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Urteil Obergericht (SH)

Zusammenfassung des Urteils Nr. 10/2003/10: Obergericht

Der Beschuldigte wurde für die qualifizierte Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz schuldig befunden und zu einer Freiheitsstrafe von 13 Monaten verurteilt, von denen 130 Tage durch Haft erstanden sind, sowie zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu Fr. 30.-. Die Probezeit wurde auf zwei Jahre festgesetzt. Das Obergericht des Kantons Zürich hat das Urteil gefällt. Die Gerichtskosten belaufen sich auf Fr. 3'000.00. Der Beschuldigte ist männlich.

Urteilsdetails des Kantongerichts Nr. 10/2003/10

Kanton:SH
Fallnummer:Nr. 10/2003/10
Instanz:Obergericht
Abteilung:-
Obergericht Entscheid Nr. 10/2003/10 vom 27.10.2006 (SH)
Datum:27.10.2006
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort: Art. 328 Abs. 1 ZGB. Verwandtenunterstützung; günstige Verhältnisse der pflichtigen Person
Schlagwörter : Verhältnisse; Lebens; Recht; Verwandte; Beklagten; Lebensführung; Verwandten; Unterstützung; Verhältnissen; Notbedarf; Richtlinien; Existenzminimum; Koller; Person; Beeinträchtigung; Verwandtenunterstützung; Auslagen; Linie; Kanton; Kantonsgericht; SKOS-Richtlinien; Wohlstand
Rechtsnorm:Art. 328 ZGB ;Art. 329 ZGB ;
Referenz BGE:132 III 105; 132 III 99; 73 II 142; 82 II 200; 82 II 202;
Kommentar:
Koller, Thomas, Basler Kommentar Zivilgesetzbuch I, Art. 328 ZGB, 2006
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017

Entscheid des Kantongerichts Nr. 10/2003/10

Art. 328 Abs. 1 ZGB. Verwandtenunterstützung; günstige Verhältnisse der pflichtigen Person (OGE 10/2003/10 vom 27. Oktober 2006)1

Veröffentlichung im Amtsbericht

In günstigen Verhältnissen lebt, wer die Unterstützungsbeiträge ohne wesentliche Beeinträchtigung einer wohlhabenden Lebensführung aufbringen kann und über Mittel verfügt, welche den erweiterten Notbedarf beträchtlich überschreiten. Dazu genügt es nicht, dass der unterstützungspflichtigen Person wie noch nach früherem Recht ein 20 % über dem erweiterten betreibungsrechtlichen Existenzminimum liegender Betrag verbleibt. Eine starre Formel lässt sich jedoch beim erforderlichen Ermessensentscheid nicht aufstellen (E. 2f).

Zu einer wohlhabenden Lebensführung gehören beispielsweise auch die zusätzliche Miete eines Bastelraums und die Spitalzusatzversicherung. Der unterstützungspflichtigen Person ist sodann zuzugestehen, dass sie ungeachtet der allfälligen Verwandtenunterstützung für Ernährung, Kleidung, Wohnungsrichtung, Gesundheitspflege, Freizeit und Ferien etc. deutlich mehr als unbedingt nötig aufwenden und überdies eine angemessene Vorsorge aufbauen kann (E. 2h bb).

Als Unterstützungsbeitrag ist in der Regel höchstens die Hälfte der Differenz zwischen den anrechenbaren Einnahmen und den für eine wohlhabende Lebensführung anrechenbaren Auslagen festzusetzen (E. 2h cc).

A. reiste 1995 in die Schweiz ein. Seit 1998 befand sie sich im Altersheim. Ihre Wohngemeinde B. kam seither für das Manko aus ihrem Renteneinkommen und den monatlichen Leistungen der Krankenkasse an die Pflegekosten gegenüber dem höheren Notbedarf auf. Seit Juni 2005 konnte A. aufgrund ihres nunmehrigen Anspruchs auf Ergänzungsleistungen ihren Notbedarf aus eigenen Mitteln bestreiten.

Im März 2000 erhob die Gemeinde B. gegen A.s Sohn C. beim Kantonsgericht Klage auf Verwandtenunterstützung für die Zeit ab März 1999. Das Kantonsgericht hiess die Klage 2003 im geltend gemachten Umfang gut. Eine hiegegen gerichtete Berufung von C. hiess das Obergericht teilweise gut.

