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Urteil Kantonsgericht (SG)

Zusammenfassung des Urteils ST.2014.25: Kantonsgericht

Dem Beschuldigten wurde vorgeworfen, sich an einem Fussballspiel beteiligt zu haben, indem er pyrotechnische Fackeln im Fanblock zündete. Das Gericht sprach ihn der Begünstigung schuldig und verurteilte ihn zu einer Geldstrafe. Es wurde festgestellt, dass die Verwendung von Pyrofackeln ein Verstoss gegen das Sprengstoffgesetz darstellt. Der Beschuldigte wurde als Gehilfe des Pyrozünders qualifiziert, da er aktiv zur Tat beitrug. Er handelte vorsätzlich und wusste um die Strafbarkeit seines Handelns. Die Vorinstanz verneinte jedoch eine Gehilfenschaft zur Widerhandlung gegen das Sprengstoffgesetz.

Urteilsdetails des Kantongerichts ST.2014.25

Kanton:SG
Fallnummer:ST.2014.25
Instanz:Kantonsgericht
Abteilung:Kantonsgericht
Kantonsgericht Entscheid ST.2014.25 vom 08.12.2014 (SG)
Datum:08.12.2014
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 25 StGB (SR 311.0) Gehilfenschaft. Art. 37 Abs. 1 SprstG (SR 941.41) Unbefugt Verkehr mit Sprengmitteln oder pyrotechnischen Gegenständen. Durch das einschlägige Positionieren und Halten von Fahnen, damit unerkannt Pyrofackeln im Fussballstadion gezündet werden können, wird die unbefugte Verwendung pyrotechnischer Gegenstände objektiv gefördert. Mit dem Zünden der Pyrofackel durch die Täterschaft ist das Delikt von Art. 37 Abs. 1 SprstG vollendet. Beendet ist das Delikt jedoch erst mit dem Erkalten der Fackel, da die von ihr ausgehende Gefahr auch einige Zeit nach Erlöschen anhält. Erfolgt eine vorsätzliche Hilfeleistung durch eine Drittperson vor dem Erkalten der Pyrofackel, macht sich diese der Gehilfenschaft und nicht der Begünstigung schuldig (Kantonsgericht, Strafkammer, 8. Dezember 2014, ST.2014.25).
Schlagwörter : Fahne; Beschuldigte; Gehilfe; Pyrofackel; SprstG; Quot; Recht; Person; Beschuldigten; Pyrozünder; Fackel; Gehilfen; Fahnen; Täter; Sprengstoffgesetz; Trechsel/; Tatbestand; Begünstigung; Hilfe; Entmummung; Unterstützung; Abbrennen; Entscheid; Sinne; StGB-Forster; Gallen; Förderung; Sprengstoffdelikt
Rechtsnorm:Art. 10 StGB ;Art. 12 StGB ;Art. 21 StGB ;Art. 25 StGB ;Art. 305 StGB ;
Referenz BGE:101 IV 316; 117 IV 186; 118 IV 309; 120 IV 265; 121 IV 109; 128 IV 53; 129 IV 124; 132 IV 49; 132 IV 52; 69 IV 120; 98 IV 83; 99 IV 266;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts ST.2014.25

Zum Sachverhalt und zur Prozessgeschichte:

Dem Beschuldigten wurde vorgeworfen, sich anlässlich eines Fussballspiels am Abbrennen von pyrotechnischen Fackeln im Fanblock beteiligt zu haben, indem er vorsätzlich die Sicht auf einen Pyrozünder mit Fahnen verdeckt habe. Unter der Fahne habe sich der nicht identifizierbare Täter maskiert, sei unter der Fahne hervorgekommen und habe eine Fackel gezündet und sich nach dem Erlöschen wieder darunter zurückgezogen. Das Kreisgericht sprach den Beschuldigten deswegen der Begünstigung schuldig und verurteilte ihn zu einer Geldstrafe.

Aus den Erwägungen: III.

