Zusammenfassung des Urteils UV 2012/44: Versicherungsgericht
A. ist bei der Firma B. als Filialleiter angestellt und bei der Schweizerischen National-Versicherungs-Gesellschaft AG obligatorisch gegen Unfälle versichert. Er zog sich am 23. April 2011 beim Spielen mit einem Kind eine schwere Verletzung an der linken Schulter zu. Die National lehnte die Leistungspflicht ab, woraufhin A. Einsprache erhob. Trotz verschiedener Schilderungen des Unfallhergangs wurde die Leistungspflicht der Versicherung verneint. In der Folge wurde die Beschwerde abgewiesen, ohne dass Gerichtskosten erhoben wurden.
Kanton: | SG |
Fallnummer: | UV 2012/44 |
Instanz: | Versicherungsgericht |
Abteilung: | UV - Unfallversicherung |
Datum: | 17.12.2012 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Entscheid ATSG Art.4, UVV Art. 9 Abs. 2 lit. f. Unfall beim Spielen mit Kind und dessen Hochheben mit plötzlicher Arm-/Schulterbewegung nicht nachgewiesen. Dabei entstandene Abrisse der Supra- und Infraspinatussehne und teilweise Ruptur der Subscapularissehne wurden nicht unfallähnlich gesetzt und begründen - obwohl Listenverletzungen - daher keine Leistungspflicht der Unfallversicherung (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 17. Dezember 2012, UV 2012/44).Vizepräsident Joachim Huber, Versicherungsrichterin Christiane Gallati Schneider, Versicherungsrichter Martin Rutishauser; Gerichtsschreiberin Vera Holenstein WerzEntscheid vom |
Schlagwörter : | UV-act; Quot; Schulter; Unfall; Hergang; Salto; Einsprache; Recht; National; Leistungspflicht; Schilderung; Körper; Fragebogen; Unfallversicherung; Schmerz; Versicherung; Sachverhalt; Kindes; Körpers; Schulterbewegung; Einspracheentscheid; Körperschädigung; Urteil; Supra; Ereignis |
Rechtsnorm: | Art. 4 ATSG ; |
Referenz BGE: | 126 V 149; 129 V 469; 129 V 470; |
Kommentar: | Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017 |
Rechtsanwalt lic. iur. Hans Frei, Kriessernstrasse 40,
9450 Altstätten,gegenSchweizerische National-Versicherungs-Gesellschaft,
Steinengraben 41, 4003 Basel,Beschwerdegegnerin,vertreten durch Schweizerische National-Versicherungs-Gesellschaft, p.A. Rechtsdienst, Wuhrmattstrasse 21,
4103 Bottmingen,betreffendVersicherungsleistungenSachverhalt:
A.
A. ist bei der Firma B. als Filialleiter angestellt und dadurch bei der Schweizerischen National-Versicherungs-Gesellschaft AG, Basel (nachfolgend National) obligatorisch gegen Unfälle versichert. Am 10. Juni 2011 wurde der National gemeldet, der Versicherte habe am 23. April 2011 beim Spielen mit einem Kind eine plötzliche Armund Schulterbewegung gemacht und sich dabei einen Sehnenriss zugezogen (UV-act. M1; Ausdruck vom 14. Juni 2011). Auf dem Fragebogen der Unfallversicherung schilderte der Versicherte am 22. Juni 2011 den Hergang wiederum mit: "plötzliche Armund Schulterbewegung beim Spielen mit Kind" (UV-act. M2). Anlässlich der Erstbehandlung im SWICA Gesundheitszentrum vom 26. April 2011
wurde eine Ruptur der Supraspinatussehne links diagnostiziert (UV-act. M4; Aus den Adressaten von UV-act. M3 und M6 lässt sich schliessen, dass der erstbehandelnde Arzt Dr. med. C. war.). Dr. med. D. , Facharzt FMH für Orthopädische Chirurgie und Traumatologie sowie Sportmediziner, dem der Versicherte zur Weiterbehandlung überwiesen worden war, weitete die Diagnose auf ausgedehnte Supraspinatussehnenruptur Schulter links aus (UV-act. M3, Bericht vom 9. Juni 2011). Im Operationsbericht vom 12. Juli 2011 präzisierte er sie auf komplexe Rotatorenmanschettenruptur mit Abriss der Supraund Infraspinatussehne und partieller Ruptur des cranialen Rands der Subscapularissehne links (UV-act. M6). Am Tag nach der Operation wurde der Versicherte telefonisch zum Hergang befragt. Die Sachbearbeiterin der National notierte, er habe beim Spielen mit einem Kind dieses hoch heben und leicht in die Luft werfen wollen. Beim Hochheben habe er einen stechenden Schmerz in der Schulter verspürt. Er habe weder angeschlagen, noch sei er ausgerutscht sonst wie im Bewegungsablauf gestört gewesen (UV-act. M5).
