Zusammenfassung des Urteils UV 2007/24: Versicherungsgericht
Die Beschwerdeführerin war über die Arbeitslosenversicherung bei der Suva gegen die Folgen von Unfällen versichert. Nach einem Auffahrunfall im November 2002 erlitt sie ein HWS-Distorsionstrauma. Die Suva erbrachte zunächst die gesetzlichen Versicherungsleistungen, stellte diese jedoch später ein, da die Beschwerden nicht mehr unfallbedingt seien. Die Versicherte und ihre Krankenversicherung erhoben Einspruch, der jedoch abgewiesen wurde. Daraufhin reichte die Beschwerdeführerin Klage ein, um weiterhin Versicherungsleistungen zu erhalten. Es wurde festgestellt, dass die psychischen Beschwerden der Beschwerdeführerin nicht adäquat-kausal auf den Unfall zurückzuführen sind. Die Suva erbrachte fälschlicherweise auch nach der Leistungseinstellung im September 2006 weiterhin Behandlungskosten, die sie später zurückforderte. Die medizinische Behandlung der Beschwerdeführerin wurde als abgeschlossen betrachtet. Die Klage der Beschwerdeführerin wurde letztendlich abgewiesen, da kein adäquat-kausaler Zusammenhang zwischen den Beschwerden und dem Unfall festgestellt wurde.
Kanton: | SG |
Fallnummer: | UV 2007/24 |
Instanz: | Versicherungsgericht |
Abteilung: | UV - Unfallversicherung |
Datum: | 20.12.2007 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Entscheid Art. 6 UVG. Unfallkausalität von gesundheitlichen Einschränkungen im Nachgang zu einer HWS-Distorsion. Typisches Beschwerdebild mit einer Häufung von Beschwerden nach dem Unfall bejaht. Die zum typischen Beschwerdebild gehörenden physischen Anteile haben relativ bald nach dem Unfall an Bedeutung verloren. Adäquanzbeurteilung der ganz im Vordergrund stehenden psychischen Störungen gemäss BGE 115 V 138 (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 20. Dezember 2007, UV 2007/24). Bestätigt durch Urteil des Bundesgerichts 8C_124/2008. |
Schlagwörter : | Unfall; Beschwerden; Kausalzusammenhang; Behandlung; Suva-act; Verletzung; Recht; Unfälle; Gesundheit; Unfallfolge; Adäquanz; Untersuchung; Hinweis; MEDAS; Beschwerdebild; Gutachten; Unfallfolgen; Ursache; Hinweise; Entscheid; Beurteilung; Einsprache |
Rechtsnorm: | - |
Referenz BGE: | 115 V 133; 115 V 138; 115 V 139; 115 V 140; 117 V 359; 117 V 366; 117 V 369; 119 V 338; 119 V 341; 122 V 415; 123 III 110; 123 V 98; 123 V 99; 125 V 351; 125 V 413; 127 V 103; |
Kommentar: | - |
Entscheid vom 20. Dezember 2007 in Sachen
B. ,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Jakob Ackermann, Jonerhof, Postfach 2044, 8645 Jona,
gegen
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva), Fluhmattstrasse 1, Postfach 4358, 6002 Luzern,
Beschwerdegegnerin, betreffend Versicherungsleistungen Sachverhalt:
A.
Die 1953 geborene B. war über die Arbeitslosenversicherung bei der Suva gegen die Folgen von Unfällen versichert, als sie am 22. November 2002 als Lenkerin eines Personenwagens in einen Auffahrunfall verwickelt wurde. Die Versicherte erlitt dabei ein HWS-Distorsionstrauma (Suva-act. G 4.2/5, 6). Noch am Unfalltag wurde als Befund ein paravertebraler Hartspann und Muskelschmerz HWS rechts, links ins Occiput ausstrahlend, jedoch keine ossären Läsionen, Schwellungen Hämatome festgestellt. Die Suva erbrachte für den Unfall vom 22. November 2002 die gesetzlichen Versicherungsleistungen (Heilbehandlung und Taggeldleistungen). Nachdem sie eine erste Leistungseinstellung per 30. Juni 2005 zurückgenommen hatte, erfolgten weitere medizinische Abklärungen, insbesondere eine polydisziplinäre Begutachtung durch die MEDAS Ostschweiz.
In der biomechanischen Kurzbeurteilung vom 20. März 2003 (Suva-act. G 4.2/35) wurde eine kollisionsbedingte Geschwindigkeitsänderung (Delta-V) errechnet, die unterhalb innerhalb eines Bereichs von 10 - 15 km/h gelegen habe. Aus biomechanischer Sicht ergebe sich aufgrund der technischen und der medizinischen Unterlagen, dass die anschliessend an das Ereignis bei der Versicherten festgestellten Beschwerden und Befunde durch die Kollisionseinwirkung im Normalfall eher nicht erklärbar, im Hinblick auf die genannten Abweichungen vorbestehende Beschwerden, abweichende Körperhaltung jedoch eher erklärbar seien.
Mit Verfügung vom 26. September 2006 (Suva-act. G 4.3/206) eröffnete die Suva der Versicherten, dass die bestehenden Beschwerden nicht mehr unfallbedingt, sondern ausschliesslich krankhafter Natur seien. Der Zustand, wie er sich auch ohne den Unfall vom 22. November 2002 eingestellt hätte (Status quo sine), sei gemäss
medizinischer Beurteilung nach einem bis spätestens zwei Jahren wieder erreicht gewesen. Ebenso sei das psychische Beschwerdebild keine wahrscheinliche Unfallfolge mehr. Die Versicherungsleistungen würden daher per 30. September 2006 eingestellt.
Gegen diese Verfügung erhoben sowohl die Versicherte, als auch ihre Krankenversicherung Einsprache. Mit Einsprache-Entscheid vom 17. November 2006 (Suva-act. G 4.3/217) wies die Suva die Einsprachen ab.
B.
