Zusammenfassung des Urteils UV 2009/50: Versicherungsgericht
Eine Frau namens W. war als Aussendienstmitarbeiterin bei der Firma A. angestellt und wurde bei einem Autounfall verletzt. Die Versicherung La Suisse lehnte die Leistungspflicht ab, da frühere Verletzungen der Versicherten bekannt waren. Nach verschiedenen medizinischen Untersuchungen wurde festgestellt, dass die aktuellen Beschwerden nicht mehr mit dem Unfall vom 16. Juli 2000 in Verbindung gebracht werden konnten. Die Beschwerdeführerin reichte eine Beschwerde ein, die jedoch abgewiesen wurde. Die Gerichtskosten wurden nicht erhoben und die Beschwerdeführerin erhielt eine Entschädigung in Höhe von Fr. 3'600.-.
Kanton: | SG |
Fallnummer: | UV 2009/50 |
Instanz: | Versicherungsgericht |
Abteilung: | UV - Unfallversicherung |
Datum: | 28.12.2010 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Entscheid Art. 6 UVG: Fehlender natürlicher Kausalzusammenhang als Grundlage weiterer Leistungen aufgrund asim-Gutachten erstellt (Entscheid des Versicherungsgerichts vom 28. Dezember 2010, UV 2009/50). Bestätigt durch Urteil des Bundesgerichts 8C_129/2011 |
Schlagwörter : | UV-act; Unfall; Gutachten; Recht; Ergänzung; Gutachtens; Begutachtenden; Quot; Leistungspflicht; Rechtsvertreter; -Gutachten; Helsana; Beschwerden; Kausalzusammenhang; Antwort; Schulter; Zeitpunkt; Zusammenhang; Über; Suisse; Verletzungen; Befunde; Hüfte; Diagnosen; Beurteilung |
Rechtsnorm: | - |
Referenz BGE: | 125 V 351; 134 V 109; 135 V 465; 136 V 113; |
Kommentar: | - |
Entscheid vom 28. Dezember 2010 in Sachen
W. ,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Fürsprecher Dr. iur. Michel Béguelin, Dufourstrasse 12, 2502 Biel/
Bienne, gegen
Helsana Versicherungen AG, Versicherungsrecht, Postfach, 8081 Zürich,
Beschwerdegegnerin, betreffend Versicherungsleistungen
Sachverhalt:
A.
W. , geboren 1977, war seit 26. Juni 2000 als Aussendienstmitarbeiterin bei der A. angestellt und dadurch obligatorisch bei der «La Suisse» Unfall-VersicherungsGesellschaft (nachfolgend La Suisse) versichert. Am frühen Morgen des 16. Juli 2000 wurde die Versicherte als Beifahrerin im Personenwagen ihrer Kollegin verletzt. Diese fuhr vor einem Lichtsignal, das auf Orange wechselte, auf das vordere Fahrzeug auf, das zum Stehen gekommen war (UV-act. K1, K3). Bei der Erstkonsultation am folgenden Tag auf der Notfallstation des Regionalspitals Santa Maria, Visp, diagnostizierte Dr. med. B. ein Hyperextensionstrauma der Halswirbelsäule (HWS) und eine Distorsion des Schultergürtels links (UV-act. M1). Die Versicherte wurde zu 100% arbeitsunfähig geschrieben (vgl. UV-act. M7 f.). Die La Suisse erfuhr von früheren ähnlichen Verletzungen der Versicherten und erbrachte die gesetzlichen Leistungen unter Vorbehalt der Überprüfung ihrer Leistungspflicht (vgl. UV-act. M3 f., K5 bis K8, K19 bis K22, K24).
Bei einer misslungenen Landung auf einem Trampolin hatte sich die Versicherte bereits 1994 am Hinterkopf und an der Halswirbelsäule verletzt (vgl. UV-act. M17 S. 5 f. [bzw. Übersetzung M18 S. 4 f.; wobei das Unfalljahr im Gegensatz zu mehreren anderen Akten - und demnach wahrscheinlich unzutreffend mit 1991 angegeben worden war]; M24; K5). Die dabei erlittenen Verletzungen waren nach Angaben der Versicherten vollständig verheilt und die Arbeitsfähigkeit wieder hergestellt worden (vgl. UV-act. K5).