1 Eine Berufung gegen dieses Urteil wies das Bundesgericht am 22. Juni 2007 ab (Verfahren 5C.299/2006).

Aus den Erwägungen:

2.- Wer in günstigen Verhältnissen lebt, ist verpflichtet, Verwandte in aufund absteigender Linie zu unterstützen, die ohne diesen Beistand in Not geraten würden (Art. 328 Abs. 1 des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs vom

  1. Dezember 1907 [ZGB, SR 210] in der seit 1. Januar 2000 geltenden Fassung vom 26. Juni 1998; in der früheren Fassung wurden noch keine günstigen Verhältnisse der unterstützungspflichtigen Verwandten in gerader Linie vorausgesetzt). ...

    ...

    1. Es fragt sich ..., ob und inwieweit der Beklagte leistungsfähig sei. Seine Leistungsfähigkeit ist zum einen Anspruchsvoraussetzung (seit 1. Januar 2000: Erfordernis der günstigen Verhältnisse; Art. 328 Abs. 1 ZGB); zum andern bestimmt sie den Umfang der geschuldeten Unterstützung (den Verhältnissen angemessene Leistung; Art. 329 Abs. 1 ZGB; BGE 132 III 105

      E. 3.2).

      Bei der Prüfung der Leistungsfähigkeit hat das Kantonsgericht dem Beklagten einen um die Steuern erweiterten und um 20 % erhöhten Notbedarf ... zugestanden ...

      Der Beklagte errechnet dagegen einen [höheren] erweiterten Notbedarf ... Er beansprucht im übrigen einen Zuschlag um mindestens 30 % ...; daher könne nicht von günstigen Verhältnissen im Sinn von Art. 328 Abs. 1 ZGB ausgegangen werden

    2. In günstigen Verhältnissen im Sinn von Art. 328 Abs. 1 ZGB lebt, wer die fraglichen Unterstützungsbeiträge ohne wesentliche Beeinträchtigung einer wohlhabenden Lebensführung aufbringen kann und über Mittel verfügt, welche den erweiterten Notbedarf beträchtlich überschreiten (Cyril Hegnauer, Grundriss des Kindesrechts, 5. A., Bern 1999, Rz. 29.11, S. 241). Es rechtfertigt sich, diesbezüglich grundsätzlich die restriktive Rechtsprechung zur früheren Geschwisterunterstützungspflicht auf die nach heutigem Recht allein noch unterstützungspflichtigen Verwandten der geraden Linie zu übertragen. Dementsprechend können günstige Verhältnisse nicht entsprechend der Praxis zur früheren Rechtslage bei Verwandten in gerader Linie bereits dann angenommen werden, wenn dem Pflichtigen ein 20 % über dem erweiterten betreibungsrechtlichen Existenzminimum liegender Betrag verbleibt (Thomas Koller im Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch I, 3. A., Basel/Genf/München 2006, Art. 328/329 N. 15b, S. 1691, mit Hinweisen).

      Die Klägerin hat ... auf die übungsgemäss beigezogenen Richtlinien für die Ausgestaltung und Bemessung der Sozialhilfe der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (SKOS-Richtlinien) verwiesen. Unter dem heutigen Recht kann aber jedenfalls nicht bereits bei derart tiefen Grenzwerten, wie in den SKOS-Richtlinien vorgeschlagen, eine Beitragspflicht geprüft werden; von günstigen Verhältnissen kann bei dem in den Richtlinien genannten, nach Inkrafttreten der Gesetzesrevision vom 26. Juni 1998 nicht angepassten steuerbaren Mindesteinkommen von Fr. 60'000.- (Alleinstehende) bzw. Fr. 80'000.- (Verheiratete) noch keine Rede sein. Insgesamt auch bei der vorgeschlagenen Berechnungsweise orientieren sich die SKOS-Richtlinien zu stark am früher geltenden Rechtszustand. Im heutigen Recht ist daher bei ihrer Anwendung Zurückhaltung geboten (Koller, Art. 328/329 N. 17a, S. 1693).

      Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung befindet sich jemand im Wohlstand, wenn es ihm seine Mittel erlauben, nicht bloss die zur Fristung des Lebens unbedingt notwendigen Auslagen zu bestreiten und einigermassen für die Zukunft zu sorgen, sondern auch in erheblichem Mass Aufwendungen zu machen, die dazu dienen, das Leben angenehmer zu gestalten. Eine starre Formel lässt sich beim erforderlichen Ermessensentscheid nicht aufstellen. Insbesondere kann auch nicht etwa generell gesagt werden wie dies offenbar der seinerzeitigen Praxis im Kanton Bern entsprach -, dass die günstigen Verhältnisse dann beginnen, wenn das Nettoeinkommen den um 50-100 % erhöhten betreibungsrechtlichen Notbedarf übersteigt (BGE 82 II 200 f. E. 2 und 3). Massgebend ist im übrigen nur, ob die Verhältnisse dem potentiell Pflichtigen grundsätzlich ein Leben im Wohlstand erlauben, nicht aber, ob er tatsächlich ein entsprechendes Leben führt. Finanziell gut gestellte Personen mit bescheidener Lebenshaltung dürfen nicht schlechter gestellt werden als Personen, die ihre Mittel für einen aufwendigen Lebensstil ausgeben. Angesichts dessen ist auch selbstgeäufnetes Vermögen nur zurückhaltend zu berücksichtigen (BGE 73 II 142 ff.; Koller, Art. 328/329 N. 15c, S. 1691 f.).

      Soweit das Kantonsgericht in diesem Zusammenhang die Voraussetzungen der Unterstützungspflicht von Verwandten in gerader Linie nach früherem Recht anspricht (vgl. angefochtenes Urteil ..., mit Hinweis auf die generelle Berücksichtigung und allfällige Angreifung des Vermögens [vgl. dazu noch BGE 5C.209/1999 vom 6. Januar 2000, E. 5a, mit Hinweis unter anderem auf dieselben älteren Bundesgerichtsurteile] sowie auf die massgebliche Beeinträchtigung der bisherigen Lebensführung [mit Zitat von Hausheer/Spycher/Kocher/Brunner, Handbuch des Unterhaltsrechts, Bern 1997, Rz. 07.60, S. 411, zur früheren Rechtslage]), ist dies demnach zu relativieren. Die weniger restriktiven Voraussetzungen des früheren Rechts sind nur für den Unterstützungsanspruch bis Ende 1999 massgeblich. Für die Zeit ab

      1. Januar 2000 ist dagegen zu prüfen, ob der Beklagte nicht nur im Sinn der Rechtsprechung im Wohlstand lebt (grundsätzliche Anspruchsvoraussetzung der günstigen Verhältnisse), sondern ob und inwieweit er gegebenenfalls auch ohne wesentliche Beeinträchtigung einer wohlhabenden Lebensführung in der Lage ist bzw. bis Ende Mai 2005 war, Unterstützungsleistungen für seine Mutter zu erbringen (vgl. zur übergangsrechtlichen Situation Koller, Art. 328/329 N. 31a, S. 1698).

    3. [Für die Zeit bis Ende 1999 ist der geltend gemachte Betrag gemäss damaliger Rechtsklage den seinerzeitigen finanziellen Verhältnissen des Beklagten angemessen.]

    4. Für die Zeit ab 1. Januar 2000 ist die Leistungsfähigkeit des Beklagten wie erwähnt - nach neuem Recht zu beurteilen.

aa) [Feststellung des Einkommens]

bb) [Feststellung des betreibungsrechtlichen Existenzminimums unter zusätzlichem Einbezug der Steuern]

Angesichts des Massstabs der günstigen Verhältnisse kann bei der Bedarfsrechnung des Beklagten ab 2000 nicht mehr unbesehen vom eigentlichen betreibungsrechtlichen Existenzminimum ausgegangen werden. Es rechtfertigt sich, in einer zusätzlichen Erweiterung zum vornherein auch regelmässige Auslagen einzubeziehen, die ohne weiteres zu einer wohlhabenden Lebensführung gehören. Darunter fallen jedenfalls die zusätzliche Miete eines Bastelraums und die Spitalzusatzversicherung. Auch ist es nicht mehr angezeigt, die Kosten für Telefon, Radio und TV im Sinn eines blossen Minimalbedarfs dem Grundbetrag zuzurechnen; diese Auslagen sind vielmehr zusätzlich zu berücksichtigen. ...

[Der monatliche, im genannten Sinn erweiterten Basisaufwand des Beklagten betrug 2000-2005 rund Fr. 6'200.bis Fr. 6'500.im Monat.]

