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Urteil Versicherungsgericht (SG)

Zusammenfassung des Urteils IV 2010/464: Versicherungsgericht

Die Cour des poursuites et faillites des Kantonsgerichts Lausanne hat über einen Rechtsstreit zwischen A.M., B.M. und C.M. gegen D. entschieden. Die Kläger forderten ausstehende Mietzahlungen und weitere Kosten von D. Der Juge de paix du district de Morges wies das Begehren auf vorläufige Aufhebung des Widerspruchs ab und verurteilte die Kläger zur Zahlung von Gerichtskosten. Die Kläger legten Rekurs ein, der schliesslich erfolgreich war, da der erste Richter wichtige Fragen nicht geprüft hatte. Der Fall wurde zur erneuten Prüfung an den Juge de paix du district de Morges zurückverwiesen.

Urteilsdetails des Kantongerichts IV 2010/464

Kanton:SG
Fallnummer:IV 2010/464
Instanz:Versicherungsgericht
Abteilung:IV - Invalidenversicherung
Versicherungsgericht Entscheid IV 2010/464 vom 06.12.2012 (SG)
Datum:06.12.2012
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 28 Abs. 2 IVG. Invalidenrente. Rückweisung zur Durchführung einer neutralen psychiatrischen (Verlaufs-)Begutachtung (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 6. Dezember 2012, IV 2010/464).
Schlagwörter : IV-act; Arbeit; Arbeitsfähigkeit; Quot; IV-Stelle; Rente; Bericht; Sicht; MEDAS; Gutachten; Verfügung; Begut; Diagnose; Beurteilung; Begutachtung; Invalidenrente; Abklärung; Anspruch; Diagnosen; Gesundheit; Ehemann; Beschwerde; Status; Störung; Untersuchung
Rechtsnorm:Art. 43 ATSG ;Art. 7 ATSG ;
Referenz BGE:125 V 352; 132 V 235;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts IV 2010/464

Entscheid Versicherungsgericht, 06.12.2012

Versicherungsrichterin Lisbeth Mattle Frei (Vorsitz), a.o. Versicherungsrichterin Gertrud Condamin-Voney, Versicherungsrichterin Marie-Theres Rüegg Haltinner; Gerichtsschreiberin

Sibylle Betschart

Entscheid vom 6. Dezember 2012

in Sachen

A. ,

Beschwerdeführerin,

vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Marco Cottinelli, Oberer Graben 14, Postfach 138, 9001 St. Gallen,

gegen

IV-Stelle des Kantons St. Gallen, Postfach 368, 9016 St. Gallen,

Beschwerdegegnerin,

betreffend Rente Sachverhalt: A.

    1. A. meldete sich am 16. April 2007 unter Hinweis auf einen Herzinfarkt, eine Rückenoperation (Halswirbel) sowie einen Schlaganfall zum Bezug einer Rente bei der IV-Stelle des Kantons St. Gallen an (IV-act. 1-1 ff.).

    2. Im Auftrag der IV-Stelle erstattete der die Versicherte seit Februar 2003 be handelnde Arzt Dr. med. B. , Facharzt für allgemeine Medizin, die Berichte vom 21. und 28. Mai 2007 (IV-act. 10-1 ff.). Dr. B. diagnostizierte mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit eine Cephalea bei Status nach vorderer Spondylodese C5/6 vom

      6. Februar 2006, eine mediale laterale Diskushernie C3/4, eine diskrete Protrusion C4/5, eine kleine Diskushernie C5/6 medialis lateral mit Kompression C7, eine diskrete Protrusion C6/7, einen Status nach vorderer Spondylodese sowie einen Knorpelschaden medialer Femurcondylus rechtes Knie (IV-act. 10-1) und attestierte seit 7. Mai 2006 eine 50 %ige Arbeitsfähigkeit in der bisherigen Tätigkeit (IV-act 10-3).

    3. Am 25. Mai 2007 (IV-act. 11-2 ff.) reichte die Firma C. der IV-Stelle einen

      Arbeitgeberbericht ein (IV-act. 11-2 ff.). Darin wird ausgeführt, dass die Versicherte seit

      1. Juni 1995 (seit 1. Dezember 2002 auf Stundenlohnbasis) als Mitarbeiterin Verkauf Food im Unternehmen tätig sei. Die Versicherte verdiene seit 1. Januar 2007 pro Stunde Fr. 19.80 plus Zuschläge (IV-act. 11-3).