1996 war ein Personenwagen, der auf der Autobahn im Ausland ausser Kontrolle geraten war, gegen das Motorrad ihres damaligen Freundes geprallt, wodurch sie bei hoher Geschwindigkeit vom Beifahrersitz geschleudert worden war. Dabei hatte sie sich multiple Verletzungen an Armen und Beinen sowie im Nacken-Schulterbereich zugezogen (vgl. UV-act. M17 S. 6 bzw. Übersetzung M18 S. 4 unten; M24 S. 2 oben; Bericht Dr. med. C. , Facharzt FMH für Neurologie, über die konsiliarische Untersuchung vom 11. März 1997 [Beilage zu M78]; K5). Gegenüber der IV-Stelle Bern hatte der damalige Hausarzt der Versicherten, Dr. med. D. , Facharzt FMH für
Allgemeinmedizin, am 9. März 2002 über eine leichte traumatische Hirnverletzung beim Motorradunfall berichtet (Beilage zu UV-act. M81). Die Invalidenversicherung (IV) hatte der Versicherten eine Umschulung zur Büroangestellten finanziert, da ihr die Ausübung ihres Berufs als Offset-Druckerin nach dem Motorradunfall nicht mehr möglich war
(UV-act. K63: Urteil des Verwaltungsgericht des Kantons Bern vom 15. Juli 2003, S. 2). Auch zu diesem Unfall führte die Versicherte aus, die Beschwerden seien vollständig ausgeheilt (UV-act. K5).
Die La Suisse holte verschiedene ärztliche Berichte ein, besonders das Gutachten des Centre Multidisciplinaire de la Douleur vom 29. Januar 2001 (UV-act. M17 mit Übersetzung M18) und verfügte am 13. Februar 2001 die Ablehnung einer weiteren Leistungspflicht ab 1. Januar 2001 für die Folgen des Unfalls vom 16. Juli 2000 (UVact. K22). Diese Ablehnung bestätigte sie mit Einspracheentscheid vom 31. Mai 2002 (UV-act. K40). Die dagegen erhobene Beschwerde wies die Sozialversicherungsrechtliche Abteilung des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern mit Entscheid vom 15. Juli 2003 ab (UV-act. K63). Das Eidgenössische Versicherungsgericht (EVG) hiess die Verwaltungsgerichtsbeschwerde U 207/03 der Versicherten am 16. September 2005 gut. Unter Berücksichtigung des zusätzlich eingereichten, von der IV veranlassten, interdisziplinären Gutachtens des Ärztlichen Begutachtungsinstituts (ABI), Basel, vom 11. Februar 2004 (UV-act. I/1) hält das Urteil fest, dass das psychosomatische Schmerzsyndrom schon vor dem Unfall vom 16. Juli 2000 bestand und daher zu diesem nicht kausal sei (E. 2.1). Bezüglich körperlicher Befunde kam das EVG zum Schluss, deren Kausalität müsse eingehender abgeklärt werden (E. 2.2 f.), und wies die Sache dazu und zu neuer Verfügung an die Unfallversicherung zurück (UV-act. K71).
B.
Neben den Beschwerden im Nackenund Kopfbereich hatte die Versicherte in der Zwischenzeit auch über solche an der linken Schulter und an der linken Hüfte geklagt. An der linken Hüfte waren ein Labrumriss und ein Impingement festgestellt (vgl. UVact. M29 bis M32, M34 bis M42, M44 bis M55, M69 f., M74 f.), an der linken Schulter der Verdacht auf eine hintere Instabilität geäussert und Acromion-ClaviculaGelenksbeschwerden verzeichnet worden (UV-act. M53, M56 bis M68, M71 bis M73).
Die Versicherte führte auch diese Diagnosen, die Monate bzw. Jahre nach dem Autounfall gestellt worden waren, auf das Ereignis vom 16. Juli 2000 zurück und machte eine entsprechende Leistungspflicht der Unfallversicherung geltend.
