Zusammenfassung des Urteils IV 2013/596: Versicherungsgericht
Die Cour de Cassation pénale hat am 14. Oktober 2010 über den Rekurs von Y.________ gegen das Urteil des Strafgerichts des Bezirks Est Vaudois verhandelt. Y.________ wurde wegen versuchten Mordes, Verstössen gegen das Betäubungsmittelgesetz und gegen das Ausländergesetz zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Zudem wurde er zur Zahlung von 15'000 CHF an S.________ verurteilt. Die Gerichtskosten von 55'648 CHF wurden ihm auferlegt. Y.________ hatte versucht, seine Verurteilung anzufechten, jedoch wurde der Rekurs abgelehnt. Der Richter, der das Urteil verkündet hat, ist männlich. Die Gerichtskosten wurden Y.________ auferlegt.
Kanton: | SG |
Fallnummer: | IV 2013/596 |
Instanz: | Versicherungsgericht |
Abteilung: | IV - Invalidenversicherung |
Datum: | 11.12.2015 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Entscheid Art. 8 und 13 IVG; Art. 9 IVG und Art. 23bis Abs. 1 und 3 IVV. Bestimmung des Streitgegenstands; Leistungspflicht der Invalidenversicherung für medizinische Massnahmen zur Behandlung von Geburtsgebrechen ist unabhängig von einer allfälligen Kostendeckung durch die Krankenkasse gegeben. Eine Kostenübernahme von medizinischen Massnahmen im Ausland kommt im Rahmen von Art. 23bis Abs. 1 IVV nicht in Betracht, wenn in der Schweiz entsprechende Fachpersonen und Behandlungsstellen vorhanden sind und die Massnahme durchführbar ist. Mangelnde Erfahrung von Schweizer Ärzten in Bezug auf die Behandlung einer seltenen Erkrankung kann allenfalls im Rahmen von Art. 23bis Abs. 3 IVV zu einer (begrenzten) Kostengutsprache für eine Behandlung im Ausland führen (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 11. Dezember 2015, IV 2013/596). |
Schlagwörter : | Behandlung; Operation; Schweiz; Katarakt; Behandlungs; Invalidenversicherung; Tochter; IV-act; Eltern; Geburt; Geburtsgebrechen; Übernahme; Reise; Erfahrung; Reisekosten; Verfügung; Krankenkasse; IV-Stelle; Augenklinik; Behandlungskosten; Kostengutsprache; Ausland; Erkrankung; Ärzte; Kataraktoperation; ässig |
Rechtsnorm: | - |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | - |
Entscheid vom 11. Dezember 2015
Besetzung
Präsidentin Karin Huber-Studerus, Versicherungsrichterinnen Monika Gehrer-Hug und Marie-Theres Rüegg Haltinner;
Gerichtsschreiberin Nadja Francke Zubair Geschäftsnr.
IV 2013/596
Parteien
A. ,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Dr. Alexander und Joy von Kameke, Nüeschenstrasse 6, 9437 Marbach
SG,
gegen
IV-Stelle des Kantons St. Gallen, Postfach 368, 9016 St. Gallen,
Beschwerdegegnerin,
Gegenstand
medizinische Massnahmen (Reisekosten) Sachverhalt
A.
A. wurde von ihren Eltern am 20. Juli 2011 zum Bezug von Leistungen der Invalidenversicherung bei der IV-Stelle des Kantons St. Gallen angemeldet (IV-act. 1). Dr. med. B. , Ärztin in der Augenklinik am Universitätsspital Zürich, gab in ihrem Bericht vom 11. August 2011 an, dass bei der Versicherten eine kongenitale Katarakt sowie eine Refraktionsanomalie links vorlägen. Die Erkrankung sei erstmals am 10. Juni 2011 festgestellt worden. Es handle sich um Geburtsgebrechen gemäss den Ziffern 419 und 425 der Verordnung über Geburtsgebrechen (GgV; SR 831.232.21). Die Behandlung erfolge mittels einer Brille sowie Okklusionspflaster. Eventuell sei später eine operative Therapie angezeigt (IV-act. 9). Mit einer Mitteilung vom 30. September 2011 sprach die IV-Stelle der Versicherten die Kosten für die Behandlung der Geburtsgebrechen Ziff. 419 und 425 und die ärztlich verordneten Behandlungsgeräte in einfacher und zweckmässiger Ausführung vom 10. Juni 2011 bis 31. Dezember 2021
zu (IV-act. 11).