Gegen diesen Einsprache-Entscheid richtet sich die von Rechtsanwalt lic. iur. J. Ackermann, Jona, für die Versicherte eingereichte Beschwerde vom 19. Februar 2007 mit den Anträgen, die Ziffern 1-3 des Entscheids vom 17. November 2006 seien aufzuheben und der Beschwerdeführerin seien ab dem 30. September 2006 weiterhin die Versicherungsleistungen nach UVG (Heilbehandlung und Taggelder) zu erbringen; eventualiter seien eine angemessene Rente und eine Integritätsentschädigung auszurichten; alles unter Kostenund Entschädigungsfolge zu Lasten der Beschwerdegegnerin. Als vorsorgliche Massnahme seien weiterhin Taggelder sowie Heilbehandlungskosten auszurichten. Zur Begründung führt der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin im Wesentlichen aus, diese sei vor dem Auffahrunfall physisch und psychisch gesund und 100% arbeitsfähig gewesen. Die HWS-Skoliose sei unfallbedingt, habe sich doch bereits bei der Notfallbehandlung nach der heftigen Auffahrkollision radiologisch eine solche linkskonvexe Skoliose gezeigt. Die Kausalkette Unfallereignis und heutiger Gesundheitszustand bzw. Arbeitsunfähigkeit sei nicht unterbrochen worden. Die Behandlung sei nicht abgeschlossen, es finde noch gezielte Physiotherapie mit sanfter Mobilisierung und eine angemessene analgetische und myotonolytische Behandlung statt. Die typischen Beschwerden nach HWSDistorsionstrauma lägen unbestrittenermassen immer noch vor, womit der adäquate Kausalzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der gesundheitlichen Beeinträchtigung hergestellt sei. Wenn das Gericht zur Auffassung gelangen sollte, die Behandlung sei abgeschlossen, würden eine Suva-Rente aufgrund einer Invalidität von mindestens 50% und eine Integritätsentschädigung aufgrund einer Integritätseinbusse von mindestens 20% geltend gemacht.
In der Beschwerdeantwort vom 28. März 2007 beantragt die Beschwerdegegnerin Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei, und Bestätigung des Einsprache-Entscheids vom 17. November 2006. Sie erklärt die Erwägungen des angefochtenen Entscheids zum integrierenden Bestandteil der Beschwerdeantwort und legt zur Begründung zusätzlich dar, dass auf die in der Beschwerde geltend gemachte Ausrichtung einer Rente und einer Integritätsentschädigung nicht eingetreten werden könne, da solche Ansprüche nicht Gegenstand des Einspracheverfahrens gewesen seien. Sodann wurde auf das polydisziplinäre Gutachten der MEDAS Ostschweiz vom
12. Mai 2006 verwiesen. Das Gutachten geniesse volle Beweiskraft und stehe in Einklang mit den übrigen medizinischen Unterlagen des Unfalldossiers. Somit sei die Leistungseinstellung per 30. September 2006 ohne Zweifel als korrekt und rechtmässig zu beurteilen. Eine allfällige Adäquanzprüfung hätte nach BGE 115 V 133 zu erfolgen, da das Beschwerdebild eindeutig psychisch dominiert werde und die Beschwerdeführerin bereits vor dem Unfall an psychischen Störungen sowie an vertebralen Problemen gelitten habe. Die kollisionsbedingte Geschwindigkeitsänderung habe zwischen 10 und 15 km/h betragen, wodurch der Unfall gemäss Rechtsprechung als leicht zu qualifizieren und die adäquate Unfallkausalität ohne weitere Prüfung zu verneinen sei. Die Adäquanz müsste aber auch bei Annahme eines mittelschweren Ereignisses verneint werden, da die Kriterien gemäss Rechtsprechung weder in gehäufter noch in auffallender Weise erfüllt seien.
Mit Replik vom 26. April 2007 hielt der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin an seinen Standpunkten fest. Ergänzend fügte er im Wesentlichen hinzu, dass das polydisziplinäre Gutachten der MEDAS Ostschweiz die entscheidende Frage, ob die Heilung und Behandlungen abgeschlossen seien, nicht beantworte. Allerdings sei gemäss dem Gutachten eine psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung sinnvoll, wodurch erstellt sei, dass die Behandlung noch nicht abgeschlossen und die Suva leistungspflichtig sei. Sodann seien bei der Adäquanzbeurteilung die wichtigsten Kriterien nach BGE 115 V 140 und BGE 117 V 359 gegeben.
Mit Duplik vom 21. Mai 2007 hielt die Beschwerdegegnerin fest, der von der Beschwerdeführerin neu aufgelegte Bericht von Dr. A. , Chiropraktor, vom 26. April 2007 bestätige ihre Ausführungen, wonach eine funktionelle Dekompensation, welche weder natürlich noch adäquat unfallkausal sei, beschrieben werde. Sodann sei von
weiteren Therapien keine nachhaltige Verbesserung des Gesundheitszustands zu erwarten.
C.
Die Beschwerdeführerin beantragte in der Beschwerde vom 19. Februar 2007, es seien als vorsorgliche Massnahme weiterhin Taggelder sowie Heilungsund Behandlungskosten auszurichten und somit die mit dem angefochtenen EinspracheEntscheid vom 17. November 2007 entzogene aufschiebende Wirkung der Beschwerde wieder herzustellen. Mit Verfügung vom 5. April 2007 hat der Präsident des Versicherungsgerichts dieses Begehren abgewiesen.
D.
An der mündlichen Verhandlung vom 24. Oktober 2007 hielt der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin an seinen Anträgen fest. Auf seine Vorbringen wird soweit erforderlich in den nachfolgenden Erwägungen eingegangen. Die Beschwerdegegnerin hat auf eine Teilnahme an der mündlichen Verhandlung verzichtet.
Erwägungen: 1.
Streitig ist vorliegend, ob nach dem 30. September 2006 noch natürliche und adäquate Unfallfolgen vorliegen und demnach eine weitere Leistungspflicht der Beschwerdegegnerin besteht. Soweit die Beschwerdeführerin die Ausrichtung von Rentenleistungen und einer Integritätsentschädigung beantragen lässt, kann auf die Beschwerde nicht eingetreten werden, da diese Leistungsarten nicht Gegenstand des angefochtenen Entscheids bilden und mithin auch nicht Streitgegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens sein können (vgl. BGE 125 V 413).
2.