Die Helsana Unfall AG (nachfolgend Helsana) als Rechtsnachfolgerin der
La Suisse veranlasste in Absprache mit der Versicherten eine interdisziplinäre ärztliche Beurteilung durch die Academy of Swiss Insurance Medicine (asim), Basel. Sie erfolgte mit Gutachten vom 1. Juli 2008 und Ergänzung vom 14. November 2008 (UV-act. M82, M84). Gestützt darauf stellte die Helsana mit Verfügung vom 1. Dezember 2008 fest, dass der natürliche Kausalzusammenhang der andauernden Beschwerden zum Unfall vom 16. Juli 2000 nach dem 31. Dezember 2000 nicht mehr mit überwiegender Wahrscheinlichkeit gegeben sei, und verneinte eine weitere Leistungspflicht (UV-act. K121). Die hiergegen erhobene Einsprache wies sie mit Entscheid vom 8. April 2009 ab (UV-act. K125).
C.
Dagegen richtet sich die Beschwerde vom 18. Mai 2009 mit den Anträgen auf Aufhebung des Einspracheentscheids vom 8. April 2009 und Erbringung der gesetzlichen Leistungen ab 1. Januar 2001. Zur Begründung wird angeführt, das asimGutachten vom 1. Juli 2008 sei widersprüchlich und die Ergänzung vom 14. November 2008 antworte lediglich auf die teilweise suggestiven Fragen der Beschwerdegegnerin; mit der Kritik der Beschwerdeführerin seien die Begutachtenden gar nicht konfrontiert worden. Es gehe ihr hauptsächlich um Leistungen für die Heilbehandlung, welche zur Erhaltung ihres Gesundheitszustands auch nach Meinung der asim-Gutachter unerlässlich sei. Mit der Beschwerde liess die Versicherte auch ein Gesuch um unentgeltliche Prozessführung durch ihren Rechtsvertreter, Fürsprecher Dr. iur. Michel Béguelin, Biel, einreichen.
Mit Beschwerdeantwort vom 15. Juni 2009 beantragte die Helsana die Abweisung der Beschwerde. Sie verneinte Widersprüche des Gutachtens und wies darauf hin, dass dieses mit der Feststellung weiterer Therapiebedürftigkeit keinerlei Aussagen über den zuständigen Leistungserbringer mache.
Am 10. Juli 2009 hiess der Präsident des Versicherungsgerichts das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung der Beschwerdeführerin durch Fürsprecher Dr. iur. Michel Béguelin gut (act. G 7).
In der Replik vom 7. September 2009 führte der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin aus, die asim-Gutachter hätten eine strukturelle Läsion nicht verneint. Auf jeden Fall würden die Gutachter frühestens ab dem Zeitpunkt des Gutachtens (1. Juli 2008) und nicht bereits ab 1. Januar 2001 einen Zusammenhang mit dem Unfall nur noch für möglich halten. Die Aussage der Gutachter, weitere Heilbehandlung sei nötig, jedoch nicht mehr unfallkausal, widerspreche ihrer Haltung klar, wonach der Endzustand des unfallbedingten Schadens noch nicht erreicht sei.
Die Beschwerdegegnerin verzichtete in der Duplik vom 23. September 2009 auf
eine ausführliche Stellungnahme.
Auf die weiteren Begründungen in den einzelnen Rechtsschriften sowie den Inhalt der übrigen Akten wird, soweit erforderlich, in den nachfolgenden Erwägungen eingegangen.
Erwägungen:
1.
Streitig und zu prüfen ist, ob die körperlichen Gesundheitsbeeinträchtigungen, an denen die Beschwerdeführerin über den 31. Dezember 2000 hinaus leidet, in einem ursächlichen (natürlichen und allenfalls auch adäquaten) Zusammenhang zum Unfall vom 16. Juli 2000 stehen und ob demnach die Voraussetzungen für eine weitere Leistungspflicht der Beschwerdegegnerin gegeben sind. In diesem Zusammenhang steht insbesondere die Schlüssigkeit des asim-Gutachtens zur Diskussion. - Über die Kausalität der psychiatrischen Diagnosen, speziell des psychosomatischen Schmerzsyndroms, ist demgegenüber durch das EVG am 16. September 2005 abschliessend geurteilt worden (U 207/03, E. 2.1).