Mit Schreiben vom 20. Juli 2011 teilte die National dem Versicherten mit, dass die Voraussetzungen einer Leistungspflicht aus der obligatorischen Unfallversicherung für die Behandlung der linken Schulter nicht gegeben seien (UV-act. K4). Mit E-Mail vom
4. August 2011 führte er darauf zum Hergang aus, um dem Kind einen Salto zu ermög lichen, habe er es angehoben und habe mit dem linken Arm die erwähnte plötzliche Armbewegung mit enormem Kraftaufwand ausführen müssen, um dem Kind die notwendige Rotation zu ermöglichen, damit es nicht auf den Kopf falle. Weiter monierte er die langsame Schadenbehandlung und die Tatsache, dass er am frühen Morgen nach der Schulteroperation in entsprechend schlechtem Zustand von der Versicherung befragt worden sei (UV-act. K5). Mit Verfügung vom 23. August 2011 lehnte die National ihre Leistungspflicht auch formell ab (UV-act. K6).
Die SWICA Krankenversicherung AG erhob mit Schreiben vom 29. August 2011 vorsorglich Einsprache gegen die Verfügung vom 23. August 2011 (UV-act. K9). Am
9. September 2011 wandte sich auch Dr. D. schriftlich an die Unfallversicherung und schilderte, sein Patient habe am 23. April 2011 einem Kind helfen wollen, einen Salto zu machen und dabei ein akutes Schmerzereignis in der linken Schulter erlitten (UV-act. M7). Die Einsprache des Versicherten, vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Hans Frei, Altstätten, datiert vom 21. September 2011 und wurde am 20. Oktober 2011
ergänzt (UV-act. K13, K16). Der Krankenversicherung wurde am 16. Februar 2012 eine Nachfrist zur Einsprachebegründung bis zum 8. März 2012 gesetzt und ein Nichteintretens-Entscheid angedroht, falls jene nicht fristgerecht eintreffe (UV-act. K17).
Mit Einspracheentscheid vom 4. April 2012 wies die National die Einsprache des
Versicherten ab und trat auf diejenige des Krankenversicherers nicht ein (UV-act. K19).
B.
Dagegen richtet sich die Beschwerde vom 14. Mai 2012 mit den Anträgen, der Einspracheentscheid vom 4. April 2012 sei vollumfänglich aufzuheben; es sei festzustellen, dass der Vorfall vom 23. April 2011 als Unfall zu qualifizieren und deshalb die Beschwerdegegnerin zu verpflichten sei, für die damit verbundenen Kosten (Spital, Therapie, Taggeld usw.) vollumfänglich aufzukommen; zur genauen Feststellung der Unfallkosten sei die Angelegenheit an die Vorinstanz zurückzuweisen; unter Kostenund Entschädigungsfolgen. Zur Begründung wird angeführt, der geschilderte Sachverhalt werde nun zu seinen Lasten so gedreht, dass keine Leistungspflicht der Beschwerdegegnerin bestehe. Beim Ereignis vom 23. April 2011 habe er einen Sehnenriss erlitten. Nach Art. 9 Abs. 2 lit. f der Verordnung über die Unfallversicherung (UVV; SR 832.202) sei diese Verletzung auch ohne ungewöhnliche äussere Einwirkung einem Unfall gleichgestellt. Dieser habe sich nicht bei einer blossen Lebensverrichtung ereignet sondern in einer für ihn physiologisch und psychologisch höchst aussergewöhnlichen Situation. Seine Schulter sei auch nicht vorgeschädigt gewesen, wie die Beschwerdegegnerin fälschlicherweise behaupte. Deshalb sei sie leistungspflichtig.
