Zusammenfassung des Urteils IV 2015/195: Versicherungsgericht
Der Beschwerdeführer A. hat sich gegen die Rentenaufhebung durch die IV-Stelle des Kantons St. Gallen gewehrt. Der Fall basiert auf einer Rentenrevision aufgrund eines unklaren syndromalen Beschwerdebilds. Nach verschiedenen medizinischen Gutachten und Expertisen wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer keine rentenbegründende Invalidität aufweist und somit die Rentenaufhebung gerechtfertigt ist. Die Beschwerde wurde abgewiesen, und die Gerichtskosten von CHF 600 wurden dem Beschwerdeführer auferlegt. Der Richter Lisbeth Mattle Frei hat den Fall entschieden.
Kanton: | SG |
Fallnummer: | IV 2015/195 |
Instanz: | Versicherungsgericht |
Abteilung: | IV - Invalidenversicherung |
Datum: | 21.12.2017 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Entscheid lit. a Abs. 1 der Schlussbestimmungen des IVG, Art. 7 ATSG. Die ursprüngliche Rentenzusprache beruhte im Wesentlichen auf einem einschlägigen Leiden. Beweiskraft des vor BGE 141 V 281 ergangenen Administrativgutachtens bejaht, da es eine von der vom Bundesgericht ehemals postulierten Überwindbarkeitsvermutung unabhängige, nachvollziehbare Ressourcen- und Konsistenzprüfung enthält. Renteneinstellung bestätigt (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 21. Dezember 2017, IV 2015/195). |
Schlagwörter : | IV-act; Rente; Recht; Renten; Arbeitsfähigkeit; Schlussbestimmungen; Gutachten; Beschwerdeführers; Bundesgericht; Störung; Beurteilung; Achtung; Sicht; IV-Stelle; Rechtsprechung; Bundesgerichts; Revision; IVact; Begutachtung; Beschwerden; Gutachter; Stellungnahme; Auswirkung; Beschwerdebild; Invalidität; ZIMB-Gutachten; Parteien; Facharzt; ünden |
Rechtsnorm: | Art. 17 ATSG ;Art. 7 ATSG ; |
Referenz BGE: | 125 V 352; 137 V 266; 141 V 281; 141 V 307; |
Kommentar: | - |
Entscheid vom 21. Dezember 2017
Besetzung
a.o. Versicherungsrichterin Lisbeth Mattle Frei (Vorsitz), Versicherungsrichterin Christiane Gallati Schneider und Versicherungsrichter Joachim Huber; Gerichtsschreiber
Philipp Geertsen Geschäftsnr.
IV 2015/195
Parteien
A. ,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. Irja Zuber Hofer, Procap Schweiz, Frohburgstrasse 4, Postfach, 4601 Olten,
gegen
IV-Stelle des Kantons St. Gallen, Postfach 368, 9016 St. Gallen,
Beschwerdegegnerin,
Gegenstand
Rentenrevision (Einstellung 6a) Sachverhalt
A.