3. a) Das Bundesgesetz über explosionsgefährliche Stoffe (Sprengstoffgesetz, SprstG) regelt gemäss Art. 1 Abs. 1 den Verkehr mit Sprengmitteln, pyrotechnischen Gegenständen und Schiesspulver. Art. 7 SprstG definiert die pyrotechnischen Gegenstände als gebrauchsfertige Erzeugnisse mit einem Explosivoder Zündsatz, die nach lit. a. nicht zum Sprengen, sondern zu andern industriellen, technischen landwirtschaftlichen Zwecken bestimmt sind, wie Signalmittel, Wetterraketen, Patronen zum Schweissen Härten von Metallen, nach lit. b. bloss dem Vergnügen dienen, wie die Feuerwerkskörper.

Gemäss Art. 15 Abs. 5 SprstG ist es verboten, Sprengmittel und pyrotechnische Gegenstände, die für andere Zwecke bestimmt sind, zu Vergnügungszwecken zu verwenden. Die Strafbestimmungen des Sprengstoffgesetzes sehen in Art. 37

Ziff. 1 SprstG unter anderem vor, dass mit Gefängnis mit Busse bestraft wird, wer vorsätzlich ohne Bewilligung entgegen Verboten dieses Gesetzes mit Sprengmitteln pyrotechnischen Gegenständen verkehrt, insbesondere derartige Gegenstände besitzt verwendet. Die Verbotsnorm des SprstG bezweckt der von Sprengmitteln und pyrotechnischen Gegenständen ausgehenden Gefahr zu begegnen (vgl. Botschaft zu einem Bundesgesetz über explosionsgefährliche Stoffe [Sprengstoffgesetz] vom 20. August 1975, BBl II 1975, 1289 ff., 1300 und 1309; siehe zum Ganzen BGer 6B_612/2011 E. 1; vgl. überdies Entscheid des Kantonsgerichtes St.Gallen von 4. Mai 2014, ST.2010.100-SK3 [in: GVP 2011 Nr. 58, S. 193 ff.], E. III.

1.d.cc; Häfelin/Müller/Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, überarb. Aufl.,

Zürich 2006, Rz 2450 f.).

b) Bei der anlässlich des Fussballspiels verwendeten Pyrofackel handelt es sich um einen pyrotechnischen Gegenstand im Sinne von Art. 7 lit. a SprstG. Der Gebrauch dieser Pyrofackel diente ausschliesslich einem Vergnügungszweck, womit der nicht identifizierbare Pyrozünder eine Widerhandlung gegen das Sprengstoffgesetz im Sinne von Art. 37 Ziff. 1 i.V.m. Art. 15 Abs. 5 SprstG beging. Dies wird denn auch seitens der Verteidigung zu Recht nicht bestritten.

4. a/aa) Gemäss Art. 25 StGB wird bestraft, wer zu einem Verbrechen Vergehen

vorsätzlich Hilfe leistet ("Gehilfe"). Bei der Widerhandlung gegen das Sprengstoffgesetz

handelt es sich um ein Vergehen (vgl. Art. 10 Abs. 3 StGB und Art. 37 Ziff. 1 SprstG

i.V.m. Art. 333 Abs. 2 lit. b StGB), welches der Gehilfenschaft zugänglich ist.

Gehilfenschaft ist stets akzessorisch. Sie setzt die Haupttat eines andern voraus, an welcher der Gehilfe in untergeordneter Weise mitwirkt. Die Beteiligung des Gehilfen ist dabei so lange möglich, als die Haupttat noch nicht beendet ist, d.h. als nach einem rechtlich vollendeten Delikt durch das nachfolgende Verhalten des Täters das verletzte Rechtsgut weiterhin beeinträchtigt wird (BGE 98 IV 83 E. 2c, vgl. überdies BGE 121 IV 109 E. 3a, BGE 118 IV 309 E. 1a; BSK StGB-Forster, Art. 25 N 14 m.w.H.; Trechsel/ Jean-Richard, in Trechsel/Pieth, StGB PK, 2. Aufl., Zürich/St. Gallen 2012, Art. 25 N 9; Nydegger, Zurechnungsfragen der Anstiftung im System strafbarer Beteiligung, in: Schmid [Hrsg.], Luzerner Beiträge zur Rechtswissenschaft, Bd Nr. 67, Zürich 2012,