Die Beschwerdegegnerin hat im angefochtenen Einspracheentscheid die Bestimmungen über die Leistungspflicht des Unfallversicherers nach Art. 6 Abs. 1 des
Bundesgesetzes über die Unfallversicherung (UVG; SR 832.20) sowie über die Voraussetzung des Kausalzusammenhangs zwischen dem Unfallereignis und dem Gesundheitsschaden zutreffend dargelegt. Gleiches gilt in Bezug auf den Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit und den Beweiswert ärztlicher Berichte (Erwägungen III 3. f.). Darauf kann verwiesen werden.
Da die La Suisse als Rechtsvorgängerin der Helsana die Leistungspflicht nie grundsätzlich anerkannt und die Leistungen jeweils unter Vorbehalt erbrachte (vgl. UVact. K5, K8), sind die erwähnten Voraussetzungen der Leistungserbringung massgebend. Die (rechtlichen) Aspekte, unter denen eine einmal anerkannte Leistungspflicht aufgehoben werden kann, spielen vorliegend keine Rolle.
2.
Zum asim-Gutachten ist zunächst festzuhalten, dass der Fragenkatalog ausdrücklich auf objektivierbare Befunde aus den Bereichen Orthopädie, Rheumatologie und Neurologie beschränkt und das psychiatrische Beschwerdebild unmissverständlich ausgeschlossen worden war (UV-act. K103). Die BegutachtungsStelle veranlasste im Rahmen des polydisziplinären Gutachtens dennoch auch ein psychiatrisches und ein neuropsychologisches Fachgutachten (Beilagen 5 und 4 zum asim-Gutachten [UV-act. M82]). Begründet wurden diese als Dokumentation, dass seit der letzten psychiatrischen Beurteilung (ABIGutachten vom 11. Februar 2004 [UV-act. I/1]) keine weiteren psychischen psychiatrischen Diagnosen hinzugekommen seien, welche die aktuelle Beurteilung beeinflussen könnten (asim-Gutachten [UV-act. M82] S. 40/51). Bei der Beantwortung des Fragenkatalogs der Helsana hielten sich die Begutachtenden an die Vorgaben des Auftrags, beschränkten sich auf die Fachgebiete Orthopädie, Rheumatologie und Neurologie und wiesen die Folgen des Unfalls vom
16. Juli 2000 aus (Ziff. 7.2 ab S. 42/53), während im vorangehenden allgemeinen Teil des asim-Gutachtens nicht zwischen den Folgen der verschiedenen Unfälle (beim Trampolinspringen 1994, Motorradunfall 1996 sowie Autounfall vom 16. Juli 2000) unterschieden und auch krankheitsbedingte Gesundheitsbeeinträchtigungen beschrieben wurden.
Der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin macht zunächst geltend, strukturelle Verletzungen beim Unfall vom 16. Juli 2000 würden im asim-Gutachten nicht klar verneint (Antwort auf Frage 2.1, S. 43-46/51). In der Antwort auf Frage 2.2 ("Falls Sie eine solche strukturelle Läsion als nachgewiesen betrachten: Wie lange hat diese Läsion ihrer Ansicht nach bestanden bzw. war diese im Zeitpunkt ihrer Untersuchung noch nachweisbar" S. 45/51) würden Beschwerden bzw. Befunde beschrieben und es sei aufgrund der Fragestellung davon auszugehen, dass es sich dabei um strukturelle Verletzungen handle. Es trifft zu, dass die Begutachtenden die Teilfragen 2.1 und 2.2 nach strukturellen Verletzungen für sich betrachtet - nicht eindeutig beantworten. Eigentliche strukturelle Läsionen im Sinn von organisch objektiv ausgewiesenen Unfallfolgen bzw. objektivierbaren Untersuchungsergebnissen, die reproduzierbar und von der Person der Untersuchenden und den Angaben der Patientin unabhängig sind (vgl. SVR 2010 UV Nr. 6 S. 25 E. 2 mit Hinweis [Urteil des Bundesgerichts 8C_216/2009 vom 28. Oktober 2009; in BGE 135 V 465 nicht publizierte E. 2]), werden in ihren Antworten jedoch nicht aufgelistet. Es wurden keine Befunde erhoben, die als mit apparativen/bildgebenden Abklärungen bestätigte strukturelle Läsion bezeichnet werden können. Das gilt sowohl für die klinisch festgestellten Einschränkungen der Inklination und der Rotation der HWS als auch die radiologisch dokumentierte Streckhaltung (Antwort auf Frage 2.2, S. 45/51; vgl. Urteil des Bundesgerichts 8C_124/2008 vom 17. Oktober 2008 E. 6.1). In der Antwort auf Teilfrage 2.1 (S.