A. , meldete sich am 9. August 2004 zum Bezug von IV-Leistungen an (IV-act. 1). Im Auftrag der IV-Stelle wurde der Versicherte am 20./21. Juni 2005 in der AEH Zentrum für Arbeitsmedizin, Ergonomie und Hygiene AG, Zürich, von Dr. med. B. , Fachärztin FMH für Physikalische Medizin und Rehabilitation, und am 6. September 2005 von Dr. med. Dr. phil. C. , Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, untersucht. Die Experten diagnostizierten: ein lumbospondylo¬genes Syndrom beidseits, rechts mehr als links, ein cervikospondylogenes Syndrom links, ein thorakospondylogenes Syndrom links bei/mit Wirbelsäulenfehlform, degenerativer Diskopathie L5/S1 mit flacher Diskushernie, möglicher Wurzelirritation S1 rechts, einem
links präsakralen zystischen Prozess (am ehesten Nervenwurzel L5 links zugehörig; DD: präsakraler neurogener Tumor mit Kontakt der Wurzel L5 rechts) und muskulärer Insuffizienz; eine prolongierte gemischte Anpassungsstörung mit Störung der Gefühle und des Sozialverhaltens leichten Ausprägungsgrades (ICD-10: F43.25) und/oder eine sub¬syndromale affektive Störung als nicht näher zu bezeichnende Restkategorie
(ICD-10: F38.8), demnach nicht im Sinn einer depressiven Episode als phasenhaft wieder¬kehrendes Rezidiv. Aus rein rheumatologisch-orthopädischer Sicht sei dem
Versicherten eine leichte wechselbelastende Tätigkeit zu 50% medizinisch-theoretisch zumutbar. Aus psychiatrischer Sicht bestehe keine psychische Störung bzw. Beeinträchtigung, die eine „IV-Störung“ begründen würde. Interdisziplinär wurde die Arbeitsfähigkeit für eine leichte wechselbelastende Tätigkeit nach einer Frist von 3 Monaten auf mindestens eine 50% eingeschätzt (Gesamtgutachten vom 15. November 2015, IV-act. 21; zum psychiatrischen Teilgutachten vom 28. September 2005 siehe IVact. 20). Der RAD-Arzt Dr. med. D. , Facharzt für Allgemeinmedizin, vertrat in der Stellungnahme vom 18. November 2005 die Ansicht, es könne aus versicherungsmedizinischer Sicht von einer 50%igen Arbeitsfähigkeit für leidensangepasste Tätigkeiten ausgegangen werden (IV-act. 22). Mit Verfügung vom
11. Mai 2006 sprach die IV-Stelle dem Versicherten mit Wirkung ab 1. August 2003 eine halbe Rente zu (IV-act. 34).
Am 20. Mai 2009 teilte die IV-Stelle dem Versicherten mit, im Rahmen eines von Amtes wegen durchgeführten Revisionsverfahrens sei keine Änderung festgestellt worden, die sich auf die Rente auswirke (IV-act. 44).
Im Fragebogen „Revision der Invalidenrente/Hilflosenentschädigung“ gab der Versicherte am 21. Juli 2014 an, dass sich sein Gesundheitszustand seit ungefähr 2 Jahren verschlechtere (IV-act. 59). Der behandelnde Dr. med. E. , Facharzt für Allgemeinmedizin FMH, bestätigte im Verlaufsbericht vom 4./7. August 2014 einen verschlechterten Gesundheitszustand (IV-act. 62). Nach einer Würdigung der Akten gelangte RAD-Arzt F. , Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, zur Auffassung, dass die dem Rentenanspruch zugrunde liegende Arbeitsunfähigkeit am ehesten nicht auf einer nachgewiesenen organisch-somatischen Erkrankung, sondern auf einer Schmerzverarbeitungsstörung im Sinn eines sogenannten pathogenetisch-ätiologisch unklaren syndromalen Beschwerdebilds ohne nachweisbare organische Grundlage beruhe. Er empfahl eine polydisziplinäre Begutachtung (Stellungnahme vom 26. August 2014, IV-act. 66).
Im Auftrag der IV-Stelle wurde der Versicherte am 25. und 26. November sowie am
2. Dezember 2014 polydisziplinär (internistisch, psychiatrisch, rheumatologisch und neurologisch) in der ZIMB Zentrum für Interdisziplinäre Medizinische Begutachtungen AG untersucht. Die Experten stellten keine Diagnosen „mit Einfluss auf die
