Zusammenfassung des Urteils IV 2017/208: Versicherungsgericht
A. hat sich im Januar 2016 bei der IV-Stelle des Kantons St. Gallen gemeldet, um Leistungen der Invalidenversicherung zu beantragen. Sie leidet an Rückenschmerzen und war arbeitsunfähig. Trotz Therapie und Prognose einer Verbesserung der Arbeitsfähigkeit, wurde ihr Rentenbegehren abgelehnt. A. erhob Beschwerde, die jedoch ebenfalls abgewiesen wurde. Der Richter Ralph Jöhl entschied am 13. Dezember 2019, dass A. die Gerichtskosten tragen muss.
Kanton: | SG |
Fallnummer: | IV 2017/208 |
Instanz: | Versicherungsgericht |
Abteilung: | IV - Invalidenversicherung |
Datum: | 13.12.2019 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Entscheid Art. 28 IVG. Art. 28a IVG. Invalidenrente. Invaliditätsgrad. Gemischte Methode. Haushaltsabklärung. Untersuchungspflicht (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 13. Dezember 2019, IV 2017/208). |
Schlagwörter : | Prozent; IV-act; Erwerb; Pensum; Aufgabenbereich; Invalidität; Stunden; Arbeitsfähigkeit; Invaliditätsgrad; Teilinvalidität; Haushalt; Teilinvaliditätsgrad; IV-Stelle; Frist; Methode; Hilfsarbeit; Gallen; Gutachten; Sachverständigen; Leistungsfähigkeit; Begründung |
Rechtsnorm: | Art. 16 ATSG ;Art. 43 ATSG ;Art. 8 ATSG ; |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | - |
Besetzung
Präsident Ralph Jöhl, Versicherungsrichterinnen Monika Gehrer-Hug und Karin HuberStuderus; Gerichtsschreiber Tobias Bolt
Geschäftsnr. IV 2017/208
Parteien
A. ,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Martin Frey, ADVOFREY,
Toggenburgerstrasse 24, Postfach 708, 9501 Wil SG 1,
gegen
IV-Stelle des Kantons St. Gallen, Postfach 368, 9016 St. Gallen,
Beschwerdegegnerin,
Gegenstand Rente Sachverhalt
A.
A. meldete sich im Januar 2016 zum Bezug von Leistungen der Invalidenversicherung an (IV-act. 1). Sie gab an, sie habe eine Anlehre zur Textilverkäuferin gemacht; seit Mai 2010 arbeite sie in einem Pensum von 75 Prozent als Wäscherei-Angestellte. Die Arbeitgeberin berichtete Ende Januar 2016 (IV-act. 11), das Arbeitsverhältnis sei ungekündigt. Der Lohn belaufe sich seit dem 1. Januar 2002 auf 37’812.45 Franken pro Jahr bei einem Beschäftigungsgrad von 75 Prozent. Die Allgemeinmedizinerin Dr. med. B. teilte der IV-Stelle am 6. Februar 2016 mit (IV-act. 16), die Versicherte leide an lumbo-spondylogenen Schmerzen bei einer medio-rechtslateralen Discushernie L4/5 mit einer radiculären Reizsymptomatik L5 rechts. Im August 2015 sei sie vollständig, vom 1. September 2015 bis zum 13. September 2015 zu 50
Prozent, vom 14. September 2015 bis zum 22. September 2015 zu 30 Prozent und ab dem 23. September 2015 wieder vollständig arbeitsunfähig gewesen. Am 23. November 2015 habe sie einen Arbeitsversuch mit acht Stunden pro Woche begonnen. Per 1. Februar 2016 habe sie das Pensum auf eine „Arbeitsunfähigkeit von 50 Prozent“ steigern können. Bei einem Assessmentgespräch gab die Versicherte am 23. Februar 2016 an (IV-act. 22), sie sei seit dem 8. Februar 2016 wieder vollständig arbeitsunfähig. Man plane nun eine stationäre Rehabilitation. In Zukunft würde sie gerne in einem Pensum von 60-70 Prozent arbeiten. Die Kliniken Valens berichteten am 25. April 2016 (IV-act. 24), die Versicherte leide an einem chronischen lumbo-spondylogenen Syndrom. Sie habe sich vom 17. März 2016 bis zum 16. April 2016 in einer stationären Behandlung befunden. Bei einer konsequenten Fortführung des instruierten Heimübungsprogramms sowie einem regelmässigen aktiven und passiven Therapieprogramm sei die Prognose günstig. Ab dem 18. April 2016 bestehe eine Arbeitsfähigkeit für zwei Stunden pro Tag an fünf Tagen pro Woche. Nach zwei