Gemäss ständiger Praxis des Eidgenössischen Versicherungsgerichts (EVG; seit 1. Januar 2007: Sozialversicherungsrechtliche Abteilungen des Bundesgerichts) kann ein nach einem versicherten Unfall aufgetretenes Leiden nur dann als dessen Folge betrachtet werden, wenn und soweit es sicher doch zumindest überwiegend wahrscheinlich von jenem Unfall herrührt (natürliche Kausalität; BGE 115 V 133 und 399 sowie 117 V 359 und 369). Die blosse Möglichkeit eines Zusammenhangs genügt für die Begründung eines Leistungsanspruchs nicht (BGE 119 V 338 und 118 V 289). Der Unfallversicherer haftet sodann nur für jene Folgen, die mit dem Unfall adäquatkausal zusammenhängen, wobei für die Adäquanz nicht die subjektive, sondern die objektive Voraussehbarkeit des eingetretenen Erfolgs entscheidend ist (SVR 2000 UV Nr. 14 S. 45). Adäquat ist der Kausalzusammenhang dann, wenn ein Ereignis geeignet ist, den eingetretenen Erfolg zu bewirken, so dass an andere Ursachen vernünftigerweise nicht zu denken ist (BGE 117 V 359 und 112 V 30). Während es Aufgabe des Arztes der Ärztin ist, den natürlichen Kausalzusammenhang zu beurteilen, obliegt es dem Gericht, die Frage nach dem adäquaten Kausalzusammenhang zu beantworten (BGE 123 III 110 E. 3a). Nicht jeder natürliche Kausalzusammenhang ist zugleich in rechtlicher Hinsicht adäquat. Der adäquate Kausalzusammenhang ist ein Korrektiv zum naturwissenschaftlichen Ursachenbegriff, der vom Recht als natürliche Kausalität übernommen wurde, aber der Einschränkung bedarf, um für die rechtliche Verantwortlichkeit tragbar zu sein und eine vernünftige Begrenzung der Haftung zu ermöglichen (BGE 122 V 415 E. 2c und 123 III 110 E. 3a).
Im Bereich klar ausgewiesener organischer Unfallfolgen im Sinn von nachweisbaren strukturellen Veränderungen (organisches Substrat konnte mit Bild gebenden Untersuchungsmethoden [Röntgen, Computertomogramm, EEG] nachgewiesen werden) spielt die Adäquanz als rechtliche Eingrenzung der sich aus dem natürlichen Kausalzusammenhang ergebenden Haftung des Unfallversicherers praktisch keine Rolle. Sie ist bei ausgewiesener natürlicher Kausalität ohne Weiteres zu bejahen (BGE 127 V 103 E. 5b/bb, 123 V 102 E. 3b, 118 V 291 E. 3a, 117 V 365 E. 5d/bb mit
Hinweisen). Sind dagegen die Unfallfolgen organisch nicht (hinreichend) fassbar, bewirkt die Bejahung der natürlichen Kausalität nicht automatisch auch die Bejahung der adäquaten Kausalität, können doch gerade klinische Befunde erfahrungsgemäss auch psychisch ausgelöst werden. In diesen Fällen ist eine eigenständige Adäquanzbeurteilung durchzuführen, bei welcher wie folgt zu differenzieren ist: Es ist
zunächst abzuklären, ob die versicherte Person beim Unfall ein Schleudertrauma erlitten hat. Ist dies nicht der Fall, gelangt die Rechtsprechung gemäss BGE 115 V 140
E. 6c/aa zur Anwendung. Ergeben die Abklärungen indessen, dass die versicherte Person eine Schleudertraumaverletzung erlitten hat, muss geprüft werden, ob die zum typischen Beschwerdebild einer solchen Verletzung gehörenden Beeinträchtigungen zwar teilweise vorliegen, im Vergleich zur psychischen Problematik aber ganz in den Hintergrund treten. Trifft dies zu, sind für die Adäquanzbeurteilung ebenfalls die in BGE 115 V 140 E. 6c/aa für Unfälle mit psychischen Unfallfolgen aufgestellten Grundsätze massgebend (BGE 123 V 99 E. 2a), andernfalls erfolgt die Beurteilung der Adäquanz gemäss den in BGE 117 V 366 E. 6a und 382 E. 4b festgelegten Kriterien (BGE 127 V 103 E. 5b/bb). Die Anwendung der Rechtsprechung zum adäquaten Kausalzusammenhang bei Schleudertraumen der HWS setzt voraus, dass die psychischen Beschwerden aus dem Unfall hervorgehen und zusammen mit den organischen Beschwerden, die ebenfalls auf das Unfallereignis zurückzuführen sind, ein komplexes Gesamtbild ergeben (RKUV 2000 Nr. U 397 S. 328 E. 3b).
3.
Den medizinischen Akten ist zu entnehmen, dass die von der Beschwerdeführerin über den 30. September 2006 hinaus geklagten Beschwerden nicht mit klar ausgewiesenen organischen Befunden im Sinn nachweisbarer struktureller Veränderungen erklärbar sind. Die am Unfalltag im Kreisspital Männedorf durchgeführte Untersuchung ergab keine neurologischen Ausfälle Auffälligkeiten sowie keine ossären Läsionen. Als Befunde wurden ein paravertebraler Hartspann und Muskelschmerz HWS rechts, links ins Occiput ausstrahlend sowie wenig schmerzhafte Bewegungseinschränkungen des Nackens erhoben. Dabei stellen Druckdolenzen und Bewegungseinschränkungen praxisgemäss grundsätzlich kein klar fassbares, organisches Substrat dar (vgl. Urteile des EVG vom 3. August 2005 [U 9/05] i/S M., E. 4 und vom 23. November 2004 [U 109/04] i/S B., E. 2.2). Gemäss Notfallbericht des Kreisspitals Männedorf vom 29. November 2002 (Suva-act. G 4.2/6) zeigte sich anlässlich der Untersuchung am Unfalltag radiologisch eine linkskonvexe HWS-Skoliose und eine Stufe C5/6 von 3 mm sowie eine leichte Bandscheibenhöhenabnahme. Die von Dr. B. , Facharzt FMH für Neurologie, durchgeführte HWS-Computertomographie vom 30. August 2004 (Suvaact. G 4.2/118) ergab eine Fehlform der HWS mit Kyphosierung C5/6 bei
Osteochondrose und Spondylose, deren Ursache unbestrittenermassen degenerativer Natur sei sowie eine nur diskrete diffuse Protrusion der Bandscheibe C5/6. Diesbezüglich gilt es festzuhalten, dass es einer medizinischen Erfahrungstatsache im Bereich des Unfallversicherungsrechts entspricht, dass praktisch alle Diskushernien bei Vorliegen degenerativer Bandscheibenveränderungen entstehen und ein Unfallereignis nur ausnahmsweise unter besonderen Voraussetzungen als eigentliche Ursache in Betracht fällt (RKUV 2000 Nr. U 379 S. 193 Erw. 2a). Bei einer Skoliose handelt es sich um eine vorbestehende Wachstumsdeformität, die gerade degenerative Veränderungen wie Spondylosen zur Folge hat (vgl. dazu ALFRED M. DEBRUNNER, 4. Aufl., Bern 2002, S. 827). Somit sind den medizinischen Akten keine klar fassbaren, organischen Korrelate zu entnehmen, welche nicht degenerativen bzw. krankheitsbedingten Ursprungs sind.