Arbeitsfähigkeit“. Ohne Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit bestünden: 1. Ein chronischer Schmerzzustand im Bereich des Nervus maxillaris rechts mit/bei: Status nach endoskopischer Tumorent¬fernung eines invertierten Papilloms (Schneider’sches Papillom) aus der rechten Kieferhöhle und Ethmoidektomie rechts am 11. März 2009; Status nach medialer Maxillektomie rechts endoskopisch und über einen osteoplastischen Zugang aufgrund eines Rezidivs des invertierten Papilloms am 23. September 2011; Status nach endoskopisch navigationsgestützter Exploration der Fossa sphenopalatina rechts und Ausschluss eines Tumorrezidivs am 13. März 2012; Exazerbation eines neuropathischen Schmerzes in niedriger Attackenfrequenz; 2. ein chronifiziertes Lumbovertebralsyndrom mit/bei: degenerativen LWS-Veränderungen mit Diskopathie L5/S1, ohne radikuläre Ausfallsymptomatik; 3. eine Hypästhesie rechter Arm und rechtes Bein, nicht sicher einem nervalen radikulären Versorgungsgebiet zuzuordnen, am ehesten funktioneller Genese; 4. eine chronische Nuchalgie ohne radikuläre Ausfallsymptomatik; 5. eine Steatosis hepatis bei Adipositas Grad I nach WHO (BMI von 30.9 kg/m2). Zusammenfassend und unter Berücksichtigung aller Gegebenheiten und Befunde sei der Versicherte aktuell weder aus somatischer noch aus psychiatrischer Sicht in seiner Arbeitsfähigkeit eingeschränkt. Aus interdisziplinärer Sicht seien ihm sowohl die zuletzt ausgeübte Tätigkeit in der Automobilindustrie als auch eine entsprechende Verweistätigkeit zu 100% zumutbar. Die Rückenproblematik sei verglichen mit dem Jahr 2005 subjektiv und objektiv unverändert. Bei nach wie vor fehlender neurologischer Reizund Ausfallsymptomatik legitimiere diese Schmerzsymptomatik, vor allem in Anbetracht der damals beschriebenen Selbstlimitierung in der EFL, höchstens qualitative Einschränkungen der zumutbaren Arbeitsfähigkeit. Die damals von Dr. C. diagnostizierte „prolongierte gemischte Anpassungsstörung mit Störung der Gefühle und des Sozialverhaltens leichten Ausprägungsgrades“ (ICD-10: F43.25) sei mittlerweile in den Hintergrund getreten. Es bestehe auch keine andere depressive Störung. Die damals attestierte 50%ige Einschränkung der Arbeitsfähigkeit sei aus heutiger versicherungsmedizinischer Sicht in keiner Weise nachvollziehbar. Retrospektiv müsse davon ausgegangen werden, dass zum damaligen Zeitpunkt keine psychiatrische Diagnose vorgelegen habe, die eine langfristige Auswirkung auf die Leistungsbzw. Arbeitsfähigkeit gehabt habe. Ein pathogenetisch-ätiologisch unklares Beschwerdebild ohne nachweisbare organische Grundlage könne postuliert werden, wobei eine Unüberwindbarkeit nicht ausgewiesen
sei (Gutachten vom 15. Januar 2015, IV-act. 70). Auf die Nachfrage der IV-Stelle hin (IVact. 71) antwortete der internistische ZIMB-Gutachter am 16. Februar 2015, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit bereits im Jahr 2005 beim Versicherten ein syndromales Leiden ohne adäquates organisches Korrelat bestanden habe (IV-act. 72; zur Würdigung der gutachterlichen Einschätzung durch den RAD siehe die Stellungnahmen vom 11./23. Februar 2015, IV-act. 73).
Mit Vorbescheid vom 26. Februar 2015 stellte die IV-Stelle dem Versicherten die Aufhebung der Rente in Aussicht (IV-act. 75). Dagegen erhob der Versicherte am 12. März 2015 Einwand (IV-act. 78), den er am 28. April 2015 ergänzend begründete und mit Stellungnahmen von Dr. E. vom 17. März 2015 sowie von Dr. med. H. , Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie FMH, Rorschach, vom 23. März 2015 untermauerte (IV-act. 81). Der RAD-Arzt Dr. J. gelangte zur Auffassung, dass die Ausführungen der behandelnden Dres. E. und H. keine Zweifel an der gutachterlichen Beurteilung begründeten (Stellungnahme vom 22. Mai 2015, IV-act. 83). Am 26. Mai 2015 verfügte die IV-Stelle die Aufhebung des Rentenanspruchs auf den ersten Tag des zweiten Monats nach der Zustellung der Verfügung (IV-act. 84).
B.
