E-MailWeiterleiten
LinkedInLinkedIn

Urteil Versicherungsgericht (SG)

Zusammenfassung des Urteils IV 2012/471: Versicherungsgericht

X.________ hat eine Beschwerde gegen das Betreibungsamt Lausanne-EST eingereicht, weil es angeblich Gegenstände unterschlagen, falsche Angaben vor Gericht gemacht und seine Befugnisse missbraucht hat. Der Untersuchungsrichter hat die Beschwerde abgelehnt und die Kosten dem Beschwerdeführer auferlegt. X.________ hat dagegen rechtzeitig Einspruch erhoben. Das Tribunal d'accusation hat entschieden, dass die neuen Beweise des Beschwerdeführers unzulässig sind und auf der Grundlage des vorhandenen Dossiers urteilen wird. Es stellte fest, dass die Vorwürfe gegen das Betreibungsamt unbegründet sind und wies die Beschwerde ab. Der Richter hat entschieden, dass X.________ die Gerichtskosten in Höhe von 440 CHF tragen muss.

Urteilsdetails des Kantongerichts IV 2012/471

Kanton:SG
Fallnummer:IV 2012/471
Instanz:Versicherungsgericht
Abteilung:IV - Invalidenversicherung
Versicherungsgericht Entscheid IV 2012/471 vom 10.12.2014 (SG)
Datum:10.12.2014
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 28 IVG. Art. 17 Abs. 1 ATSG. Revisionsweise Renteneinstellung wegen Geburt. Unrechtmässige Renteneinstellung (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 10. Dezember 2014, IV 2012/471).
Schlagwörter : IV-act; Rente; Quot; Haushalt; Invalidität; Arbeit; %igen; Abklärung; Invaliditätsgrad; IV-Stelle; Arbeitsfähigkeit; Verfügung; Bandbreite; Gesundheitszustand; Einschränkung; Person; Haushalts; Tätigkeiten; Gesundheitsfall; Recht; Anspruch; Aufgabenbereich; Stellung; IVact; Stellungnahme; Berücksichtigung; Revision; Pensum; Tabellenlohn
Rechtsnorm:Art. 16 ATSG ;Art. 17 ATSG ;Art. 8 ATSG ;
Referenz BGE:121 V 47; 126 V 79; 130 V 349; 133 V 108;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts IV 2012/471

Entscheid Versicherungsgericht, 10.12.2014

Vizepräsidentin Marie-Theres Rüegg Haltinner, Versicherungsrichterin Marie Löhrer,

a.o. Versicherungsrichter Christian Zingg; Gerichtsschreiber Philipp Geertsen

Entscheid vom 10. Dezember 2014

in Sachen

A.

Beschwerdeführerin,

vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Andreas Petrik, Baumgardt Petrik Rechtsanwälte,

Unterstrasse 37, 9000 St. Gallen,

gegen

IV-Stelle des Kantons St. Gallen, Postfach 368, 9016 St. Gallen,

Beschwerdegegnerin,

betreffend

Rentenrevision (Einstellung) Sachverhalt:

A.

    1. A. meldete sich am 19. Oktober 2005 zum Bezug von IV-Leistungen an (IVact. 1). Der behandelnde Dr. med. B. , FMH Innere Medizin/Infektiologie, diagnostizierte mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit eine Narbe nach Chemotherapieparavasat am linken Handgelenk. Ohne Auswirkung auf die

      Arbeitsfähigkeit bestehe u.a. ein Status nach invasiv duktalem Mammakarzinom rechts. Seit dem 29. August 2004 bestehe bis auf weiteres eine 100%ige Arbeitsunfähigkeit für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Raumpflegerin (Bericht vom 12./19. Dezember 2005, IV-act. 19). Im Auftrag der IV-Stelle wurde die Versicherte am 21. September 2006 durch Dr. med. C. , Facharzt für plastische, ästhetische und Wiederherstellungschirurgie, untersucht. Im Gutachten vom 15. November 2006 führte der Experte aus, die Beschwerden der Versicherten seien erklärt durch Adhäsionen und das Weichteildefizit über dem Handrücken links nach einer chemischen zweitbis drittgradigen Verbrennung aufgrund eines Paravasates bei Zytostatikatherapie (IV-