4.
Nach den Ergebnissen der medizinischen Forschung ist bekannt, dass bei Schleuderverletzungen sowie bei äquivalenten Distorsionen der HWS (vgl. dazu RKUV 1999 Nr. 341 S. 408 E. 3b), d.h. bei so genannten Beschleunigungsverletzungen der HWS, auch ohne nachweisbare pathologische bzw. organische Befunde noch Jahre nach dem Unfall funktionelle Ausfälle verschiedenster Art auftreten können. Der Umstand, dass die für ein Schleudertrauma eine Distorsion der HWS typischen Beschwerden nicht mit entsprechenden Untersuchungsmethoden (Röntgen, Computertomogramm, EEG) objektivierbar sind, rechtfertigt für sich allein nicht, die diesbezüglichen Beschwerden in Abrede zu stellen (BGE 117 V 359 E. 5d/aa). Gemäss den medizinischen Akten sowie mit Blick auf den Unfallmechanismus vom 22. November 2002 ein nachfolgender Personenwagen fuhr mit der Front gegen das Heck des Personenwagens, in dem die Beschwerdeführerin sass ist unbestrittenermassen davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin eine Beschleunigungsverletzung der HWS erlitten hat.
Ist ein Schleudertrauma eine äquivalente Verletzung der HWS diagnostiziert und liegt ein für diese Verletzung typisches Beschwerdebild mit einer Häufung von Beschwerden wie diffuse Kopfschmerzen, Schwindel, Konzentrationsund Gedächtnisstörungen, Übelkeit, rasche Ermüdbarkeit und Visusstörungen, Reizbarkeit,
Affektlabilität, Depression, Wesensveränderung usw. vor, so ist der natürliche Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und der danach eingetretenen Arbeitsund Erwerbsunfähigkeit in der Regel anzunehmen (BGE 117 V 359 E. 4b; vgl. auch BGE 117 V 369 E. 3e). Nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichts (Urteile vom 30. Januar 2007 [U 215/05] i/S T. und vom 15. März 2007 [U 258/06] i/S G.) muss bei einer HWS-Verletzung das typische Beschwerdebild mit einer Häufung von Beschwerden nicht in seiner umfassenden Ausprägung innerhalb von 24 bis höchstens 72 Stunden nach dem Unfall auftreten. Vielmehr genügt es, wenn sich in diesem Zeitraum Beschwerden in der Halsregion an der HWS manifestieren (RKUV 2000 Nr. 359 S. 29 E. 5e). Die andern im Rahmen eines Schleudertraumas einer HWSDistorsion typischerweise auftretenden Beschwerden müssen sich jedoch immerhin in einem Zeitraum manifestieren, der es erlaubt, vom Vorhandensein eines natürlichen Kausalzusammenhangs auszugehen.
Bei der Beschwerdeführerin sind laut Bericht des Kreisspitals Männedorf vom 23. November 2002 (Suva-act. G 4.2/5) innerhalb der erforderlichen Latenzzeit zunehmend in den Kopf ausstrahlende Nackenschmerzen aufgetreten. Mit Bericht vom 29. November 2002 (Suva-act. G 4.2/6) wurden persistierende Schmerzen parieto-occipital festgestellt und die Beschwerdeführerin beklagte sich über Schwindelgefühle und Übelkeit. Anlässlich des stationären Aufenthalts in der Klinik Valens teilte die Beschwerdeführerin mit (Suva-act. G 4.2/47), dass sich nach dem Unfall Nackenschmerzen, Schmerzen im Kieferbereich, Konzentrationsstörungen mit vorübergehender Sehschwäche und Angstzustände entwickelt hätten. Gemäss kreisärztlicher Untersuchung vom 21. Juli 2003 (Suva-act. G 4.2/57) war bei der Beschwerdeführerin von Depressionen, Wut, brennenden Nackenschmerzen, Taubheitsgefühlen in den Händen, Vergesslichkeit und Konzentrationsproblemen die Rede. Die anfänglich vorhandenen Gleichgewichtsstörungen seien abgeklungen. Insgesamt kann angesichts dieser Aktenlage vom Auftreten eines typischen bunten Beschwerdebilds mit einer Häufung von Beschwerden gesprochen werden, das als natürlich-kausale Unfallfolge eines HWS-Traumas zu betrachten ist. Entsprechend hat die Beschwerdegegnerin einen diesbezüglichen Leistungsanspruch der Beschwerdeführerin bis am 30. September 2006 auch anerkannt.
5.
Wenn die Beschwerdegegnerin nun geltend macht, ab 1. Oktober 2006 seien keine Unfallfolgen mehr vorhanden, so ist darauf hinzuweisen, dass die Leistungspflicht des Unfallversicherers erst entfällt, wenn das Dahinfallen jeder kausalen Bedeutung von unfallbedingten Ursachen eines Gesundheitsschadens mit dem im Sozialversicherungsrecht allgemein üblichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit nachgewiesen ist. Da es sich dabei um eine anspruchsaufhebende Tatfrage handelt, liegt die Beweislast anders als bei der Frage, ob ein leistungsbegründender natürlicher Kausalzusammenhang gegeben ist - nicht bei der versicherten Person, sondern beim Unfallversicherer (RKUV 2000 Nr. U 363 S. 46 E. 2 mit Hinweisen). Dabei muss nicht etwa der Beweis für unfallfremde Ursachen erbracht werden. Welche Ursachen ein nach wie vor geklagtes Leiden hat, ob es Krankheitsursachen, ein Geburtsgebrechen degenerative Veränderungen sind, ist unerheblich. Denn es ist nicht so, dass der Unfallversicherer bei einmal bejahter Unfallkausalität so lange haftet, als er unfallfremde Ursachen nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nachzuweisen vermag. Entscheidend ist allein, ob unfallbedingte Ursachen eines Gesundheitsschadens ihre kausale Bedeutung verloren haben, also dahin gefallen sind (RKUV 1994 Nr. U 206 S. 329 E. 3b). Ebenso wenig geht es darum, vom Unfallversicherer den negativen Beweis zu verlangen, dass kein Gesundheitsschaden mehr vorliegt dass die versicherte Person nun bei voller Gesundheit sei (Urteile des EVG vom 18. Dezember 2003 [U 258/02] i/S Z., 25. Oktober 2002 [U 143/02] i/S L. und vom 31. August 2001 [U 285/00] i/S O.).