    4. Im Auftrag der IV-Stelle erstattete der die Versicherte vom November 2005 bis

      Mai 2007 behandelnde Arzt Prof. Dr. med. D. , Facharzt FMH Neurochirurgie, am

      5. Juli 2007 einen Bericht (IV-act. 14-1 ff.). Er diagnostizierte mit Auswirkung auf die

      Arbeitsfähigkeit eine seit ca. vier Jahren bestehende Cervikobrachialgie beidseits und

      führte aus, dass sich die gesundheitliche Störung bei der Versicherten "subjektiv sehr" auf die bisherige Tätigkeit auswirke (IV-act. 14-3).

    5. Im Auftrag der IV-Stelle erstattete die Medizinische Abklärungsstelle (MEDAS) Zentralschweiz am 18. Juni 2008 ein polydisziplinäres Gutachten mit ambulanter Untersuchung am 19., 20. und 21. Februar 2008 (IV-act. 30-1 ff.). Die Gutachter diagnostizierten mit Einschränkung der zumutbaren Arbeitsfähigkeit chronische Zervikobrachialgien links sowie eine Prägonarthrose rechts mit Knorpelschädigungen II-III und attestierten eine 100 %ige Arbeitsfähigkeit in behinderungsangepasster Tätigkeit; die angestammte Tätigkeit als Fischverkäuferin sei seit 10. Januar 2008 nicht mehr zumutbar (IV-act. 30-12 f.).

    6. Der Regionale Ärztliche Dienst der Invalidenversicherung (RAD) Ostschweiz hielt am 25. Juli 2008 in einer internen Stellungnahme fest, das MEDAS-Gutachten sei um fassend, schlüssig, nachvollziehbar und in sich widerspruchsfrei. Der darin getroffenen Beurteilung könne uneingeschränkt gefolgert werden. Die Begutachtung sei korrekt durchgeführt worden. In einer adaptierten Tätigkeit bestehe aus polydisziplinärer Sicht eine Arbeitsfähigkeit von 100 % ab 6. Februar 2006 (IV-act. 35-1 f.).

    7. Am 24. November 2008 teilte die IV-Stelle der Versicherten mit, dass ihr bei der Stellensuche durch die Stellenvermittlung der IV Beratung und Unterstützung gewährt werde (IV-act. 52-1 f.). Am 5. März 2010 informierte die IV-Stelle die Versicherte dar über, dass sie die Kosten für die berufliche Abklärung der Eingliederungsund Arbeits fähigkeit bei der Firma E. in der Zeit vom 1. März 2010 bis 31. Mai 2010 übernehme (IV-act. 72-1 f.).

    8. Im Auftrag der IV-Stelle erstattete die die Versicherte seit Februar 2010 be handelnde Ärztin Dr. med. F. , Fachärztin Allgemeine Medizin FMH, am 21. Mai 2010 einen Bericht (IV-act. 79-1 ff.). Sie attestierte mit Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit diffuse Gelenk-/Weichteilbeschwerden unsicherer Ätiologie seit März 2010 sowie rezidivierende Spannungskopfschmerzen und Myogelosebeschwerden im Nacken bei Status nach Spondylodese C5/6 2006 und attestierte eine 100 %ige Arbeitsunfähigkeit seit dem 20. April 2010 (IV-act. 79-1).

    9. Gemäss Ausführungen der Eingliederungsverantwortlichen im Verlaufsprotokoll nach Grundsatzentscheid vom 3. Juli 2010 (IV-act. 83-1 ff.) habe die Versicherte ihren Arbeitsversuch im Rahmen der beruflichen Abklärung aus gesundheitlichen Gründen per 20. April 2010 abgebrochen. Der Fall werde daher abgeschlossen; es erfolge die Rentenprüfung (IV-act. 83-9).

    10. Am 24. August 2010 traf bei der IV-Stelle der Bericht von Dr. med. G. , Fachärztin für Innere Medizin und Rheumatologie FMH, vom 29. Juni 2010 an die Hausärztin ein. Dr. G. diagnostizierte ein generalisiertes Ganzkörper-Schmerz syndrom, resp. Fibromyalgie, einen Senk-Spreizfuss beidseits, eine diskret beginnende mediale Gonarthrose rechts, ein chronisches Cervikovertebral-Syndrom bei Status nach Spondylodese C5/6 mit Knochenspan sowie eine Depression, bekannt seit 1998, und attestierte aus rheumatologischer Sicht eine volle Arbeitsfähigkeit (IV-act. 88-1 ff.).