      act. 39-2). Die Kontraktur führe einerseits zu starken Schmerzen sowie zu einer Beugehemmung. Limitierend für die Arbeitsfähigkeit seien vor allem die Schmerzen beim Bewegen der Sehnen, was vor allem schmerzhaft sei beim Versuch einer Flexion, aber auch bei einer aktiven Extension. Putzen, Betten beziehen usw. seien der Versicherten nicht mehr möglich. Die bisherige Tätigkeit sei nicht mehr zumutbar (IVact. 39-3). Als Einhänderin sei die Versicherte natürlich für die meisten Arbeiten eingeschränkt, die Abläufe gingen langsamer und die Versicherte benötige auch mehr Kraft. Für Arbeiten, die einhändig ausgeführt werden könnten, bestehe schätzungsweise eine Leistungseinschränkung von 50% (IV-act. 39-5; siehe auch die ergänzende Stellungnahme vom 5. Februar 2007, IV-act. 43).

    2. Ausgehend von einer 50%igen Arbeitsfähigkeit für leidensangepasste Tätigkeiten und unter Berücksichtigung eines 10%igen Tabellenlohnabzugs ermittelte die IV-Stelle einen 55%igen Invaliditätsgrad (IV-act. 66) und sprach der Versicherten mit Wirkung ab

      1. August 2005 eine halbe Rente zu (Verfügung vom 21. April 2008, IV-act. 82). Infolge

      dazu gerechneter, im Ausland erfüllter Beitragszeiten wurden die Rentenleistungen in

      der Verfügung vom 24. Juni 2009 betraglich neu berechnet (IV-act. 102).

    3. Im Verlaufsbericht vom 31. März 2010 bezeichnete Dr. med. D. den Gesundheitszustand als stationär (IV-act. 114). Die IV-Stelle bestätigte die bisherigen Rentenleistungen im Rahmen einer von Amtes wegen eingeleiteten Revision (Mitteilung vom 25. Juni 2010, IV-act. 122).

    4. Im Februar 2011 gebar die Versicherte ihr drittes Kind (IV-act. 135). Daraufhin leitete die IV-Stelle ein Revisionsverfahren ein (IV-act. 130). Dr. med. E. , Fachärztin FMH für Medizinische Onkologie und Innere Medizin, berichtete am 6. Oktober 2011 über einen stationären Gesundheitszustand (IV-act. 138). Im Verlaufsbericht vom

      23. Januar 2012 gab Dr. D. an, der Gesundheitszustand sei seit April 2010 stationär geblieben (IV-act. 143).

    5. Am 22. Mai 2012 führte die IV-Stelle eine Abklärung im Haushalt der Versicherten durch. Die Abklärungsperson hielt im Bericht vom 18. Juni 2012 fest, die Versicherte habe angegeben, sie würde ohne Behinderung heute mit einem Pensum von 50 bis 80% erwerbstätig sein, und ermittelte unter Berücksichtigung der Mithilfe des Ehegatten sowie der 1995 geborenen Tochter eine Einschränkung im Haushalt von 13.2% (IV-act. 147). Der RAD bestätigte eine 50%ige Arbeitsunfähigkeit für leidensangepasste Tätigkeiten (Stellungnahme vom 25. Juni 2012, IV-act. 148). Ausgehend von einem 65%igen Erwerbspensum im Gesundheitsfall (Mittelwert der von der Versicherten angegebenen Bandbreite) und einer 35%igen Haushaltstätigkeit ermittelte die IV-Stelle im Rahmen der gemischten Methode einen 22%igen Invaliditätsgrad. Sie stellte deshalb der Versicherten mit Vorbescheid vom 26. Juli 2012 die revisionsweise Renteneinstellung in Aussicht (IV-act. 152). Dagegen erhob die Versicherte am 5. Oktober 2012 Einwand und machte im Wesentlichen geltend, sie würde im Gesundheitsfall zu 100% erwerbstätig sein. Die anderslautende Angabe beruhe auf einem sprachlichen Missverständnis (IV-act. 156). Am 12. November 2012 verfügte die IV-Stelle die Renteneinstellung auf Ende des der Zustellung der Verfügung folgenden Monats (IV-act. 158).

