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Urteil Kantonsgericht (SG)

Kopfdaten
Kanton:SG
Fallnummer:ST.2007.91
Instanz:Kantonsgericht
Abteilung:Strafkammer und Anklagekammer
Kantonsgericht Entscheid ST.2007.91 vom 14.04.2008 (SG)
Datum:14.04.2008
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 37 Abs. 1, Art. 39 Abs. 2, Art. 41 Abs. 1, Art. 47 StGB. Voraussetzungen, unter denen gegenüber einem Täter mit nicht gültiger Aufenthaltsbewilligung gemeinnützige Arbeit als Hauptstrafe angeordnet werden kann (Kantonsgericht, Strafkammer, 14. April 2008, ST.2007.91).Das Bundesgericht hat eine gegen diesen Entscheid gerichtete Beschwerde gutheissen (Urteil 6B_546/2008 neues Fenster vom 27. November 2008).
Schlagwörter : Arbeit; Gemeinnützige; Angeklagte; Gemeinnütziger; Freiheit; Geldstrafe; Schweiz; Freiheitsstrafe; Aufenthalt; Vollzug; Ausländer; Anordnung; Täter; Aufenthalts; Vorinstanz; Gemeinnützigen; Monate; Sprechen; Stunden; Bestimmt; Sanktion; Illegal; Vollzugs; Verhältnisse; Monaten; Verschulden; Aufenthaltsbewilligung; Seiner
Rechtsnorm: Art. 106 StGB ; Art. 291 StGB ; Art. 34 StGB ; Art. 37 StGB ; Art. 375 StGB ; Art. 39 StGB ; Art. 41 StGB ; Art. 47 StGB ; Art. 51 StGB ; Art. 79 StGB ;
Referenz BGE:-
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:-
Entscheid
Art. 37 Abs. 1, Art. 39 Abs. 2, Art. 41 Abs. 1, Art. 47 StGB. Voraussetzungen, unter denen gegenüber einem Täter mit nicht gültiger Aufenthaltsbewilligung gemeinnützige Arbeit als Hauptstrafe angeordnet werden kann (Kantonsgericht, Strafkammer, 14. April 2008, ST.2007.91).

Aus den Erwägungen:

II./2. a) Bei der Strafzumessung erwog die Vorinstanz, dass die Strafandrohungen in Art. 19 Ziff. 1 BetmG und Art. 291 Abs. 1 StGB von einem Tagessatz Geldstrafe bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe reichten, wobei der obere Strafrahmen wegen des Zusammentreffens mehrerer strafbarer Handlungen auf 4 ½ Jahre Freiheitsstrafe ausgedehnt werde. Hier seien die einschlägigen Vorstrafen straferhöhend zu berücksichtigen. Strafmindernd sodann wirkten sich die Geständnisbereitschaft und die stabile familiäre Situation mit Heiratsplänen aus; die Beweggründe, weshalb der Angeklagte der Landesverweisung keine Folge geleistet habe, erschienen in gewisser Weise nachvollziehbar. Ebenfalls strafmindernd sei der Einsatz eines V-Mannes zu

berücksichtigen. Zufolge wiederholter und gleichartiger Delinquenz sei die auszufällende Strafe mangels günstiger Prognose unbedingt auszusprechen, wobei die Möglichkeit einer unbedingten Geldstrafe deshalb entfalle, weil der Angeklagte kein Einkommen habe und seit Juni 2006 auch keine Nothilfe mehr beziehe. Auch die Leistung gemeinnütziger Arbeit falle ausser Betracht, weil er aufgrund seines Aufenthaltsstatus nicht im Besitz einer Arbeitsbewilligung und damit nicht in der Lage sei, gemeinnützige Arbeit zu leisten, da im Kanton St. Gallen gemeinnützige Arbeit

ohne Arbeitsbewilligung nicht vollzogen werde. Damit bleibe nur die Möglichkeit einer unbedingten Freiheitsstrafe, die - unter Anrechnung von 15 Tagen Untersuchungshaft und dem Verschulden entsprechend - auf zwei Monate festzusetzen sei.

  1. Die Verteidigerin beschränkte sich in der Berufungsbegründung ihrem Antrag entsprechend auf Ausführungen zur Frage der gemeinnützigen Arbeit. Sie hielt dafür, dass der Angeklagte entgegen der Auffassung der Vorinstanz durchaus in der Lage sei, gemeinnützige Arbeit zu leisten, obwohl er zurzeit nicht über eine Aufenthaltsbewilligung verfüge. Das Strafrecht behandle Schweizer und Ausländer gleich und unterscheide nicht zwischen Schweizern und illegal anwesenden Ausländern. Art. 37 StGB und die darin vorgesehene Möglichkeit, einen Angeklagten zu gemeinnütziger Arbeit zu verpflichten, seien daher unterschiedslos auf Schweizer, aber auch auf illegal anwesende Ausländer anwendbar.