Bei der Prüfung der natürlichen Kausalität ist zu beachten, dass es auch im Bereich von schleudertraumatypischen Beschwerden für die Leistungsberechtigung gegenüber dem Unfallversicherer erforderlich ist, dass die geklagten Beschwerden medizinisch einer fassbaren gesundheitlichen Beeinträchtigung zugeschrieben werden können und dass diese Gesundheitsschädigung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit in einem ursächlichen (natürlichen) Zusammenhang mit dem versicherten Unfall steht (BGE 119 V 341 E. 2b/bb). Gemäss Notfallbericht der Chirurgischen Klinik des Kreisspitals Männedorf vom 23. November 2002 (Suva-act. G 4.2/5) wurden ein paravertebraler Hartspann und Muskelschmerz HWS rechts, links ins Occiput ausstrahlend festgestellt. Neurologische Ausfälle, Prellmarken ossäre Läsionen konnten nicht ausgemacht werden. Vom 20. Mai bis 7. Juni 2003 erfolgte ein stationärer Aufenthalt in der Klinik Valens. Im Austrittsbericht vom 19. Juni 2003 (Suva-act. G 4.2/47) wurde ein
zervikospondylogenes Syndrom mit Status nach einem HWS-Distorsionstrauma, eine Hypermobilität C4/5 und C5/6 und eine muskuläre Dysbalance diagnostiziert. Klinisch wurde ein deutlicher Hypertonus der Nackenund Trapeziusmuskulatur beidseits sowie der Paravertebralmuskulatur des thorakolumbalen Übergangs festgestellt. Die Beweglichkeit der HWS sei in allen Ebenen um 1/3 schmerzhaft eingeschränkt. Die kreisärztliche Untersuchung durch Dr. med. C. vom 15. Oktober 2003 (Suva-act. G 4.2/84) ergab eine Palpa¬tionsempfindlichkeit der mittleren und unteren HWS sowie der oberen BWS bis zum Kyphosescheitel. Die Nackenmuskulatur sei bei Neutralhaltung des Kopfs weich und bei der Palpation nicht empfindlich. Diffus stark palpationsempfindlich sei aber die ganze Schultergürtelmuskulatur, insbesondere auch der Trapezius Pars horizontalis und Pars descendens und der Levator scapulae beidseits. Die aktive HWS-Beweglichkeit sei eingeschränkt. In erster Linie habe bei der Beschwerdeführerin eine fachpsychiatrische Betreuung zu erfolgen. Aufgrund der psychischen Verfassung überrasche es nicht, dass das chronifiziert verlaufende Beschwerdebild keinem genauer definierbarem organischen Schaden zuzuordnen sei. Dr. med. D. , Psychiatrie und Psychotherapie FMH, diagnostizierte im Bericht vom
18. Dezember 2004 (Suva-act. G 4.2/123) eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, Angst und depressive Störung sowie eine posttraumatische Anpassungsstörung. Das Schleudertrauma vom 22. November 2002 sei der Auslöser der festgestellten psychiatrischen Diagnosen gewesen. Selbst bestehende depressive Symptome hätten davor nie zu einer Einschränkung der Arbeitsfähigkeit geführt. Die neurologische Untersuchung durch Dr. med. E. , Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, vom 30. März 2005 (Suva-act. G 4.2/143) ergab ein chronisches Zervikalsyndrom, eine somatoforme Schmerzstörung mit Angst, Depressivität und unspezifischen Missempfindungen, eine posttraumatische Anpassungsstörung, jedoch keine Hinweise auf Erkrankungen Verletzungen des Nervensystems. Weder anamnestisch noch klinisch beständen Hinweise für eine Verletzung des Gehirns. Die neurologische Untersuchung habe keine Anzeichen für eine organische Störung des zentralen peripheren Nervensystems ergeben. Klinisch gäbe es auch keine Hinweise auf eine Läsion einer cervikalen Wurzel für eine cervikale Myelopathie. Die Untersuchung habe ein Zervikalsyndrom mit Einschränkung der Beweglichkeit sowie Verspannungen im Nacken und Schultergürtelbereich ergeben. Zusätzlich sei eine funktionelle sensible Hemisymptomatik rechts nachweisbar. Ebenfalls gebe es
Hinweise für eine überwiegend schmerzbedingte funktionelle Parese der oberen Extremität beidseits. Aus neurologischer Sicht seien keine weiteren Abklärungen Behandlungen notwendig. Es werde eine psychotherapeutische Begleitung empfohlen. Dr. B. stellte nach erneuter Untersuchung vom 22. Februar 2006 (Suva-act. G 4.2/184) ein chronifiziertes Zervikalsyndrom mit erheblich eingeschränkter Beweglichkeit, mit myofascialer Symptomatik und Cervikobrachialgien sowie Lumboischialgie links fest. Die Beschwerdeführerin benötige gezielte Physiotherapie mit sanfter Mobilisierung, vorsichtigen Dehnübungen und eine angemessene analgetische sowie myotonolytische Behandlung. Die polydisziplinäre medizinische Begutachtung durch die MEDAS Ostschweiz (Suva-act. G 4.3/202) ergab nach Durchführung eines psychiatrischen, eines neuropsychologischen und eines neurologischen Konsiliargutachtens als Diagnosen ein diffuses chronisches Schmerzsyndrom craniozephal und -brachial beidseits sowie panvertebral und
pectoral mit vielen vegetativen Begleitbeschwerden und dissoziativen Störungen in den Extremitäten und im Gesicht, einen gemischten Zustand aus Angst und Depression bei ursprünglicher Anpassungsstörung, eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, eine stark akzentuierte Persönlichkeit mit sensitiv-paranoischen, narzisstischen und histrionischen Zügen und multifaktoriell, hauptsächlich durch psychische sowie Schmerzfaktoren bedingte kognitive Leistungsschwankungen/-beeinträchtigungen von leicht bis mittelschwerer Ausprägung. Das im Rahmen der MEDAS Begutachtung durch Dr. med. F. , Facharzt für Neurologie, durchgeführte neurologische Konsiliargutachten ergab ein cranio-zervikales Schmerzsyndrom bei Status nach zervikalem Beschleunigungstrauma vom 22. November 2002 mit nachfolgendem zervico-brachialem, aber auch Ganzkörperschmerzsyndrom, ohne Hinweise auf fokal neurologische Defizite, auf eine zentrale Hirnparenchymschädigung für eine spinale, radikuläre periphere Nervenschädigung bei degenerativer HWSVeränderung, insbesondere in Höhe C5/6 mit Osteochondrosen und Spondylarthrosen, ohne Hinweise auf Myelopathie Radiculopathie. Im engeren Sinn als organische Genese objektivierbar seien lediglich die diskreten Abnützungsveränderungen vorwiegend der 5. Bandscheibe mit begleitenden Arthrosen der benachbarten Wirbelgelenke, welche ein übliches Altersausmass nicht übersteigen würden.
