Schaffhausen stellte W. Strafantrag gegen J. und G. Das Untersuchungsrichteramt verwies den Fall ins Privatstrafklageverfahren, aber W. zahlte den Vorschuss nicht, weshalb das Kantonsgericht die Verfahren einstellte. W. beschwerte sich beim Obergericht, das die Beschwerde annahm und die Sache zur amtlichen Verfolgung an die Staatsanwaltschaft zurückwies. Es wurde festgestellt, dass ein öffentliches Interesse an der Aufklärung und Verfolgung der Tat bestand, da es sich um einen gewalttätigen Vorfall unter Jugendlichen handelte. Der Einzelrichter wies die Akten mit dem Antrag auf amtliche Verfolgung an die Staatsanwaltschaft zurück, da die Voraussetzungen für das Privatstrafklageverfahren nicht gegeben waren.

Urteilsdetails des Kantongerichts Nr. 51/2001/11

Kanton:SH
Fallnummer:Nr. 51/2001/11
Instanz:Obergericht
Abteilung:-
Obergericht Entscheid Nr. 51/2001/11 vom 21.12.2001 (SH)
Datum:21.12.2001
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort: Art. 295 Abs. 2 lit. a und Art. 304 StPO. Privatstrafklageverfahren; Voraussetzungen
Schlagwörter : Verfahren; Privatstrafklageverfahren; Staatsanwaltschaft; Akten; Obergericht; Einzelrichter; Interesse; Verfolgung; Verweisung; Verfahren; Voraussetzungen; Beurteilung; Schaffhausen; Privatstrafklageverfahrens; Verfahrens; Täter; Verfolgungsbehörden; Antrag; Entscheid; Jugendlichen; Abklärung; Beschwerdeverfahren; Antrag; Shuttle-Bus; Diskothek; Mühlentalstrasse; Vorgehen; Anordnung
Rechtsnorm:Art. 296 StPO ;Art. 304 StPO ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts Nr. 51/2001/11

Art. 295 Abs. 2 lit. a und Art. 304 StPO. Privatstrafklageverfahren; Voraussetzungen (Entscheid des Obergerichts Nr. 51/2001/11 vom 21. Dezember 2001 i.S. W.).

Bei Gewalttätigkeiten unter Jugendlichen in einem Bus, bei denen sich die Beteiligten persönlich nicht kennen, besteht ein öffentliches Interesse an der Abklärung und Beurteilung. Solche Taten sind daher nicht ins Privatstrafklageverfahren zu verweisen; die Akten können allenfalls noch vom Obergericht im Beschwerdeverfahren zur amtlichen Verfolgung an die Staatsanwaltschaft zurückgewiesen werden.

W. stellte gegen J. und G. Strafantrag wegen Tätlichkeiten etc. im Zusammenhang mit einem Vorfall in einem Shuttle-Bus der Diskothek X. auf der Mühlentalstrasse in Schaffhausen. Das Untersuchungsrichteramt verwies die Sache ins Privatstrafklageverfahren. Da W. in der Folge innert angesetzter Frist den Vorschuss für die Verfahrenskosten nicht leistete, stellte der Einzelrichter des Kantonsgerichts die Strafverfahren ein, unter Kostenfolge zulasten des Privatstrafklägers W. Dagegen beschwerte sich W. beim Obergericht. Dieses hiess die Beschwerde gut und wies die Sache zur amtlichen Verfolgung an die Staatsanwaltschaft zurück.

Aus den Erwägungen:

  1. .- Vorab stellt sich die Frage, ob im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für die Durchführung eines Privatstrafklageverfahrens überhaupt gegeben sind. Der Beschwerdeführer rügt dieses Vorgehen zwar nicht direkt; er äussert indes seinen Unmut über den Ablauf des Verfahrens und moniert, dass dadurch die Täter noch geschützt würden. Er sei deshalb nicht bereit gewesen, dafür eine Sicherheitsleistung zu bezahlen und nunmehr noch für die Kosten der Verfahrenseinstellung aufzukommen. Daraus ergibt sich zumindest sinngemäss, dass er auch mit der Anordnung des vorschusspflichtigen Privatstrafklageverfahrens durch die Strafverfolgungsbehörden nicht einverstanden ist.