B.

    1. Gegen die Verfügung vom 12. November 2012 richtet sich die vorliegende Beschwerde vom 13. Dezember 2012. Die Beschwerdeführerin beantragt darin unter Kostenund Entschädigungsfolge deren Aufhebung. Eventualiter sei die Sache für weitere Abklärungen an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen. Sie stellt sich auf den Standpunkt, sie wäre im Gesundheitsfall zu 100% erwerbstätig. Hinsichtlich der Bestimmung des Invalideneinkommens hält sie einen 25%igen Abzug vom Tabellenlohn für gerechtfertigt. Des Weiteren rügt sie die von der Beschwerdegegnerin ermittelte Einschränkung im Haushalt als zu tief (act. G 1).

    2. Die Beschwerdegegnerin beantragt in der Beschwerdeantwort vom 8. Februar 2013 die Abweisung der Beschwerde (act. G 5).

    3. In der Replik vom 23. Mai 2013 hält die Beschwerdeführerin unverändert an der Beschwerde fest (act. G 9).

    4. Die Beschwerdegegnerin hat auf eine Duplik verzichtet (act. G 11).

Erwägungen:

1.

Zwischen den Parteien ist umstritten, ob die verfügte revisionsweise Renteneinstellung zu Recht erfolgt ist.

    1. Nach Art. 28 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung (IVG; SR 831.20) besteht der Anspruch auf eine ganze Invalidenrente, wenn die versicherte Person mindestens zu 70%, derjenige auf eine Dreiviertelsrente, wenn sie mindestens zu 60% invalid ist. Bei einem Invaliditätsgrad von mindestens 50% besteht ein

      Anspruch auf eine halbe Rente und bei einem Invaliditätsgrad von mindestens 40% ein Anspruch auf eine Viertelsrente.

    2. Als Invalidität gilt laut Art. 8 Abs. 1 des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG; SR 830.1) die ganze teilweise Erwerbsunfähigkeit, es sei denn, eine versicherte Person sei vor dem Eintritt der Gesundheitsbeeinträchtigung nicht erwerbstätig gewesen und es habe ihr auch nicht

      zugemutet werden können, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. In diesem Fall gilt gemäss Art. 8 Abs. 3 ATSG die Unmöglichkeit, sich im Aufgabenbereich zu betätigen, als Invalidität. Die Invalidität im Sinn von Art. 8 Abs. 1 ATSG wird durch einen Einkommensvergleich ermittelt (Art. 16 ATSG). Die Methode zur Bemessung der konkreten Unmöglichkeit, sich im Aufgabenbereich zu betätigen, wird vom ATSG nicht geregelt. Diese Lücke füllt Art. 28a Abs. 2 IVG: Es ist darauf abzustellen, in welchem Mass die betreffende Person behindert ist, sich im Aufgabenbereich zu betätigen. Als Aufgabenbereich der im Haushalt tätigen Person gelten insbesondere die übliche Tätigkeit im Haushalt, die Erziehung der Kinder sowie gemeinnützige und künstlerische Tätigkeiten (Art. 27 der Verordnung über die Invalidenversicherung [IVV; SR 831.201]). Die Bestimmung von Art. 28a Abs. 3 IVG regelt die sogenannte gemischte Methode der Invaliditätsbemessung bei Personen, die zum Teil erwerbstätig und zum Teil im Aufgabenbereich tätig sind. In einem solchen "gemischten" Fall sind der Anteil der Erwerbstätigkeit und der Anteil der Tätigkeit im Aufgabenbereich festzulegen und der Invaliditätsgrad ist entsprechend der Behinderung in beiden Bereichen zu bemessen.

    3. Ändert sich der Invaliditätsgrad einer rentenbeziehenden Person erheblich, so wird die Rente von Amtes wegen auf Gesuch hin für die Zukunft entsprechend erhöht, herabgesetzt aufgehoben (Art. 17 Abs. 1 ATSG). Anlass zur Rentenrevision gibt jede wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen, die geeignet ist, den Invaliditätsgrad und damit den Rentenanspruch zu beeinflussen. Die Invalidenrente ist somit nicht nur bei einer wesentlichen Veränderung des Gesundheitszustands, sondern auch dann revidierbar, wenn sich die erwerblichen Auswirkungen des an sich gleich gebliebenen Gesundheitszustandes erheblich verändert haben (BGE 130 V 349 f.