Damit allein ist jedoch ein Leben im Wohlstand noch keineswegs gewährleistet. Auch wenn hiefür wie erwähnt keine starre Formel aufgestellt werden kann, genügt jedenfalls ein Zuschlag von 20 % zum erweiterten Existenzminimum nicht (oben, lit. f). Es ist dem Beklagten zuzugestehen, dass er grundsätzlich ungeachtet der allfälligen Verwandtenunterstützung generell für Ernährung, Kleidung, Wohnungsrichtung, Gesundheitspflege, Freizeit und Ferien etc. deutlich mehr als unbedingt nötig aufwenden und überdies eine angemessene Vorsorge aufbauen kann (vgl. BGE 82 II 202 f. E. 4; Koller, Art. 328/329 N. 16, S. 1692). ...

Der zusammengestellte Basisaufwand beruht bereits auf einer grosszügigeren Erweiterung des betreibungsrechtlichen Existenzminimums als üblich.

Es erscheint daher unter den gegebenen Umständen als ausreichend und angemessen, über den ganzen Zeitraum gesehen ermessensweise von einem nochmaligen Zuschlag in der Grössenordnung der Hälfte dieses Aufwands auszugehen, als Spielraum beispielsweise für den Ausbau der Vorsorge über die erste und zweite Säule hinaus, aber auch generell für weitere Lebenshaltungskosten. Da schon die Aufstellung letztlich nur eine Scheingenauigkeit vermittelt, ist hiefür im Hinblick auf den erforderlichen Ermessensentscheid (BGE 132 III 99 E. 1) keine ziffernmässig exakte Berechnung angezeigt.

Der grundlegende Bedarf des Beklagten für die ihm zuzugestehende wohlhabende, d.h. deutlich überdurchschnittliche Lebensführung ist daher im fraglichen Zeitraum zunächst im Bereich von knapp Fr. 9'500.- und in der Folge im Bereich von gegen Fr. 9'800.im Monat anzusetzen.

cc) Es zeigt sich demnach, dass das Erwerbseinkommen des Beklagten den Bedarf für eine wohlhabende Lebensführung in den Jahren 2000 und 2001 kaum bis knapp deckte. In den Jahren 2002-2005 verblieb ihm darüber hinaus ein Freibetrag von durchschnittlich rund Fr. 1'800.im Monat ... Der Beklagte lebte daher zumindest ab 2002 in günstigen Verhältnissen im Sinn von Art. 328 Abs. 1 ZGB; die Eingangsvoraussetzung, um eine Verwandtenunterstützung konkret zu prüfen, ist insoweit grundsätzlich erfüllt.

[Der Beklagte hat die Unterstützungspflicht im Umfang von Fr. 300.im Monat anerkannt.] In diesem Umfang ist die Klage daher insbesondere auch für 2000 und 2001 gutzuheissen, ohne nähere Prüfung, ob die grundlegende Voraussetzung (günstige Verhältnisse) auch in diesem Zeitraum tatsächlich erfüllt gewesen sei. Angesichts des damaligen, vorübergehend reduzierten Einkommens des Beklagten kann aber der Klägerin für diesen Zeitraum kein darüber hinausgehender Unterstützungsbeitrag zugesprochen werden.

Für die Zeit ab 2002 sind dagegen aufgrund des erheblichen Freibetrags im Bereich der günstigen Verhältnisse höhere Unterstützungsleistungen festzulegen. Gemäss SKOS-Richtlinien ist als Verwandtenbeitrag höchstens die Hälfte der ermittelten Differenz zwischen anrechenbaren Einnahmen und anrechenbaren Auslagen einzufordern (Koller, Art. 328/329 N. 17 am Ende,

S. 1693). In diesem Punkt losgelöst von der Frage, wie die anrechenbaren Beträge zu ermitteln seien kann ohne weiteres auf diese Richtlinien abgestellt werden.

In der Gesamtbetrachtung erscheint daher für die Zeit ab 1. Januar 2002 bis 31. Mai 2005 ein Beitrag von Fr. 800.im Monat als den günstigen Verhältnissen des Beklagten mit klar überdurchschnittlichem Einkommen angemessen. Dies mag zwar eine gewisse Einschränkung bedeuten, kann aber nicht als wesentliche Beeinträchtigung einer wohlhabenden Lebensführung betrachtet werden. Dem Beklagten verbleiben jedenfalls auch so für den Zeit-

raum ab 2002 noch Mittel, die den erweiterten Notbedarf beträchtlich überschreiten.

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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