Wochen könne das Pensum auf drei Stunden pro Tag gesteigert werden. Nochmals eine Woche später sei eine Steigerung auf vier Stunden pro Tag möglich. Ab dem 16. Mai 2016 sollte es der Versicherten zumutbar sein, wieder das volle Pensum von 75 Prozent zu verrichten. Am 16. Mai 2016 teilte Dr. B. mit (IV-act. 31), die Versicherte habe ihr Arbeitspensum nicht wie geplant steigern können. Aktuell arbeite sie während drei Stunden pro Tag. Längere Einsätze führten zu einer ausgeprägten Schmerzprovokation. Aus medizinischer Sicht sei es ungünstig, dass die Versicherte häufig Lasten tragen und in einer vornübergeneigten Haltung stehen müsse. Für eine Tätigkeit mit einer regelmässig wechselnden Körperhaltung ohne die am derzeitigen Arbeitsplatz auftretenden Belastungen dürfte eine höhere Arbeitsfähigkeit bestehen. Am 28. Juni 2016 notierte Dr. med. C. vom IV-internen regionalen ärztlichen Dienst (RAD), diese Angaben seien medizinisch nachvollziehbar (IV-act. 33).
Ein Eingliederungsverantwortlicher der IV-Stelle notierte im Juli 2016 (IV-act. 35), die Versicherte müsse sich beruflich neu orientieren. Das wolle sie aber nicht. Sie wolle weiterhin an ihrem angestammten Arbeitsplatz tätig sein. Das Pensum könne sie nicht mehr weiter steigern. Eine Unterstützung durch die Eingliederungsberatung sei daher nicht möglich. Mit einer Mitteilung vom 18. Juli 2016 wies die IV-Stelle das Begehren um berufliche Massnahmen ab (IV-act. 38).
Im Auftrag der Krankentaggeldversicherung erstellte die Zentrum für Arbeitsmedizin, Ergonomie und Hygiene (AEH) AG am 14. November 2016 ein medizinisches Gutachten (act. G 15.2.4-2 ff.). Die Sachverständigen hielten fest, bei einer standardisierten Evaluation der funktionellen Leistungsfähigkeit habe die Versicherte eine Leistungsfähigkeit gezeigt, die es ihr erlaube, leichte bis mittelschwere, wechselbelastende Tätigkeiten ganztags auszuüben, wobei sie allerdings auf zusätzliche Pausen von insgesamt etwa eineinhalb Stunden pro Tag angewiesen sei und Tätigkeiten über Schulterhöhe in einer vornübergeneigten Haltung nur während maximal bis drei Stunden pro Tag verrichten könne. Die Leistungsbereitschaft in den Tests sei zuverlässig und die Konsistenz sei gut gewesen. Aus medizinischer Sicht empfehle sich eine Intensivierung der bereits begonnenen medizinischen Trainingstherapie sowie eine physiotherapeutische Begleitung des Trainings. Unter einer konsequent durchgeführten Therapie sollte die Versicherte innerhalb von sechs Monaten wieder die volle frühere Leistungsfähigkeit erreichen. Aus
psychiatrischer Sicht sei keine Arbeitsunfähigkeit zu diagnostizieren. Die RAD-Ärztin Dr. C. qualifizierte dieses Gutachten als überzeugend (IV-act. 40). Sie hielt fest, für den Aufgabenbereich im Haushalt seien Einschränkungen für schwere Haushaltsarbeiten und für Arbeiten in längeren Zwangshaltungen zu attestieren.