S. 131).

bb) Gemäss Art. 305 Abs. 1 StGB wird derjenige wegen Begünstigung mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren Geldstrafe bestraft, der eine Person unter anderem der Strafverfolgung entzieht. Unter "Entziehen" wird nicht ein blosses Hindern, sondern ein Verhindern verstanden (vgl. BGE 99 IV 266 E. 3; Trechsel/AffolterEijsten, in Trechsel/Pieth [Hrsg.], StGB PK. 2. Aufl., Zürich/St. Gallen 2013, Art. 305 N 3 mit Verweis auf BGE 101 IV 316 und BGE 69 IV 120). Die Tathandlung kann in

Eingriffen in die Beweisführung (z.B. Spurenvernichtung, das Verbergen von Beweismitteln, Förderung von Kollusion etc.) bestehen, was grundsätzlich erst nach vollendeter Vortat geschehen kann (vgl. BSK StGB-Delnon/Rüdy, Art. 305 N 16 m.w.H.; Trechsel/Jean-Richard, a.a.O., Art. 25 N 9; Nydegger, a.a.O., S. 131 f.).

  1. Die Vorinstanz verneinte entgegen der Anklage das Vorliegen einer Gehilfenschaft zu einer Widerhandlung gegen das SprstG. Sie begründete dies mit dem Umstand, dass die Hilfshandlung des Beschuldigten erst nach Abbrennen der Pyrofackel und somit nach Beendigung des Sprengstoffdelikts stattgefunden habe. Die an das Abbrennen der Pyrofackel anschliessende Entmummung gehöre nicht mehr zum Sprengstoffdelikt. Hingegen sprach sie den Beschuldigten der Begünstigung schuldig, da er es dem Pyrozünder ermöglicht habe, sich zu entmummen und unerkannt in der Menge zu verschwinden.

  2. Das Sprengstoffdelikt war mit dem Zünden bzw. Verwenden der Pyrofackel vollendet, da die gesetzlichen Voraussetzungen des Tatbestands von Art. 37 Ziff. 1 SprstG ein-traten. Beendet war es entgegen der vorinstanzlichen Ansicht indessen nicht. Massgebend für die Beurteilung dieser Frage ist allein, ob das durch das Sprengstoffgesetz geschützte Rechtsgut, nämlich der von den pyrotechnischen Gegenständen ausgehenden Gefahr zu begegnen, weiterhin beeinträchtigt wurde nicht. Die besondere Gefährlichkeit von Pyrofackeln liegt - nebst den ausströmenden, schädlichen Gasen bzw. toxischen Dämpfen sowie den Rauchpartikeln vor allem in den extrem hohen Abbrenntemperaturen der Fackeln, die derart heiss werden, dass sie nicht mehr durch Sauerstoffentzug gelöscht werden können (vgl. statt vieler den Entscheid der I. Strafkammer des Obergerichts Zürich vom 14. November 2013, SB130321-O/U/eh, E. IV.2, wo von Abbrenntemperaturen von 1500°C - 2500°C die Rede ist, sowie das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Februar 2013,

C-8376/2010, E. 5.5.2). Auch längere Zeit, jedenfalls aber wie hier wenige Sekunden nach dem Erlöschen des eigentlichen Lichtscheins ist eine Pyrofackel immer noch brennend heiss. Entsprechend waren die zahlreichen Personen, die sich unstrittig in der Nähe befanden, weiterhin gefährdet. Erst mit Erkalten der Fackel war die von ihr ausgehende Gefahr und somit auch das Sprengstoffdelikt beendet. Daher war im Einklang mit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung im Stadium unmittelbar nach Erlöschen des Lichtscheins der Fackel eine Beteiligung des Beschuldigten als Gehilfe ohne Weiteres noch möglich. Darüber hinaus bestand entgegen der Ausführung der Verteidigung an Schranken der Vorinstanz - nach dem Tatplan der Beteiligten keine eigenständige Bedeutung der Verbzw. Entmummung. Der Täter beabsichtigte, die Pyrofackel unerkannt zu zünden und die Unterstützung des Beschuldigten zielte auf die Förderung dieser Handlung ab (vgl. hierzu im Einzelnen E. III.4.e/cc und dd; siehe für einen vergleichbaren Sachverhalt auch den Entscheid des Kantonsgerichts St.Gallen vom 1. September 2014, ST.2014.20-SK3, E. IV). Ob die anschliessende Ermöglichung zur Entmummung durch das Halten der Fahnen dabei mit der Sicherung einer Diebesbeute durch einen Gehilfen vergleichbar ist, wie von der Anklage vorgebracht und von der Vorinstanz verneint wurde, kann aufgrund der noch unmittelbar anhaltenden Beeinträchtigung des geschützten Rechtsguts offen bleiben. Der Begünstigungstatbestand scheidet somit aus. Anders zu entscheiden hiesse denn auch, vergleichbare Taten in fragwürdiger Weise unterschiedlich zu behandeln. So ist