Gegen die Verfügung vom 26. Mai 2015 richtet sich die vorliegende Beschwerde vom 25. Juni 2015. Der Beschwerdeführer beantragt darin deren Aufhebung. Es sei ihm weiterhin eine Invalidenrente zuzusprechen. Eventualiter sei die Angelegenheit zu weiteren Abklärungen an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen und sie zu verpflichten, die Kosten einer allfälligen Begutachtung zu übernehmen; alles unter Kostenund Entschädigungsfolgen. Im Wesentlichen bringt der Beschwerdeführer vor, die ursprüngliche Rentenzusprache sei nicht aufgrund eines unklaren syndromalen Zustandsbilds erfolgt. Er leide weiterhin an einem invalidisierenden Gesundheitsschaden. Die Beurteilung der ZIMB-Gutachter berücksichtige die Anforderungen gemäss der geänderten Rechtsprechung des Bundesgerichts zu den somatoformen Schmerzstörungen nicht, weshalb der gutachterlichen Einschätzung die Beweiskraft abgehe. Ein Revisionsgrund liege nicht vor (act. G 1; siehe auch die ergänzende Begründung vom 18. August 2015, act. G 5).
Die Beschwerdegegnerin beantragt in der Beschwerdeantwort vom 29. September 2015 die Abweisung der Beschwerde. Zur Begründung führt sie aus, die Voraussetzungen für eine Revision des Rentenanspruchs gemäss der Schlussbestimmungen des IVG vom 18. März 2011 seien erfüllt. Selbst wenn dies wider Erwarten verneint würde, wäre die Rentenaufhebung unter dem Titel der Wiedererwägung gerechtfertigt (act. G 7).
Mit Verfügung vom 5. Oktober 2015 ist dem Gesuch des Beschwerdeführers um Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege für das Verfahren vor Versicherungsgericht entsprochen worden (act. G 8).
In der Replik vom 30. November 2015 hat der Beschwerdeführer unverändert an der Beschwerde festgehalten. Ergänzend macht er geltend, die Voraussetzungen für eine Wiedererwägung der ursprünglichen Rentenverfügung seien nicht erfüllt (act. G 12).
Die Beschwerdegegnerin hat am 4. Dezember 2015 auf eine Duplik verzichtet (act.
G 14).
Erwägungen
1.
Zwischen den Parteien umstritten und nachfolgend zu prüfen ist der Renten¬anspruch des Beschwerdeführers bzw. dessen Aufhebung gestützt auf lit. a der Schlussbestimmungen der Änderung vom 18. März 2011 des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung (IVG; SR 831.20; nachfolgend Schlussbestimmungen).
Gemäss lit. a der Schlussbestimmungen sind Renten, die bei pathogenetisch- ätiologisch unklaren syndromalen Beschwerdebildern ohne nachweisbare organische Grundlage gesprochen wurden, innerhalb von drei Jahren nach Inkrafttreten dieser Änderung neu zu überprüfen. Sind die Voraussetzungen nach Art. 7 Abs. 1 und 2 des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG; SR 830.1; Erwerbsunfähigkeit) nicht erfüllt, so wird die Rente herabgesetzt oder
aufgehoben, auch wenn der Tatbestand von Art. 17 Abs. 1 ATSG (Revision) nicht verwirklicht ist.
Ausgangspunkt für die Bemessung der Invalidität bildet die Frage, ob und in welchem Ausmass es einer versicherten Person zumutbar ist, trotz ihres Gesundheitsschadens ein Erwerbseinkommen zu erzielen. In Art. 7 Abs. 2 ATSG, der mit der 5. IVG-Revision am 1. Januar 2008 in Kraft getreten ist, wird festgelegt, dass eine Erwerbsunfähigkeit nur vorliegt, wenn sie aus objektiver Sicht nicht überwindbar ist. Damit wurde gesetzlich verankert, dass die Zumutbarkeit nicht nach dem subjektiven Empfinden der versicherten Person, sondern nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen ist. Art. 7 Abs. 2 ATSG schreibt somit auf Gesetzesstufe das Erfordernis der Objektivierbarkeit fest.
