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Urteil Obergericht (SH)

Zusammenfassung des Urteils Nr. 40/2005/2°: Obergericht

Der Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich betrifft eine Beschwerde im Zusammenhang mit Eheschutz und Prozesskostenvorschuss. Die Klägerin und Beschwerdeführerin war vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. X, während der Beklagte und Beschwerdegegner von Rechtsanwältin lic. iur. Y vertreten wurde. Das Beschwerdeverfahren mit der Geschäfts-Nr. RE110007 wurde mit dem Berufungsverfahren Geschäfts-Nr. LE110020 vereinigt und als erledigt abgeschrieben. Der Beschluss wurde am 1. Oktober 2011 vom Obergericht des Kantons Zürich gefällt.

Urteilsdetails des Kantongerichts Nr. 40/2005/2°

Kanton:SH
Fallnummer:Nr. 40/2005/2°
Instanz:Obergericht
Abteilung:-
Obergericht Entscheid Nr. 40/2005/2° vom 18.03.2005 (SH)
Datum:18.03.2005
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort: Art. 29 Abs. 2 BV; Art. 3 und Art. 5 BGBM; Art. 2 und Art. 3Art. 127 Abs. 1 ZPO. Unentgeltliche Rechtspflege im Verfahren der Ehescheidung auf gemeinsames Begehren; Prozessaussichten; Beschwerde
Schlagwörter : Recht; Rekurrentin; Begehren; Ehescheidung; Beschwer; Rechtspflege; Entscheid; Vertretung; Scheidung; Rechtsmittel; Verfahren; Prozessentschädigung; Anträge; Gewährung; Kanton; Gesuch; Kantonsgericht; Ehemann; Rekurs; Dispositiv; Entscheidung; Prozessaussichten; Vereinbarung; Scheidungsfolgen; Ehefrau; Obergericht; Staat; Erfolgsaussichten; ürftig
Rechtsnorm:Art. 127 ZPO ;
Referenz BGE:122 I 7; 129 I 136;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts Nr. 40/2005/2°

Art. 127 Abs. 1 ZPO. Unentgeltliche Rechtspflege im Verfahren der Ehescheidung auf gemeinsames Begehren; Prozessaussichten; Beschwer (O- GE 40/2005/2 vom 18. März 2005)

Keine Veröffentlichung im Amtsbericht.

Wird einer Partei eine Prozessentschädigung zugesprochen, ihr Gesuch um unentgeltliche Vertretung aber abgewiesen, so ist sie beschwert; die Beschwer hängt nicht davon ab, dass die entschädigungspflichtige Partei bereits erfolglos betrieben worden ist (E. 1c).

Die Prozessaussichten beurteilen sich nach den Verhältnissen zur Zeit der Stellung des Gesuchs um unentgeltliche Rechtspflege. Dies auch dann, wenn auf ein gemeinsames Begehren auf Ehescheidung mangels Vereinbarung über die Scheidungsfolgen mangels Anträgen zu den Scheidungsfolgen letztlich nicht eingetreten wird (E. 2a).

Die Eheleute H. reichten beim Kantonsgericht das gemeinsame Begehren auf Ehescheidung ein. Das Gericht setzte ihnen hierauf Frist, um eine Vereinbarung über die Nebenfolgen der Scheidung Anträge zu den Scheidungsfolgen einzureichen, mit der Androhung, dass im Säumnisfall auf das gemeinsame Scheidungsbegehren nicht eingetreten würde. Die Ehefrau reichte in der Folge Anträge ein; sie ersuchte sodann um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. Der Ehemann liess sich dagegen nicht vernehmen. Das Kantonsgericht trat daher auf das gemeinsame Begehren auf Ehescheidung nicht ein; das Begehren der Ehefrau um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege wies es ab. Die Ehefrau rekurrierte ans Obergericht und beantragte, ihr die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren. Das Obergericht hiess den Rekurs gut, soweit darauf einzutreten war.

Aus den Erwägungen:

  1. .- ...

    Die Rekurrentin beantragte vor Vorinstanz die unentgeltliche Rechtspflege. In der angefochtenen Verfügung wies das Kantonsgericht dieses Begehren ab. Gleichzeitig auferlegte es H. die Verfahrenskosten und verpflichtete diesen, die Rekurrentin prozessual zu entschädigen. In dieser Situation ist

    zunächst zu prüfen, ob auf den Rekurs, mit dem die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege verlangt wird, eingetreten werden kann.

    1. Anfechtbar ist das Dispositiv des angefochtenen Entscheids, das heisst der Entscheid in der Hauptsache und ein damit verbundenes Kostendispositiv. Die Anfechtbarkeit setzt unter anderem voraus, dass der Rechtsmittelkläger geltend macht, die angefochtene Entscheidung sei fehlerhaft und er sei deshalb beschwert. Beschwert ist eine Partei, die durch das Dispositiv des angefochtenen Entscheids nicht nur teilweise zugesprochen erhält, was sie vor der Erstinstanz erkennbar hatte erreichen wollen (sogenannte formelle Beschwer). Grundsätzlich stellt das Bundesgericht auf die formelle Beschwer ab. Aber daneben fordert es auch eine materielle Beschwer, das heisst, nach einem allgemeinen Grundsatz kann ein Rechtsmittel nur einlegen, wer durch die angefochtene Entscheidung in seinen Rechten betroffen wird. Wenn eine Entscheidung eigene Rechte Interessen des Rechtsmittelklägers nicht beeinträchtigt, liegt im allgemeinen keine die Inanspruchnahme der Rechtsmittelinstanz rechtfertigende Beschwer vor. So beschweren Dispositive nicht, soweit sie eine Entscheidung des Richters, die sich zum Nachteil des Anfechtenden auswirken könnte, nicht enthalten (Ernst Hägi, Die Beschwer als Rechtsmittelvoraussetzung im schweizerischen und im deutschen Zivilprozessrecht, Diss. Zürich 1975, S. 124).