    11. Mit Vorbescheiden vom 7. September 2010 stellte die IV-Stelle sowohl den Ab schluss der Arbeitsvermittlung als auch, bei einem Invaliditätsgrad von 0 %, die Ab weisung des Rentengesuchs in Aussicht (IV-act. 95-1 f., 97-1 f.).

    12. Gegen den Vorbescheid betreffend Invalidenrente liess die Versicherte am

12. Oktober 2010 Einwand erheben (IV-act. 98-1 ff.). Sie beantragte eine ganze Invalidenrente für sich sowie eine Rente für ihre Tochter Ivana; eventualiter sei ihr eine halbe Invalidenrente sowie die entsprechende Rente für ihre Tochter zuzusprechen; subeventualiter sei sie erneut und umfassend ärztlich zu begutachten. In der Beilage liess die Versicherte der IV-Stelle u.a. den Arztbericht von Dr. med. H. , Fachärztin Psychiatrie/Psychotherapie, vom 12. Oktober 2010 (IV-act. 98-12 f.) sowie das ausgefüllte Formular betreffend die Haushaltführung vom 20. September 2010 (IV-act. 98-14 ff.) zukommen. Dr. H. , bei welcher die Versicherte seit dem 5. Mai 2008 in Behandlung steht, diagnostizierte in ihrem Bericht eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode (ICD-10 F33.11), eine anhaltende somato forme Schmerzstörung (ICD-10 F45.4), Störungen im Zusammenhang mit der Menopause und dem Klimakterium (ICD-10 N95.1), eine arterielle Hypertonie sowie eine Refluxsymptomatik. Sie attestierte aus psychiatrischer Sicht für eine leichte, angepasste Tätigkeit eine 50 %ige Arbeitsfähigkeit; als Hausfrau sei die Versicherte

aus psychiatrischer Sicht 100 % arbeitsfähig mit einer 30 %igen

"Leistungsfähigkeit" (IV-act. 98-13).

A.m Nach Einholen einer Stellungnahme des RAD (IV-act. 100) schloss die IV-Stelle mit Verfügung vom 26. Oktober 2010 die Arbeitsvermittlung ab (IV-act. 101-1 f.) und wies mit Verfügung gleichen Datums das Rentengesuch der Versicherten ab (IV-act. 102-1 ff.). Als Begründung zum abgewiesenen Rentengesuch wurde angeführt, dass sich der Gesundheitszustand der Versicherten seit der Begutachtung in der MEDAS Zentralschweiz 2008 weder in somatischer noch in psychischer Hinsicht objektivierbar und anhaltend arbeitsfähigkeits-relevant verändert habe. Aufgrund der Qualifikation als Erwerbstätige sei die Haushalttätigkeit bei der Bemessung des Invaliditätsgrades nicht zu berücksichtigen. In adaptierter Tätigkeit bestehe eine 100 %ige Arbeitsfähigkeit.

B.

    1. Gegen die rentenabweisende Verfügung vom 26. Oktober 2010 richtet sich die am 26. November 2010 erhobene Beschwerde. Darin wird beantragt, die angefochtene Verfügung sei aufzuheben und es sei der Beschwerdeführerin eine ganze Invalidenrente sowie ihrer Tochter eine Invalidenrente in gesetzlich bestimmter Höhe zuzusprechen. Eventualiter sei die angefochtene Verfügung aufzuheben und der

      Beschwerdeführerin eine halbe Invalidenrente sowie ihrer Tochter eine Invalidenrente in gesetzlich bestimmter Höhe zuzusprechen. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, nachdem das Attest des Hausarztes Dr. B. vom 5. Mai 2008 der Beschwerdeführerin während mehreren Jahren eine durchschnittliche Arbeitsunfähigkeit von 75 % attestiert habe, habe sie bereits gestützt darauf Anspruch auf eine "volle" Invalidenrente. Zudem habe die Psychiaterin Dr. H. aufgrund der gestellten Diagnosen aus rein psychiatrischer Sicht für eine leichte angepasste Tätigkeit eine Arbeitsfähigkeit von nur noch 50 % attestiert. Daher erweise sich die angefochtene Verfügung als falsch. Im Weiteren sei nicht nachvollziehbar, wie die Beschwerdeführerin mit den ihr ärztlich attestierten somatischen und psychischen Einschränkungen ein Invalideneinkommen von Fr. 51'368.-erzielen solle, mehr als sie als gesunde Person verdient habe. Selbst wenn man davon ausgehen wolle, dass die Beschwerdeführerin noch arbeitsfähig sei, könne sie ein jährliches Invalideneinkommen von höchstens Fr. 33'200.-erzielen. Dieses wäre im Hinblick auf die erheblichen