Mit einem Vorbescheid vom 3. Januar 2017 teilte die IV-Stelle der Versicherten mit (IV-act. 43), dass sie die Abweisung des Rentenbegehrens vorsehe. Zur Begründung führte sie an, gemäss dem Gutachten der AEH AG bestehe keine bleibende Arbeitsunfähigkeit im Erwerbsbereich. Im Haushalt bestünden zwar gewisse Einschränkungen, aber diese würden durch die Schadenminderungspflicht der Kinder aufgefangen. Sowohl im mit 75 Prozent zu gewichtenden Erwerbsbereich als auch im mit 25 Prozent zu gewichtenden Aufgabenbereich resultiere folglich ein Teilinvaliditätsgrad von je null Prozent. Damit betrage auch der Gesamtinvaliditätsgrad null Prozent. Dagegen wandte die Versicherte am 1. März 2017 ein (IV-act. 48), sie hätte ohne die Gesundheitsbeeinträchtigung nur bis Sommer 2017 teilerwerbstätig sein wollen. Ihre Tochter werde dann ihre Ausbildung abschliessen. Die Versicherte habe geplant, ihr Pensum auf 100 Prozent zu steigern und in den Pflegebereich zu wechseln. Im Jahr 2009 habe sie einen Pflegehelferkurs absolviert. Nach der Begutachtung durch die AEH AG habe sie ihre Therapie gemäss den Empfehlungen intensiviert, was aber eine massive Schmerzzunahme zur Folge gehabt habe, die nicht einmal mit Opiaten habe im Griff gehalten werden können. Ein Facharzt habe eine Versteifung der Wirbel vorgeschlagen, was aber unter anderem aufgrund ihres Alters nicht in Frage komme. Eine Infiltration habe keinen wesentlichen Erfolg gezeitigt. Im Januar 2017 sei eine Illiosacralgelenksarthrose festgestellt worden. Am 23. Januar 2017 hatte die Klinik für Neurochirurgie des Kantonsspitals St. Gallen berichtet (IV-act. 51), die neu präsentierte Schmerzsymptomatik sei am ehesten mit einer muskulären Problematik zu vereinbaren. Differentialdiagnostisch sei an ein ISG-Syndrom an ein PiriformisSyndrom zu denken. Das Schmerzzentrum des Kantonsspitals St. Gallen hatte am 28. Februar 2017 mitgeteilt (IV-act. 52), bei der Versicherten habe sich eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Anteilen entwickelt. Gegenwärtig leide die Versicherte auch an einer leichten depressiven Episode. Am 3. April 2017 berichtete die Klinik für Neurochirurgie des Kantonsspitals St. Gallen (IV-act. 53), die Versicherte leide weiterhin unter ihren belastungsabhängigen Rückenschmerzen. Neue
Befunde hätten sich nicht ergeben. Eine Spondylodese erscheine als wenig sinnvoll. Die RAD-Ärztin Dr. C. hielt am 21. April 2017 fest, dass sich in medizinischer Hinsicht keine neuen Erkenntnisse ergeben hätten (IV-act. 54). Mit einer Verfügung vom
27. April 2017 wies die IV-Stelle das Rentenbegehren der Versicherten ab (IV-act. 55).
B.