Am 8. August 2013 ersuchte der Vater der Versicherten die IV-Stelle um die Übernahme der Flugkosten von C. nach D. , wo er seine Tochter behandeln lassen wolle. Zur Begründung führte er aus, dass bei seiner Tochter seit einiger Zeit vermehrt ein Strabismus aufgetreten sei, was gemäss der behandelnden Ärztin Dr.
B. als Scheitern der konservativen Therapie gesehen werden könne. Falls ein letzter konservativer Behandlungsversuch bis Anfang September keine Verbesserung zeige, müsse seine Tochter wahrscheinlich operiert werden. Bei der unilateralen kongenitalen Katarakt seiner Tochter handle es sich um eine Erkrankung mit sehr kleiner Inzidenz. In der Schweiz würden nur ca. 30 Kinder pro Jahr mit dieser Erkrankung geboren. Die meisten von diesen Kindern seien bisher am Universitätsspital Zürich operiert worden (ca. 20). Die dort zuständige Ärztin Dr. B. habe jedoch ihre Tätigkeit diesen Sommer aufgegeben und führe nun eine eigene Praxis. Ihr Nachfolger sei zwar ein KataraktChirurg, habe jedoch bisher noch keine Erfahrung mit der Behandlung von Kindern. Unter diesen Umständen wolle er seine Tochter nicht am Universitätsspital Zürich operieren lassen. Am Hospital E. in F. existiere eine spezialisierte Children’s Cataract Service Unit, die sich nur um diese Erkrankung kümmere. Da eine solche Kompetenz in der Schweiz mangels Fallzahlen nicht zur Verfügung stehe, wolle er seine Tochter zuerst dort vorstellen und gegebenenfalls auch dort operieren lassen. Die Kosten für die Behandlung/Operation habe die Krankenkasse bereits zugesprochen, da seine Tochter weltweit freie Arztund Spitalwahl habe (IV-act. 15). Der Regionale Ärztliche Dienst der IV-Stelle (RAD) hielt nach vorgenommener Rücksprache mit einer auf Augenkrankheiten bei Kindern spezialisierten Augenärztin am 13. September 2013 fest, dass die Notwendigkeit einer Operation einer Katarakt bei einem Kind von der Entwicklung der Sehschärfe und nicht von einem Strabismus abhänge. Weiter gebe es in der Schweiz genügend qualifizierte Ärzte, die eine Katarakt bei Kindern operieren könnten, wie z.B. Dr. G. in C. Dr. I. in St. Gallen (IV-act. 17).