      gesundheitlichen Beeinträchtigungen um 25 % zu reduzieren, was einem jährlichen Invalideneinkommen von 24'900.-entspreche und zum Anspruch auf eine zumindest halbe IV-Rente führe. Zu berücksichtigen gelte es sodann, dass die Beschwerdeführerin auch in der Haushaltführung erheblich beeinträchtigt sei. Da sich der Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin seit dem MEDAS-Gutachten 2008 in den letzten zwei Jahren nochmals massiv verschlechtert habe, habe sie auch aus diesem Grund Anspruch auf eine zumindest halbe IV-Rente. Zudem stelle auch die Hausärztin Dr. F. eine weitere Verschlechterung des Gesundheitszustandes seit Februar 2010 fest. Sie attestiere der Beschwerdeführerin aus rein somatischer Sicht eine Teilarbeitsfähigkeit von lediglich 50 % Bei der Stellungnahme des RAD vom

      26. Oktober 2010, auf welche sich die angefochtene Verfügung massgeblich abstütze, handle es sich lediglich um eine Wiederholung des Berichts von Dr. G. vom 29. Juni 2010, welcher weder begründet noch "gut nachvollziehbar" sei. Auch wenn sich Dr.

      G. dahingehend äussere, dass aus rheumatologischer Sicht keine Arbeitsunfähigkeit bestehe, bedeute dies nicht, dass die Beschwerdeführerin zu 100 % arbeitsfähig sei. Bei den Diagnosen von Dr. H. handle es sich entgegen den Ausführungen des RAD um eigene Untersuchungsbefunde und damit objektiv feststellbare Gesichtspunkte, welche im Rahmen der psychiatrischen Begutachtung durch die MEDAS 2008 unerkannt geblieben seien und klarerweise zur abweichenden Beurteilung einer Einschränkung der Beschwerdeführerin in ihrer Arbeitsfähigkeit von mindestens 50 % führten (act. G 1). Der Beschwerde werden unter anderem das ärztliche Zeugnis von Dr. F. vom 24. November 2010 (act. G 1.1.6) sowie der

      Bericht von Dr. H. vom 23. November 2010 (act. G 1.1.7) beigelegt.

    2. Der RAD hält in einer internen Stellungnahme vom 16. Dezember 2010 zu den im Beschwerdeverfahren eingereichten neuen ärztlichen Berichten fest, dass Dr. F. ihre Ansicht einer Teilarbeitsfähigkeit von 50 % nicht mit entsprechenden objektivierbaren Untersuchungsbefunden belege, und die durch Dr. H. diagnostizierte mittelgradige depressive Störung im Rahmen der chronischen Schmerzproblematik zu sehen sei (IVact. 113-1 f.).

    3. Mit Beschwerdeantwort vom 13. Januar 2011 beantragt die Beschwerdegegnerin die Abweisung der Beschwerde. Zur Begründung führt sie aus, dass das Gutachten den Anforderungen der Rechtsprechung entspreche. Grundsätzlich gelte, dass ein

      behandelnder Arzt beweisrechtlich nicht als Sachverständiger, sondern als Auskunftsperson auftreten müsse. Der Bericht und die neuen Untersuchungen von Dr. G. deckten sich mit dem MEDAS-Gutachten. Aus rheumatologischer Sicht ergäbe sich demnach keine Änderung des Gesundheitszustandes seit der Begutachtung.

      Dr. H. habe die Diagnosen anhaltende somatoforme Schmerzstörung und rezidivierende Depression gestellt. Angesichts der diagnostizierten depressiven Episode liege keine von depressiven Verstimmungszuständen klar unterscheidbare andauernde Depression im Sinne eines verselbständigten Gesundheitsschadens vor, welcher unabhängig von der somatoformen Schmerzstörung als erhebliche psychische Komorbidität ausnahmsweise auf die Unzumutbarkeit einer willentlichen Schmerzüberwindung schliessen lasse. Die Einschätzung von Dr. H. vermöge daher keinen Zweifel an der Richtigkeit der Angaben im Gutachten zu wecken. Gestützt auf das MEDAS-Gutachten sei von einer 100 %igen Arbeitsfähigkeit in einer adaptierten Tätigkeit auszugehen. Bei der 100 %igen Arbeitsfähigkeit entstehe selbst mit Angleichung des Invalidenan das Valideneinkommen und bei Vornahme des maximalen Abzugs von 25 % kein rentenbegründender IV-Grad (act. G 4).