Am 29. Mai 2017 liess die Versicherte (nachfolgend: die Beschwerdeführerin) eine Beschwerde erheben (act. G 1). Ihr Rechtsvertreter beantragte die Aufhebung der Verfügung vom 27. April 2017, die Gewährung der gesetzlichen Leistungen und eventualiter die Rückweisung der Sache zur weiteren Abklärung an die IV-Stelle (nachfolgend: die Beschwerdegegnerin). Zur Begründung führte er aus, der Sachverhalt sei ungenügend abgeklärt worden. Obwohl die Beschwerdegegnerin die sogenannte
„gemischte Methode“ angewendet habe, habe sie keine Haushaltsabklärung durchgeführt. Der Rechtsvertreter beantragte unter Hinweis auf eine späte Mandatierung die Ansetzung einer Nachfrist für die Ergänzung der Begründung. Am 3. Juli 2017 beantragte er eine Fristerstreckung für die Begründungsergänzung (act. G 3). Am 25. August 2017 beantragte er eine weitere Fristerstreckung (act. G 5). Der Eingabe lag ein vorläufiger Austrittsbericht der Klinik für Neurochirurgie des Kantonsspitals
St. Gallen betreffend eine im August 2017 durchgeführte Sequesterektomie L4/5 rechts bei (act. G 5.1). Am 29. September 2017, am 30. November 2017 und am 9. Januar 2018 beantragte der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin weitere Fristerstreckungen (act. G 7, G 9 und G 12). Innerhalb der letztmals bis am 29. Juni 2018 erstreckten Frist ging dann allerdings keine Beschwerdeergänzung ein (vgl. act. G 14).
Die Beschwerdegegnerin beantragte am 19. März 2018 die Abweisung der Beschwerde (act. G 15). Zur Begründung führte sie an, das Gutachten der AEH AG belege überzeugend, dass die Beschwerdeführerin wieder im bisherigen Pensum arbeiten könne. Weitere Abklärungen sei nicht notwendig gewesen.
Der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin beantragte am 8. Mai 2018 eine Fristerstreckung für die Einreichung der Replik (act. G 17). Am 29. Mai 2018 beantragte er eine weitere Fristerstreckung (act. G 19). Innerhalb der antragsgemäss erstreckten
Frist ging keine Replik ein, weshalb der Schriftenwechsel am 24. Juli 2018 abgeschlossen wurde (vgl. act. G 21).
Erwägungen 1.
Eine versicherte Person, die ihre Erwerbsfähigkeit nicht durch zumutbare Eingliederungsmassnahmen wieder herstellen, erhalten verbessern kann, die während eines Jahres ohne einen wesentlichen Unterbruch durchschnittlich mindestens 40 Prozent arbeitsunfähig gewesen ist und die nach dem Ablauf dieses Jahres zu durchschnittlich mindestens 40 Prozent invalid ist, hat gemäss dem Art. 28 Abs. 1 IVG einen Anspruch auf eine Rente der Invalidenversicherung. In der Regel wird laut dem Art. 28a Abs. 1 IVG in Verbindung mit dem Art. 16 ATSG zur Bemessung der Invalidität das Erwerbseinkommen, das die versicherte Person nach dem Eintritt der Gesundheitsbeeinträchtigung und nach der Durchführung der medizinischen Behandlung und allfälligen Eingliederungsmassnahmen bei einer ausgeglichenen Arbeitsmarktlage durch eine ihr zumutbare Tätigkeit erzielen könnte, in Beziehung zu jenem Erwerbseinkommen gesetzt, das sie erzielen könnte, wenn sie gesund geblieben wäre. Bei nicht erwerbstätigen Versicherten, die im Aufgabenbereich tätig sind und denen die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann, wird laut dem Art. 28a Abs. 2 IVG für die Bemessung der Invalidität in Abweichung vom Art. 16 ATSG darauf abgestellt, in welchem Umfang sie unfähig geworden sind, sich im Aufgabenbereich zu betätigen. Bei Versicherten, die teilweise erwerbstätig und teilweise im Aufgabenbereich tätig gewesen sind, wird der Invaliditätsgrad für beide Bereiche nach der jeweiligen Methode berechnet; die Teilinvaliditätsgrade werden nach den Anteilen der Bereiche „gewichtet“ und dann addiert (sog. gemischte Methode; Art. 28a Abs. 3 IVG).
2.