E. 3.5). Zeitlicher Referenzpunkt für die Prüfung einer anspruchserheblichen Änderung bildet die letzte rechtskräftige Verfügung, die auf einer materiellen Prüfung des Rentenanspruchs mit rechtskonformer Sachverhaltsabklärung, Beweiswürdigung und Durchführung eines Einkommensvergleichs beruht; vorbehalten bleibt die Rechtsprechung zur Wiedererwägung und prozessualen Revision (BGE 133 V 108

E. 5.4). Dagegen stellt die bloss unterschiedliche Beurteilung der Auswirkungen eines im Wesentlichen unverändert gebliebenen Gesundheitszustands auf die Arbeitsfähigkeit für sich allein genommen keinen Revisionsgrund im Sinn von Art. 17 Abs. 1 ATSG dar (Urteil des Bundesgerichts vom 3. November 2008, 9C_562/08,

E. 2.1).

2.

Im Einklang mit der Aktenlage (IV-act. 148) ist davon auszugehen, dass die medizinische Situation seit der ursprünglichen Leistungszusprache unverändert ist und die Beschwerdeführerin für eine leidensangepasste Tätigkeit weiterhin über eine 50%ige Arbeitsfähigkeit verfügt. Substantielle und mit Belegen untermauerte Vorbringen, aus welchen sich Anhaltspunkte für eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes ergeben, sind in den Ausführungen der Parteien nicht enthalten. Die angestammte Tätigkeit als Zimmermädchen ist der Beschwerdeführerin nicht mehr zumutbar. Zu beachten gilt es in diesem Zusammenhang, dass die Beschwerdeführerin, die krankheitsbedingt verlangsamt arbeitet ("die Abläufe gehen langsamer, die Patientin benötigt auch mehr Kraft", IV-act. 39-5), die ihr verbliebene Leistungsfähigkeit im Erwerbsbereich mit überwiegender Wahrscheinlichkeit im Rahmen eines ganztägigen Pensums zu erbringen hätte (so auch die RADStellungnahme vom 25. Juni 2007, IV-act. 54, sowie die Einschätzung des zuständigen Sachbearbeiters vom 19. Juni 2012, IV-act. 148-1; zum vollzeitlichen Pensum siehe auch die Beurteilung von Dr. C. vom 15. November 2006, IV-act. 39-4) bzw. unabhängig des ausgeübten Erwerbspensums in der Leistungserbringung um 50% beeinträchtigt ist.

3.

Betreffend die Statusfrage fällt ins Gewicht, dass die Beschwerdeführerin gemäss Abklärungsbericht vom 18. Juni 2012 angab, aufgrund der familiären Situation mit Kleinkind würde sie heute mit einem Pensum von 50 bis 80% arbeiten, wenn sie nicht behindert wäre (IV-act. 147-3).

    1. Anhaltspunkte für eine von der Beschwerdeführerin in der Beschwerde geltend gemachte unsachgemässe Fragestellung (act. G 1, Rz 9) ein sprachliches Missverständnis sind nicht ersichtlich. Vielmehr deckt sich die Angabe einer 50 bis 80%igen Bandbreite mit der im leserlich ausgefüllten Fragebogen zuvor gemachten Aussage (Seite 1 des Fragebogens zur Rentenabklärung betreffend Erwerbstätigkeit/ Haushalt, IV-act. 135-4). Zwar ist die fragliche Seite von der Beschwerdeführerin nicht unterzeichnet worden. Indessen wurde sie als Beilage zum von ihr unterzeichneten

      Fragebogen "Revision der Invalidenrente/Hilflosenentschädigung" eingereicht (IV-

      act. 135-1 ff.), weshalb sie als wesentliches Indiz Berücksichtigung findet. Gestützt auf diese "Aussage der ersten Stunde" (vgl. zu deren Stellenwert BGE 121 V 47 E. 2a) ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin im Gesundheitsfall nicht voll erwerbstätig wäre. Dem stehen weder die finanzielle Situation (der Ehemann bezieht einen Nettolohn von monatlich

      Fr. 5'000.--, IV-act. 147-3) noch die später anderslautenden, wohl von versicherungstechnischen Überlegungen mitgeprägten Ausführungen der Beschwerdeführerin (IV-act. 156 und act. G 1, Rz 8 ff.; vgl. auch act. G 9, Rz 2 f.) entgegen.