Mit einem Vorbescheid vom 17. September 2013 stellte die IV-Stelle die Ablehnung einer Kostenübernahme für eine Behandlung/Operation der Versicherten in D. sowie die Ablehnung einer Kostenübernahme für die Flüge von C. nach D. in Aussicht. Sie hielt fest, dass die Krankenkasse zwar eine Kostenübernahme der Behandlung bestätigt habe, jedoch sei die Krankenkasse nur vorleistungspflichtig und werde die Behandlungskosten zu einem späterem Zeitpunkt der Invalidenversicherung in Rechnung stellen. Aus diesem Grund werde auch zur Behandlung/Operation
Stellung genommen und nicht nur zu den beantragten Transportkosten. Die Abklärungen des RAD hätten ergeben, dass die Behandlung (inklusive allfälliger Operation) durchaus in der Schweiz möglich sei. Es gebe am Universitätsspital Zürich sowie auch am Kantonsspital St. Gallen (KSSG) qualifizierte Ärzte, die eine Katarakt bei Kindern operieren könnten (IV-act. 20). Gegen diesen Vorbescheid wendete der Vater der Versicherten am 18. September 2013 ein, dass er in Abweichung von der Beurteilung des RAD die Frage nach der Durchführbarkeit einer Operation in der Schweiz nicht nur an dem vorhandenen medizinischen Fachwissen festmache, sondern auch an der Höhe der Fallzahlen. Während die kongenitale Katarakt mit einer Fallzahl von weniger als 30 bereits zu den seltenen Geburtsgebrechen zähle, betreffe die bei seiner Tochter vorliegende inkomplette unilaterale kongenitale Katarakt eine nochmals kleinere Patientengruppe. Der vom RAD erwähnte Dr. G. sei bereits seit 2007 nicht mehr am Universitätsspital Zürich tätig und führe eine eigene Praxis. Weiter seien am Kantonsspital St. Gallen, auf welches der RAD ebenfalls verwiesen habe, lediglich 10 entsprechende Operationen innert 5 Jahren durchgeführt worden. Abgesehen von der niedrigen Fallzahl sei auch nicht garantiert, dass diese Operationen alle vom gleichen Arzt vorgenommen worden seien. Unter diesen Umständen sei eine Operation in der Schweiz zwar allenfalls technisch durchführbar, jedoch nicht zumutbar (IV-act. 24).
Gemäss seiner Stellungnahme vom 27. September 2013 veranlasste der RAD
ein Aktengutachten bei Dr. med. C. I. , Chefarzt der Augenklinik am KSSG, zur Frage der Möglichkeit einer Kataraktoperation der Versicherten im KSSG bzw. einer anderen Klinik in der Schweiz (IV-act. 25). In seinem Aktengutachten vom 11. Oktober 2013 hielt Dr. I. fest, dass der Katarakt der Versicherten im KSSG operiert werden könne. Die Versicherte sei mittlerweile deutlich älter als zwei Jahre. Eine Kataraktoperation bei einem Kind in diesem Alter sei für einen erfahrenen Operateur nicht schwierig. Aus diesem Grund werde am KSSG kein besonderes Register über die Zahl solcher Eingriffe geführt. Die Operationen würden entweder von Dr. med. J. , Dr. med. K. von ihm selbst durchgeführt. Viel entscheidender als die Operation selbst sei die korrekte Indikationsstellung zur Operation und die korrekte postoperative Betreuung in einer Abteilung für Strabologie. Diese Betreuung sei am KSSG durch Dr. med. K. ebenfalls gewährleistet (IV-act. 28).
Mit einer Verfügung vom 4. November 2013 wies die IV-Stelle die Übernahme der Behandlungskosten (inklusive Operation) in D. inklusive der damit verbundenen Transportkosten ab. Die Invalidenversicherung könne sich in dem Umfang an den Kosten beteiligen, in welchem sie auch in der Schweiz angefallen wären (Operation, postoperative Behandlung). Dafür seien aber sämtliche Kopien der Rechnungen des Spitals und vorliegende Berichte von D. einzureichen. Betreffend den Einwand des Vaters der Versicherten vom 18. September 2013 verwies die IV-Stelle auf das Aktengutachten von Dr. I. . Dieser habe klar festgehalten, dass die notwendige Operation der Versicherten in der Augenklinik am KSSG möglich sei (IV-act. 30).
B.