Mit Beschwerdeantwort vom 6. Juni 2012 beantragte die Beschwerdegegnerin die vollumfängliche Abweisung der Beschwerde unter Kostenund Entschädigungsfolgen zu Lasten des Beschwerdeführers. Zur Begründung führte sie an, es lägen mehrere Schilderungen des Vorfalls vor, was vorliegend von Bedeutung sei. Es sei auf die "Aussagen der ersten Stunden" abzustellen, die kein Hinzutreten besonderer Vorkommnisse wiedergeben würden. Es fehle daher am Unfallereignis und der Sehnenriss könne angesichts der einschlägigen Rechtsprechung auch nicht als
unfallähnliche Körperschädigung gewertet werden, weshalb sie aus der obligatorischen Unfallversicherung nicht leistungspflichtig sei. Dem Beschwerdeführer sei darin zuzustimmen, dass im angefochtenen Einspracheentscheid fälschlicherweise von einer Vorschädigung der Schulter ausgegangen worden sei. Auf die Beurteilung, ob ein Unfall eine unfallähnliche Körperschädigung vorliege, habe diese Feststellung allerdings keinen Einfluss.
In der Replik vom 26. Juni 2012 und der Duplik vom 6. Juli 2012 halten beide Parteien an ihren Standpunkten fest und betonen insbesondere den Stellenwert der Hergangsschilderung. Auf die Begründungen in den einzelnen Rechtsschriften sowie den Inhalt der übrigen Akten wird, soweit für den Entscheid erforderlich, in den nach folgenden Erwägungen näher eingegangen.
Erwägungen:
1.
Streitig und zu prüfen ist, ob die Beschwerdegegnerin den Vorfall vom 23. April 2011, bei dem sich der Beschwerdeführer eine komplexe Rotatorenmanschettenruptur mit Abriss der Supraund Infraspinatussehne und partieller Ruptur der Subscapularissehne links zugezogen hatte, zu Recht weder als Unfall noch als unfallähnliche Körperschädigung qualifizierte und ihre Leistungspflicht aus der obligatorischen Unfallversicherung verneinte.
Die Beschwerdegegnerin hat im angefochtenen Einspracheentscheid den Unfallbegriff gemäss Art. 4 des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG; SR 830.1) sowie die gesetzliche Regelung von Art. 9 Abs. 2 UVV zu den unfallähnlichen Körperschädigungen zutreffend dargelegt (S. 6
Ziff. 4, S. 7 Ziff. 6). Ebenfalls zutreffend sind ihre Ausführungen, wonach bei unklaren Sachverhalten sich widersprechenden Angaben auf die spontanen "Aussagen der ersten Stunde" abzustellen ist (S. 6 Ziff. 4) sowie die Darstellung des im Sozialversicherungsrecht geltenden Beweisgrads der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (S. 5 f. Ziff.3). Darauf kann verwiesen werden.
2.
Strittig ist zunächst, ob der Beschwerdeführer den Hergang am 23. April 2011 einheitlich gleich geschildert hat ob verschiedene Schilderungen vorliegen und falls ja, aufgrund welcher davon die Leistungspflicht der Beschwerdegegnerin zu beurteilen ist.
