Zusammenfassung des Urteils IV 2010/318: Versicherungsgericht
Die Erbengemeinschaft des A. stellte Beschwerde gegen die IV-Stelle des Kantons St. Gallen betreffend Rentenanspruch. A. hatte sich für IV-Leistungen angemeldet und wurde aufgrund eines Schmerzsyndroms als arbeitsunfähig eingestuft. Nach einer Umschulung zum Gitarrenbauer wurde ihm eine 90%ige Arbeitsfähigkeit bescheinigt. Trotzdem wurde sein Rentenanspruch abgelehnt. Das Versicherungsgericht hob die Entscheidung teilweise auf und wies die Sache zur Klärung des erzielbaren Einkommens zurück. Nach weiteren Abklärungen wurde festgestellt, dass A. kein rentenbegründender Invaliditätsgrad vorlag. Die Beschwerde wurde abgewiesen, die Gerichtskosten von CHF 600 wurden den Beschwerdeführern auferlegt.
Kanton: | SG |
Fallnummer: | IV 2010/318 |
Instanz: | Versicherungsgericht |
Abteilung: | IV - Invalidenversicherung |
Datum: | 29.12.2011 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Entscheid Art. 28 IVG. Rentenanspruch. Grundlage für die Bemessung des Tabellenlohns. Wenn die versicherte Person kein Einkommen mehr erzielt, so sind Durchschnittslöhne der LSE heranzuziehen (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 29. Dezember 2011, IV 2010/318) |
Schlagwörter : | Gitarrenbau; Gitarrenbauer; Arbeit; Quot; Tabelle; Invalideneinkommen; Rente; Umschulung; Einkommen; Verstorbene; Invalideneinkommens; Beruf; IV-Stelle; Invalidität; Person; Verfügung; Berufs; Tabellenlohn; Verdienst; Schadenminderungspflicht; Renten; Entscheid; Versicherungsgericht; Tätigkeiten; Abklärung; Rentenanspruch; Invaliditätsgrad |
Rechtsnorm: | Art. 16 ATSG ;Art. 7 ATSG ;Art. 8 ATSG ; |
Referenz BGE: | 127 V 467; 129 V 475; 130 V 445; |
Kommentar: | - |
Präsidentin Lisbeth Mattle Frei, Versicherungsrichter Joachim Huber, Versicherungsrichterin Marie Löhrer; Gerichtsschreiber Philipp Geertsen
Entscheid vom 29. Dezember 2011
in Sachen
Erbengemeinschaft des A. sel.:
B. , verbeiständet durch C. , Amtsvormund,
D. , verbeiständet durch E. , Amtsvormund,
F. , verbeiständet durch E. , Amtsvormund,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. Stephanie Bialas, Oberer Graben 44, Postfach, 9001 St. Gallen,
gegen
IV-Stelle des Kantons St. Gallen, Postfach 368, 9016 St. Gallen,
Beschwerdegegnerin, betreffend
Rente Sachverhalt: A.
A. meldete sich am 25. Juli 2001 zum Bezug von IV-Leistungen an (act. G 8.199). Am 18. September 2002 wurde er in der ABI Aerztliches Begutachtungsinstitut GmbH interdisziplinär (internistisch, psychiatrisch und
rheumatologisch) begutachtet. Im Gutachten vom 4. November 2002 diagnostizierten die Experten mit Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit ein chronisches lumbospondylogenes Schmerzsyndrom beidseits (ICD-10: M54.5). Die angestammte Tätigkeit als Bodenleger könne dem Versicherten nicht mehr zugemutet werden. Für sämtliche körperlich leichte leidensangepasste Tätigkeiten bestehe eine 100%ige Arbeitsfähigkeit (act. G 8.204).
Nachdem ein Umschulungsversuch zum Technischen Kaufmann (vgl. hierzu Bericht des Berufsberaters vom 7. Oktober 2003, act. G 8.171) und später ein weiterer Umschulungsversuch zum Hochbautechniker (act. G 8.159; Zwischenbericht des Berufsberaters vom 16. Juli 2004, act. G 8.154) abgebrochen wurden, gab die IV-Stelle am 30. August 2004 eine berufliche Abklärung des Versicherten in Auftrag (act.
G 8.150). Diese Abklärung fand vom 11. Oktober bis 3. Dezember 2004 in der BEFAS Appisberg statt. Die Abklärungspersonen führten im Schlussbericht vom 22. Dezember 2004 aus, dass dem Versicherten leichte wechselbelastende Arbeiten im Umfang von 75% einer Tagesleistung zugemutet werden könnten. Der Versicherte wolle eine "Umschulung" zum Gitarrenbauer absolvieren. Aufgrund seines Charakters und seiner langjährigen Selbstständigkeit erscheine der Umschulungswunsch des Versicherten sinnvoll und nachvollziehbar. Ob diese Umschulung sich später als finanziell rentabel erweisen werde, müsse in die Verantwortung des Versicherten gelegt werden (act.