Gegen diese Verfügung richtet sich die Beschwerde der durch ihre Eltern vertretenen Versicherten (nachfolgend: Beschwerdeführerin) vom 30. November 2013. Die Eltern beantragen die Aufhebung der angefochtenen Verfügung sowie die Übernahme der Behandlungskosten ihrer Tochter in D. und der damit verbundenen Reisekosten. Eventualiter sei der medizinische Sachverhalt von einem unabhängigen Experten zu überprüfen. Zur Begründung führen die Eltern aus, dass es sich bei der inkompletten unilateralen kongenitalen Katarakt ihrer Tochter um eine seltene Erkrankung handle. In der Schweiz gebe es nur wenige Patienten, welche sich auch noch auf die verschiedenen Spitäler verteilten, so dass nur beschränkte Erfahrungen bezüglich Diagnostik, Therapie und vor allem Verlauf bestünden. Anders sehe die Situation im Hospital E. aus, welches eine spezialisierte Katarakt-Abteilung unterhalte und durch die hohe Patientenzahl über ausreichende Erfahrung verfüge. Nachdem von den behandelnden Ärzten in der Schweiz eine Operationsindikation gestellt worden sei, hätten sie sich entschieden, ihre Tochter im Hospital E. operieren zu lassen. Bei der dortigen Konsultation durch die weltweit anerkannte Spezialistin auf diesem Gebiet, L. , sei diese zum Schluss gekommen, dass ihre Tochter zur Zeit nicht operiert werden müsse. Den aufgetretenen Strabismus habe die Ärztin auf die Hyperopie ihrer Tochter zurückgeführt, da hyperope Kinder ca. ab dem 2. Lebensjahr dazu tendierten, einen Strabismus zu entwickeln. In der Folge seien nur spezielle Brillengläser sowie das Weiterführen der Therapie verordnet worden. Es sei vereinbart worden, dass ihre Tochter Ende April/Anfang Mai 2014 wieder vorgestellt werde und bis dahin regelmässige Kontrollen bei Dr. B. in der Schweiz gemacht
würden. Hätte man die Behandlung wie von der IV-Stelle gefordert in der Schweiz durchgeführt, wäre ihre Tochter heute operiert und mit einer künstlichen Linse ihrer Akkommodationsfähigkeit beraubt (act. G 1).
Am 28. Januar 2014 beantragt die Beschwerdegegnerin die Abweisung der Beschwerde und verweist zur Begründung auf die Stellungnahme des internen Fachbereichs vom 14. Januar 2014. Darin wurde ausgeführt, dass die Eltern in der Beschwerde an ihrem bisherigen Standpunkt festhielten, wonach es den Ärzten in der Schweiz an Erfahrung fehle. Zu diesem Punkt sei bereits wiederholt Stellung genommen worden (Vorbescheid, Verfügung). Betreffend das Ergebnis der Untersuchung in D. , dass bei der Beschwerdeführerin (vorerst) keine Operation notwendig sei, hätten die Eltern vorgebracht, dass bei einer Behandlung in der Schweiz (fälschlicherweise) eine Operation bei ihrer Tochter durchgeführt worden wäre. Dazu sei festzuhalten, dass Ärzte bezüglich der effektivsten Behandlungsmethode eines Gebrechens üblicherweise unterschiedliche Meinungen verträten. Da bis zum heutigen Zeitpunkt kein Gesuch um eine Kostenübernahme für eine Operation der Beschwerdeführerin (von einem Augenarzt einer Augenklinik) eingegangen sei, sei nicht ausgeschlossen, dass z.B. die Augenklinik am KSSG nach einer entsprechenden Untersuchung ebenfalls von einer Operation abgeraten hätte. Eine versicherte Person habe Anspruch auf eine einfache und zweckmässige Versorgung. Dass die Eltern der Beschwerdeführerin die bestmögliche Versorgung wünschten, sei nachvollziehbar, könne aber nicht von der Invalidenversicherung finanziert werden (act. G 4).
Mit einer Replik halten die Eltern der Beschwerdeführerin an ihren Anträgen fest. Sie machen geltend, es werde grundsätzlich nicht bestritten, dass eine Kataraktdiagnostik bzw. -operation mit dazugehöriger Nachversorgung bei einem Kleinkind nicht auch in der Schweiz durchgeführt werden könnte. Jedoch könne nicht wegdiskutiert werden, dass es durch die niedrige Inzidenz dieser Erkrankung nur eine vergleichsweise kleine Anzahl von betroffenen Kleinkindern gebe. Da sich die Patienten auf das ganze Land verteilten, bedeute dies notwendigerweise, dass der einzelne Ophthalmologe nur über begrenzte Erfahrung verfügen könne. Daher sei es angezeigt, Patienten in eine spezialisierte Klinik, wie im Fall ihrer Tochter in die Katarakt-Abteilung des Hospital E. zu bringen, wo durch die hohen Fallzahlen, die aktive Forschung und die Erfahrungen mit dem Verlauf der Erkrankung eine den Bedürfnissen eines
Kleinkindes angepasste Behandlung möglich sei. Die im Nachhinein gemachte Aussage der Beschwerdegegnerin, dass auch die Augenklinik am KSSG eventuell von einer Operation abgesehen hätte, sei eine reine Vermutung und sollte nicht bei einem Vergleich der Behandlungskompetenzen zwischen dem Hospital E. und dem KSSG herangezogen werden (act. G 6).