  2. Demgegenüber stellte sich die Staatsanwaltschaft in ihrer Berufungsantwort im Einklang mit der Vorinstanz auf den Standpunkt, der Angeklagte dürfe "sich in der Schweiz in Freiheit nicht aufhalten". Würde er nun zu gemeinnütziger Arbeit verurteilt, würde von ihm gerade verlangt, dass er sich in der Schweiz in Freiheit aufhalte. Ein solches Vorgehen wäre widersprüchlich, indem es entweder den Aufenthalt legalisiere oder sich der Angeklagte weiterhin des illegalen Aufenthalts strafbar machen würde. Die Strafart der gemeinnützigen Arbeit sei daher auf illegal anwesende Ausländer nicht anwendbar und könne demnach auch nicht vollzogen werden.

3. Das Gericht misst die Strafe nach dem Verschulden des Täters zu; es berücksichtigt das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse sowie die Wirkung der Strafe auf das Leben des Täters (Art. 47 Abs. 1 StGB). Das Verschulden wird dabei nach der Schwere der Verletzung oder Gefährdung des betroffenen Rechtsguts, nach der Verwerflichkeit

des Handelns, den Beweggründen und Zielen des Täters sowie danach bestimmt, wieweit der Täter nach den inneren und äusseren Umständen in der Lage war, die Gefährdung oder Verletzung zu vermeiden (Art. 47 Abs. 2 StGB). Auch die Geldstrafe und die Busse orientieren sich am Verschulden, indem das Gericht die Zahl der Tagessätze bzw. die Höhe der Busse und die Ersatzfreiheitsstrafe für den Fall der Nichtbezahlung der Busse nach dem Verschulden des Täters bestimmt (Art. 34 Abs. 1 und Art. 106 Abs. 3 StGB). Indirekt wird mit dieser Regelung auch der Umfang der gemeinnützigen Arbeit beeinflusst, indem ein Tagessatz Geldstrafe, ein Tag Freiheitsstrafe und ein Tag Ersatzfreiheitsstrafe bei der Bussenumwandlung vier Stunden gemeinnütziger Arbeit entsprechen (vgl. Art. 37 Abs. 1, Art. 39 Abs. 2 und

Art. 106 Abs. 2 StGB).

a) Die Vorinstanz erachtete eine Freiheitsstrafe von zwei Monaten als angemessen. Diese Strafzumessung wurde vom Angeklagten (und der Staatsanwaltschaft) vor dem Hintergrund des massgeblichen Verschuldensprinzips zu Recht nicht beanstandet. Denn der Angeklagte muss sich die Tatmehrheit und die mehreren, teils einschlägigen Vorstrafen entgegenhalten lassen, wohingegen sich seine Geständnisbereitschaft und eine gewisse Nachvollziehbarkeit seiner Beweggründe sowie - allerdings nur ganz am Rande - der Einsatz eines Scheinkäufers zu seinen Gunsten auswirken.

  1. Zu Recht nicht in Frage gestellt wurde von der Verteidigerin auch die Verweigerung des bedingten Vollzugs. Dieser wäre nämlich hier mit Rücksicht darauf, dass der Angeklagte am 22. Juni 2005 und damit innerhalb der letzten fünf Jahre vor den heute zu beurteilenden Taten zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt wurde, nur dann zu gewähren, wenn besonders günstige Umstände vorliegen würden (Art. 42

    Abs. 2 StGB). Angesichts der verschiedenen Vorstrafen und des erneuten Delinquierens trotz des Vollzugs zwischen dem 23. Juli 2005 und dem 19. Mai 2006 liegen solche besonderen Umstände, welche für eine günstige Prognose sprechen können, nicht vor.

  2. Der von der Vorinstanz ausgefällten Freiheitsstrafe von zwei Monaten entsprechen

nach dem unter Ziff. 3 hiervor Ausgeführten 60 Tagessätze Geldstrafe bzw.