In den Akten der Beschwerdegegnerin findet sich ein am 14. Juni 2011 gefertigter Ausdruck einer Meldung vom 10. Juni 2011 mit der Hergangsangabe: "Plötzliche Armund Schulterbewegung beim Spielen mit Kind" (UV-act. M1). Ob dieses Formular aufgrund von Beilage 4 des Beschwerdeführers zur Beschwerde ausgefüllt worden war (act. G 1.4; dieses Aktenstück findet sich nicht in den Unterlagen der Beschwerdegegnerin), ist bezüglich Hergangsschilderung unwesentlich, da die Angaben übereinstimmen. Aufgrund der Gliederung des fünfseitigen Formulars UVGSchadenmeldung mit Ziffer 6 zum Stichwort Sachverhalt (Unfallbeschreibung, Verdacht auf Berufskrankheit) auf Seite 2 ist jedenfalls nicht anzunehmen, dass die vom Beschwerdeführer als fehlend monierte Seite 5 desselben weitere Angaben zum Hergang erfragt hätte. Die gleiche Angabe ("plötzliche Arm-/Schulterbewegung beim Spielen mit Kind") machte der Beschwerdeführer im persönlich ausgefüllten und unterzeichneten Fragebogen der National vom 22. Juni 2011. Die Nachfrage auf dem Fragebogen, ob es sich um eine gewohnte Tätigkeit gehandelt habe und ob sich etwas Besonderes ereignet habe (Sturz, Ausrutscher etc.) und wenn ja, was beantwortete er mit dem Verweis auf Ziffer 1 und damit auf die Angabe "plötzliche Arm-/ Schulterbewegung beim Spielen mit Kind" (UV-act. M2).
Der erstbehandelnde Arzt (offenbar Dr. C. , vgl. Sachverhalt A.a) gab im Zeugnis vom 28. Juni 2011 die Angaben des Patienten mit "Schulterdist. li beim Spielen mit Kind, dieses in ungünstiger Pos. gelupft" wieder (UV-act. M4). Dr. D. erhob am 6. Juni 2011 zum Hergang: "Ca. an Ostern wollte Herr A. ein Kleinkind aufheben. Dabei kam es zu einem akuten Zwickereignis im Bereich der linken Schulter." (UV-
act. M3, Bericht vom 9. Juni 2011). Im Operationsbericht vom 12. Juli 2011 führte er unter Indikation aus: "An Ostern wollte Herr A. ein Kind aufheben. Dabei erlitt er ein Distorsionstrauma des linken Schultergelenkes." (UV-act. M6). Auch wenn der Beschwerdeführer geltend macht, diese Angaben würden nicht von ihm selber stammen und er hätte sie insbesondere nicht selbst unterzeichnet, fassten beide Ärzte
den Hergang zusammen, wie ihn der Beschwerdeführer ihnen gegenüber geschildert hatte und wie er auch zum Verletzungsbild passte. Obwohl er diese Schilderungen nicht gegen sich gelten lassen will, ist festzustellen, dass sie jedenfalls nicht im Widerspruch zu seinen eigenen Angaben im Fragebogen und in der Unfallmeldung stehen (UV-act. M1 f.).
Aufgrund der telefonischen Befragung vom 13. Juli 2011 notierte die Sachbearbeiterin der Beschwerdegegnerin, der Beschwerdeführer habe beim Spielen mit einem Kind dieses hoch heben und leicht in die Luft werfen wollen. Beim Hochheben habe er einen stechenden Schmerz in der Schulter verspürt. Er habe weder angeschlagen, noch sei er ausgerutscht sonst wie im Bewegungsablauf gestört gewesen (UV-act. M5). Es trifft zu, dass es nicht glücklich war, als Befragungstermin den Morgen nach der am Vorabend durchgeführten Schulteroperation zu wählen. Dennoch bestehen keine Anhaltspunkte, dass die Sachbearbeiterin den Inhalt des Telefongesprächs unzutreffend wiedergegeben hatte, stimmen diese Angaben doch mit denjenigen der Ärzte überein und besteht kein Widerspruch zur bisherigen Schilderung durch den Beschwerdeführer.