43-46/51) führen die Begutachtenden aus, dass allfällige Weichteilverletzungen nicht beweisbar seien. Sie begründen einlässlich, weshalb die linksseitigen Schulterbeschwerden nicht auf den Unfall vom 16. Juli 2000 zurückzuführen seien und dass ein Zusammenhang der Diagnosen und Behandlungen an der linken Hüfte mit dem Unfall zwar möglich aber nicht überwiegend wahrscheinlich sei. Diese Ausführungen und Antworten der Begutachtenden sind unglücklich platziert, weil sie zwar unter der Hauptfrage 2 "Organische Befunde und Diagnosen" stehen, die gestellten Teilfragen 2.1 und 2.2 jedoch nicht gezielt beantworten. Dass die Begutachtenden keine organisch objektiv ausgewiesenen Unfallfolgen beschrieben haben und dass sich in den medizinischen Akten keine solchen des Unfalls vom
16. Juli 2000 finden, wird jedoch wie die Beschwerdegegnerin zu Recht ausführt im
Vergleich mit der vorstehend zitierten Rechtsprechung klar.
Der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin führt weiter aus, die Begutachtenden würden nicht nachvollziehbar und schlüssig erklären, weshalb der (natürliche) Kausalzusammenhang mit dem Unfall bereits ab dem Zeitpunkt der Leistungseinstellung (31. Dezember 2000) nicht mehr gegeben bzw. nur noch möglich sein sollte.
Im rheumatologischen Fachgutachten vom 12. November 2007 (Beilage 2 zu UV-act. M82) erhob Oberarzt Dr. med. E. , Facharzt FMH für Innere Medizin und Rheumatologie, folgende rheumatologischen Diagnosen: Chronisches Schmerzsyndrom (ICD-10: M79.0) bei/mit: initial geringem organischen Korrelat; Status nach chirurgischer Hüftluxation; Pfannenrandtrimmung, Labrumfixation, Kopf-/ Schenkelhals-Taillierung links am 13. Januar 2006 bei gemischt femuro-acetabulärem Impingement Hüfte links; Status nach Re-Arthrotomie Hüfte links und Entfernung der Bohrerspitze am 13. Januar 2006; Status nach Schraubenentfernung am 4. August 2006; persistierender Periarthropathie der Hüfte links; Status nach SchulterArthroskopie mit hinterer Stabilisierung Juni 2003 bei Verdacht auf posttraumatische hintere Schulterinstabilität links, Differentialdiagnostik: posttraumatisch/ Hypermobilitätssyndrom (Beighton-Score 6/9); Status nach HWS-Distorsion 1994, 1996 und 2000; Hypermobilitätssyndrom Beighton-Score 6/9 (a.a.O. S. 5/8). Der begutachtende Rheumatologe führte in seiner Beurteilung sodann unter anderem aus: "In Anbetracht der heute zu erhebenden Befunde, der weiterhin relativ globalisiert, schwer lokalisierbar und diffus beklagten Symptome mit Fokussierung auf die Bereiche, in denen operative Eingriffe durchgeführt wurden wo sich anderweitige Traumata schadhaft manifestiert haben sollen, stehen für mich in diesem Fall Aspekte einer chronischen Schmerzstörung mit häufigem Arztwechsel (so lange bis sich einer findet, der einen organischen, evtl. operationsfähigen Kern der Beschwerden identifiziert) im Vordergrund gegenüber denen einer organischen Erkrankung. - Entsprechend kann ich, in detaillierter Kenntnis der Aktenlage die Einschätzung des Centre multidisciplinaire de la Douleur nicht in gleicher Weise in Frage stellen, wie dies der Vorgutachter des ABI tut. Nach meinem Dafürhalten muss in Anbetracht des Verlaufs, vermutlich in Übereinstimmung mit den sich diesbezüglich selbst als befangen bezeichnenden Rheumatologen der Klinik Balgrist, sogar davon ausgegangen werden, dass die Schmerzverarbeitungsstörung als Ursache des
'Versagens' der operativen Schmerztherapien sogar als primäres Korrelat des
ungünstigen Verlaufs bezeichnet werden muss." (Beilage 2 zu UV-act. M82 S. 7/8).