240 Stunden gemeinnützige Arbeit, weshalb im Folgenden zu prüfen ist, welche Strafart festzusetzen ist. Auszugehen ist dabei von Art. 37 Abs. 1 und Art. 41 Abs. 1

StGB. Danach kann das Gericht mit Zustimmung des Täters anstelle einer Freiheitsstrafe von weniger als sechs Monaten oder einer Geldstrafe bis zu

180 Tagessätzen gemeinnützige Arbeit von höchstens 720 Stunden anordnen (Art. 37 Abs. 1 StGB). Dabei kann es auf eine - wie hier zur Diskussion stehende - vollziehbare Freiheitsstrafe von weniger als sechs Monaten nur erkennen, wenn zu erwarten ist, dass eine Geldstrafe oder gemeinnützige Arbeit nicht vollzogen werden kann (Art. 41 Abs. 1 StGB).

aa) In der Lehre gilt Art. 37 Abs. 1 StGB bezüglich Wortlaut und Systematik überwiegend als irreführend und missglückt (zu den Ungereimtheiten vgl. BSK Strafrecht I-Benjamin F. Brägger, Art. 37 N 7). Aus der Bestimmung ergibt sich immerhin unbestrittenermassen, dass die unbedingte, vollziehbare kurze Freiheitsstrafe gegenüber der vollziehbaren Geldstrafe und der vollziehbaren gemeinnützigen Arbeit in dem Sinn subsidiär ist, dass sie nur angeordnet werden kann, wenn weder die Geldstrafe noch die gemeinnützige Arbeit vollzogen werden können. Ersteres, d.h. die Vollziehbarkeit einer Geldstrafe im Umfang von 60 Tagessätzen, hat die Vorinstanz mit der Begründung verneint, der Angeklagte sei mangels Leistungsfähigkeit gar nicht in der Lage, eine Geldstrafe zu bezahlen. Diese Begründung blieb zu Recht unangefochten. Gemäss den Akten zur Person lebte der Angeklagte vor dem Strafvollzug in den Jahren 2005/2006 mehr oder weniger auf der Strasse und bezog keine Sozialhilfe mehr. Nach dem Vollzug, d.h. zwischen dem 22. Mai 2006 und dem

30. Juni 2006, nächtigte er gelegentlich in der Asylunterkunft der Gemeinde Y, von der er auch Fr. 8.- pro Tag bezog, und ab Juli 2006 wohnte er bis zu seiner Ausreise bei seiner Freundin, die ihn auch finanziell unterstützte. Diese von der Vorinstanz berücksichtigte Ausgangslage änderte sich im Laufe des Berufungsverfahrens nur insofern, als der Angeklagte die Schweiz in der Zwischenzeit verlassen hat und der Vollzug der hier zur Diskussion stehenden Geldstrafe erst dann in Frage kommt, wenn sich der Angeklagte wieder in der Schweiz befindet. Dannzumal dürften seine Verhältnisse zwar geordnet sein (vgl. hierzu auch nachfolgend lit. ee). Die Höhe des Tagessatzes müsste aber bereits heute aufgrund der aktuellen finanziellen Verhältnisse festgelegt werden, was zu einem Entscheid führen würde, welcher den zu erwartenden geordneten Verhältnissen im Zeitpunkt des Vollzugs offensichtlich unangemessen wäre. In diesem Sinn ist eine Geldstrafe trotz einer veränderten Ausgangslage nach wie vor nicht vollstreckbar.

bb) Damit stellt sich nur noch die Frage nach der Anordnung von gemeinnütziger Arbeit, welche im revidierten Recht neu als eigenständige Hauptstrafe für den Bereich der leichteren Kriminalität vorgesehen ist. Neben der Geldstrafe (Art. 34 StGB) stellt sie eine zusätzliche Alternativsanktion für die kurze Freiheitsstrafe dar, deren Zurückdrängung das Hauptanliegen der Gesetzesrevision war. Gemeinnützige Arbeit bezweckt einerseits eine Freizeitbeschränkung, andererseits trägt sie dem Tatausgleich und der Wiedergutmachung Rechnung (Urteil des Bundesgerichts 6B_341/2007 vom

17. März 2008, E. 6.3.1 und 2). Die Anordnung von gemeinnütziger Arbeit ist nur zulässig, wenn der Täter seine Zustimmung erklärt (Art. 37 Abs. 1 StGB). Dies bedeutet indessen nicht, dass dem Verurteilten ein Wahlrecht hinsichtlich der strafrechtlichen Sanktion zustünde. Die Wahl der Sanktionsart erfolgt allein durch das Gericht. Die Zweckmässigkeit, die Auswirkung auf den Täter und sein soziales Umfeld sowie die präventive Effizienz sind dabei die massgebenden Kriterien für die Anordnung einer bestimmten Sanktion. Das gesetzliche Zustimmungserfordernis soll vor allem verhindern, dass der Arbeitseinsatz mangels Motivation vorzeitig abgebrochen wird. Die Zustimmung ist an keine bestimmte Form gebunden und kann daher auch konkludent erfolgen (BGE, a.a.O., E. 6.3.3.3).