    4. Am 28. Januar 2011 lässt die Beschwerdeführerin Replik erstatten. Sie führt im Wesentlichen aus, die Beschwerdegegnerin habe es unterlassen, dem medizinischen Urteil der Fachärztin Dr. H. die angemessene Bedeutung beizumessen. Sollten weitere fachmedizinische Abklärungen zur Beurteilung, ob bei der Beschwerdeführerin eine psychische Störung von Krankheitswert vorliege, notwendig sein, werde hiermit in Ergänzung zum Antrag im Beschwerdeschreiben vom 26. November 2010 - um um fassende ärztliche Begutachtung ersucht (act. G 7).

    5. Die Beschwerdegegnerin verzichtete am 10. Februar 2011 auf eine Duplik (act. G 9).

Erwägungen: 1.

    1. Unter Invalidität wird bei als Gesunden voll erwerbstätigen Personen die voraus

      sichtlich bleibende längere Zeit dauernde ganze teilweise Erwerbsunfähigkeit

      verstanden (Art. 8 Abs. 1 des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozial versicherungsrechts [ATSG; SR 830.1]). Erwerbsunfähigkeit ist dabei der durch eine Beeinträchtigung der körperlichen geistigen Gesundheit verursachte und nach zumutbarer Behandlung und Eingliederung verbleibende ganze teilweise Verlust der Erwerbsmöglichkeiten auf dem in Betracht kommenden ausgeglichenen Arbeits markt (Art. 7 ATSG). Nach Art. 28 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die Invalidenver sicherung (IVG; SR 831.20) besteht Anspruch auf eine ganze Invalidenrente, wenn die versicherte Person mindestens zu 70%, derjenige auf eine Dreiviertelsrente, wenn sie wenigstens zu 60% invalid ist. Liegt ein Invaliditätsgrund von mindestens 50% vor, so besteht Anspruch auf eine halbe Rente und bei einem Invaliditätsgrad von mindestens 40% auf eine Viertelsrente.

    2. Der Versicherungsträger prüft nach Art. 43 Abs. 1 ATSG die Begehren, nimmt die notwendigen Abklärungen von Amtes wegen vor und holt die erforderlichen Auskünfte ein. Wie die Verwaltung hat im Beschwerdefall auch das Versicherungsgericht die Beweise frei, d.h. ohne Bindung an förmliche Beweisregeln, sowie umfassend und pflichtgemäss zu würdigen. Alle Beweismittel sind unabhängig davon, von wem sie stammen, objektiv zu prüfen und danach ist zu entscheiden, ob die verfügbaren Unter lagen eine zuverlässige Beurteilung des streitigen Rechtsanspruchs gestatten. Hin sichtlich des Beweiswerts eines Arztberichts ist entscheidend, ob der Bericht für die streitigen Belange umfassend ist, auf allseitigen Untersuchungen beruht, auch die ge klagten Beschwerden berücksichtigt, in Kenntnis der Vorakten (Anamnese) abgegeben worden ist, in der Beurteilung der medizinischen Zusammenhänge und in der Be urteilung der medizinischen Situation einleuchtet und ob die Schlussfolgerungen des Experten begründet sind (BGE 125 V 352 E. 3a).

2.

Zu klären ist vorweg die Frage, ob die medizinische Aktenlage eine rechtsgenügliche Beurteilung der Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin erlaubt.

    1. Die Beschwerdegegnerin stützt sich für die Beurteilung der zumutbaren Arbeits leistung der Beschwerdeführerin auf das MEDAS-Gutachten vom 18. Juni 2008 (IVact. 30-1 ff.). Das polydisziplinäre Gutachten umfasste je ein psychiatrisches (IV-act.

      33-1 ff.), neurologisches (IV-act. 32-1 ff.) und rheumatologisches (IV-act. 31-1 ff.) Teil gutachten. Als Hauptdiagnosen mit Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit wurden chronische Zervikobrachialgien links bei einem Status nach ventraler Spondylodese C5/6 nach Cloward und Diskektomie am 6. Februar 2006, bei einer Diskushernie C5/6 mediolinks-lateral und deutlich linksbetonter Osteophytenbildung auf Höhe C5/6 sowie einer Diskusprotrusion C3/4, C4/5, C6/7, ohne Reizund Ausfallssymptome, sowie eine Prägonarthrose rechts mit Knorpelschädigungen II-III genannt. Als Diagnosen ohne wesentliche Einschränkung der Arbeitsfähigkeit, aber mit Krankheitswert wurden Kopfschmerzen vom Spannungstypus, arterielle Hypertonie, Übergewicht sowie ein anamnestischer Status nach vaskulärem zerebralem Ereignis genannt. In einer behinderungsangepassten Tätigkeit mit nur selten bis teilweise stehender Arbeitsposition, fehlendem Heben schwerer Gewichte über 10-15 kg sowie ohne Kopfhaltung über längere Zeit in ausgesprochen vornübergeneigter Position sei eine 100 %ige Arbeitsfähigkeit gegeben (IV-act. 30-12 f.).