Den medizinischen Akten ist zu entnehmen, dass aus somatischer Sicht bei sämtlichen Diagnosen ein chronisches zervikales Schmerzsyndrom im Vordergrund steht. Die
Diag¬nose eines Schmerzsyndroms bedeutet keinesfalls automatisch auch das Vorliegen einer unfallkausalen organischen Gesundheitsschädigung. Laut ROCHE LEXIKON MEDIZIN (München 1984, S. 1540) handelt es sich bei einem Syndrom um ein sich stets mit etwa den gleichen Krankheitszeichen, d.h. einer Symptomatik mit weitgehend identischem "Symptommuster", manifestierendes Krankheitsbild mit unbekannter, vieldeutiger, durch vielfältige Ursachen bedingter nur teilweise bekannter Ätiogenese. Zur jeweiligen Diagnose führt mithin eher das vom jeweiligen Patienten subjektiv angegebene "Symp¬tommuster" als ein objektiv erhobener organischer Befund. Der Zusatz "chronifiziert" weist gleichfalls nicht auf ein unfallkausales organisches Substrat hin. Im Verlauf einer Chronifizierung wird das ursprünglich erlittene Verletzungsmuster für das Ausmass der erlebten Behinderung immer bedeutungsloser. Andere Faktoren, wie zum Beispiel das Individuum selber, die Arbeitsumstände, das soziale Umfeld, das medizinische und legale System sowie ökonomische Umstände spielen eine massgebende Rolle (vgl. BÄR/BERTRAND/ KINER, Medizinische Mitteilungen der Suva Nr. 67 vom Dezember 1994, S. 45ff.) Bei der Osteochondrose sowie der Spondylose handelt es sich sodann um häufige degenerative also nicht traumatisch bedingte - Veränderungen an der Wirbelsäule, die Folgeoder Begleiterscheinungen einer Diskushernie bilden können (vgl. dazu ALFRED
M. DEBRUNNER, a.a.O., S. 852.; PSCHYREMBEL, Klinisches Wörterbuch, 259. Aufl.,
S. 1223, 1571). Gemäss MEDAS-Gutachten vom 12. Mai 2006 gehen die sich diffus ausbreitenden Schmerzen weit über das typische Beschwerdebild eines Schleudertraumas hinaus und sind am ehesten im Rahmen der aufgeführten psychosozialen Belastungsfaktoren zu sehen. Die somatischen unfallbedingten Beschwerden hätten spätestens 2 Jahre nach dem Unfall abgeklungen sein müssen. Auch von Seiten der medizinischen Forschung (GERHARD JENZER, Klinische Aspekte bei HWS-Belastungen durch Kopfanprall Beschleunigungsmechanismus; Grenzbereich zum leichten Schädel-Hirn-Trauma, in: SZS 1996 S. 462 ff.) wird festgehalten, der typische posttraumatische Verlauf nach einem leichten Schädelhirntrauma bzw. einer Beschleunigungsverletzung entspreche einer Erholung innert sechs bis zwölf Wochen (JENZER, a.a.O., S. 467). Ungewöhnlich lang dauernde und schwere Verläufe nach Beschleunigungsverletzungen würden bei Fehlen der klinischen Kriterien einer traumatischen Hirnbzw. HWS-Schädigung nach einer Interpretation ausserhalb einer hirnorganischen Schädigung bzw. Schädigung im HWS-
Bereich rufen (JENZER, a.a.O., S. 469 mit Hinweis und S. 463; vgl. auch B.P. RADANOV, Über den Stellenwert der neuropsychologischen Diag¬nostik bei Patienten nach HWS-Distorsion, in: SZS 1996 S. 471 ff. und S. 475). Im Übrigen ist von Bedeutung, dass eine gesundheitliche Schädigung nicht schon dann als durch den Unfall verursacht gelten kann, wenn sie zeitlich nach diesem aufgetreten ist (vgl. BGE 119 V 341 f.). Das durch die MEDAS erstellte Gutachten wurde unter umfassender Würdigung sämtlicher Akten erstellt, die Beurteilung der medizinischen Zusammenhänge ist einleuchtend und die Schlussfolgerungen sind begründet und nachvollziehbar. Dem Gutachten kommt somit volle Beweiskraft zu (vgl. BGE 125 V 351 E. 3a mit Hinweisen). Zusammenfassend ist festzuhalten, dass angesichts der dargelegten medizinischen Befunde mit dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass die beim Unfall vom 22. November 2002 erlittene HWS-Verletzung spätestens bis zur Einstellung der Versicherungsleistungen per 30. September 2006 vollständig abgeheilt war und deswegen eine natürliche Kausalität zwischen den geklagten Beschwerden und dem fraglichen Unfall im Sinn des Vorliegens von organischen Restfolgen der HWSVerletzung zu verneinen ist.