Das Bundesgericht hat mit Entscheid vom 3. Juni 2015 (BGE 141 V 281) seine die Bestimmung von Art. 7 Abs. 2 ATSG beschlagende Rechtsprechung zu den Voraussetzungen, unter denen anhaltende somatoforme Schmerzstörungen und vergleichbare psychosomatische Leiden eine rentenbegründende Invalidität zu bewirken vermögen, geändert. Es hat die von ihm geschaffene Überwindbarkeitsvermutung und den sich an den Foersterkriterien orientierenden Prüfungsraster aufgegeben. Das bisherige Regel/Ausnahme-Modell wurde durch ein
„strukturiertes“ Beweisverfahren ersetzt. Nach der neuen Rechtsprechung hat die Invaliditätsbemessung bei psychosomatischen Störungen den Aspekt der funktionellen Auswirkungen zu berücksichtigen, was sich schon in den diagnostischen Anforderungen niederschlagen muss. Massgebend seien in Schweregrad und Konsistenz der funktionellen Auswirkungen eingeteilte Standardindikatoren. Die Anerkennung eines rentenbegründenden Invaliditätsgrads sei nur zulässig, wenn die funktionellen Auswirkungen der medizinisch festgestellten gesundheitlichen Anspruchsgrundlage im Einzelfall anhand der Standardindikatoren schlüssig und widerspruchsfrei mit (zumindest) überwiegender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen seien (BGE 141 V 307 f. E. 6; vgl. Urteil des Bundes¬gerichts vom 23. September 2015,
8C_421/2015, E. 5.2).
Aufgrund dessen, dass die Vorschrift von lit. a Abs. 1 der Schlussbestimmungen
eine Überprüfung bisheriger Rentenansprüche in Nachachtung von Art. 7 ATSG
verlangt und die neue Rechtsprechung gemäss BGE 141 V 281 auch auf laufende Verfahren Anwendung findet (Urteil des Bundesgerichts vom 23. September 2015, 8C_421/2015, E. 5.1 mit Hinweis auf BGE 137 V 266 E. 6), ist diese auch für die Prüfung der vorliegenden Renteneinstellung massgebend.
2.
Zunächst ist die zwischen den Parteien umstrittene Frage zu beurteilen, ob die ursprüngliche Rentenzusprache aufgrund eines pathogenetisch-ätiologisch unklaren syndromalen Beschwerdebilds ohne nachweisbare organische Grundlage im Sinn von lit. a Abs. 1 der Schlussbestimmungen erfolgte.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts sind laufende Renten vom Anwendungsbereich von lit. a Abs. 1 der Schlussbestimmungen nur auszunehmen, wenn und soweit sie auf erklärbaren Beschwerden beruhen. Lassen sich unklare Beschwerden von erklärbaren Beschwerden trennen, können die Schlussbestimmungen der 6. IV-Revision auf erstere Anwendung finden. Sodann bestimmt sich die Anwendung der Schlussbestimmungen danach, ob die ursprüngliche Rentenzusprache zum Teil aufgrund eines syndromalen Gesundheitsschadens zugesprochen worden ist. Beim Vorliegen sowohl syndromaler als auch nicht syndromaler Gesundheitsschäden hängt die Anwendbarkeit von lit. a Abs. 1 der Schlussbestimmungen davon ab, dass letztere die anspruchs¬erhebliche Arbeitsunfähigkeit nicht mitverursacht, das heisst letztlich nicht selbstständig zur Begründung des Rentenanspruchs beigetragen haben. Damit bleibt eine Renten¬revision unter diesem Rechtstitel möglich, wenn sie die Auswirkungen des unklaren Beschwerdebilds bloss verstärken (Urteil des Bundesgerichts vom 7. August 2017, 8C_380/2017, E. 3.3 mit Hinweisen).
Dr. C. diagnostizierte im Rahmen seiner Begutachtung vom 6. September 2005 eine prolongierte gemischte Anpassungsstörung mit Störung der Gefühle und des Sozialverhaltens (ICD-10: F43.25) „und/oder“ eine subsyndromale „affektive Störung als nicht näher zu bezeichnende Restkategorie (ICD-10: F38.8). Differenzialdiagnostisch bestehe eine anhaltend somatoforme (undifferenzierte) Schmerzverarbeitungsstörung (ICD-10: F45.4; IV-act. 20-3). Syndromal könne gemäss
AMDP von keiner relevanten psychopathologischen Störung ausgegangen werden. Lediglich die subjektive Zentrierung auf die Schmerzproblematik und die psychodynamische Fehlverarbeitung hätten bezüglich des Ausmasses und des Fixierungsgrads Krankheitswert (IV-act. 20-2). Der RAD-Arzt G. hat in der Stellungnahme vom 26. August 2014 dargelegt, weshalb die Einschätzung von Dr. C. im Wesentlichen auf einem pathogenetisch-ätiologisch unklaren syndromalen
Beschwerdebild ohne nachweisbare organische Grundlage beruht (IV-act. 66-3 oben). Darauf kann verwiesen werden, zumal der Beschwerdeführer dagegen nichts Substanziiertes vorbringt und auch im ZIMB-Gutachten kein davon abweichender Schluss gezogen wurde (IV-act. 70-54).
