Zusammenfassung des Urteils Nr. 40/2008/61°: Obergericht
Der Text behandelt einen Gerichtsentscheid bezüglich der Ausweisung eines Mieters, bei dem auch die Anfechtung der Kündigung und die Verlängerung des Mietverhältnisses geprüft wurden. Der Einzelrichter musste zusätzlich zur Ausweisung auch die Anfechtungs- und Erstreckungsproblematik überprüfen, obwohl er sachlich nicht zuständig war. G. W. hatte das Mietverhältnis wegen Zahlungsrückstands gekündigt und ein Ausweisungsverfahren gegen F. B. und B. H. eingeleitet, die jedoch die Kündigung rechtzeitig angefochten hatten. Der Ausweisungsrichter musste alle Aspekte des Falls umfassend prüfen. Der Rekurs gegen den Entscheid des Ausweisungsrichters erfüllt die bundesrechtlichen Vorgaben, und es besteht kein Grund, die Berufung zuzulassen.
Kanton: | SH |
Fallnummer: | Nr. 40/2008/61° |
Instanz: | Obergericht |
Abteilung: | - |
Datum: | 05.12.2008 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Art. 354 ff. ZPO. Rekurs gegen Ausweisung bzw. Anfechtung der Kündigung |
Schlagwörter : | Ausweisung; Kündigung; Rekurs; Recht; Entscheid; Verfahren; Ausweisungsrichter; Anfechtung; Erstreckung; Ausweisungsverfahren; Rechtsmittel; Kündigungsanfechtung; Bundesrecht; Einzelrichter; Mieter; Bundesrechts; Zahlungsrückstand; Anfechtungs; Erstreckungsproblematik; Richter; Mietverhältnis; Kognition; Rechtskraft; Ausweisungsrichters; Rechtsmittelverfahren |
Rechtsnorm: | Art. 271a OR ;Art. 273 OR ;Art. 274g OR ;Art. 355 ZPO ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | Peter Higi, Zürcher OR, Art. 274 OR, 1996 Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Keine Veröffentlichung im Amtsbericht.
Art. 354 ff. ZPO. Rekurs gegen Ausweisung bzw. Anfechtung der Kündigung (OGB Nr. 40/2008/61 vom 5. Dezember 2008)Der Entscheid betreffend die Ausweisung eines Mieters, in dem der Einzelrichter auch noch die Frage der Anfechtung der Kündigung sowie die Erstreckung des Mietverhältnisses überprüfte, ergeht im summarischen Verfahren. Gegen Ausweisungsverfügungen ist der Rekurs zulässig, mithin auch gegen den erwähnten Entscheid.
Aus den Erwägungen:
1.- ...
Ficht der Mieter eine ausserordentliche Kündigung an und ist ein Ausweisungsverfahren hängig, so entscheidet von Bundesrechts wegen die für die Ausweisung zuständige Behörde auch über die Wirkung der Kündigung, wenn der Vermieter wegen Zahlungsrückstand gekündigt hat (Art. 274g Abs. 1 lit. a des Schweizerischen Obligationenrechts vom 30. März 1911 [OR, SR 220]). Diese Bestimmung verpflichtet den Ausweisungsrichter als an sich sachlich unzuständige Instanz zusätzlich die Anfechtungsund die Erstreckungsproblematik zu überprüfen. Für die Schlichtungsbehörde bzw. den Richter, die nach kantonalem Recht eigentlich zur Behandlung der Anfechtungsbzw. Erstreckungsproblematik berufen wären, hat die Bestimmung demgegenüber die sachliche und funktionelle Unzuständigkeit zur Folge, und zwar von dem Zeitpunkt an, in dem ein Ausweisungsverfahren hängig ist. Keine Rolle spielt dabei, ob das Ausweisungsverfahren vor nach dem Schlichtungsoder Gerichtsverfahren hängig wurde (Peter Higi, Zürcher Kommentar, OR, 4. A., Zürich 1996, Art. 274g N. 30 und 32, S. 526 f.).
G. W. hat das Mietverhältnis wegen Zahlungsrückstands gekündigt und gegen F. B. und B. H. ein Ausweisungsverfahren angestrengt. Diese hatten jedoch die Kündigung inzwischen innert Frist (vgl. Art. 273 Abs. 1 OR) bei der Schlichtungsstelle bzw. beim Kantonsgericht angefochten. Die Verfahren waren daher beim Ausweisungsrichter, mithin beim Einzelrichter im summarischen Verfahren zu vereinigen, was vorliegend auch geschehen ist.
Die Kompetenzattraktion nach Art. 274g OR zeitigt insbesondere zwei Konsequenzen: einerseits hat der Ausweisungsrichter soweit nicht gesetzlich ausgeschlossen (vgl. Art. 271a Abs. 3 OR) - die Kündigungsanfechtung und ein allfälliges Erstreckungsbegehren wie auch das Ausweisungsbegehren mit voller Kognition zu beurteilen. Sein Entscheid ist von Bundesrechts wegen materieller Rechtskraft fähig. Aus diesem Grund hat der Richter anderseits die Verfahren auch in tatsächlicher Hinsicht umfassend zu prüfen. Hieraus kann jedoch noch nicht geschlossen werden, dass gegen den Entscheid des Ausweisungsrichters, der gleichzeitig über die Kündigungsanfechtung zu entscheiden hat, im kantonalen Rechtsmittelverfahren die Berufung anstelle des Rekurses zulässig sei. Das Bundesrecht setzt jedenfalls voraus, dass das kantonale Rechtsmittel Devolutivund Suspensivwirkung hat, letzteres im Sinn einer Hemmung der Rechtskraft und in der Regel auch der Vollstreckbarkeit. Der nach der Schaffhauser Zivilprozessordnung als ordentliches Rechtsmittel ausgestaltete Rekurs erfüllt beide Voraussetzungen, wobei ihm allerdings im Summarverfahren die Suspensivwirkung erst beigelegt werden muss (Art. 356 Abs. 2 der Zivilprozessordnung für den Kanton Schaffhausen vom 3. September 1951 [ZPO, SHR 273.100]). Zudem können auch mit dem Rekurs alle Mängel des Verfahrens und des Entscheids gerügt werden (Art. 355 ZPO); das Obergericht hat daher volle Kognition. Mithin erfüllt der Rekurs die bundesrechtlichen Vorgaben, und es besteht kein Grund, gegen den Entscheid des Ausweisungsrichters, der gleichzeitig über die Kündigungsanfechtung zu entscheiden hat, im kantonalen Rechtsmittelverfahren anstelle des Rekurses die Berufung zuzulassen (OGE 40/2007/22 vom 26. Oktober 2007, E. 1b mit Hinweis).
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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