jener, der unmittelbar vor der Verwendung der Fackel die unerkannte Vermummung des Haupttäters ermöglicht, gemäss Rechtsprechung als Gehilfe zur Widerhandlung gegen das Sprengstoffgesetz zu verurteilen (vgl. Entscheid des Kantonsgerichts St.Gallen vom 1. September 2014, ST.2014.20-SK3, E. IV.). Der Täter kommt damit obligatorisch in den Genuss einer Strafmilderung in Bezug auf die für die Haupttat vorgesehene Freiheitsstrafe von drei Jahren Geldstrafe. Würde man denjenigen, welcher unmittelbar nach der Verwendung der Fackel die unerkannte Entmummung fördert, wegen Begünstigung bestrafen, entfiele der Milderungsgrund und die Strafe wäre zwingend innerhalb des ordentlichen Strafrahmens von Art. 305 StGB festzusetzen.

Nach dem Gesagten ist zu prüfen, ob der Beschuldigte als Gehilfe des Pyrozünders qualifiziert werden muss.

d/aa) Nach der Rechtsprechung gilt als Hilfeleistung des Gehilfen jeder kausale Beitrag, der die Tat objektiv fördert, so dass sich diese ohne Mitwirkung des Gehilfen anders abgespielt hätte. Nicht erforderlich ist, dass es ohne die erfolgte Hilfeleistung nicht zur Tat gekommen wäre. Die Förderung der Tat genügt. Andererseits muss die Hilfeleistung tatsächlich zur Tat beigetragen, also einen kausalen Beitrag dargestellt haben. Der Gehilfe muss die Erfolgschancen der tatbestandserfüllenden Handlung erhöhen. Der untergeordnete Tatbeitrag des Gehilfen braucht dabei nicht die adäquat-kausale Ursache eines strafrechtlichen Erfolges darzustellen. Jedoch muss die Unterstützung jedoch tatsächlich zur Straftat beitragen und ihre praktische Erfolgschancen erhöhen und sich in diesem Sinne kausal erweisen (Förderungskausalität; vgl. zum Ganzen

BGE 120 IV 265 E. 2c, BGE 129 IV 124 E. 3.2; BSK StGB-Forster, Art. 25 N 8 m.w.H.

und Vor Art. 24 N 39 und N 45). Für die Erfüllung des objektiven Tatbestandes ist es schliesslich nicht von Bedeutung, ob die Unterstützung alleine zusammen mit anderen Personen geleistet wurde (vgl. BGE 117 IV 186 E. 4a; BSK StGB-Forster, Art. 25 N 59 f.).

bb) Im Stadion werden aufgrund der flächendeckenden Überwachung im Heimsektor und dem daraus resultierenden Risiko einer Strafverfolgung bzw. eines Stadionverbotes kaum mehr unvermummt Pyros gezündet. Anhand der ins Recht gelegten Videoaufzeichnung ist unzweifelhaft zu erkennen, dass der Pyrozünder den

Schutz der Fahne für sein Handeln suchte. Ohne den Schutz und die Unterstützung von anwesenden Fans wäre es für eine einzelne Person unmöglich bzw. zumindest sehr schwierig, ohne Konsequenzen eine Pyrofackel zu verwenden. Das Risiko würde kaum eingegangen. Einer dieser unterstützenden Helfer war der Beschuldigte. Das einschlägige Positionieren und Halten der beiden Fahnen vermochte denn auch die Identifikation des Täters erfolgreich zu vereiteln. Unbeachtlich für die Erfüllung des objektiven Tatbestandes ist dabei, dass er nur eine von mehreren Person war, welche dem Pyrozünder eine Hilfestellung boten. Der objektiv erforderliche Förderungsbeitrag des Beschuldigten ist gegeben und der objektive Tatbestand von Art. 25 StGB i.V.m. Art. 37 Ziff. 1 SprstG demgemäss zu bejahen.