Die Beschwerdeführerin ist vor dem Eintritt der Gesundheitsbeeinträchtigung erwerbstätig gewesen und ihr hat angesichts des Alters ihrer Kinder die Aufnahme einer vollzeitlichen Erwerbstätigkeit objektiv zugemutet werden können. Damit sind die Voraussetzungen für die Anwendung des Betätigungsvergleichs der gemischten Methode gemäss dem absolut klaren Wortlaut des Art. 28a Abs. 2 IVG, des Art. 5 Abs. 1 IVG und des Art. 8 Abs. 3 ATSG nicht erfüllt gewesen. Allerdings richtet sich die Methodenwahl laut der den klaren Wortlaut und den Sinn und Zweck dieser Gesetzesbestimmungen ignorierenden bundesgerichtlichen Rechtsprechung nicht
nach der objektiven Zumutbarkeit einer Erwerbsaufnahme, sondern danach, wie sich die versicherte Person im hypothetischen „Gesundheitsfall“ verhalten würde. Zur Beantwortung dieser Frage wird in aller Regel eine Haushaltsabklärung durchgeführt, bei der die versicherte Person unter anderem zu ihrem Verhalten im hypothetischen
„Gesundheitsfall“ befragt wird. Eine solche Abklärung ist aus nicht nachvollziehbaren Gründen unterblieben. Allerdings hat die Beschwerdeführerin nachträglich angegeben, sie wäre im hypothetischen „Gesundheitsfall“ bis zum Abschluss der Ausbildung ihrer jüngsten Tochter im Sommer 2017 teilerwerbstätig geblieben; danach hätte sie eine vollzeitliche Erwerbstätigkeit ausgeübt. Da die angefochtene Verfügung im April 2017 ergangen ist, ist für den gesamten hier massgebenden Zeitraum von einer hypothetischen Teilerwerbstätigkeit in einem Pensum von 75 Prozent auszugehen. Würde der Beschwerdeführerin eine Rente zugesprochen, müsste diese per August 2017 revidiert werden, denn ab diesem Zeitpunkt müsste von einer Validenkarriere in der Form einer (hypothetischen) vollzeitlichen Erwerbstätigkeit ausgegangen werden, sodass der Invaliditätsgrad anhand eines reinen Einkommensvergleichs zu berechnen wäre. Für den hier massgebenden Zeitraum ist die Beschwerdeführerin aber jedenfalls als zu 75 Prozent erwerbstätig und zu 25 Prozent im Aufgabenbereich (Haushalt) tätig zu qualifizieren, weshalb der Invaliditätsgrad anhand der gemischten Methode zu berechnen ist.
3.
Die Beschwerdeführerin hat eine Anlehre zur Textilverkäuferin absolviert. Angesichts der notorisch tiefen Löhne, die im Detailhandel bezahlt werden, hätte es diese Ausbildung der Beschwerdeführerin im hypothetischen „Gesundheitsfall“ nicht erlaubt, einen über dem statistischen Zentralwert der Hilfsarbeiterinnenlöhne liegenden Lohn zu erzielen. Effektiv hat die Beschwerdeführerin ziemlich genau einem dem Durchschnittslohn für die Hilfsarbeiterinnen aller Branchen entsprechenden Lohn erzielt. Das zeigt, dass sie ohne weiteres auch als Hilfsarbeiterin hätte tätig sein und einen dem Zentralwert der Hilfsarbeiterinnenlöhne über alle Branchen hinweg entsprechenden Lohn hätte erzielen können. Das Valideneinkommen entspricht folglich diesem statistischen Zentralwert der Hilfsarbeiterinnenlöhne aller Branchen.