Die Beschwerdegegnerin verzichtet auf die Einreichung einer Duplik (act. G 8).
Erwägungen
1.
Gemäss Art. 13 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung (IVG; SR 831.20) haben versicherte Personen bis zum vollendeten 20. Altersjahr Anspruch auf die zur Behandlung von Geburtsgebrechen notwendigen medizinischen Massnahmen. Als Geburtsgebrechen gelten diejenigen Krankheiten, die bei vollendeter Geburt bestanden haben (Art. 3 Abs. 2 des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts [ATSG, SR 830.1]). Der Bundesrat ist der Aufgabe, eine Liste der anerkannten Geburtsgebrechen zu erstellen (vgl. Art. 13 Abs. 2 IVG), mit dem Erlass der GgV nachgekommen (vgl. Art. 3 IVV). Bei der Beschwerdeführerin liegen unumstritten die Geburtsgebrechen gemäss Ziff. 419 und 425 GgV vor. Folglich hat die Beschwerdegegnerin der Beschwerdeführerin mit der Mitteilung vom 30. September 2011 die Kosten für die Behandlung der genannten Geburtsgebrechen sowie die ärztlich verordneten Behandlungsgeräte in einfacher und zweckmässiger Ausführung zugesprochen (vgl. IV-act. 11).
Den Anfechtungsgegenstand bildet die Verfügung vom 4. November 2013, womit die Beschwerdegegnerin die Übernahme sowohl der Behandlungsbzw. Operationskosten in D. als auch der damit verbundenen Reisekosten abgelehnt hat. Fraglich ist, was den vorliegend zu beurteilenden Streitgegenstand darstellt. Die Eltern der Beschwerdeführerin haben in der Beschwerde angegeben, dass sie nur die Übernahme der Reisekosten als umstritten erachten. Die Behandlungskosten seien zu einem Teil durch die in der Verfügung erfolgte Zusprache der Beschwerdegegnerin, wonach sie die Kosten in dem Umfang übernehme, in welchem sie auch in der Schweiz
angefallen wären, gedeckt. Die darüber hinausgehenden Kosten würden von der Krankenkasse der Beschwerdeführerin übernommen, da sie eine Zusatzversicherung mit weltweit freier Arztund Spitalwahl habe. Dazu ist festzuhalten, dass es vorliegend um medizinische Massnahmen zur Behandlung eines Geburtsgebrechens im Sinne von Art. 13 IVG geht, wofür die Invalidenversicherung und nicht die Krankenkasse zuständig ist. Die Krankenkasse ist bei Zweifeln über die Leistungspflicht der Invalidenversicherung lediglich vorleistungspflichtig (vgl. Art. 70 Abs. 2 lit. a ATSG). Gemäss dem Gesuch des Vaters vom 8. August 2013 hat die Krankenkasse die Kosten für die Behandlung in D. zugesprochen, jedoch die Kostenübernahme für die Reise dahin abgelehnt (vgl. IV-act. 15-2). Aus diesem Grund haben die Eltern bei der Beschwerdegegnerin nur die Übernahme der Reisekosten beantragt. Auf Nachfrage der Beschwerdegegnerin hat die zuständige Krankenkasse am 17. September 2013 angegeben, dass sie im Zeitpunkt der Kostengutsprache nicht gewusst habe, dass bei der Beschwerdeführerin ein Geburtsgebrechen vorliege (vgl. IV-act. 22). In welchem Umfang sie die allenfalls bereits vorgeleisteten Kosten von der Beschwerdegegnerin zurückfordern wird und ob sie im Falle einer ganzen teilweisen Ablehnung der Übernahme der Behandlungskosten durch die Invalidenversicherung die nicht gedeckten Kosten übernehmen