Entsprechend den vorangehenden Erwägungen ergeben die psychischen Beschwerden zusammen mit den Beschwerden, die sich organisch bemerkbar gemacht haben bei hinreichend abgeklärtem Zustand kein komplexes Gesamtbild (vgl. RKUV 2000 Nr. U 397 S. 328 E. 3b). Vielmehr sind sie im Rahmen der am 22. November 2002 erlittenen HWS-Verletzung als Symptomausweitung zu deuten, welche vorerst zunehmend und in der Folge ausschliesslich die fortbestehenden organischen Beschwerden bestimmt haben. Die zum typischen Beschwerdebild gehörenden physischen Anteile haben demgegenüber relativ bald nach dem Unfall an Bedeutung verloren. Ausserdem ist dem MEDAS-Gutachten zu entnehmen, dass bei der Beschwerdeführerin eine vorbestehende psychische Problematik in Form einer Persönlichkeitsstörung festgestellt wurde. Die Beurteilung des adäquaten Kausalzusammenhangs hat dementsprechend praxisgemäss nicht nach den für Schleudertraumen und schleudertraumaähnlichen Verletzungen der HWS (BGE 117 V 359 ff.), sondern nach den für psychische Unfallfolgen (BGE 115 V 133 ff.) geltenden Regeln zu erfolgen (BGE 123 V 98 ff.; RKUV 2002 Nr. U 465 S. 437ff.).
6.
Bei der Beurteilung des Kausalzusammenhangs zwischen dem Unfall und einer anschliessend einsetzenden psychischen Fehlentwicklung mit Einschränkung der Arbeitsund Erwerbsfähigkeit ist nach der Rechtsprechung (BGE 115 V 138 ff. Erw. 6, bestätigt unter anderem in SVR 1999 UV Nr. 10 S. 31) vom Unfallereignis auszugehen. Dabei besteht ein adäquater Kausalzusammenhang zwischen den Beschwerden und dem Unfall, wenn dem Unfall eine massgebende Bedeutung für die Entstehung der Beschwerden zukommt. In objektivierter Betrachtungsweise werden die Unfälle nach ihrer erfahrungsgemässen Eignung, psychische Beschwerden zu bewirken, eingeteilt in banale und leichte Unfälle einerseits, schwere Unfälle anderseits und in einen dazwischen liegenden mittleren Bereich der mittelschweren Unfälle. Bei banalen Unfällen kann der adäquate Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und psychischen Gesundheitsstörungen in der Regel ohne weiteres verneint werden, weil auf Grund der allgemeinen Lebenserfahrung davon ausgegangen werden darf, dass ein solcher Unfall nicht geeignet ist, einen invalidisierenden psychischen Gesundheitsschaden zu verursachen. Bei schweren Unfällen dagegen ist der adäquate Kausalzusammenhang zwischen Unfall und psychisch bedingter Erwerbsunfähigkeit in der Regel zu bejahen. Denn nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und nach der allgemeinen Lebenserfahrung sind solche Unfälle geeignet, invalidisierende psychische Gesundheitsschäden zu bewirken. Dabei gelten als schwer nur solche Unfälle, bei denen sämtliche Umstände, insbesondere die Dramatik des Unfallereignisses und die Dauer desselben wie auch die somatischen Unfallfolgen eine für die versicherte Person aussergewöhnliche Eindrücklichkeit aufweisen. Mithin können auch Unfälle, die im Volksmund als schwer bezeichnet werden, keine der Rechtsprechung zur obligatorischen Unfallversicherung entsprechende Schwere aufweisen. Bei Unfällen im mittleren Bereich lässt sich die Frage, ob zwischen Unfall und psychisch bedingter Erwerbsunfähigkeit ein adäquater Kausalzusammenhang besteht, nicht aufgrund des Unfalls allein schlüssig beantworten. Vielmehr sind weitere, objektiv fassbare Umstände, welche unmittelbar mit dem Unfall im Zusammenhang stehen als direkte bzw. indirekte Folge davon erscheinen, in eine Gesamtwürdigung einzubeziehen (BGE 115 V 139 Erw. 6a-c). Dabei müssen rechtsprechungsgemäss (vgl. BGE 115 V 140 Erw. 6c; SVR 1999 UV Nr. 10 S. 31 Erw. 2, 2001 UV Nr. 8 S. 32, je mit
Hinweisen) die weiteren unfallbezogenen Kriterien entweder in gehäufter oder
auffallender Weise ein einziges Kriterium in besonders ausgeprägter Weise erfüllt sein, damit die Adäquanz bejaht werden kann. Als wichtigste Kriterien gelten dabei:
besonders dramatische Begleitumstände besondere Eindrücklichkeit des Unfalls,
die Schwere besondere Art der erlittenen Verletzungen, insbesondere ihre erfahrungsgemässe Eignung, psychische Fehlentwicklungen auszulösen,
ungewöhnlich lange Dauer der ärztlichen Behandlung,
körperliche Dauerschmerzen,
ärztliche Fehlbehandlung, welche die Unfallfolgen erheblich verschlimmert,
schwieriger Heilungsverlauf und erhebliche Komplikationen,
Grad und Dauer der physisch bedingten Arbeitsunfähigkeit.
Die Parteien sind sich einig, dass der Unfall der Beschwerdeführerin bei der im Rahmen der Prüfung des adäquaten Kausalzusammenhangs vorzunehmenden Katalogisierung aufgrund des Geschehensablaufs, der biomechanischen Beurteilung, bei welcher von einer Geschwindigkeitsänderung von unterhalb innerhalb eines Bereichs von 10 - 15 km/h ausgegangen wurde (vgl. Urteil des EVG vom 17. Juli 2006 [U 206/06] i/S Th.) sowie mit Blick auf die entsprechende Kasuistik (vgl. RUMOJUNGO, Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Sozialversicherungsrechts, UVG, 3. Aufl., S. 55 ff.) den mittelschweren Unfällen zuzuordnen ist. Die Frage nach der genaueren Zuteilung innerhalb der mittelschweren Unfälle braucht vorliegend nicht beantwortet zu werden, weil die nachfolgende Beurteilung zeigt, dass keines der dabei zu erfüllenden Zusatzkriterien in wesentlichem Ausmass erfüllt ist. Ebenso kann die Frage offen bleiben, ob es sich bei den bestehenden psychischen Gesundheitsstörungen um eine natürliche Folge des versicherten Unfalls handelt, wenn ein adäquater Kausalzusammenhang zwischen den psychischen Störungen und dem Unfall verneint werden muss (SVR 1995 UV Nr. 23 S. 67).