G 8.138).
Mit Verfügung vom 6. September 2005 erteilte die IV-Stelle dem Versicherten Kostengutsprache für eine Umschulung zum Gitarrenbauer ab 8. August 2005 bis
7. August 2007. Die Kostengutsprache erfolgte unter der Bedingung, dass bei der Prüfung eines allfälligen Rentenanspruchs nach Abschluss der beruflichen Massnahmen mindestens auf das Einkommen abgestellt werde, das der Versicherte ohne berufliche Eingliederungsmassnahmen mit der Behinderung auf einem ausgeglichenen Arbeitsmarkt erzielen könnte. Auf ein allfälliges tieferes Einkommen als Gitarrenbauer werde nicht abgestellt (act. G 8.95).
Am 3. Juli 2007 fand in der ABI eine Verlaufsbegutachtung des Versicherten statt. Die Experten kamen im Verlaufsgutachten vom 31. August 2007 zum Schluss, dass eine leichte Progredienz der objektivierbaren Befunde und der Schmerzausweitung auf den zervikalen Bereich zu einer Herabsetzung der Belastungslimite führe und zudem das zumutbare Arbeitspensum durch den leicht erhöhten Pausenbedarf um 10% reduziert werde. Für die Tätigkeit als Gitarrenbauer sowie für andere körperlich leichte leidensangepasste Tätigkeiten bestehe eine 90%ige Arbeitsfähigkeit (act. G 8.78).
In der Verfügung vom 30. November 2007 erklärte die IV-Stelle die berufliche Massnahmen für erfolgreich abgeschlossen. Dem Versicherten sei sowohl die Tätigkeit als Gitarrenbauer als auch jede andere körperlich leichte Arbeit zu 90% zumutbar (act. G 8.66).
Im Vorbescheid vom 25. Januar 2008 stellte die IV-Stelle dem Versicherten in Aussicht einen Rentenanspruch zu verneinen. Zur Bestimmung des Invalideneinkommens zog sie den LSE-Tabellenlohn, privater Sektor, Berufsund Fachkenntnisse vorausgesetzt, bei und ermittelte einen Invaliditätsgrad von 28% (act. G 8.54). Dagegen erhob der Versicherte am 25. Februar 2008 Einwand. Darin beantragte er die Ausrichtung einer halben Rente und rügte die von den ABI-Experten bescheinigte 90%ige Restarbeitsfähigkeit (act. G 8.49). In der ergänzenden Eingabe vom 17. März 2008 machte er geltend, dass bei der Bestimmung des Invalideneinkommens von Hilfsarbeiterlöhnen auszugehen sei (act. G 8.47).
Am 17. April 2008 verfügte die IV-Stelle im Sinn des Vorbescheids vom 25. Januar 2008 und wies einen Rentenanspruch ab (act. G 8.45).
Gegen diese Verfügung erhob der Versicherte am 21. Mai 2008 Beschwerde. Er beantragte die Ausrichtung einer halben Rente. Die Begründung entsprach derjenigen des Vorbescheidverfahrens (act. G 8.39).
Das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen hob die angefochtene Verfügung mit Entscheid vom 23. Dezember 2009, IV 2008/236, in teilweiser Gutheissung der Beschwerde auf und wies die Sache zur Abklärung eines erzielbaren Einkommens als
Gitarrenbauer an die IV-Stelle zurück. Solange nicht geklärt sei, welches Einkommen der Versicherte mit der Ausbildung als Gitarrenbauer in einer Region erzielen könne, die solche Arbeitsplätze auch bereithalte, könne ihm nicht ein Tabellenlohn als Invalideneinkommen entgegengehalten werden (E. 4.2 am Schluss, act. G 8.25).
Daraufhin fragte die IV-Stelle beim ehemaligen Ausbildner des Versicherten nach, welches Einkommen er aus der selbstständigen Tätigkeit als Gitarrenbauer erziele (Schreiben vom 11. Februar 2010, act. G 8.21). Dieser gab am 22. März 2010 an, dass er bei einem 30%igen Arbeitspensum als Gitarrenbauer in den letzten 10 Jahren ein monatliches Einkommen von Fr. 1'100.-erzielt habe. Dieser Verdienst sei nur möglich, wenn man schon einen grösseren Kundenkreis habe (act. G 8.21).