    2. Dem Vorgehen der Beschwerdegegnerin, betreffend das hypothetische Erwerbspensum auf den Mittelwert der Bandbreite abzustellen, kann vorliegend nicht gefolgt werden. Die Beschwerdeführerin gab einerseits eine grosse Bandbreite von 30% ("50 bis 80%", IV-act. 147-3) an, weshalb ihre Aussage äusserst vage bleibt und auf erhebliche Schwierigkeiten bei der Beantwortung der komplexen hypothetischen Statusfrage hinweist. Vor diesem Hintergrund wäre es angezeigt gewesen, weitere Abklärungen vorzunehmen, um das überwiegend wahrscheinliche Pensum näher einzukreisen. Zumindest wäre aber von der Beschwerdegegnerin zu erwarten gewesen, dass sie zunächst die angegebene Bandbreite aufgrund der Umstände konkretisiert, bevor sie ohne nähere Prüfung auf den zwangsläufig aufgrund der vagen Bandbreite für sich allein nicht aussagekräftigen Mittelwert abstellt. Die Rechtsprechung räumt denn auch einem gestützt auf die konkreten familiären, finanziellen und persönlichen Verhältnisse innerhalb einer Bandbreite festgelegten Wert Vorrang gegenüber dem wie vorliegend - nicht näher begründeten Mittelwert ein (Urteil des Bundesgerichts vom 21. Februar 2013, 8C_807/2012, E. 4).

    3. Zunächst hat die Beschwerdeführerin glaubhaft dargelegt, dass sie bei der Betreuung des 2011 geborenen Sohns auf eine breite Unterstützung durch die Schwester, Nichte und den im Zweischichtbetrieb arbeitenden Ehegatten zählen könnte. Ergänzend besteht auch ein Kinderkrippenangebot, auf das sie zurückgreifen könnte (IV-act. 147-3). Des Weiteren legte die Beschwerdeführerin plausibel dar, dass wirtschaftliche Gründe bestünden (Nettolohn des Ehegatten Fr. 5'000.-pro Monat bei monatlichen Mietkosten von Fr. 1'500.-- und finanzieller Unterstützung des sich im

      Studium in F. befindenden Sohns, IV-act. 147-3), die auf ein hohes Teilerwerbspensum im hypothetischen Gesundheitsfall hinweisen. Schliesslich darf auch nicht die Bemerkung der Beschwerdeführerin ausser Acht gelassen werden, sie habe Freude an der Arbeit (IV-act. 147-3). Im Licht dieser Umstände ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, die Beschwerdeführerin hätte im Gesundheitsfall ein Teilerwerbspensum am obersten Rand der angegebenen Bandbreite, mithin von 80% ausgeübt, zumal die Beschwerdeführerin bereits früher bestrebt war, möglichst viel zu arbeiten (vgl. zur im Rahmen einer 45-Stundenwoche ausgeübten Erwerbstätigkeit, die sie schliesslich aus familiären Gründen aufgab IVact. 4, zur 100%igen Erwerbstätigkeit vom 1. Dezember 2003 bis 28. Februar

      2005 IV-act. 24; vgl. ferner act. G 9, Rz 3).

    4. In Anbetracht der Tatsache, dass die Beschwerdeführerin nach ihrer Einreise in der Schweiz für verschiedene Arbeitgeberinnen tätig war und erheblich schwankende Jahreslöhne erzielte (siehe zum Ganzen den IK-Auszug in IV-act. 23), fehlt es an einer aussagekräftigen Grundlage für die Bestimmung des Valideneinkommens. Zur Bemessung des Invaliditätsgrads ist daher wie bei der ursprünglichen Rentenzusprache (vgl. IV-act. 78) ein Prozentvergleich vorzunehmen (Urteil des Bundesgerichts vom 9. Juli 2012, 9C_406/2011, E. 6.4).

