Zusammenfassung des Urteils Nr. 40/2001/10: Obergericht
K. führt einen Prozess gegen eine Lebensversicherungsgesellschaft vor dem Kantonsgericht Schaffhausen. Ein Gutachten wurde als Beweismittel verwendet, und die Vorinstanz schlug einen Gutachter vor. K. lehnte den vorgeschlagenen Gutachter ab, da dieser bereits in einem anderen Verfahren ein Gutachten über ihn erstellt hatte, das nicht im aktuellen Verfahren relevant war. Das Kantonsgericht wies den Ablehnungsantrag ab, aber K. legte Rekurs beim Obergericht ein, das den Rekurs ebenfalls ablehnte. Der vorgeschlagene Gutachter wurde schliesslich ernannt, da er gemäss den Bestimmungen des Zivilprozessrechts Einsicht in die erforderlichen Akten hatte und mit den Parteien in Kontakt treten durfte. Der Ablehnungsgrund von K. wurde als unbegründet angesehen, da der Gutachter die notwendigen Informationen für seinen Auftrag einsehen durfte.
Kanton: | SH |
Fallnummer: | Nr. 40/2001/10 |
Instanz: | Obergericht |
Abteilung: | - |
Datum: | 14.09.2001 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Art. 13 Ziff. 4, Art. 221 Abs. 2 und Art. 224 ZPO. Ablehnung eines Sachverständigen |
Schlagwörter : | Gutachten; Gutachter; Beweis; Kanton; Experte; Akten; Rekurrent; Verfahren; Zivilprozess; Ablehnung; Quellenmaterial; Rekurs; Rekurrenten; Kantons; Parteien; Sachverständigen; Beweismittel; Schaffhausen; Vorinstanz; Verfahrens; Zivilprozessordnung; Einsicht; Gutachtens; Behauptungsverfahren; Bestandteil; Kantonsgericht; Obergericht |
Rechtsnorm: | Art. 224 ZPO ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | Bühler, Frank, Schweizer, Kommentar zur aargauischen Zivilprozessordnung, 1998 Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Das Quellenmaterial, auf das sich ein Gutachten stützt, ist ebenfalls Bestandteil der Akten, wenn das Gutachten als Beweismittel abgenommen wurde. Der Umstand, dass es vom vorgesehenen Gutachter in einem andern Prozess erhoben wurde, ist kein Grund für dessen Ablehnung als Sachverständigen.
K. führt vor dem Kantonsgericht Schaffhausen einen Prozess gegen eine Lebensversicherungsgesellschaft betreffend Taggeldleistungen. Dabei wurde unter anderem ein Gutachten sowohl als Beweisals auch als Gegenbeweismittel abgenommen. Gleichzeitig schlug die Vorinstanz einen Gutachter vor.
K. erhob Einwendungen gegen den vorgeschlagenen Gutachter. Das Kantonsgericht wies den Ablehnungsantrag ab und ernannte den vorgeschlagenen Gutachter. Dagegen erhob K. Rekurs ans Obergericht. Dieses wies den Rekurs ab.
Aus den Erwägungen:
2.a) Der Rekurrent macht im wesentlichen geltend, er lehne Dr. med.
M. weder wegen seiner Persönlichkeit noch wegen mangelnder fachlicher Qualifikation ab. Er beanstande lediglich, dass der bestellte Gutachter bereits in einem anderen Verfahren mit einer ganz anderen Fragestellung über ihn ein Gutachten erstellt habe, bei der er Material verwertete, dessen Verwertung im vorliegenden Fall nicht zulässig sei. Im Rahmen eines Strafverfahrens habe Dr. med. M. die Erkrankungen des Rekurrenten zu verschiedenen Epochen umfassend dokumentiert und dieses Quellenmaterial in seinem damaligen Gutachten ausgewertet. Dieses Quellenmaterial stehe aber im vorliegenden Verfahren nicht zur Verfügung, weil es sich nicht an den Akten befinde und von der Rekursgegnerin nicht zum Beweis verstellt worden sei. Dr. med. M. komme somit als Gutachter nicht in Frage, weil er Kenntnis vom umfassenden Quellenmaterial habe, das nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sei und auch nicht über den Umweg eines Gutachtensauftrags in das Verfahren einfliessen dürfe.