Mit Vorbescheid vom 14. Mai 2010 stellte die IV-Stelle dem Versicherten erneut in Aussicht, einen Rentenanspruch abzuweisen. Sie hielt daran fest, dass zur Bestimmung des Invalideneinkommens vom Tabellenlohn Total, privater Sektor, mit Anforderungsniveau 3 (Berufsund Fachkenntnisse vorausgesetzt) auszugehen sei (act. G 8.18). Dagegen erhob der Versicherte am 21. Juni 2010 Einwand. Er brachte unter Hinweis auf das Urteil des Versicherungsgerichts vom 23. Dezember 2009 vor,
dass das Einkommen als Gitarrenbauer als Invalideneinkommen heranzuziehen sei, das in einer Region erzielt werden könnte, die solche Arbeitsplätze auch bereit halte (act.
G 8.15).
Am 22. Juni 2010 verfügte die IV-Stelle im Sinn des Vorbescheids vom 14. Mai 2010 und wies einen Rentenanspruch ab (act. G 8.16).
B.
Gegen diese Verfügung richtet sich die vorliegende Beschwerde vom 25. August 2010. Der Versicherte beantragt darin unter Kostenund Entschädigungsfolge deren Aufhebung und die Zusprache einer mindestens halben Rente. Zur Begründung führt er aus, dass er verschiedene Umschulungsaktivitäten habe abbrechen müssen und die Umschulung zum Gitarrenbauer die letzte Möglichkeit gewesen sei, wieder in der Arbeitswelt Fuss zu fassen. Deshalb sei auf die bei einem Gitarrenbauer eingeholte Verdienstangabe bei der Bemessung des Invalideneinkommens abzustellen. Ferner sei ein Abzug vom Tabellenlohn von mindestens 15% gerechtfertigt (act. G 1).
Am 8. September 2010 orientiert die Rechtsvertreterin des Versicherten die IVStelle, dass dieser an einer sehr schweren Krebserkrankung leide. Mit einer Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit sei nicht zu rechnen (act. G 8.10). Mit Schreiben vom 4. Oktober 2010 berichtet die Rechtsvertreterin, dass der Versicherte am
15. September 2010 verstorben sei (act. G 3).
Die Ehegattin und die beiden Kinder des Verstorbenen teilen dem Versicherungsgericht am 14. Januar 2011 mit, dass sie als Erben in den hängigen Prozess eintreten (act. G 5).
Die Beschwerdegegnerin beantragt in der Beschwerdeantwort vom 11. Februar 2011 die Abweisung der Beschwerde. Auf die Verdienstangaben des ehemaligen Ausbildners könne bei der Bestimmung des Invalideneinkommens nicht abgestellt werden, denn das gestützt darauf hochgerechnete Jahreseinkommen von Fr. 44'000.-liege deutlich unter dem statistischen Durchschnittslohn eines Hilfsarbeiters. Bei diesen Gegebenheiten müsse unter dem Gesichtspunkt der Schadenminderungspflicht das Invalideneinkommen anhand der Tabellenlöhne der LSE bestimmt werden. Mit Blick auf die vielseitige praktische Arbeitserfahrung des Verstorbenen könne er auch ohne spezifische Berufsausbildung qualifizierte Tätigkeiten ausüben. Deshalb sei das Total der Tabelle TA1 mit Anforderungsniveau 3 (Berufsund Fachkenntnisse vorausgesetzt) abzustellen. Es bestünden keine Gründe, die einen Abzug vom Tabellenlohn rechtfertigen würden. Daraus ergebe sich ein Invaliditätsgrad von 25%. Selbst beim Abstellen auf das Anforderungsniveau 4 resultierte ein nicht rentenbegründender Invaliditätsgrad von 36% (act. G 8).
In der Replik vom 28. März 2011 halten die Beschwerdeführer unverändert an den gestellten Anträgen fest. Ergänzend weisen sie darauf hin, dass die behandelnden Ärzte auch in adaptierter Tätigkeit eine 50%ige Arbeitsunfähigkeit bescheinigt hätten (act. G 13).
Die Beschwerdegegnerin verzichtet auf eine Duplik (act. G 15).
Erwägungen:
1.
Umstritten und zu prüfen ist der Rentenanspruch von A. sel.