wird, kann offen bleiben. Entscheidend ist, dass die Leistungspflicht für die medizinische Behandlung von Geburtsgebrechen bei der Invalidenversicherung liegt. Die von der Krankenkasse vorgenommene Aufteilung in Behandlungsund Reisekosten, kann im Bereich der Invalidenversicherung nicht gemacht werden. Die Zusprache für die Übernahme der Reisekosten hat notwendigerweise auch die Zusprache der Behandlungskosten zur Folge und umgekehrt. Würde die Beschwerdegegnerin die Kosten für die Reise nach D. übernehmen, müsste sie also auch für die dort anfallenden Behandlungskosten in vollem Umfang aufkommen. Die allenfalls in Vorleistung gegangene Krankenkasse könnte in diesem Fall die gesamten Kosten von der Invalidenversicherung zurückfordern. Aus diesem Grund hat die Beschwerdegegnerin den Anspruch zu Recht als Ganzes geprüft und nicht nur auf die Übernahme der Reisekosten beschränkt. Unabhängig davon, ob die Eltern vorliegend ein Interesse an der Übernahme der Behandlungskosten in D. haben nicht, umfasst der Streitgegenstand notwendigerweise die Übernahme sowohl der Reisekosten als auch der Behandlungskosten im Ausland.
2.
Nach Art. 9 Abs. 1 IVG werden Eingliederungsmassnahmen nur ausnahmsweise auch im Ausland gewährt. Art. 23bis der Verordnung über die Invalidenversicherung (IVV; SR 831.201) regelt die Kostenübernahme durch die Invalidenversicherung für Eingliederungsmassnahmen, inklusive medizinische Massnahmen, im Ausland. Gemäss Art. 23bis Abs. 1 IVV übernimmt die Invalidenversicherung die Kosten einer einfachen und zweckmässigen Durchführung einer Eingliederungsmassnahme im Ausland, wenn sich die Durchführung in der Schweiz als unmöglich erweist, insbesondere weil die erforderlichen Institutionen Fachpersonen fehlen. Im Kreisschreiben über die medizinischen Eingliederungsmassnahmen der Invalidenversicherung (KSME, gültig ab 01.01.2015) wird in Rz. 1237 konkretisierend ausgeführt, dass die Gewährung von Versicherungsleistungen in Betracht falle, wenn wegen der Besonderheit Seltenheit der Massnahme in der Schweiz keine entsprechende Behandlungsstelle Fachpersonen vorhanden sind. Nach Art. 23bis Abs. 2 IVV übernimmt die Invalidenversicherung auch die Kosten für die einfache und zweckmässige Durchführung medizinischer Massnahmen, die notfallmässig im Ausland durchgeführt werden. Im Sinne eines Auffangtatbestands bestimmt Art. 23bis Abs. 3 IVV, dass die Invalidenversicherung die Kosten einer Eingliederungsmassnahme bis zu dem Umfang vergütet, in welchem sie in der Schweiz zu erbringen gewesen wären, wenn die Massnahme aus anderen (als die in Abs. 1 und 2 genannten) beachtlichen Gründen im Ausland durchgeführt wird. Laut Rz. 1239 KSME liegen beachtliche Gründe vor, wenn die Fortsetzung der Abschluss einer begonnenen Behandlung durch den gleichen Arzt nur im Ausland möglich ist, spezialisierte Kliniken im Ausland über mehr Erfahrung auf dem Gebiet für seltene und komplizierte Operationen und in der Nachbehandlung verfügen und dadurch das Operationsrisiko nachweislich deutlich vermindert werden kann, bei einem längeren Geschäftsoder Sprachaufenthalt im Ausland.