    2. Die Beschwerdeführerin hält in der Hauptsache dagegen, dass seit der Begut achtung durch die MEDAS Zentralschweiz eine Verschlechterung des somatischen und psychischen Gesundheitszustandes stattgefunden habe (act. G 1).

3.

    1. Bei der Würdigung der medizinischen Situation fällt zunächst ins Gewicht, dass im psychiatrischen Teilgutachten der MEDAS vom 7. März 2008 (IV-act. 33-1 ff.) keine Diagnosen mit relevanter Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit genannt wurden. Nur unter Diagnosen ohne Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit nannte der psychiatrische Gutachter unter Hinweis auf das Verschwinden den Tod eines Familienangehörigen mit nachhaltiger Prägung der Versicherten ICD-10: Z 63.4. Der Gutachter Dr. med. I. , Facharzt FMH für Psychiatrie und Psychotherapie, führte unter "subjektiven Angaben der Versicherten" aus, dass sie nach dem Tod ihres Sohnes (im Oktober 1998) anfänglich Antidepressiva vom Hausarzt erhalten habe (IVact. 33-3). Unter "Arbeitsunfähigkeit" kam er schliesslich zum Schluss, dass aus psychiatrischer Sicht weder bei der angestammten Berufstätigkeit, noch in verwandten Gebieten, noch in Verweistätigkeiten eine relevante Einschränkung bestehe (IV-act.

      33-3 f.). Im Bericht vom 12. Oktober 2010 (IV-act. 98-12 f.) nannte die Psychiaterin Dr.

      H. , bei der die Beschwerdeführerin seit dem 5. Mai 2008 in Behandlung steht (mithin erst nach der Begutachtung), sodann als Diagnosen an erster Stelle eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode, und erst an zweiter Stelle eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung. Sie hielt unter Hinweis auf ausführliche anamnestische Angaben fest, dass sich als Folgen einer familiären Belastungssituation bei der Beschwerdeführerin Resignation und Depressivität sowie Überforderung nach der Operation 2006 zunehmend verschlechtert hätten, so dass die Beschwerdeführerin ihre Arbeit zuerst vom 6. Mai 2006 bis 9. Januar 2008 auf 50 % reduziert und seit dem 10. Januar 2008 vollkommen aufgegeben habe. Aufgrund eines tragischen Verlusterlebnisses und dementsprechenden inneren Konflikten sowie der äusserst schwierigen Beziehung zu ihrem an Kehlkopfkrebs leidenden und alkoholkranken Mann habe die Beschwerdeführerin eine chronische Schmerzstörung entwickelt (IV-act. 98-12 f.). Im Bericht vom 23. November 2010 (act. G 1.1.7) hält

      Dr. H. fest, dass es sich bei der Beschwerdeführerin um eine Patientin mit mehreren Traumatisierungen in der Lebensgeschichte (begonnen mit der Trennung vom alkoholabhängigen, gewalttätigen Vater im Alter von einem Jahr) handle. Die erste depressive Episode habe die Beschwerdeführerin 1998 nach dem Tod ihres Sohnes entwickelt. Durch die unklare Tatsache, ob sich der Sohn nach einem Streit zu Hause wegen Liebeskummer suizidiert habe ob er von jemandem wegen dieser Beziehung von einer Brücke gestossen worden sei, sei die Patientin innerlich zerrissen und geplagt. Nach diesem Ereignis sei es zu massiven Auseinandersetzungen mit dem Ehemann gekommen. Das Paar habe die Aussage der Polizei, dass es sich um einen Selbstmord handle, nicht akzeptieren wollen. Der Ehemann der Beschwerdeführerin sei immer gewalttätig gewesen, habe diese und die Kinder misshandelt, habe insbesondere nach dem Tod des Sohnes die ganze Aggression auf die jüngere Tochter gerichtet. Die Beschwerdeführerin habe das Kind schützen und ihm ein normales Leben ermöglichen wollen, was zu massiven Konflikten zwischen den Eheleuten geführt habe. Der Ehegatte sei 2001 an Kehlkopfkrebs erkrankt, weshalb es zu einer erneuten depressiven Epidode gekommen sei. 2004 sei es noch einmal zu einer Verschlechterung der depressiven Symptomatik gekommen, nachdem der Ehemann die Tochter aus der Wohnung "geschmissen" habe. Die Beschwerdeführerin habe schon damals massive Nackenund Kopfschmerzen sowie Verspannungen im Schulterbereich gespürt und sei wegen dieser Problematik operativ behandelt worden.