      1. Weiter stellt sich bei der Bestimmung des Invalideneinkommens die Frage nach der Höhe des Tabellenlohnabzugs. Gemäss der Rechtsprechung hängen die Fragen, ob und in welchem Ausmass Tabellenlöhne herabzusetzen sind, von sämt lichen persönlichen und beruflichen Umständen des konkreten Einzelfalles ab (etwa leidensbedingte Einschränkung, Alter, Dienstjahre, Nationalität/Aufenthaltskategorie und Beschäftigungsgrad), die nach pflichtgemässem Ermessen gesamthaft zu schätzen sind, wobei der maximal zulässige Abzug auf 25% festzusetzen ist. Eine schematische Vornahme des Tabellenabzugs ist unzulässig (BGE 126 V 79 E. 5b und 129 V 481 E. 4.2.3 mit Hinweisen).

      2. Unbestritten ist, dass die Beschwerdeführerin allein schon aufgrund leidens bedingter Einschränkung (funktionelle Einhändigkeit) Anspruch auf einen 10%igen Tabellenlohnabzug hat (vgl. IV-act. 66 und IV-act. 149-2). Die Frage, ob der bei der ursprünglichen Rentenzusprache gewährte 10%ige Abzug zu erhöhen ist, wie die

        Beschwerdeführerin beantragt (vgl. act. G 1, Rz 14 und G 9, Rz 4), kann indessen offen bleiben, da eine solche Erhöhung keinen Einfluss auf die Rentenhöhe zeitigen würde (vgl. nachstehende E. 5).

      3. Unter Berücksichtigung einer 50%igen Arbeitsfähigkeit und einem 10%igen Tabellenlohnabzug resultiert im Rahmen eines Prozentvergleichs ein Invaliditätsgrad von 55% (50% + [50% x 0,1]) im Erwerbsbereich. Angepasst an ein hypothetisches Erwerbspensum von 80% ergibt sich ein gewichteter Teilinvaliditätsgrad von 44% (55% x 0,8) für den Erwerbsbereich.

4.

Was die Einschränkung im Haushaltsbereich anbelangt, so hat die Beschwerdeführerin verschiedene Einwände gegen den von der Beschwerdegegnerin ermittelten Teilinvaliditätsgrad von 13,2% (IV-act. 147-10 f.) erhoben (act. G 1, Rz 16 ff.).

    1. Angesichts dessen, dass die medizinischen Fachpersonen die angestammte Tätigkeit bzw. die ebenfalls im Haushalt anfallenden Tätigkeiten wie Putzen, Betten beziehen "usw." für (gänzlich) unzumutbar hielten (IV-act. 39-3; bestätigt zuletzt in der RAD-Stellungnahme vom 25. Juni 2012, IV-act. 148-2), ist die von der Abklärungsperson unter Berücksichtigung der zumutbaren Mithilfe der Familienangehörigen ermittelte Beeinträchtigung von 13,2% nicht nachvollziehbar. Dies gilt umso mehr, als die Beschwerdeführerin als funktionelle Einhänderin zu betrachten ist (vgl. IV-act. 39-5) und der RAD ausdrücklich erwähnte, "bzgl. Hausarbeit (AOS) ist

      zu beachten, dass die versicherte Person bei linksarmigen Tätigkeiten stark eingeschränkt ist" (IV-act. 148-3). Dabei ist zu bemängeln, dass die ärztlichen Einschätzungen, namentlich diejenige von Dr. C. (IV-act. 39) des RAD (IVact. 148-3), soweit ersichtlich, keinen Niederschlag im Abklärungsbericht gefunden

      haben. Die Zweifel am Betätigungsvergleich werden noch durch den Umstand erhärtet, dass die Abklärungsperson am Schluss des Berichts angab, "der RAD muss zum mediz. Sachverhalt noch Stellung nehmen, d.h. es ist die heute zumutbare Arbeitsfähigkeit nochmals zu definieren" (IV-act. 147-11). Da es sich bei den ärztlichen Einschätzungen um eine notwendige Grundlage für den Betätigungsvergleich handelt und sie demzufolge von der Abklärungsperson zu berücksichtigen sind (Urteil des

      Bundesgerichts vom 22. April 2010, 9C_90/2010, E. 4.1.1.2), fehlt dem

      Abklärungsbericht auch unter diesem Aspekt die Aussagekraft.