Nach der Leistungsablehnung der Beschwerdegegnerin vom 20. Juli 2011 teilte der Beschwerdeführer im E-Mail vom 4. August 2011 "zur Präzisierung des Unfallhergangs" mit: "Um dem Kind einen Salto zu ermöglichen, habe ich es angehoben und musste mit dem linken Arm die erwähnte plötzliche Armbewegung mit enormem Kraftaufwand ausführen, um dem Kind die notwendige Rotation zu ermöglichen, damit es nicht auf den Kopf fällt." (UV-act. 5). Selbst wenn diese Schilderung als Präzisierung der Angaben im Fragebogen verstanden wird, den der Beschwerdeführer am 22. Juni 2011 ausgefüllt hatte, enthält sie mit "Salto ermöglichen" und "notwendige Rotation ermöglichen, damit es nicht auf den Kopf fällt" zwei neue Elemente, die früher trotz mehrfacher Nachfrage - nicht genannt worden waren. Auch Dr. D. schilderte in seinem Schreiben vom 9. September 2011 neu
(UV-act. M7), am 23. April 2011 habe der Beschwerdeführer einem Kind helfen wollen, einen Salto zu machen, nachdem er vorher das Aufheben eines Kindes berichtet hatte. Wenn nicht bereits diese Schilderungen als Wechsel der Aussage zu qualifizieren sind, sind es sicher die Angaben des Rechtsvertreters in der Einsprache vom 21. September 2011, der Beschwerdeführer habe mit seinem Göttibub gespielt. Dieser habe einen
Salto machen wollen und gedroht, auf den Kopf zu fallen. Er habe dann reflexartig eingegriffen und seinen Göttibub mit dem linken Arm aufgefangen. Ohne das Eingreifen seines Mandanten wäre der Göttibub wie erwähnt auf den Kopf gestürzt (UV-act. K13,
Begründung Ziff. 1). Diese Schilderung weist im Gegensatz zu derjenigen im E-Mail vom 4. August 2011 darauf hin, dass das Kind den Salto unerwartet machte und damit der Bewegungsablauf unplanmässig verlief. Es ist unwahrscheinlich, dass eine reflexartige Schutzbewegung im Zusammenhang mit einem plötzlichen, unerwarteten Saltosprung eines Kindes nicht als solche beschrieben wird, wenn ausdrücklich
danach gefragt wird, wie das im Fragebogen der Beschwerdegegnerin der Fall war. Will ein Kind demgegenüber geplant einen Salto machen und benötigt dabei Hilfestellung, besteht die Hauptaufgabe des Helfenden darin, seinen Kopf zu führen. Muss dabei nachgegriffen werden, ist das, auch wenn es plötzlich erforderlich wird, in diesem Ablauf nichts Ungewöhnliches.
Entgegen den Ausführungen, die der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers vor allem in der Replik macht, liegen damit sehr wohl verschiedene Hergangsschilderungen vor. Nach der Beweisregel, wonach bei unklaren Sachverhalten sich widersprechenden Angaben auf die "Aussagen der ersten Stunde" abzustellen ist, ist insbesondere diejenige Schilderung massgebend, die der
Beschwerdeführer am 22. Juni 2011 im Fragebogen der Beschwerdegegnerin gemacht hat und die durch die anfänglichen Angaben der behandelnden Ärzte und seine eigenen Ausführungen präzisiert wurden, die aufgrund der telefonischen Befragung durch die Sachbearbeiterin der Beschwerdegegnerin vom 13. Juli 2011 notiert wurden (UV-act. M2 ff.). Es ist davon auszugehen, dass das Kind während des Spiels hochgehoben werden sollte und dabei die Schmerzen an der Schulter auftraten, ohne dass der Bewegungsablauf gestört worden war. Mit der Unterstützung des Kindes beim Salto besteht zwar eine andere Hergangsschilderung. Wie bereits ausgeführt
(E. 2.1.4), stellt jedoch auch das plötzliche Nachgreifen beim Führen des Kopfes für
einen Salto des Kindes nichts Ungewöhnliches dar.