2.3
Im AEH-Gesamtgutachten vom 15. November 2005 gelangte die somatische Expertin zum Schluss, zusammengefasst bestehe ein chronisch persistierendes Schmerzsyndrom (panvertebrale Beschwerden) mit Schmerzausstrahlung in die Arme und Beine. Die Beurteilung der effektiven Leistungsgrenze sei infolge der Selbstlimitierung nicht möglich gewesen. Lokalisierte körperliche Limits hätten aufgrund des Schmerz¬verhaltens des Beschwerdeführers nicht ermittelt werden können. Als arbeitsbezogene Problematik äussere sich zum jetzigen Zeitpunkt vor allem das Schonungsund Schmerzverhalten des Beschwerdeführers (IV-act. 21-7). Aus diesen Ausführungen geht eindeutig hervor, dass bei der somatischen Beurteilung der Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers ein syndromales Leiden im Vordergrund stand, dessen Auswirkungen nicht auf objektive Befunde zurückgeführt werden konnten, sondern ihre Erklärung „vor allem“ im Schonungsund Schmerzverhalten des Beschwerdeführers bzw. in seiner subjektiven Wahrnehmung fanden.
Zwar stellte die somatische AEH-Gutachterin auch klinische Befunde fest (IVact. 21-6 f.). Allerdings geht aus ihrer Beurteilung nicht hervor, dass die degenerative Diskopathie L5/S1 der links präsakrale zystische Prozess für die bescheinigte Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit für leidensangepasste Tätigkeiten ausschlaggebend gewesen sind (vgl. vorstehende E. 2.3.1). Bezüglich des präsakralen Bereichs wies bereits Dr. K. am 9. Januar 2004 auf ein fehlendes Korrelat hin (IVact. 8-9). Nichts anderes gilt im Übrigen bezüglich der von der AEH-Gutachterin
erwähnten Wirbelsäulenfehlform der muskulären Insuffizienz. Des Weiteren vertrat auch Dr. C. die Auffassung, der Ausschluss hauptsächlich organisch bedingter Krankheitsfaktoren sei gesichert (IV-act. 20-3).
Hinzu kommt, dass bereits vor der ersten Administrativbegutachtung seitens der behandelnden medizinischen Fachpersonen mehrfach auf die Bedeutung nicht objektivierbarer Faktoren hingewiesen wurde. Dr. med. H. , Assistenzarzt an der Klinik für Neurochirurgie am Kantonsspital St. Gallen, wies im Bericht vom 12. November 2002 darauf hin, sowohl die vom Beschwerdeführer beschriebenen Beschwerden als auch die klinische Untersuchung liessen sich nur sehr schwer mit radiologischen Befunden in Einklang bringen (IV-act. 8-18). Dr. K. hielt im Bericht vom 25. April 2002 fest, die Beschwerden würden ziemlich ungenau angegeben und seien „relativ diffus“ (IV-act. 8-15). Am 17. September 2002 berichtete sie über Zeichen einer deutlichen Schmerzverarbeitungsstörung und eine Somatisierungstendenz (IVact. 8-13). Am 9. Januar 2004 führte sie aus, „während der ganzen Untersuchung zeigte sich dieses Mal, wie auch sonst, eine deutliche funktionelle Überlagerung“ (IVact. 8-9).
2.4 Nach dem Gesagten beruht die ursprüngliche Rentenzusprache im Wesentlichen auf einem syndromalen Leiden im Sinn von lit. a Abs. 1 der Schlussbestimmungen. Damit war die Beschwerdegegnerin zu einer revisionsweisen Überprüfung des Rentenanspruchs unter den Erfordernissen von Art. 7 Abs. 1 und Abs. 2 ATSG befugt.
3.