e/aa) Auf subjektiver Ebene muss der Gehilfe vorsätzlich handeln, wobei auch eventualvorsätzliche Gehilfenschaft vorliegen kann (vgl. Trechsel/Jean-Richard, a.a.O., Art. 25 N 10 mit Verweis auf BGE 132 IV 52 und weitere; BSK StGB-Forster, Art. 25 N 3 m.w.H.). Für die Erfüllung des subjektiven Tatbestandes ist daher erforderlich, dass der Gehilfe weiss zumindest damit rechnet, eine bestimmt geartete Straftat zu unterstützen, und er dies will zumindest in Kauf nimmt. Hierzu genügt, wenn er die wesentlichen Merkmale des vom Täter zu verwirklichenden strafbaren Tuns kennt. Über Einzelheiten der Tat braucht er hingegen keine Gewissheit zu haben (BGE 132 IV 49 E. 1.1, BGE 128 IV 53 E. 5f/cc). Ein bloss fahrlässig handelnder Gehilfe kann für sein Tun nicht strafrechtlich belangt werden (BSK StGB-Forster, Art. 25 N 6).

bb) Für die Feststellung der inneren Tatsachen beim Beschuldigten insbesondere, was er wusste und wollte ist zunächst auf seine Aussagen abzustellen. An der Einvernahme von 11. September 2013 wurde er mit dem Tatvorwurf konfrontiert und die Videosequenz von 14:19 Uhr vorgeführt. Auf die Frage des Staatsanwaltes nach seiner Beteiligung an der Pyroaktion antwortete er, dass er "höchstens eine Fahne gehalten" habe, womit er von sich aus einen direkten Bezug zwischen der Pyroaktion und dem Halten der Fahne herstellte. An Schranken der Berufungsinstanz darauf angesprochen, erklärte er sinngemäss, dass er damals den Zusammenhang zwischen der Aktion und der Fahne bloss angenommen habe. An der Einvernahme vom

8. Oktober 2013 gab er sodann an, jeweils gesehen zu haben, dass Pyrozünder vor der

Vermummung mit Fahnen abgedeckt werden.

cc) Soweit der Beschuldigte eine lediglich unbeabsichtigte Unterstützung behauptet, erweist sich seine Darstellung angesichts des im Recht liegenden Videomitschnittes als Schutzbehauptung. Zu Beginn der Videosequenz von 14:19 Uhr brennen zwei Pyrofackeln, nämlich eine an der oberen rechten Ecke der horizontal aufgespannten, weissen Joker-Fahne sowie eine weitere am unteren Ende derselben. Der Beschuldigte beobachtet dabei anfangs händeklatschend das Geschehen auf dem Spielfeld. Sodann wendet er sich der unteren Fackel zu und ergreift eine Seite der Joker-Fahne und hebt diese leicht an, damit die erlöschende Pyrofackel nicht in Kontakt mit dem Fahnenstoff kommt. An Schranken der Berufungsinstanz auf die einschlägigen Videoaufzeichnungen angesprochen, bestätigte er, die grosse Fahne angehoben zu haben, damit diese nicht durch die unmittelbar nebenan entzündete Pyrofackel Feuer fängt. Kurz darauf erscheint eine weitere kleinere, graue - Fahne im Bild, welche von einer Drittperson gehalten wird. Diese positioniert die kleinere Fahne frontal/vertikal vor der horizontal ausgespannten Joker-Fahne, sodass ein rechter Winkel entsteht. In diesem Augenblick ergreift der Beschuldigte aktiv, d.h. von sich aus, die Fahnenstange der kleinen Fahne, welche immer noch von der unbekannten Person in beschriebener Position gehalten wird. Für eine kurze Zeitspanne halten die unbekannte Person und der Beschuldigte gemeinsam die kleine Fahne in einschlägiger Lage, womit sich auch ein zielgerichtetes Zusammenwirken der Beteiligten zeigt. Danach hält der Beschuldigte die Fahne alleine und begibt sich unter die horizontal gespannte JokerFahne. Trotz teilweiser Abdeckung durch beiden Fahnen ist sodann klar zu erkennen, wie er die vertikale Fahne über die horizontal gespannte Fahne zieht, um die entstandene Lücke zwischen den beiden Flächen zu schliessen. Die Verteidigung bringt in diesem Zusammenhang vor, es sei nicht erkennbar, dass der Beschuldigte die kleinere Fahne weiterhalte, nachdem er unter der Fahne verschwunden sei. Vielmehr würde die Fahne "offenbar" von einer sich auf der rechten Seite der grösseren Fahne befindenden Person gehalten. Dieser Feststellung ist zu widersprechen, weil aufgrund des T-Shirts des Beschuldigten ohne Zweifel zu erkennen ist, dass er die Person unter der grossen Joker-Fahne war, welche die kleinere Fahne als Sichtschutz neu positionierte. Schliesslich verbleibt er bis zum Ende des Videomitschnittes unter den Fahnen, ohne dass seine nachfolgenden Handlungen zu erkennen wären.