Unter Berücksichtigung der Vorakten, der eigenen Untersuchungen sowie aller Fachgutachten lautet die Antwort auf die Frage nach dem natürlichen Kausalzusammenhang im asim-Gutachten vom 1. Juli 2008 (3.1, UV-act. M82
S. 46/51): "Die zervikobrachialen Beschwerden könnten im Sinne eines late whiplash syndromes interpretiert werden. Wahrscheinlicher ist jedoch, bei sehr diffuser Schmerzangabe und ausgeweiteter Symptompräsentation ein Zusammenhang mit dem chronischen Schmerzsyndrom im Sinne Symptomausweitung vor dem Hintergrund der bereits 1999 im psychiatrischen Gutachten beschriebenen Somatisierungstendenz und Persönlichkeitsstörung ( ). Seit dem Unfall 2000 hat eine Chronifizierung und Ausbreitung der Schmerzen zu einem Panvertebralsyndrom eingesetzt. Ein Zusammenhang mit dem Unfall vom 16. Juli 2000 ist ab Zeitpunkt des Gutachtens bestenfalls noch möglich, aber nicht mehr überwiegend wahrscheinlich. Ein Zusammenhang mit den vorherigen Unfällen 1994 und 1996 aber ebenfalls möglich. ( )" Auf Nachfrage der Helsana hin präzisierte Dr. med. F. , Facharzt FMH für Innere Medizin und stellvertretender asim-Chefarzt, am 14. November 2008 (UV-act. M83 f.): "Wie aus den ausführlichen Darlegungen unseres Gutachtens unter 7.1. und speziell 7.2., Punkt 2.1 und 7.2., Punkt 3.1 unmissverständlich hervorgeht, ist die Unfallkausalität der aktuellen Beschwerden nicht gegeben und die vorbestehende Somatisierungsstörung ausschlaggebend für die aktuelle Beschwerdesituation - nebst den Folgen der diversen Operationen, deren Indikation hinterfragt werden kann (siehe entsprechende Ausführungen im Gutachten). - Entsprechend muss die Aussage unter Punkt 3.4.3 dahingehend korrigiert werden, dass der status quo ante nicht erreicht ist (aus unfallfremden Gründen), dass der status quo sine jedoch durchaus erreicht ist, indem die zugrunde liegende Psychopathologie ausschlaggebend ist für die Chronifizierung und Ausweitung der Beschwerden und dies auch ohne Unfall in gleichem Masse hätte auftreten können. - In erneuter Durchsicht der Akten und der Ausführungen des Gutachtens erscheint es plausibel, die Kausalität zum Zeitpunkt der Leistungseinstellung per 1. Januar 2001 als nicht mehr überwiegend wahrscheinlich einzustufen."
Ausser der nachträglich als Irrtum bezeichneten und in der Ergänzung vom
14. November 2008 korrigierten Angabe bezüglich Status quo sine unter Antwort 3.4.3 (UV-act. M82 S. 48/51 oben) sind im Gutachten vom 1. Juli 2008 keine Widersprüche zum Kausalzusammenhang ersichtlich. Vielmehr argumentieren sowohl das Gesamtgutachten als auch die einzelnen Fachgutachten dahingehend, dass die physischen Gesundheitsbeeinträchtigungen der Beschwerdeführerin nur beschränkte Zeit auf den Unfall vom 16. Juli 2000 zurückzuführen sind. Mit der Ergänzung vom
14. November 2008 wird präzisiert, dass die Kausalität zum Zeitpunkt der Leistungseinstellung per 1. Januar 2001 als nicht mehr überwiegend wahrscheinlich einzustufen ist.