Die Bestimmung der zumutbaren Invalidenkarriere hängt davon ab, welche Tätigkeiten der Beschwerdeführerin aus medizinischer Sicht zugemutet werden können. Sowohl die ambulant behandelnden Ärzte als auch jene der Kliniken Valens haben im hier massgebenden Zeitraum bis zum Erlass der angefochtenen Verfügung keine objektiven klinischen Befunde erhoben, die die Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin erheblich eingeschränkt hätten. Die Ärzte der Kliniken Valens
haben sogar die Rückkehr an den angestammten Arbeitsplatz als Wäschereimitarbeiterin im vorherigen Pensum von 75 Prozent als zumutbar erachtet, obwohl die Beschwerdeführerin dort wieder oft hätte Lasten tragen und in einer vornübergeneigten Haltung stehend Arbeiten hätte verrichten müssen. Die Sachverständigen der AEH AG haben allerdings nach einer eingehenden Testung der funktionellen Leistungsfähigkeit der Beschwerdeführerin angesichts der von ihnen als konsistent und zuverlässig qualifizierten Testergebnisse die angestammte Tätigkeit als damals bloss noch während drei Stunden pro Arbeitstag zumutbar qualifiziert. Dieses Attest überzeugt angesichts der ungünstigen Belastungen des angestammten Arbeitsplatzes, was auch die RAD-Ärztin Dr. C. bestätigt hat. Zwar haben die Sachverständigen der AEH AG eine rasche Steigerung der Arbeitsfähigkeit unter einer konsequenten Therapie prognostiziert, aber bei dieser Prognose kann es sich naturgemäss nicht um eine überwiegend wahrscheinliche Angabe zur tatsächlichen Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin, sondern nur um eine einigermassen plausible Einschätzung der zukünftigen Entwicklung gehandelt haben, weshalb nicht darauf abgestellt werden kann. Das mindert die Aussagekraft des Gutachtens bezüglich der Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Begutachtung aber nicht. Für eine ideal leidensadaptierte Tätigkeit haben die Sachverständigen einen zusätzlichen Pausenbedarf von eineinhalb Stunden attestiert, was bei einer betriebsüblichen wöchentlichen Arbeitszeit von 41,7 Stunden (über alle Branchen hinweg) einem Arbeitsunfähigkeitsgrad von gerundet 18 Prozent entspricht (= 5 × 1,5 ÷ 41,7). Auch bezüglich einer ideal leidensadaptierten Tätigkeit haben die Sachverständigen eine Steigerung der Arbeitsfähigkeit innerhalb der nächsten Monate prognostiziert, aber auch dabei kann es sich nur um eine Einschätzung der zukünftigen Entwicklung gehandelt haben. Folglich ist nicht auf die Prognose, sondern auf die zum Begutachtungszeitpunkt attestierte Arbeitsfähigkeit von 82 Prozent für eine ideal leidensadaptierte Tätigkeit abzustellen. Daran hat die im August 2017 erfolgte Rückenoperation nichts geändert, denn gemäss dem Austrittsbericht vom 18. August 2017 (act. G 5.1) ist mit dieser nur eine vorübergehende Verschlechterung (Schmerzexazerbation) behoben worden. Die von den Sachverständigen der AEH AG attestierte Arbeitsfähigkeit kann in einer adaptierten Hilfsarbeit verwertet werden, was bedeutet, dass der Ausgangswert des zumutbarerweise erzielbaren Invalideneinkommens dem statistischen Zentralwert der Hilfsarbeiterinnenlöhne und damit dem Valideneinkommen entspricht. Der Betrag kann bei der Berechnung des Invaliditätsgrades mathematisch keine Rolle spielen; der Invaliditätsgrad ist also mittels eines sogenannten Prozentvergleichs zu berechnen. Er entspricht dem Arbeitsunfähigkeitsgrad, der allenfalls um einen Tabellenlohnabzug zu korrigieren ist. Praxisgemäss ist vorliegend ein Tabellenlohnabzug von zehn Prozent zu
berücksichtigen, da die Beschwerdeführerin ihre Arbeitsleistung nicht konstant zuverlässig, sondern angesichts der zu erwartenden Schmerzexazerbationen nur schwankend und dementsprechend schlecht planbar wird verwerten können und da sie von einem potentiellen Arbeitgeber nicht gleich flexibel wie eine gesunde Arbeitnehmerhin eingesetzt werden kann, weil sie nur ideal leidensadaptierte Tätigkeiten ausführen kann und weil sie nicht in der Lage sein wird, auch nur vorübergehend mehr als das ihr zumutbare Pensum zu leisten. Ein betriebswirtschaftlich-ökonomisch denkender Arbeitgeber wird diesen Umständen bei der Festsetzung des Lohnes Rechnung tragen müssen, das heisst er wird es sich aus betriebswirtschaftlich-ökonomischer Sicht nicht leisten können, der Beschwerdeführerin einen durchschnittlichen Lohn auszubezahlen, da ein solcher notwendigerweise einen Soziallohnanteil enthalten würde. Damit ergibt sich für den Erwerbsbereich ein Invaliditätsgrad von 26,2 Prozent (= 100% - 90% × 82%). Im Rahmen der gemischten Methode ist dieser Teilinvaliditätsgrad mit dem prozentualen Anteil des Erwerbsbereichs zu „gewichten“, sodass ein „gewichteter“ Teilinvaliditätsgrad von 19,65 Prozent (= 26,2% × 75%) für den Erwerbsbereich resultiert.