      Die Beschwerdeführerin habe sich nach der Wirbelsäulenoperation entschieden, noch ein Kind zur Welt zu bringen. Sie sei von ihrem Ehemann in bereits fortgeschrittener Schwangerschaft geschlagen worden, habe sich jedoch über diese Partnerschaftsproblematik nirgendwo äussern können. In der Psychotherapie habe sie auch sehr viel Zeit gebraucht, bis es zur Etablierung des therapeutischen Bündnisses gekommen sei. Die Beschwerdeführerin habe in der Therapie nicht offen über die Partnerschaftsproblematik reden können, da ihr Ehemann sie anfänglich ständig in die Sprechstunde begleitet habe. Nach einem Paargespräch, zu dem der Ehemann in alkoholisiertem Zustand (mindestens recht alkoholisiert) gekommen sei, habe diese massive Problematik nur bestätigt werden können. Während der Therapie ab November 2010 sei die Beschwerdeführerin ermutigt worden, sich von ihrem Partner scheiden zu lassen. Nach der Trennung sei es zu einer leichten Besserung der depressiven Symptomatik gekommen. Die Schmerzproblematik sei unverändert geblieben. Nachdem ein Arbeitsversuch bei der J. aufgrund der starken Schmerzen der Beschwerdeführerin erfolglos verlaufen sei, habe sich die depressive Symptomatik zusätzlich verschlechtert. Die Beschwerdeführerin habe in ihrem Leben gelernt, mit Traumatisierungen und Verlusten leben zu müssen, und wirke emotional leer und distanziert (act. G 1.1.7, S. 1 f.). Dr. I. führte im psychiatrischen Teilgutachten vom

      7. März 2008 (IV-act. 33-1 ff.) hingegen noch aus, er habe im Rahmen seiner Untersuchung keine Elemente finden können, die eine Diagnose aus der Gruppe der somatoformen Leiden stützen würden. Die Belastungen seien transparent, einfühlbar, die Persönlichkeit sei trotzdem sehr lebendig und emotional zugänglich geblieben, und es werde der Freiraum, der neben den Schmerzen bleibe, voll genutzt. Somit könne er aus psychiatrischer Sicht nur eine Z-Diagnose stellen, die keine relevante Arbeitsunfähigkeit begründe. Aus psychiatrischer Sicht könne man der Beschwerdeführerin höchstens zugestehen, dass sie durch das Schicksal etwas abgelenkt, etwas langsamer, etwas erholungsbedürftiger geworden sei, was aber höchstens 10 20 % Leistungseinschränkung bedeute (IV-act. 33-4). Dem psychi atrischen Teilgutachten lassen sich keine Ausführungen bezüglich einer proble matischen Paarbeziehung sowie Gewaltanwendung des Ehemannes gegenüber Frau und Kinder entnehmen. Sodann gesteht Dr. I. der Beschwerdeführerin eine trotz Schicksalsschlägen eher gefestigte Persönlichkeit zu, wogegen in den Berichten von Dr. H. von mehreren Traumatisierungen mit psychischen Folgeerkrankungen die

      Rede ist. Vor dem Hintergrund der Ausführungen bzw. Diagnosestellungen von

      Dr. H. entstehen Zweifel, ob der Gutachter Dr. I. die Persönlichkeit der Beschwerdeführerin in ihrer ganzen Tragweite ausreichend erfassen und beurteilen konnte, nachdem er offenbar von der persönlichen Situation der Beschwerdeführerin keine umfassende Kenntnis erhielt. Möglich ist auch, dass sich die Situation seit der Begutachtung (bis Verfügungserlass am 26. Oktober 2010) verändert hat. Jedenfalls lässt sich auf dieser unsicheren Grundlage nicht beurteilen, ob und wieweit die Be schwerdeführerin in psychiatrischer Hinsicht in einer leidensangepassten Tätigkeit ein geschränkt war.