Des Weiteren ist zu prüfen, ob der im Revisionsverfahren gemäss lit. a Abs. 1 der Schlussbestimmungen von der Beschwerdegegnerin ermittelte Sachverhalt spruchreif ist. Diese legte der verfügten Renteneinstellung das polydisziplinäre Gutachten der ZIMB vom 15. Januar 2015 zugrunde.
Bei der Würdigung des ZIMB-Gutachtens fällt ins Gewicht, dass es die Anforderungen an eine beweiskräftige medizinische Expertise erfüllt (siehe hierzu BGE 125 V 352 E. 3a mit Hinweisen). Insbesondere beruht es auf eigenständigen Abklärungen und ist für die streitigen Belange umfassend. Die medizinischen Vorakten
wurden verwertet und diskutiert. Die vom Beschwerdeführer geklagten Beschwerden wurden berücksichtigt und gewürdigt. Die bescheinigte Arbeitsfähigkeit leuchtet in der Darlegung der medizinischen Zusammenhänge und in der Beurteilung der medizinischen Situation ein. Weiter bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass objektiv wesentliche Tatsachen nicht berücksichtigt worden wären. Solche ergeben sich auch nicht aus den mit der Einwandbegründung vom 28. April 2015 eingereichten ärztlichen Berichten (IV-act. 81).
Der Beschwerdeführer bestreitet denn auch nicht, dass das ZIMB-Gutachten Ergebnis einer fachgerecht durchgeführten Begutachtung bildet. Er spricht der gutachterlichen Beurteilung einzig deshalb die Beweiskraft ab, da sie in Nachachtung der inzwischen überholten Praxis des Bundesgerichts zur Überwindbarkeit der somatoformen Schmerzstörung erfolgt sei (act. G 1, Rz 3, und act. G 12, S. 3).
Mit BGE 141 V 281 hat das Bundesgericht die von ihm geschaffene Überwindbarkeitsvermutung und den sich an den Foersterkriterien orientierenden Prüfungsraster aufgegeben (siehe hierzu vorstehende E. 1.3). Medizinische Gutachten, die noch nach alter Praxis des Bundesgerichts eingeholt wurden, verlieren nicht per se ihren Beweiswert. Es ist im Einzelfall zu prüfen, ob das betreffende Gutachten, gegebenenfalls im Kontext mit weiteren fachärztlichen Berichten, eine schlüssige Beurteilung im Licht der massgeblichen Indikatoren erlaubt nicht, wobei je nach Abklärungstiefe und -dichte eine punktuelle Ergänzung genügen kann. Somit führt ein nach alter Praxis des Bundesgerichts erstattetes Gutachten nicht zwangsläufig zu einer neuen Begutachtung anderen abklärungsrechtlichen Weiterungen (vgl. Urteil des Bundesgerichts vom 18. Mai 2017, 8C_842/2016, E. 5.2.1 mit Hinweisen).
Für die Beurteilung des ZIMB-Gutachtens ist entscheidend, dass die Würdigung des Krankheitsbilds und der Arbeitsfähigkeit weder anhand der damals vom Bundesgericht postulierten Überwindbarkeitsvermutung noch der blossen Verneinung der Foersterkriterien erfolgte. Mit der damaligen Rechtsprechung setzten sich die Gutachter erst in der letzten Zusatzfrage auseinander (IV-act. 70-54). Insbesondere der psychiatrische Teil beruht auf einer umfassenden Ressourcenund Konsistenzbeurteilung unter umfassendem Einbezug der Alltagsaktivitäten des Beschwerdeführers (IV-act. 70-50 f.). So kann der Beschwerdeführer etwa im
Gegensatz zu früher (IV-act. 25-1) wieder Autofahren (IV-act. 70-50). Anlässlich der Begutachtung wurden auch beschwielte Hände festgestellt (IV-act. 70-26 unten; vgl. auch IV-act. 70-31), was ebenfalls auf gewisse Ressourcen hinweist, zumal der Beschwerdeführer früher nach eigenen Angaben kaum mehr in der Lage gewesen sei, die TV-Fernbedienung zu halten (IV-act. 25-1). Der Beschwerdeführer wurde als muskulös gebauter Mann in eigentlich gutem bis sehr gutem Allgemeinzustand beschrieben (IV-act. 70-33). Den Haushalt vermag er alleine zu erledigen (IV-act.
