Zusammenfassung des Urteils Nr. 10/2000/13: Obergericht
Das Obergericht des Kantons Zürich hat in einem Rechtsstreit über die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege entschieden. Der Gesuchsteller und Beschwerdeführer hatte zunächst erfolglos beim Friedensrichteramt um die unentgeltliche Rechtspflege ersucht. Nachdem der Präsident des Obergerichts des Kantons Zürich dies abgelehnt hatte, legte der Gesuchsteller Beschwerde ein. Das Obergericht wies die Beschwerde ab, da sie als offensichtlich unbegründet angesehen wurde. Der Gesuchsteller muss nun Gerichtskosten in Höhe von CHF 293'406.95 tragen.
Kanton: | SH |
Fallnummer: | Nr. 10/2000/13 |
Instanz: | Obergericht |
Abteilung: | - |
Datum: | 22.06.2001 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Art. 641 Abs. 2 ZGB. Abwehr ungerechtfertigter Einwirkungen auf das Grundeigentum |
Schlagwörter : | Abwehr; Grundstück; Störung; Kanal; Grundstücke; Zustand; Abwehrklage; Beseitigung; Recht; Störungszustand; Kanalbau; Grundstücken; Grundwasser; Eigentum; Einwirkung; Klägers; Grundwasserspiegels; Abwasserkanal; Beklagten; Obergericht; Obergerichts; Senkung; Klage; Abwehranspruch; Duldung; Ansicht; Urteil; Abtragung |
Rechtsnorm: | Art. 379 ZGB ;Art. 641 ZGB ; |
Referenz BGE: | 100 II 309; 107 II 136; 111 II 26; 88 II 267; |
Kommentar: | - |
i.S. B)1.
Wurde mit einem Kanalbau auf einem Grundstück ein dem Eigentum widersprechender Zustand geschaffen (Abtragung des Terrains; Senkung des Grundwasserspiegels), so kann der Grundeigentümer mit der Eigentumsfreiheitsklage (Abwehrklage) die Beseitigung des Störungszustands verlangen; dieser Anspruch ist unverjährbar.
B. räumte dem Abwasserverband X. und dem Abwasserzweckverband Y. zu Beginn der 70er Jahre im Zusammenhang mit dem Bau einer Kläranlage mündlich das Recht ein, auf seinen Grundstücken einen Abwasserkanal zu bauen. Ein schriftlicher Durchleitungsvertrag besteht nicht. Nach dem Kanalbau kam es auf den fraglichen Grundstücken zu Grundwasserproblemen und Schwierigkeiten wegen mangelnder Bodenbedeckung. B. erhob 1997 Klage gegen die Verbände X. und Y.; er beantragte, diese zu verpflichten, den ursprünglichen Zustand auf seinen Grundstücken wiederherzustellen. Die Beklagten erhoben die Einrede der Verjährung. In einem Vor-Urteil wies das Kantonsgericht die Verjährungseinrede ab. Die von den Beklagten dagegen erhobene Berufung wies das Obergericht ebenfalls ab.
Aus den Erwägungen:
3.- ...
Wer Eigentümer einer Sache ist, kann in den Schranken der Rechtsordnung über sie nach seinem Belieben verfügen (Art. 641 Abs. 1 des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs vom 10. Dezember 1907 [ZGB, SR 210]). Er hat das Recht, sie von jedem, der sie ihm vorenthält, herauszuverlangen und jede ungerechtfertigte Einwirkung abzuwehren (Abs. 2). Der Abwehranspruch bezweckt die Erhaltung des Eigentums in ungestörtem Zustand. Ziel der Klage ist daher je nach Art der Beeinträchtigung entweder Beseitigung einer bestehenden Störung Unterlassung einer künftiger Störung. Schadenersatz kann nicht verlangt werden (Arthur Meier-Hayoz, Berner Kommen-
1 Auf eine Berufung gegen dieses Urteil trat das Bundesgericht am 6. September 2001 nicht ein.
tar, 5. A., Bern 1981, Art. 641 ZGB N. 109, S. 342). Die Rechtsprechung lässt die Abwehrklage nicht nur gegen eine Handlungsstörung, sondern auch gegen einen Störungszustand zu (BGE 111 II 26 E. 2c). Mit der Abwehrklage kann nebst der Beseitigung einer bestehenden Störung auch die Wiederherstellung des früheren Zustands verlangt werden. Die Abwehrklage kann jede ungerechtfertigte unmittelbare Einwirkung auf eine Sache abwehren, d.h. direkte Eingriffe in die Substanz einer Sache, insbesondere in jene eines Grundstücks (Heinz Rey, Die Grundlagen des Sachenrechts und das Eigentum, 2. A., Bern 2000, § 28 N. 2046 und 2051, S. 493 f.; BGE 100 II 309). Sie setzt zudem einen im Zeitpunkt der Klageanhebung dem Eigentum widersprechenden Zustand oder eine in Zukunft drohende Störung voraus (Meier-Hayoz, Art. 641 ZGB N. 103, S. 341). Das Recht auf Abwehr besteht dann nicht, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist, sei es aufgrund eines dinglichen obligatorischen Rechts des Beklagten, wobei die Duldungspflicht durch Art und Ausmass dieses subjektiven Rechts abgegrenzt wird. Der Abwehranspruch ist unverjährbar. Solange der ungerechtfertigte Eingriff andauert, kann der Eigentümer ihn durch Klage beseitigen (Meier-Hayoz, Art. 641 ZGB N. 110 und 117, S. 342 f.).