Umstritten und zu prüfen ist, ob die Beschwerdegegnerin das Vorliegen der Voraussetzung gemäss Art. 23bis Abs. 1 IVV, namentlich die Unmöglichkeit der medizinischen Behandlung in der Schweiz, zu Recht verneint hat. Sie hat sich bei ihrem Entscheid auf das Aktengutachten von Dr. I. vom 11. Oktober 2013 gestützt, welcher angegeben hat, dass die Kataraktoperation bei der Beschwerdeführerin in der
Augenklinik am KSSG möglich sei. Die Eltern der Beschwerdeführerin bestreiten die grundsätzliche Möglichkeit einer Kataraktoperation bei einem Kind in der Schweiz nicht, halten diese aber aufgrund der nach ihren Angaben niedrigen Patientenzahlen und der daraus resultierenden geringen Erfahrung der in der Schweiz tätigen Ärzte für unzumutbar.
Dem ist zu entgegnen, dass im Rahmen von Art. 23bis Abs. 1 IVV lediglich geprüft wird, ob in der Schweiz Fachpersonen Behandlungsstellen vorhanden sind, welche aufgrund ihres medizinischen Fachwissens die notwendige Operation bzw. Behandlung durchführen können. Sofern solche Fachpersonen in der Schweiz vorhanden sind, kommt eine Kostenübernahme gemäss Art. 23bis Abs. 1 IVV nicht in Betracht. Die weitergehende Frage, wieviel Erfahrung die Fachpersonen Behandlungsstellen in Bezug auf die zu behandelnde Erkrankung haben, ist im Rahmen von Art. 23bis Abs. 1 IVV nicht massgebend, solange die Durchführbarkeit der Behandlung bzw. Operation in der Schweiz feststeht. Gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung reicht selbst der Umstand, dass eine besonders seltene Krankheit vorliegt, mit welcher die in der Schweiz tätigen Spezialisten noch kaum konfrontiert worden sind und über sehr wenig Erfahrung verfügen, nicht aus, um eine Kostengutsprache gestützt auf Art. 23 bis Abs. 1 IVV zu bejahen (vgl. Urteile des Eidgenössischen Versicherungsgerichts vom 27. November 2001, I 129/01, E. 2c; vom 21. Juli 2000, I 740/99; vom 15. Februar 2000, I 364/99; vom 20. September 1999, I 106/99 und vom 15. Januar 1999, I 303/98). Das von den Eltern vorgebrachte Kriterium der geringen Erfahrung der Ärzte, was eine Kataraktoperation bei einem Kleinkind in der Schweiz ihrer Ansicht nach unzumutbar mache, kann somit entsprechend der strengen bundesgerichtlichen Rechtsprechung nicht zu einer Kostengutsprache nach Art. 23bis Abs. 1 IVV führen. Eine Berücksichtigung dieses Kriteriums kommt nur im Rahmen des Auffangtatbestandes nach Art. 23bis Abs. 3 IVV in Betracht und kann dort allenfalls zu einer (begrenzten) Kostengutsprache führen, wenn die weiteren Voraussetzungen gegeben sind (vgl. oben, E. 2.1).
Im vorliegenden Fall lässt sich nicht behaupten, dass in der Schweiz die notwendigen Fachpersonen zur Behandlung bzw. Operation einer Katarakt bei einem Kind fehlten und die medizinische Behandlung in der Schweiz daher im Sinn von
Art. 23bis Abs. 1 IVV unmöglich sei. Dr. I. hat in seinem Aktengutachten
festgehalten, dass die Behandlung und allenfalls Operation der Beschwerdeführerin in der Augenklinik am KSSG möglich seien. Die Beschwerdeführerin sei mittlerweile deutlich älter als zwei Jahre. Eine Kataraktoperation bei einem Kind dieses Alters sei für einen erfahrenen Operateur nicht schwierig, weshalb am KSSG auch kein spezielles Register über die Zahl solcher Eingriffe geführt werde. Die Operationen würde nebst zwei anderen Ärzten auch er durchführen. Viel entscheidender als die Operation selbst sei die korrekte Indikationsstellung zur Operation und die korrekte postoperative Betreuung, welche am KSSG durch Dr. K. ebenfalls gewährleistet seien (vgl. IV-act. 28). Aus den Angaben von Dr. I. geht hervor, dass in der Augenklinik am KSSG das nötige medizinische Fachwissen vorhanden ist, um sowohl die Behandlung als auch falls nötig - die Operation der Katarakt der Beschwerdeführerin durchführen zu können. Folglich hat die Beschwerdegegnerin das Vorliegen der Voraussetzungen nach Art.