    2. In somatischer Hinsicht diagnostizierte die Hausärztin Dr. F. im Verlaufsbericht vom 1. Juni 2010 unter anderem diffuse Gelenk-/Weichteilbeschwerden unsicherer Ätiologie seit März 2010 und attestierte eine seit 20. April 2010 bestehende 100 %ige Arbeitsunfähigkeit (IV-act. 79-1). Im ärztlichen Zeugnis vom 24. November 2010 führte Dr. F. zudem aus, dass sich der Zustand der Beschwerdeführerin seit Februar 2010 verschlechtert habe. Nach Ansicht von Dr. F. persistiere deshalb eine Teilarbeitsfähigkeit von 50 % (act. G 1.1.6). Demgegenüber hielt die Rheumatologin

      Dr. G. in ihrem Bericht vom 29. Juni 2010 (IV-act. 88-2 ff.) fest, dass diffuse Weichteildolenzen im Vordergrund stehen würden. Diese hätten sich zwar seit dem Arbeitsversuch im Februar 2010 verstärkt. Dabei ging die Rheumatologin offenbar davon aus, dass dies eine sekundäre Folge der Depression sei und mit dem Auslassen der Antidepressiva-Medikation im April 2010 zusammenhänge. Jedenfalls erachtete die Fachärztin die Beschwerdeführerin aus rein rheumatologischer Sicht für als uneingeschränkt arbeitsfähig. Diese Beurteilung deckt sich mit der rheumatologischen Beurteilung im MEDAS-Gutachten, so dass von daher keine ergänzende Abklärung erforderlich erscheint.

    3. Zusammenfassend kann gestützt auf die medizinische Aktenlage in psychiatrischer Hinsicht nicht abschliessend beurteilt werden, ob und in welchem Umfang die Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin in einer leidensangepassten Tätigkeit eingeschränkt ist. Die Sache ist deshalb wie von der Beschwerdeführerin in der Replik beantragt (act. G 7/Ziff. 1) an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen, damit sie eine ergänzende psychiatrische Begutachtung (einschliesslich Verlauf) durch eine bislang nicht involvierte Gutachterperson einhole. Danach wird die

Beschwerdegegnerin erneut über die Anspruchsberechtigung der Beschwerdeführerin zu befinden haben.

4.

    1. Gemäss den obenstehenden Erwägungen ist die angefochtene Verfügung aufzu heben und die Beschwerde teilweise gutzuheissen. Die Sache ist an die Beschwerde gegnerin zurückzuweisen, damit diese im Sinn der Erwägungen eine ergänzende (Ver laufs-)Begutachtung in psychiatrischer Hinsicht vornehme und anschliessend über den Rentenanspruch der Beschwerdeführerin erneut verfüge.

    2. Das Beschwerdeverfahren ist kostenpflichtig. Die Kosten werden nach dem Verfahrensaufwand und unabhängig vom Streitwert im Rahmen von Fr. 200.-bis Fr. 1'000.-festgelegt (Art. 69 Abs. 1bis IVG). Eine Gerichtsgebühr von Fr. 600.-erscheint als angemessen. Die Rückweisung zur Neubeurteilung gilt praxisgemäss als volles Obsiegen (BGE 132 V 235 E. 6). Die unterliegende Beschwerdegegnerin hat deshalb die gesamte Gerichtsgebühr von Fr. 600.-zu bezahlen. Der von der Beschwerdeführerin geleistete Kostenvorschuss von Fr. 600.-ist ihr zurückzuerstatten.

    3. Bei diesem Verfahrensausgang hat die Beschwerdeführerin Anspruch auf eine Parteientschädigung. Diese ist vom Gericht ermessensweise festzusetzen, wobei ins besondere der Bedeutung der Streitsache und dem Aufwand Rechnung zu tragen ist (Art. 61 lit. g ATSG; vgl. auch Art. 98 ff. VRP/SG, sGS 951.1). Der Bedeutung und dem Aufwand der Streitsache angemessen erscheint eine Parteientschädigung von pauschal Fr. 3'500.-- (inklusive Barauslagen und Mehrwertsteuer).

Demgemäss hat das Versicherungsgericht

entschieden:

  1. In teilweiser Gutheissung der Beschwerde wird die angefochtene Verfügung vom 26. Oktober 2010 aufgehoben und die Sache im Sinne der Erwägungen zur weiteren Abklärung und anschliessenden Neuverfügung an die Beschwerdegegnerin zurückgewiesen.

  2. Die Beschwerdegegnerin hat die Gerichtskosten von Fr. 600.-zu bezahlen. Der Beschwerdeführerin wird der Kostenvorschuss von Fr. 600.-zurückerstattet.

  3. Die Beschwerdegegnerin hat der Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung von Fr. 3'500.-- (inkl. Barauslagen und Mehrwertsteuer) zu bezahlen.

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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