70-39). Zudem verfügt er über einen guten Kollegenkreis und geht gerne spazieren (IVact. 70-39). Ausserdem ergeben sich aus dem ZIMB-Gutachten ein sehr demonstratives Schmerzverhalten mit 5 von 5 positiven Wadell-Zeichen und erhebliche Diskrepanzen (IV-act. 70-27 und IV-act. 70-33), die auch unter der Rechtsprechung gemäss BGE 141 V 281 eher gegen das Vorliegen einer aus objektiver Sicht nicht überwindbaren Erwerbsunfähigkeit im Sinn von Art. 7 Abs. 2 ATSG sprechen. Es bestehen damit keine Mängel an der Ressourcenund Konsistenzprüfung durch die ZIMB-Gutachter, weshalb deren Beurteilung auch nach der Rechtsprechung gemäss BGE 141 V 281 verwertbar bleibt und auf deren Ergebnisse abzustellen ist. Der Beschwerdeführer legt denn auch nicht substanziiert dar, welche ressourcenoder konsistenzrelevanten Aspekte die ZIMB-Gutachter ausser Acht gelassen hätten.
Gestützt auf das ZIMB-Gutachten ist somit davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer sowohl für die angestammte als auch eine leidensangepasste Tätigkeit aus objektiver Sicht über eine 100%ige Arbeitsfähigkeit verfügt. Die konkrete Berechnung des Invaliditätsgrads kann offen bleiben, da offensichtlich kein rentenbegründender Invaliditätsgrad resultiert. Demnach erfolgte die verfügte Renteneinstellung zu Recht.
4.
Die Beschwerde ist abzuweisen.
Das Beschwerdeverfahren ist kostenpflichtig. Die Kosten werden nach dem Verfahrensaufwand und unabhängig vom Streitwert im Rahmen von Fr. 200.-bis Fr. 1'000.-festgelegt (Art. 69 Abs. 1bis IVG). Eine Gerichtsgebühr von Fr. 600.-erscheint in der vorliegend zu beurteilenden Angelegenheit als angemessen. Dem unterliegenden
Beschwerdeführer sind die Gerichtskosten in der Höhe von Fr. 600.-aufzuerlegen. Zufolge unentgeltlicher Rechtspflege ist er von der Bezahlung zu befreien.
Der Staat bezahlt zufolge unentgeltlicher Rechtsverbeiständung die Kosten der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers. Die Parteientschädigung wird vom Versicherungsgericht festgesetzt und ohne Rücksicht auf den Streitwert nach der Bedeutung der Streitsache und nach der Schwierigkeit des Prozesses bemessen (Art. 61 lit. g ATSG). In der Verwaltungsrechtspflege beträgt das Honorar vor Versicherungsgericht nach Art. 22 Abs. 1 lit. b HonO pauschal Fr. 1'000.-bis Fr. 12'000.--. Die Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers hat keine Kostennote eingereicht. In der vorliegend zu beurteilenden Angelegenheit erscheint eine pauschale Parteientschädigung von Fr. 3'500.-ange¬messen. Diese ist um einen Fünftel zu kürzen (Art. 31 Abs. 3 des Anwaltsgesetzes, sGS 963.70). Somit hat der Staat die Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers pauschal mit Fr. 2'800.-- (inklusive Barauslagen und Mehrwertsteuer) zu entschädigen.
Eine Partei, der die unentgeltliche Rechtspflege gewährt wurde, ist zur Nachzahlung verpflichtet, sobald sie dazu in der Lage ist (Art. 123 der Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO; SR 272] i.V.m. Art. 99 Abs. 2 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege [VRP; sGS 951.1]).
Entscheid
im Zirkulationsverfahren gemäss Art. 39 VRP
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Der Beschwerdeführer wird von der Bezahlung der Gerichtsgebühr in der Höhe von Fr. 600.-zufolge unentgeltlicher Rechtspflege befreit.
3.
Der Staat entschädigt die Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers zufolge unentgeltlicher Rechtsverbeiständung mit Fr. 2'800.-- (inklusive Barauslagen und Mehrwertsteuer).
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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