23bis Abs. 1 IVV zu Recht verneint und die Übernahme der Behandlungsbzw.
Operationskosten in D. sowie die damit verbundenen Reisekosten zu Recht
abgelehnt.
In der angefochtenen Verfügung hat die Beschwerdegegnerin festgehalten, dass sie sich in dem Umfang an den Kosten beteiligen könne, wie sie auch in der Schweiz angefallen wären (Operation, postoperative Behandlung). Dazu seien ihr aber sämtliche Kopien der Rechnungen des Spitals und vorliegende Berichte (Ein-/Austritt, Operation) in Boston einzureichen (vgl. IV-act. 30-2). Mit diesem Hinweis hat die Beschwerdegegnerin zum Ausdruck gebracht, dass sie eine Kostengutsprache für die gemäss dem Gesuch des Vaters vom 8. August 2013 (vgl. IV-act. 15) in D. geplante Kataraktoperation im begrenzten Rahmen nach Art. 23bis Abs. 3 IVV für zulässig erachtet hat. Nach dem Erlass der Verfügung haben die Eltern mitgeteilt, die Untersuchung im Hospital E. habe ergeben, dass ihre Tochter zurzeit nicht operiert werden müsse (vgl. act. G 1). Das Gesuch um Kostengutsprache in Bezug auf die Operation ist damit hinfällig geworden. Sollte sich später eine Kataraktoperation als notwendig erweisen, deren Kosten von der Invalidenversicherung übernommen werden sollen, hätte sich die Beschwerdeführerin mit einem neuen Gesuch um Kostengutsprache an die Beschwerdegegnerin zu wenden. In einem solchen Fall wäre die Beschwerdegegnerin nicht an die in der angefochtenen Verfügung erteilte Kostengutsprache gemäss Art. 23bis Abs. 3 IVV gebunden, da sich diese Gutsprache ausschliesslich auf die gemäss dem Gesuch vom 8. August 2013 geplante Operation
bezogen hat. Vielmehr hätte sie von neuem zu prüfen, ob bezüglich der ersuchten Behandlung/Operation die Voraussetzungen für eine Kostengutsprache nach Art. 23 bis Abs. 3 IVV gegeben sind.
3.
Gestützt auf die vorstehenden Erwägungen ist die Beschwerde abzuweisen.
Das Beschwerdeverfahren ist kostenpflichtig. Die Kosten werden nach dem Ver fahrensaufwand und unabhängig vom Streitwert im Rahmen von Fr. 200.-bis
Fr. 1'000.-festgelegt (Art. 69 Abs. 1bis IVG). Eine Gerichtsgebühr von Fr. 600.--
erscheint bei dem vorliegenden durchschnittlichen Beurteilungsaufwand angemessen. Der unterliegenden Beschwerdeführerin sind die Gerichtskosten in Höhe von Fr. 600.-aufzuerlegen (vgl. Art. 95 Abs. 1 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege [VRP/ sGS 951.1]). Mit dem geleisteten Kostenvorschuss von Fr. 600.-sind die Gerichtskosten beglichen.
Entscheid
im Zirkulationsverfahren gemäss Art. 39 VRP
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Beschwerdeführerin hat eine Gerichtsgebühr von Fr. 600.-zu bezahlen; diese ist mit dem in gleicher Höhe geleisteten Kostenvorschuss beglichen.
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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