Beim Verkehrsunfall vom 22. November 2002 kann nicht von einer besonderen Eindrücklichkeit von besonders dramatischen Begleitumständen ausgegangen
werden, welche objektiv geeignet wären, bei Betroffenen psychische Abläufe in Bewegung zu setzen, die an den nachfolgenden psychischen Fehlentwicklungen mitbeteiligt sein können. Das Kriterium der Schwere besonderen Art der erlittenen Verletzung ist ebenso nicht erfüllt. Die nach der HWS-Verletzung aufgetretenen Beschwerden mögen wohl als unangenehm bezeichnet werden; um schwere gesundheitliche Beeinträchtigungen, wie sie nach Verkehrsunfällen auftreten können, handelt es sich jedoch dabei nicht. Strukturelle Schädigungen äussere Verletzungen hat die Beschwerdeführerin keine erlitten. Anzeichen für eine fachärztliche Fehlbehandlung, welche die Unfallfolgen erheblich verschlimmert hätte, sind aus den medizinischen Akten nicht ersichtlich. Im Zusammenhang mit der Frage der Dauer der ärztlichen Behandlung und der körperlichen Dauerschmerzen ist zu beachten, dass das nach der HWS-Verletzung aufgetretene Beschwerdebild ab der kreisärztlichen Untersuchung vom 15. Oktober 2003 (Suva-act. G 4.2/84) nicht mehr vorwiegend durch organische, sondern vielmehr durch psychische Faktoren aufrechterhalten wurde, der psychische Gesundheitsschaden aber nicht in die Adäquanzbeurteilung einbezogen werden darf (BGE 123 V 99 E. 2a). Bei dieser Zeitspanne kann auch keinesfalls von einer ungewöhnlich langen Dauer der ärztlichen Behandlung gesprochen werden. Abgesehen von einem stationären Aufenthalt in der Klinik Valens erfolgte sodann lediglich die Abgabe schmerzlindernder Medikamente und verschiedene Physiotherapien. Mangels bleibender physischer Verletzung erübrigen sich schliesslich auch die Fragen nach der Schwierigkeit des Heilungsverlaufs und der Erheblichkeit von diesbezüglichen Komplikationen. Dem MEDAS-Gutachten ist unter Berücksichtigung aller Aspekte für körperlich leichtere Tätigkeiten eine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit von 50% zu entnehmen. Die Einschränkung besteht allerdings vorwiegend durch die psychischen Faktoren, wobei eine prozentuale Aufteilung in somatische und psychische Beschwerden nicht ersichtlich ist. Die Beurteilung der Frage des Grads und der Dauer der physisch bedingten Arbeitsunfähigkeit kann jedoch offen gelassen werden, da die zusätzlich zur Adäquanzbeurteilung beigezogenen Kriterien nicht in gehäufter auffallender Weise gegeben sind und auch ein einziges Kriterium nicht in besonders ausgeprägter Weise erfüllt ist. Angesichts der geschilderten Umstände ist mit dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit als erstellt zu erachten, dass der in Frage stehende Unfall nicht geeignet war, die bestehenden psychisch bedingten Beschwerden der
Beschwerdeführerin auch über den 30. September 2006 hinaus adäquat-kausal zu beeinflussen. Die Verneinung einer Leistungspflicht für die dadurch entstandene Heilbehandlung sowie die Einstellung der Taggeldleistungen per 30. September 2006 lassen sich daher nicht beanstanden. Die im MEDAS-Gutachten empfohlene Weiterführung der psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlung ist entgegen der Annahme der Beschwerdeführerin keine Behandlung von adäquat-kausalen Unfallfolgen, weshalb die medizinische Behandlung als abgeschlossen betrachtet werden kann.
7.
An der mündlichen Verhandlung vom 24. Oktober 2007 führte der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin u.a. aus, die Beschwerdegegnerin habe auch nach dem 30. September 2006 noch Heilbehandlungskosten erbracht und erbringe sie nach wie vor. Dem Schreiben vom 8. November 2007 (act. G 21) legte der Rechtsvertreter Abrechnungen für Behandlungen bei Dr. B. bei. Den eingereichten Unterlagen ist zu entnehmen, dass die Suva tatsächlich bis 26. Januar 2007 Leistungen für Behandlungen bei Dr. B. erbracht hat. Die Beschwerdegegnerin teilte mit Schreiben vom 20. November 2007 mit, die Zahlungen seien fälschlicherweise aufgrund eines technischen Versehens erfolgt. Mit Schreiben vom 19. November 2007 habe die Suva Linth Dr. B. um entsprechende Rückerstattung ersucht. Aus den mittlerweile vorliegenden Unterlagen ergibt sich somit klar, dass die Suva auch nach dem Zeitpunkt der Leistungseinstellung vom 30. September 2006 noch Leistungen für Behandlungen bei Dr. B. erbracht hat. Diese Tatsache vermag jedoch an der Gesamtbeurteilung des vorliegenden Beschwerdeverfahrens keine Änderung herbei zu führen. Die Einstellung der Versicherungsleistungen per 30. September 2007 ist auch unter Berücksichtigung der nach dem Einstellungszeitpunkt noch erfolgten Zahlungen an Dr. B. nicht zu beanstanden. Ob allerdings diese Leistungen von der Suva unter Verweis auf die Leistungseinstellung per 30. September 2006 auch wieder zurückgefordert werden können, kann vorliegend offen bleiben, ganz abgesehen davon, dass es sich dabei nicht um eine Streitfrage zwischen den Parteien des vorliegenden Prozesses, sondern gegebenenfalls zwischen der Beschwerdegegnerin und Dr. B. als Leistungsempfänger handelt.
8.
Im Sinn der vorstehenden Erwägungen ist die Beschwerde unter Bestätigung des Einsprache-Entscheids vom 17. November 2006 abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Gerichtskosten sind keine zu erheben (Art. 61 lit. a ATSG).
Demgemäss hat das Versicherungsgericht entschieden:
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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