Bei der vorliegend zu prüfenden Hergangsversion (Hochheben des Kindes) fehlt
das Element des ungewöhnlichen äusseren Faktors. Damit kann das Ereignis vom
23. April 2011 nicht als Unfall im Sinn von Art. 4 ATSG qualifiziert werden und erfolgte
diesbezüglich die Ablehnung der Leistungspflicht durch die Beschwerdegegnerin zu Recht.
Beim Ereignis vom 23. April 2011 traten Abrisse der Supraund Infraspinatussehne auf und wurde die Subscapularissehne teilweise gerissen. Damit liegen unbestrittenermassen Körperschädigungen vor, die in lit. f von Art. 9 Abs. 2 UVV aufgelistet sind. Es bleibt zu prüfen, ob diese unter unfallähnlichen Bedingungen durch
die Einwirkung eines schädigenden äusseren Faktors entstanden sind und ob daher die Beschwerdegegnerin unter diesem Titel leistungspflichtig wurde.
Nach der Rechtsprechung, die im angefochtenen Einspracheentscheid weitgehend dargestellt wurde, ist das Auftreten von Schmerzen als solches kein äusserer (schädigender) Faktor. Von einem erforderlichen äusseren schädigenden Faktor kann somit dort nicht gesprochen werden, wo die versicherte Person nur das (erstmalige) Auftreten von Schmerzen in zeitlicher Hinsicht anzugeben vermag (vgl. BGE 129 V 469 E. 4.2.1).
Eine unfallähnliche Körperschädigung liegt weiter nur dann vor, wenn dem Geschehen, das auf den Körper der geschädigten Person eingewirkt hat, ein gesteigertes Gefahrenpotenzial innewohnte und es nicht einer alltäglichen Lebensverrichtung gleichkommt. Ein solches wird bejaht, wenn die zum einschiessenden Schmerz führende Tätigkeit im Rahmen einer allgemein gesteigerten Gefahrenlage vorgenommen wird, wie dies etwa für viele sportliche Betätigungen zutreffen kann. Der äussere Faktor mit erheblichem Schädigungspotenzial ist sodann auch zu bejahen, wenn die in Frage stehende Lebensverrichtung einer mehr als physiologisch normalen und psychologisch beherrschten Beanspruchung des Körpers, insbesondere seiner Gliedmassen, gleichkommt (vgl. BGE 129 V 470 E. 4.2.2 sowie Urteil des Bundesgerichts vom 10. Januar 2011, 8C_665/2010, E. 3.2).
Der massgebende Hergang lässt kein gesteigertes Gefährdungsoder Schädigungspotenzial erkennen, auch wenn das Heben des Kindes mit einer plötzlichen Armund Schulterbewegung verbunden war. Das Bundesgericht hat auch in zahlreichen vergleichbaren Fällen ein unfallähnliches Geschehen verneint, wie die Kasuistik in E. 3.3 seines Urteils vom 10. Januar 2011, 8C_665/2010, zeigt: Beim
Heben eines ca. 20 kg schweren, bepackten Koffers durch eine Frau (Urteil vom
13. Februar 2009, 8C_656/2008, E. 3.3), beim Ausziehen eines 25 bis 30 kg schweren Rucksacks (Urteil vom 12. November 2009, 8C_696/2009, E. 6.2) und beim schwungvollen Anheben einer ca. 15 kg schweren Bücherkiste durch eine Frau bei Umzugsarbeiten (Urteil vom 17. März 2009, 8C_867/2009, E. 3.3) wurde ein gesteigertes Gefährdungsoder Schädigungspotenzial verneint. Auch dem Werfen eines 15 bis 20 kg schweren 60-Liter-Kehrrichtssacks auf einen langsam weiterrollenden Kehrrichtwagen durch einen Belader hatte das Bundesgericht am
10. Januar 2011 das gesteigerte Gefährdungspotenzial abgesprochen (Urteil 8C_665/2010 E. 3.4).
Beim Hochheben des Kindes hat sich am 23. April 2011 nichts Unfallähnliches ereignet bzw. wurde vom Beschwerdeführer glaubhaft als überwiegend wahrscheinlich dargetan. Die Beschwerdegegnerin hat damit dem zu beurteilenden Vorgang die Unfallähnlichkeit zu Recht abgesprochen und ihre Leistungspflicht für diese Listenverletzungen aufgrund von Art. 9 Abs. 2 UVV verneint.