4.
Die RAD-Ärztin Dr. C. hat unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Gutachtens der AEH AG mit einer überzeugenden Begründung festgehalten, dass der Beschwerdeführerin die körperlich schwer belastenden Tätigkeiten im eigenen Haushalt nicht mehr zumutbar seien. Die Beschwerdegegnerin hat dann allerdings keinen Betätigungsvergleich durchgeführt, anhand dessen sie die prozentuale Einschränkung im Aufgabenbereich hätte festlegen können. Vielmehr hat sie pauschal auf die Schadenminderungspflicht der Kinder der Beschwerdeführerin verwiesen und geltend gemacht, diese kompensiere die Einschränkung der Beschwerdeführerin im Aufgabenbereich unabhängig von deren konkreter Höhe. Damit hat sie ihre Untersuchungspflicht (Art. 43 Abs. 1 ATSG) verletzt. Zudem liegt dieser Ansicht offensichtlich ein falsches Verständnis bezüglich des versicherungsrechtlich massgebenden Schadens zugrunde, denn die Schadenshöhe bemisst sich nicht an der (verbliebenen) Leistungsfähigkeit einer zufällig zusammengesetzten Wohngemeinschaft, sondern allein an der (verbliebenen) Leistungsfähigkeit der versicherten Person selbst. Allerdings spielt das für den vorliegenden Fall keine Rolle, denn nur wenn die Beschwerdeführerin gänzlich unfähig wäre, sich weiter im Aufgabenbereich zu betätigen, was gemäss den medizinischen Akten eindeutig nicht der Fall ist, könnte insgesamt ein rentenbegründender Invaliditätsgrad resultieren. Nur in diesem Fall würde nämlich für den Aufgabenbereich ein gewichteter
Teilinvaliditätsgrad von 25 Prozent (= 100% × 25%) resultieren, der zusammen mit dem gewichteten Teilinvaliditätsgrad von 19,65 Prozent im Erwerbsbereich einen GesamtInvaliditätsgrad von über 40 Prozent ergäbe. Wenn im Aufgabenbereich (Haushalt) eine Teilinvalidität von 75 Prozent vorliegen würde (was gemäss den medizinischen Akten ohne weiteres als deutlich zu hoch erscheint), würde lediglich ein gewichteter Teilinvaliditätsgrad von 18,75 Prozent (= 75% × 25%) resultieren, was zusammen mit dem gewichteten Teilinvaliditätsgrad im Erwerb von 19,65 Prozent nur einen nicht rentenbegründenden Gesamt-Invaliditätsgrad von 38,4 Prozent ergäbe. Im Ergebnis erweist sich die abweisende Verfügung vom 27. April 2017 damit als rechtmässig.
5.
Die Beschwerde ist abzuweisen. Die Gerichtskosten von 600 Franken sind der unterliegenden Beschwerdeführerin aufzuerlegen. Diese Kosten sind durch den von ihr geleisteten Kostenvorschuss von 600 Franken gedeckt. Die unterliegende Beschwerdeführerin hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung.
Entscheid
im Zirkulationsverfahren gemäss Art. 39 VRP
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Beschwerdeführerin hat die Gerichtskosten von 600 Franken zu bezahlen; diese Kosten sind durch den von ihr geleisteten Kostenvorschuss von 600 Franken gedeckt.
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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