cc) In Bezug auf den Vollzug und insofern auch auf die Vollziehbarkeit gemeinnütziger Arbeit beschränkt sich das Gesetz auf die Bestimmung, dass die gemeinnützige Arbeit zu Gunsten sozialer Einrichtungen, Werken in öffentlichem Interesse oder hilfsbedürftiger Personen zu leisten sei, und zwar unentgeltlich (Art. 37 Abs. 2 StGB). Das Gesetz hält ferner fest, dass die Vollzugsbehörde dem Verurteilten eine Frist von höchstens zwei Jahren, innerhalb der er die gemeinnützige Arbeit zu leisten habe, bestimme (vgl. auch Art. 375 Abs. 3 StGB, wonach die gesetzlich bestimmte Höchstarbeitszeit durch die Leistung gemeinnütziger Arbeit überschritten werden dürfe und die Vorschriften über Arbeitsicherheit und Gesundheitsschutz anwendbar blieben). Im Unterschied zu anderen Rechtsordnungen schliesst das Gesetz aber hinsichtlich der Anordnung von gemeinnütziger Arbeit keine bestimmten Täterkategorien aus. Namentlich dient sie nicht ausschliesslich als Sanktion für erwerbstätige Personen (BGE, a.a.O., E. 6.3.3.4). Davon geht auch Benjamin F. Brägger (BSK Strafrecht I, Art. 37 N 5) aus, wenn er bei gemeinnütziger Arbeit eine grösstmögliche Belastung von 4 ½ Monaten berechnet. Bei einer maximalen Dauer von 720 Stunden entsprechen diese

4 ½ Monate einer 40-Stunden-Woche (fünf Arbeitstage mit einer Arbeitszeit von jeweils

acht Stunden). Ein solches Pensum liesse sich nicht erbringen, wenn die Arbeit einen wesentlichen Teil des Tagesablaufs bestimmt.

dd) Die Staatsanwaltschaft hält dafür, dass das Aussprechen von gemeinnütziger Arbeit gegenüber einem sich illegal in der Schweiz aufhaltenden Angeklagten nicht möglich sei, weil dadurch der Aufenthalt legalisiert würde. Es trifft zu, dass die Beschäftigung eines illegal anwesenden Ausländers einen gewissen Widerspruch in sich zu tragen scheint, stellt das Gesetz doch die Ausübung einer nicht bewilligten Erwerbstätigkeit durch einen Ausländer, die Verschaffung einer Erwerbstätigkeit ohne die hierfür erforderliche Bewilligung und die Beschäftigung von Ausländerinnen und Ausländern ohne Bewilligung unter Strafe (vgl. Art. 115 ff. AuG [SR 142.20] bzw. den bis 31. Dezember 2007 geltenden Art. 23 ANAG). Abgesehen davon, dass sich der Angeklagte heute nicht mehr in der Schweiz befindet, lässt die Argumentation mit der Illegalität des Aufenthalts aber ausser Acht, dass es sich bei der gemeinnützigen Arbeit um eine strafrechtliche Sanktion handelt. Ebenso wie die Anordnung des Strafvollzugs

nimmt die Verpflichtung zur gemeinnützigen Arbeit dem Aufenthalt die Rechtswidrigkeit (im Sinn von Art. 115 Abs. 1 lit. b AuG), dies allerdings nur vorübergehend und nur insofern, als an den Aufenthalt keine weiteren (strafrechtlichen) Folgen geknüpft werden, und ohne am Sonderstatus des Verurteilten etwas zu ändern (zum Sonderstatus vgl. BSK Strafrecht I-Benjamin F. Brägger, Art. 375 N 5). Aus grundsätzlichen Überlegungen kann daher die Illegalität des Aufenthalts genauso wenig als Einwendung gegen die Anordnung gemeinnütziger Arbeit geltend gemacht werden wie gegen die Verurteilung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe (zur grundsätzlichen Zulässigkeit der Anordnung von gemeinnütziger Arbeit bei Personen ohne Arbeitsbewilligung vgl. auch Benjamin F. Brägger, Gemeinnützige Arbeit als neue Hauptstrafe im revidierten Strafgesetzbuch, in: Revision des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches, Schriften der Stiftung für die Weiterbildung schweizerischer Richterinnen und Richter, SWR, Band 8, Bern 2007, S. 83 ff., S. 94).