dd) Das Verhalten des Beschuldigten kann nach dem Gesagten nicht anders gedeutet werden, als dass er um das Abrennen der Pyros und die Funktion der aufgespannten

Fahne(n) als Sichtschutz für die Ver-/Entmummung wusste, beobachtete er den Vorgang doch unmittelbar und wirkte dabei zielgerichtet mit. Auch wusste er um die Überwachung des Heimsektors mittels Stadionkameras. Subjektiv hat der Beschuldigte aus seiner Sicht alles vorgekehrt, um das Vorhaben des Pyrozünders zu unterstützen. In diesem Zusammenhang liess er an Schranken der Vorinstanz im Sinne einer Eventualbegründung vortragen, die (bestrittene) Unterstützungshandlung könne sich nur auf die Vermummung, nicht aber auf das Zünden von (verbotenen) Pyrofackeln bezogen haben. Die äusseren Umstände lassen indessen ohne ernsthafte Zweifel auf ein Wissen und Wollen um den objektiven Tatbestand des Sprengstoffdeliktes schliessen. Der Beschuldigte wusste um das gesamte Tatgeschehen, welches sich nicht nur auf die Entmummung erstreckte. Er wollte nach dem Abbrennen der Fackel nicht bloss verhindern, dass der Täter, welcher vermutlich der Ultrabewegung angehört derselben zumindest nahe steht, als Pyrozünder entlarvt wird, sondern wollte zur Hauptsache das Abbrennen von Pyrofackeln durch Personen aus der Ultraszene im Heimsektor unterstützen. Hierzu wollte er wie viele andere Anwesende - durch sein oben beschriebenes Verhalten einen Beitrag leisten.

ee) Schliesslich kann sich der Beschuldigte auch nicht auf einen Verbotsirrtum nach Art. 21 StGB berufen. Ein Rechts-/Verbotsirrtum liegt nur vor, wenn der Täter meint, (überhaupt) kein Unrecht zu tun (Trechsel/Jean-Richard, a.a.O., Art. 21 N 4 m.w.H.). Dies war vorliegend nicht der Fall, zumal ihm klar war, dass das Verwenden von Pyrofackeln inund ausserhalb des Stadions verboten ist. Der Beschuldigte wusste um seine Strafbarkeit, wenn er sich nicht "heraus hält" und sich an "an solchen Sachen beteiligt". Im vermeintlichen Schutz der Masse und einer Mehrzahl von zusammenwirkenden Personen ging er das Risiko einer Strafverfolgung ein, welches sich sodann realisierte.

f) Seine Hilfestellung ist als vorsätzlich im Sinne von Art. 12 Abs. 2 StGB zu qualifizieren und der Tatbestand von Art. 37 Ziff. 1 SprstG i.V.m. Art. 25 StGB ist demgemäss zu bejahen. Entsprechend ist Ziff. 1 des vorinstanzlichen Entscheids (Schuldspruch wegen Begünstigung) aufzuheben.

Quelle: https://www.findinfo-tc.vd.ch

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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