b) Zunächst ist festzuhalten, dass der vom Rekurrenten angeführte Ablehnungsgrund von Art. 13 Ziff. 4 i.V.m. Art. 221 Abs. 2 der Zivilprozessordnung für den Kanton Schaffhausen vom 3. September 1951 (ZPO, SHR 273.100) grundsätzlich nur dann zum Zuge kommt, wenn der vorgesehene Experte in der konkreten Streitsache bereits ein Gutachten abgegeben hat, was vorliegend unbestrittenermassen nicht der Fall ist (vgl. zur Auslegung von Art. 13 Ziff. 4 ZPO auch Hauser/Hauser, Erläuterungen zum Gerichtsverfassungsgesetz des Kantons Zürich vom 29. Januar 1911, Zürich 1978, § 113 Ziff. 3, S. 397, zur entsprechenden Bestimmung des Kantons Zürich, welche als Vorbild diente).
Die Bedenken des Rekurrenten sind aber auch von der Sache her nicht begründet. Dem Sachverständigen ist Einsicht in die zur Ausführung seines Auftrags erforderlichen Akten zu gewähren (vgl. Art. 224 ZPO). Soweit der Experte aufgrund des Gutachtensauftrags ausdrücklich stillschweigend dazu ermächtigt ist, kann er mit den Parteien in direkten Kontakt treten, eigene Erhebungen vornehmen und Hilfspersonen beiziehen. Im übrigen hat er mit Hilfe des Richters die Beweise nach den Regeln des Beweisverfahrens zu erheben (Annette Dolge, Der Zivilprozess im Kanton Schaffhausen im erstinstanzlichen ordentlichen Verfahren, Diss. Zürich 2001, S. 283; Frank/Sträuli/Messmer, Kommentar zur zürcherischen Zivilprozessordnung, 3. A., Zürich 1997, § 176 N. 1, S. 521).
Der Gutachter Dr. med. M. wurde im angefochtenen Beschluss ausdrücklich ermächtigt, mit den Parteien direkt zu verkehren und die notwendigen Untersuchungen vorzunehmen und in die vorliegenden Akten Einsicht zu nehmen. Das Gutachten von Dr. med. M. ..., welches dieser im Rahmen eines Strafverfahrens den Rekurrenten betreffend erstattete, wurde von der Vorinstanz als Beweismittel abgenommen, ist somit Bestandteil der Akten und kann vom nunmehr bestellten Experten sei es nun Dr. med. M. jemand anderer eingesehen werden. Selbstredend besteht damit auch Einsicht in die ärztlichen Berichte, auf die sich dieses Gutachten stützt, kann doch ein Gutachten nicht isoliert davon betrachtet werden. Keine Rolle spielt dabei, dass diese ärztlichen Berichte von der Rekursgegnerin nicht ausdrücklich als Beweismittel angerufen worden sind. Grundsätzlich entbindet ein Beweisantrag auf Erstattung eines Gutachtens die Parteien zwar nicht von ihrer Pflicht zur Einreichung der nötigen Unterlagen. Jedoch führt dies nicht dazu, dass sich der Gutachter auf die im Behauptungsverfahren genannten Schriftstücke zu beschränken hat. Der Antrag auf Erstattung einer Expertise ist prozessual ausreichend, ohne dass jedes Dokument, das der Experte für seine Arbeit kennen muss, bereits im Behauptungsverfahren namentlich zu nennen ist. Oftmals ist
es ja auch so, dass die Parteien gar nicht voraussehen können, welche Dokumente der Experte für seine Arbeit überhaupt benötigt. Ebenso können im Rahmen einer beantragten Begutachtung vom Experten Auskunftspersonen befragt werden, die im Behauptungsverfahren nie namentlich genannt worden sind (Bühler/Edelmann/Killer, Kommentar zur aargauischen Zivilprozessordnung, 2. A., Aarau/Frankfurt am Main/Salzburg 1998, § 257 N. 5, S. 509; vgl. auch Max Guldener, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 3. A., Zürich 1979,
S. 350). Damit ist aber nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz Dr. med. M. als Gutachter ernannt hat.
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