  2. .- Die Beurteilung von strafbaren Handlungen, die nur auf Antrag verfolgt werden, kann ins Privatstrafklageverfahren verwiesen werden, wenn unter anderem ein öffentliches Interesse an der Abklärung und Beurteilung fehlt, insbesondere wenn die Tat auf besonderen Beziehungen zwischen den Betei-

ligten beruht (Art. 295 Abs. 2 lit. a der Strafprozessordnung für den Kanton Schaffhausen vom 15. Dezember 1986 [StPO, SHR 320.100]). Stimmt die Staatsanwaltschaft zu, erlässt der Untersuchungsrichter eine Verweisungsverfügung und übermittelt die Akten dem Einzelrichter (Art. 296 StPO).

Gemäss Strafantrag und Polizeirapport kam es ... in einem Shuttle-Bus der Diskothek X. auf der Mühlentalstrasse in Schaffhausen zu einer handgreiflichen Auseinandersetzung zwischen dem Beschwerdeführer und J. beziehungsweise G. Diese sollen den Beschwerdeführer ohne nachvollziehbaren Grund tätlich angegriffen haben. Die Kontrahenten waren sich gemäss den vorhandenen Akten persönlich nicht bekannt. Es kann daher nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, es habe sich um eine Auseinandersetzung von untergeordneter Bedeutung gehandelt, die auf besonderen persönlichen Beziehungen zwischen den Beteiligten beruhte. Es handelte sich, sollte sich der Fall tatsächlich so zugetragen haben, vielmehr um einen überfallartigen Angriff von offenbar gewaltbereiten, streitsuchenden Tätern, welcher sich zudem in einem auch von einem weiteren Personenkreis frequentierten Bus abspielte. Ein öffentliches Interesse an der Aufklärung dieses Sachverhalts und gegebenenfalls an der Verfolgung und Bestrafung der Täterschaft ist daher nicht von der Hand zu weisen, zumal es sich offensichtlich um einen geradezu typischen Fall von Gewalttätigkeit unter Jugendlichen handelte. Gerade solche Vorfälle häufen sich in neuerer Zeit und gefährden zunehmend die öffentliche Sicherheit. Sie sind daher nicht mehr als rein private Streitigkeiten zu betrachten und demnach vom Gesetzeszweck her dem Privatstrafklageverfahren auch nicht mehr zugänglich. Selbst bei vordergründig geringfügigen Antragsdelikten haben die Strafverfolgungsbehörden von Amts wegen tätig zu werden, wenn ein öffentliches Interesse an deren Aufklärung nicht zum vornherein auszuschliessen ist.

Laut Art. 304 StPO weist der Einzelrichter die Akten mit dem Antrag auf amtliche Verfolgung an die Staatsanwaltschaft zurück, wenn er die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Verweisung ins Privatstrafklageverfahren für nicht gegeben hält. Beharrt die Staatsanwaltschaft auf der Verweisung, so legt sie die Akten dem Obergericht zum Entscheid vor. Betreffend Rückweisung durch das Obergericht in einem vom Privatstrafkläger angestrengten Beschwerdeverfahren schweigt sich das Gesetz dagegen aus. Sie ist indes praxisgemäss ebenfalls zulässig, wenn der Einzelrichter am Privatstrafklageverfahren zu Unrecht festhielt (vgl. OGE vom 11. September 1992 i.S. H., S. 3 f.). Ein solches Vorgehen steht im übrigen der subsidiären Natur der Beschwerde nicht entgegen. Zwar wäre grundsätzlich bereits die Anordnung des Privatstrafklageverfahrens durch die Strafverfolgungsbehörden anfechtbar,

doch blieb diese Möglichkeit dem Beschwerdeführer mangels Rechtsmittelbelehrung in der Verweisungsverfügung ebenso versagt wie im Verfahren vor dem Einzelrichter. Erweist sich die Beschwerde somit als begründet, sind die angefochtenen Verfügungen unter Rückweisung der Sache an die Staatsanwaltschaft aufzuheben.

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.