    2. ...

    3. In Bezug auf die Prozessentschädigung ist ... davon auszugehen, dass die Rekurrentin beschwert ist: Der unentgeltliche Vertreter wird für seinen berechtigten Aufwand aus der Staatskasse mit Fr. 160.pro Stunde zuzüglich notwendige Barauslagen und Mehrwertsteuer entschädigt. Die entschädigungspflichtige Gegenpartei hat diesfalls die Entschädigung an die Staatskasse zu bezahlen (§ 3 Abs. 1 und 3 der Verordnung des Obergerichts über die Bemessung des Honorars der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte vom

    16. August 2002 [HV, SHR 173.811]). Das Risiko der Unerhältlichkeit der zugesprochenen Prozessentschädigung trägt mithin nicht die obsiegende Partei, sondern der Staat. Vorliegend trägt die Rekurrentin jedoch dieses Risiko. Sollte die zugesprochene Prozessentschädigung von H. nicht erhältlich sein, hätte die Rekurrentin letztlich die Kosten ihres Vertreters zu tragen. In diesem Sinn könnte sich die angefochtene Verfügung durchaus zum Nachteil der Rekurrentin auswirken, weshalb deren Dispositiv sie beschwert. Insbesondere kann entgegen der Auffassung der Vorinstanz - die Bejahung der Beschwer nicht davon abhängen, dass bereits eine erfolglose Betreibung durchgeführt wurde. Wenn dem so wäre, würde die Rechtsmittelfrist regelmässig verpasst.

    Demnach ist auf den Rekurs einzutreten, soweit er die Prozessentschädigung bzw. die unentgeltliche Vertretung betrifft.

  2. .- Voraussetzung für die Gewährung der unentgeltlichen Vertretung ist neben der Bedürftigkeit des Ansprechers, dass das Verfahren nicht zum vornherein als mutwillig aussichtslos erscheint (Art. 127 Abs. 1 der Zivilprozessordnung für den Kanton Schaffhausen vom 3. September 1951 [ZPO, SHR 273.100]). Zudem muss sich die Vertretung als notwendig erweisen.

  1. Als aussichtslos sind Rechtsbegehren zu betrachten, wenn die Gewinnaussichten beträchtlich geringer sind als die Verlustgefahren und erstere daher kaum als ernsthaft bezeichnet werden können. Massgegend ist, ob eine Person, die über die nötigen Mittel verfügt, sich bei vernünftiger Überlegung zu einem Prozess entscheiden davon absehen würde. Für die Beurteilung der Prozessaussichten sind die Akten und die Standpunkte der Parteien lediglich summarisch zu prüfen, ohne dass dadurch der Entscheid in der Sache selbst präjudiziert würde. Ob im Einzelfall genügende Erfolgsaussichten bestehen, beurteilt sich nach den Verhältnissen zur Zeit, zu der das Gesuch gestellt wird (BGE 129 I 136 E. 2.3.1, 128 I 236 E. 2.5.3).

    Am 23. August 2004 reichten die Rekurrentin und ihr Ehemann das gemeinsame Begehren auf Ehescheidung ein. Mit Schreiben vom 7. September 2004 forderte das Kantonsgericht die beiden auf, bis 4. Oktober 2004 eine Vereinbarung über die Nebenfolgen der Scheidung Anträge zu den Folgen der Ehescheidung einzureichen. Die Rekurrentin beauftragte in der Folge einen Rechtsanwalt. Dieser beantragte am 23. September 2004 die Erstreckung der am 4. Oktober 2004 ablaufenden Frist um 20 Tage. Gleichzeitig ersuchte er um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. In diesem Zeitpunkt waren die Erfolgsaussichten des gemeinsamen Begehrens auf Ehescheidung aber durchaus intakt und es bestanden auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass sich der Ehemann der Rekurrentin nicht vernehmen lassen würde. Zur Zeit der Gesuchseinreichung erschien somit das Verfahren nicht zum vornherein als aussichtslos. Daran ändert nichts, dass in der Folge mangels Anträgen des Ehemanns der Rekurrentin auf das gemeinsame Begehren auf Ehescheidung nicht eingetreten werden konnte. Anders entscheiden hiesse, dass der Rekurrentin die unentgeltliche Vertretung nach erkennbar gewordenem Verlust der Erfolgsaussichten unzulässigerweise rückwirkend entzogen würde (vgl. BGE 122 I 7 E. 4a, 101 Ia 37 E. 2).

  2. Gemäss dem im Recht liegenden Bedürftigkeitszeugnis ... ist die Rekurrentin offensichtlich bedürftig. Zudem erwies sich die rechtskundige Vertretung als notwendig.

Unter den gegebenen Umständen erscheint es gerechtfertigt, der Rekurrentin für das kantonsgerichtliche Verfahren betreffend Ehescheidung auf gemeinsames Begehren die unentgeltliche Vertretung zu gewähren. Der Rekurs erweist sich in diesem Punkt als begründet, er ist insoweit gutzuheissen.

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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