Aus den weiteren Argumenten des Beschwerdeführers ergibt sich keine andere
Beurteilung der Leistungspflicht der Beschwerdegegnerin:
Wie im Sachverhalt unter B.b dargelegt, nahm die Beschwerdegegnerin die Ausführungen im angefochtenen Einspracheentscheid, seine Schulter sei vorgeschädigt gewesen, als fälschlicherweise erfolgt, zurück.
Der Beschwerdeführer und Dr. D. rügten die lange Zeit von über einem Monat, die die Beschwerdegegnerin zur Beurteilung ihrer Leistungspflicht benötigte. Zwar blieb diese ohne jeglichen Einfluss auf das Ergebnis der Beurteilung. Dennoch darf dem Beschwerdeführer entgegengehalten werden, dass er seiner Pflicht, das Ereignis vom 23. April 2011, aufgrund dessen er am 26. April 2011 einen Arzt aufsuchte, gemäss Art. 45 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Unfallversicherung (UVG; SR 832.20) unverzüglich seinem Arbeitgeber dem Versicherer zu melden, offenbar nicht nachkam und mit der Meldung bis nach der Konsultation bei Dr. D. (am 6. Juni 2011, vgl. UV-act. M3) zuwartete. Auch ist aus den Akten der Beschwerdegegnerin keine wesentliche Verzögerung zu erkennen, ging der Bericht von
Dr. D. an Dr. C. vom 9. Juni 2011 (UV-act. M3) doch erst am 1. Juli 2011 und das Arztzeugnis des SWICA Gesundheitszentrums vom 28. Juni 2011 (UV-act. M4) am
5. Juli 2011 bei ihr ein. Nach dem Telefongespräch mit dem Beschwerdeführer am
13. Juli 2011 (UV-act. M5) erfolgte die schriftliche Ablehnung am 20. Juli 2011.
Bei diesem Ausgang erübrigt sich die beantragte Rückweisung an die Beschwerdegegnerin zur Ermittlung und Vergütung der genauen Kosten im Zusammenhang mit dem Ereignis vom 23. April 2011.
3.
Im Sinn der vorstehenden Erwägungen ist die Beschwerde abzuweisen. Gerichtskosten sind keine zu erheben (Art. 61 lit. a ATSG).
Die Beschwerdegegnerin beantragt die Abweisung der Beschwerde unter Kostenund Entschädigungsfolge zu Lasten des Beschwerdeführers. Ihr ist Art. 61 lit. g ATSG entgegenzuhalten, wonach nur die obsiegende, Beschwerde führende Person Anspruch auf Ersatz der Parteikosten hat. Eine Entschädigung an den Versicherungsträger würde auch dem Prinzip der Unentgeltlichkeit des Verfahrens gemäss Art. 61 lit. a ATSG widersprechen. Ein Grund für eine Ausnahme von diesem Prinzip, wie mutwilliges leichtsinniges Verhalten, liegt nicht vor und wird auch nicht geltend gemacht (vgl. Ueli Kieser, ATSG-Kommentar, 2. Aufl. Zürich 2009, N 114 zu Art. 61 sowie BGE 126 V 149 ff. E. 4). Der entsprechende Antrag der Beschwerdegegnerin ist daher abzuweisen.
Demgemäss hat das Versicherungsgericht im Zirkulationsverfahren gemäss Art. 39 VRP entschieden:
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
Der Antrag der Beschwerdegegnerin auf eine Parteientschädigung wird
abgewiesen.
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
Hier geht es zurück zur Suchmaschine.