    2. Auf eine neuerliche Haushaltsabklärung kann verzichtet werden, da gestützt auf die gutachterliche Beurteilung bezüglich der teilweise mit Haushaltsarbeit vergleichbaren Tätigkeit als Zimmermädchen eine 100%ige Arbeitsunfähigkeit (IVact. 39-3) und sogar für leidensangepasste Tätigkeiten eine immerhin 50%ige Arbeitsunfähigkeit ausgewiesen ist (IV-act. 39-5; an der gutachterlichen Beurteilung hielt der RAD in der Stellungnahme vom 25. Juni 2012 fest, IV-act. 148-3). Deshalb kann mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass selbst unter zumutbarer Mithilfe der Familienangehörigen eine mindestens 30%ige Einschränkung im Haushaltsbereich besteht. Diesbezüglich gilt es festzuhalten, dass die 19 geborene und ab August 2012 ein Praktikum in einem Pflegeheim absolvierende Tochter für Haushaltarbeiten in viel kleinerem Mass zur Verfügung stehen dürfte, als im Abklärungsbericht angenommen wurde (vgl. IV-act. 147-1, 4 f.). Bei einer Gewichtung des Haushaltsbereichs mit 20% und einer Einschränkung von 30% resultiert ein Teilinvaliditätsgrad von 6%(30% x 20%).

5.

Bei gewichteten Teilinvaliditätsgraden von 44% (Erwerbsbereich) und 6% (Haushalts bereich) ergibt sich ein Invaliditätsgrad von 50%, womit die Beschwerdeführerin weiterhin Anspruch auf die bisherige halbe Rente hat.

6.

    1. Nach dem Gesagten ist die Verfügung vom 12. November 2012 aufzuheben.

    2. Das Beschwerdeverfahren ist kostenpflichtig. Die Kosten werden nach dem Verfahrensaufwand und unabhängig vom Streitwert im Rahmen von Fr. 200.-bis Fr. 1'000.-festgelegt (Art. 69 Abs. 1bis IVG). Eine Gerichtsgebühr von Fr. 600.-erscheint in der vorliegend zu beurteilenden Angelegenheit als angemessen. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend sind sie vollumfänglich der Beschwerdegegnerin aufzuerlegen. Der von der Beschwerdeführerin geleistete Kostenvorschuss von Fr. 600.-ist ihr zurückzuerstatten.

    3. Gemäss Art. 61 lit. g ATSG hat die obsiegende beschwerdeführende Partei Anspruch auf Ersatz der Parteikosten. Die Parteientschädigung wird vom Versicherungsgericht festgesetzt und ohne Rücksicht auf den Streitwert nach der Bedeutung der Streitsache und nach der Schwierigkeit des Prozesses bemessen. In der Verwaltungsrechtspflege beträgt das Honorar vor Versicherungsgericht nach

Art. 22 Abs. 1 lit. b HonO (sGS 963.75) pauschal Fr. 1'000.-bis Fr. 12'000.--. Im hier zu beurteilenden Fall erscheint eine pauschale Parteientschädigung von Fr. 3'500.-- (inklusive Barauslagen und Mehrwertsteuer) als angemessen.

Demgemäss hat das Versicherungsgericht im Zirkulationsverfahren gemäss Art. 39 VRP entschieden:

1. In Gutheissung der Beschwerde vom 13. Dezember 2012 wird die Verfügung vom

12. November 2012 aufgehoben und der Beschwerdeführerin weiterhin eine halbe

Rente zugesprochen.

  1. Die Beschwerdegegnerin bezahlt eine Gerichtsgebühr von Fr. 600.--. Der geleistete Kostenvorschuss von Fr. 600.-wird der Beschwerdeführerin zurückerstattet.

  2. Die Beschwerdegegnerin hat der Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung von Fr. 3'500.-- (einschliesslich Barauslagen und Mehrwertsteuer) zu bezahlen.

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

Hier geht es zurück zur Suchmaschine.