Zusammenfassend ist im asim-Gutachten vom 1. Juli 2008 und der Ergänzung vom 14. November 2008 (UV-act. 82, 84) schlüssig dargetan, dass die physischen Gesundheitsbeeinträchtigungen der Beschwerdeführerin, die über den
31. Dezember 2000 hinaus geklagt werden, nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf den Unfall vom 16. Juli 2000 zurückzuführen sind und damit der natürliche Kausalzusammenhang fehlt.
Der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin macht zu Recht geltend, die Teilfragen 4.1 und 4.2 (UV-act. 82 S. 48/51) seien als solche widersprüchlich beantwortet. Bei Gesamtbetrachtung und vor allem unter Einbezug der Ergänzung vom
14. November 2008 wird dieser Widerspruch jedoch aufgelöst: Die Begutachtenden beschreiben weitere Behandlungsmöglichkeiten, verneinen jedoch eine Leistungspflicht der beschwerdegegnerischen Unfallversicherung, da die natürliche Kausalität nicht mehr überwiegend wahrscheinlich gegeben ist. Die Fragen nach dem Endzustand sind jedoch vorliegend nicht massgebend, da die Voraussetzungen der Leistungserbringung zu prüfen sind, nicht die Aufhebung der einmal anerkannten Leistungspflicht und deren Zeitpunkt (vgl. BGE 134 V 109 E. 3 f. S. 112 ff.), wie in der vorstehenden E. 1.3 ausgeführt.
Zusammenfassend kann für die vorliegend relevante Frage des natürlichen Kausalzusammenhangs zwischen dem Unfall vom 16. Juli 2000 und den physischen Gesundheitsbeeinträchtigungen der Beschwerdeführerin, die über den 31. Dezember 2000 hinaus geklagt werden, auf das asim-Gutachten vom 1. Juli 2008 und die
Ergänzung vom 14. November 2008 (UV-act. 82, 84) abgestellt werden. Sie sind für die streitigen Belange umfassend, beruhen auf allseitigen Untersuchungen, berücksichtigen auch die geklagten Beschwerden, sind in Kenntnis der Vorakten (Anamnese) abgegeben worden, leuchten in der Beurteilung der medizinischen Zusammenhänge und in der Beurteilung der medizinischen Situation ein und die Schlussfolgerungen der Experten und Expertinnen sind begründet (BGE 125 V 351
E. 3a S. 352). Auch bei ausdrücklicher Mitberücksichtigung des Gutachtens des Centre Multidisciplinaire de la Douleur vom 29. Januar 2001 (UV-act. M17 mit Übersetzung M18) und des interdisziplinären Gutachtens des Ärztlichen Begutachtungsinstituts (ABI), Basel, vom 11. Februar 2004 (UV-act. I/1), die bereits dem EVG für das Urteil
vom 16. September 2005 (U 207/03; UV-act. K71) vorlagen und als Vorakten durch die Begutachtenden des asim berücksichtigt wurden, ergibt sich keine andere Würdigung des natürlichen Kausalzusammenhangs. Eine weitere Leistungspflicht der Beschwerdegegnerin über den 31. Dezember 2000 hinaus ist nicht begründet und wurde in der Verfügung vom 1. Dezember 2008 und im Einspracheentscheid vom
8. April 2009 zu Recht verneint.
3.