ee) Die Anordnung gemeinnütziger Arbeit macht vor allem dann Sinn, wenn die fragliche Person "über eine geregelte soziale Situation" verfügt (Brägger, SWR, a.a.O.,

S. 94), was bei einem illegal anwesenden Ausländer in der Regel nicht der Fall ist. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung rechtfertigt sich die Verhängung von gemeinnütziger Arbeit deshalb nur, solange wenigstens Aussicht besteht, dass der

Betroffene auch nach einem allfälligen Strafvollzug für sein Fortkommen in der Schweiz bleiben darf. Dort, wo ein Verbleib des Ausländers von vornherein ausgeschlossen ist, lässt sich dies nicht erreichen. Besteht demnach bereits im Urteilszeitpunkt kein Anwesenheitsrecht oder steht fest, dass über seinen ausländerrechtlichen Status endgültig entschieden worden ist und er die Schweiz verlassen muss, hat die gemeinnützige Strafe als unzweckmässige Sanktion auszuscheiden (BGE, a.a.O.,

E. 6.3.3.4).

Bezüglich dieser Einschränkung fällt hier zum einen in Betracht, dass der Angeklagte gemäss den Akten schon im Zeitpunkt des erstinstanzlichen Verfahrens insofern in einer relativ stabilen Situation lebte, als er offenbar eine Beziehung zu einer Schweizerin eingegangen war, zeitweise bei seiner Freundin wohnte und beabsichtigte, diese zu heiraten. Zum andern ist aber vor allem zu berücksichtigen, dass der Angeklagte gemäss den Angaben seiner Verteidigerin die Schweiz (freiwillig) verlassen hat. Ein Vollzug des heutigen Urteils (in der Schweiz) wird daher auf jeden Fall erst möglich sein, wenn er über stabile Verhältnisse verfügt. Denn eine Einreise in die Schweiz (zwecks oder nach einer Heirat) wird erst erfolgen können, wenn die Verhältnisse geordnet sind. Dass dannzumal der Vollzug der gemeinnützigen Arbeit, die heute im Unterschied zur Geldstrafe (vgl. hierzu vorn lit. aa) ohne weiteres adäquat festgesetzt werden kann, ausgeschlossen werden kann, ist aus heutiger Sicht nicht anzunehmen. Hinzu kommt, dass gemeinnützige Arbeit bei Scheitern des Vollzugs in eine Freiheitsstrafe umgewandelt werden kann (vgl. Art. 39 StGB), die Freiheitsstrafe aber auf jeden Fall als solche (in Halbgefangenschaft) zu vollziehen ist (vgl. Art. 79 StGB).

ff) Nicht stichhaltig ist schliesslich der Hinweis der Vorinstanz auf den Entscheid des Bundesgerichts vom 16. Oktober 2006 i.S. 1P.526/2006. Richtig ist zwar, dass das Bundesgericht in diesem Entscheid die Verweigerung der Vollzugsform der gemeinnützigen Arbeit gegenüber einem Ausländer, dem die Aufenthaltsbewilligung B entzogen worden war, als nicht willkürlich bezeichnete. Allerdings hatte das Bundesgericht damals die Zulässigkeit der Verweigerung aufgrund einer zum alten Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuches ergangenen kantonalen Bestimmung zu beurteilen, welche für die Anordnung ausdrücklich eine Aufenthaltsbewilligung verlangte. Hier aber geht es um die Zulässigkeit auf der Grundlage einer Bestimmung

des revidierten Allgemeinen Teils selber, welche eine solche Voraussetzung gerade nicht vorsieht. Nach dem Gesagten kann sodann davon ausgegangen werden, dass der Angeklagte dann, wenn es tatsächlich einmal zum Vollzug kommen sollte, im Besitz der fraglichen Aufenthaltsbewilligung sein wird.

gg) Zusammenfassend ergibt sich demnach, dass die Voraussetzungen für die Anordnung einer Arbeitsstrafe erfüllt sind und diese Sanktion als zweckmässig erscheint. Folglich ist die Berufung zu schützen und der Angeklagte antragsgemäss zu 240 Stunden gemeinnütziger Arbeit, wovon 60 Stunden durch Untersuchungshaft erstanden sind, zu verurteilen (Art. 51 StGB).

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