Die mit dem Kanalbau anfangs der 70er Jahre notwendigerweise verbundenen Tätigkeiten auf den Grundstücken des Klägers (Aufstellen von Baumaschinen, Lastwagenfahrten, Aushub von Erdmaterial etc.) waren Handlungsstörungen, gegen die sich der Kläger mit der Abwehrklage hätte zu Wehr setzen können, wenn er sich nicht obligatorisch zur Duldung verpflichtet hätte. Die genannten Einwirkungen sind in der Zwischenzeit jedoch abgeschlossen, es liegen somit keine Handlungsstörungen mehr vor.
Der nun auf den Grundstücken des Klägers verlaufende Kanal ist ein Störungszustand, gegen welchen die Rechtsprechung die Abwehrklage ebenfalls zulässt. Der Kläger könnte sich somit hätte er sich nicht mit dem Kanalbau einverstanden erklärt gegen den gebauten Kanal wehren und die Wiederherstellung des früheren Zustands verlangen. Der Kläger hätte somit Anspruch auf Beseitigung des Kanalbaus und Wiederherstellung des früheren Zustands auf seinen Grundstücken. Da sich der Kläger jedoch obligatorisch zur Duldung des Störungszustands verpflichtet hat, besteht kein Recht auf Abwehr.
aa) Der Kläger behauptet nun, die Beklagten hätten auf dem Grundstück
... während des Baus des Abwasserkanals das Terrain unnötigerweise und damit ungerechtfertigt geschürft. Beim Kanalbau hätten umfangreiche Bodenverfrachtungen stattgefunden. Dabei sei die ursprüngliche, oberste Bodenschicht auf dem genannten Grundstück offensichtlich mitverfrachtet und nicht
wieder ersetzt worden. Die oberste Humusschicht betrage seither anstatt 60 - 80 cm lediglich noch 10 - 15 cm.
Der Kläger war zwar mit dem Kanalbau als solchem einverstanden, so dass er diesbezüglich keinen Abwehranspruch hat. Diese Einwilligung umfasste aber nicht, dass auf einem seiner Grundstücke unnötigerweise die oberste Humusschicht abgetragen und nicht wieder ersetzt wird. Mit der behaupteten Terrainabschürfung wirkten die Beklagten somit ungerechtfertigt auf das Eigentum des Klägers ein. Zwar ist die Abtragung von Erdmaterial als Störungshandlung, d.h. die maschinelle bzw. manuelle Trennung bestimmter Bodenteile vom Untergrund, schon längst beendet. Der Zustand, der auf dem Grundstück des Klägers durch die Abtragung von Erdreich eingetreten ist (fehlende Bodenschicht), dauert jedoch an und stellt einen dem Eigentum des Klägers widersprechenden Zustand dar. Es handelt sich somit ebenfalls um einen Störungszustand, gegen welchen die - unverjährbare - Abwehrklage zulässig ist (BGE 111 II 26 E. 2c). Dabei kann es nach Ansicht des Obergerichts keine Rolle spielen, ob sich das abgetragene Erdmaterial noch auf irgendeinem der klägerischen Grundstücke befindet abgeführt wurde. Diese Frage liesse sich denn auch nicht mehr schlüssig klären.
bb) Bei der im weiteren behaupteten Senkung des Grundwasserspiegels handelt es sich entgegen der Ansicht des Klägers nicht um einen Störungszustand. Der auf den klägerischen Grundstücken verlaufende Kanal ist wie erwähnt ein Störungszustand, gegen welchen die Rechtsprechung die Abwehrklage zulässt. Die behauptete Senkung des Grundwasserspiegels ist demgegenüber eine Folge des Kanalbaus, somit eine Folge des Störungszustands.
Mit der Beseitigungsklage kann zwar die Entfernung von Vorrichtungen, die Schädigungen Belästigungen verursachen, verlangt werden, nicht aber die Beseitigung der Schädigung selbst (vgl. Rey, § 28 N. 2046, S. 493). Der Beseitigungsanspruch muss sich somit gegen die Ursachen der ungerechtfertigten Einwirkung richten, nicht gegen diese selbst (BGE 88 II 267 E. 4). Für die Behebung der Folge der Einwirkung steht nur noch die Schadenersatzklage zur Verfügung (vgl. BGE 107 II 136 E. 3a mit Bezug auf Art. 379 ZGB; das Bundesgericht verweist in diesem Entscheid auf BGE 88 II 267 f., der dasselbe im Zusammenhang mit dem allgemeinen Abwehranspruch von Art. 641 Abs. 2 ZGB festhält).
Der Kläger beantragt vorliegend, zu verhindern, dass durch den Abwasserkanal bzw. dessen Entwässerungsleitungen samt Kiesbett weiterhin Grundwasser abgeführt wird. Dieses Rechtsbegehren kann nach Ansicht des Obergerichts nur so verstanden werden, dass der Kläger die Beseitigung oder
zumindest die Änderung der schädigenden, die Grundwasserspiegelsenkung verursachenden Vorrichtungen am Abwasserkanal verlangt. Am Kanal soll insoweit eine Änderung vorgenommen werden, als dass die geltend gemachte, ungerechtfertigte Einwirkung (Senkung des Grundwasserspiegels) auf seinen Grundstücken unterbleibt. Damit richtet sich der Beseitigungsanspruch des Klägers aber gegen die Art und Weise, wie der Abwasserkanal gebaut wurde, somit gegen einen Störungszustand, gegen welchen die - unverjährbare - Abwehrklage zulässig ist. Dabei kann es nach Ansicht des Obergerichts keine Rolle spielen, ob das Grundwasser aufgrund des anwendbaren kantonalen Rechts überhaupt vom Privateigentum erfasst ist.
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