Letztlich nicht zu beanstanden ist das Vorgehen der Beschwerdegegnerin bzgl. Ergänzungsfragen an die Begutachtenden: Dem Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin wurde das asim-Gutachten vom 1. Juli 2008 am 3. Juli 2008 zur allfälligen Stellungnahme zugestellt (UV-act. K113). Er gab diese am 14. Oktober 2008 ab. Dabei wies er auf "etwas widersprüchliche Angaben" des Gutachtens hin, stellte jedoch keinerlei Anträge auf Ergänzungsfragen an die Begutachtenden (UV-act. K118). Die Beschwerdegegnerin stellte solche am 31. Oktober 2008 ohne vorgängige Rücksprache mit dem Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin, bediente diesen jedoch mit einer Kopie des Schreibens an die Gutachterstelle (UV-act. M83, K119). Die Ergänzung der Gutachterstelle vom 14. November 2008 (UV-act. M84) wurde dem Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin am 26. November 2008 zugestellt und der Entscheid der Helsana in den nächsten Tagen in Aussicht gestellt (UV-act. K120). Hätten die Beschwerdeführerin bzw. ihr Rechtsvertreter auf weiteren Ergänzungsfragen an die Begutachtenden bestanden, hätten sie die Gelegenheit gehabt, auf diejenigen der Unfallversicherung sofort zu reagieren und solche zu stellen durch die
Beschwerdegegnerin stellen zu lassen. - Selbst wenn der Beschwerdegegnerin der Vorwurf gemacht werden kann, sie sei nicht korrekt vorgegangen und hätte die Gegenpartei vorgängig über die vorgesehenen Ergänzungsfragen informieren sollen, damit die Ergänzungsfragen hätten gemeinsam gestellt werden können (BGE 136 V 113 E. 5.4 S. 116), ist dieser allfällige Verfahrensmangel vorliegend geheilt, weil die Beschwerdeführerin keine Ergänzungsfragen stellen liess und auf diejenigen der Beschwerdegegnerin mit Stillschweigen reagierte (vgl. BGE 136 V 113 E. 5.5 S. 116 mit Hinweis).
4.
Im Sinn der vorstehenden Erwägungen ist die Beschwerde abzuweisen. Gerichtskosten sind gemäss Art. 61 lit. a des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG; SR 830.1) keine zu erheben.
Der Beschwerdeführerin wurde die unentgeltliche Rechtsverbeiständung am
10. Juli 2009 bewilligt (act. G 7). Sie kann indessen, wenn es ihre wirtschaftlichen Verhältnisse gestatten, zur Nachzahlung der Auslagen für die Vertretung verpflichtet werden (Art. 288 Abs. 1 des Zivilprozessgesetzes sGS 961.2, i.V.m. Art. 99 Abs. 2 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege, sGS 951.1). Zufolge der unentgeltlichen Rechtsverbeiständung ist der Staat zu verpflichten, für die Kosten der Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin aufzukommen, wobei dem unentgeltlichen Rechtsbeistand lediglich ein um 20% reduziertes Honorar zusteht (vgl. Art. 31 Abs. 3 des Anwaltsgesetzes, sGS 963.70; Honorarverordnung für Rechtsanwälte und Rechtsagenten [HonO; sGS 963.75]). Der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin hat am 6. Oktober 2009 eine Kostennote über insgesamt Fr. 3'815.50 (um 20% gekürztes Honorar von Fr. 3'450.-zuzüglich Barauslagen Fr. 96.-- und Mehrwertsteuer
Fr. 269.50; act. G 13) eingereicht. Das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen spricht in unfallversicherungsrechtlichen Verfahren gestützt auf Art. 22 Abs. 1 lit.b HonO regelmässig eine (ungekürzte) pauschale Entschädigung zwischen Fr. 3'500.-- und Fr. 4'500.-zu. Es ist kein Anlass ersichtlich, weshalb im vorliegenden Fall anders zu verfahren wäre. In Würdigung aller Umstände ist die Parteientschädigung vorliegend, wie in vergleichbaren Fällen üblich, ohne direkte Berücksichtigung des
geltend gemachten Zeitaufwandes von 17¼ Stunden auf Fr. 3'600.-- (80% von Fr. 4'500.-inkl. Barauslagen und Mehrwertsteuer) festzulegen.
Demgemäss hat das Versicherungsgericht
im Zirkulationsverfahren gemäss Art. 53 GerG entschieden:
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
Der Staat hat den Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin mit Fr. 3'600.-- (inkl.
Barauslagen und Mehrwertsteuer) zu entschädigen.
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