Am 1. Januar 2008 sind die im Zug der 5. IV-Revision revidierten Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung (IVG; SR 831.20), der Verordnung über die Invalidenversicherung (IVV; SR 831.201) und des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG; SR 830.1) in Kraft getreten. In materiellrechtlicher Hinsicht gilt der allgemeine übergangsrechtliche Grundsatz, dass der Beurteilung jene Rechtsnormen zu Grunde zu legen sind, die bei Erlass des angefochtenen Entscheids beziehungsweise im Zeitpunkt gegolten haben, als sich der zu den materiellen Rechtsfolgen führende Sachverhalt verwirklicht hat (vgl. BGE 127 V 467 E. 1, 126 V 136 E. 4b, je mit Hinweisen). Die angefochtene Verfügung ist am
22. Juni 2010 ergangen (act. G 8.16), wobei ein Sachverhalt zu beurteilen ist, der vor dem Inkrafttreten der revidierten Bestimmungen der 5. IV-Revision am 1. Januar 2008 begonnen hat (zum Abschluss der beruflichen Massnahmen vgl. Verfügung vom 30. November 2007, act. G 8.66). Daher und aufgrund dessen, dass der Rechtsstreit eine Dauerleistung betrifft, über die noch nicht rechtskräftig verfügt wurde, ist entsprechend den allgemeinen intertemporalrechtlichen Regeln für die Zeit bis 31. Dezember 2007 auf die damals geltenden Bestimmungen und ab diesem Zeitpunkt auf die neuen Normen der 5. IV-Revision abzustellen (vgl. zur 4. IV-Revision: BGE 130 V 445 ff.; Urteil des Bundesgerichts vom 7. Juni 2006, I 428/04, E. 1). Diese übergangsrechtliche Lage zeitigt indessen keine materiellrechtlichen Folgen, da die 5. IV-Revision hinsichtlich des
Begriffs und der Bemessung der Invalidität keine substantiellen Änderungen gegenüber
der bis Ende 2007 gültig gewesenen Rechtslage gebracht hat. Nachfolgend werden die
seit 1. Januar 2008 gültigen Bestimmungen des ATSG und IVG wiedergegeben.
Unter Invalidität wird die voraussichtlich bleibende längere Zeit dauernde ganze teilweise Erwerbsunfähigkeit verstanden (Art. 8 ATSG). Erwerbsunfähigkeit ist dabei der durch eine Beeinträchtigung der körperlichen geistigen Gesundheit verursachte und nach zumutbarer Behandlung und Eingliederung verbleibende ganze teilweise Verlust der Erwerbsmöglichkeiten auf dem in Betracht kommenden ausgeglichenen Arbeitsmarkt (Art. 7 ATSG). Der Grad der für einen allfälligen Renten anspruch massgebenden Invalidität wird gemäss Art. 16 ATSG durch einen Einkommensvergleich ermittelt, bei dem das Einkommen, das die versicherte Person nach dem Eintritt der Invalidität und nach der Durchführung der notwendigen und zumutbaren Eingliederungsmassnahmen bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage erzielen könnte (zumutbares Invalideneinkommen), in Beziehung gesetzt wird zum Einkommen, das die versicherte Person erzielen könnte, wenn sie nicht invalid geworden wäre (Valideneinkommen). Nach Art. 28 Abs. 2 IVG besteht Anspruch auf eine ganze Invalidenrente, wenn die versicherte Person mindestens zu 70%, auf eine Dreiviertelsrente, wenn sie wenigstens zu 60% invalid ist. Liegt ein Invaliditätsgrad von mindestens 50% vor, so besteht Anspruch auf eine halbe Rente und bei einem IV-Grad von mindestens 40% auf eine Viertelsrente.
2.
Was die medizinische Einschätzung der Restarbeitsfähigkeit anbelangt, so kann auf die Erwägungen des Entscheids vom 23. Dezember 2009, IV 2008/236, verwiesen werden. Darin wurde festgestellt, dass die im Verlaufsgutachten der ABI vom 31. August 2007 bescheinigte 90%ige Arbeitsfähigkeit für leidensangepasste Tätigkeiten beweiskräftig sei (E. 3.1 f., act. G 8.25-8 f.). An dieser Sichtweise ändert auch das Vorbringen der Beschwerdeführer nichts, dass die behandelnden Ärzte lediglich von einer 50%igen Restarbeitsfähigkeit ausgegangen seien (act. G 13), handelt es sich doch hierbei lediglich um eine andere Einschätzung desselben medizinischen Sachverhalts.
3.
Zwischen den Parteien unbestritten ist die Höhe des vom Versicherungsgericht im Entscheid vom 23. Dezember 2009, IV 2008/236, bestätigten Valideneinkommens für das Jahr 2007 von Fr. 85'030.-- (E. 4.1, act. G 8.25-10), weshalb sich Weiterungen hierzu erübrigen. Umstritten und zu prüfen bleibt lediglich noch die Ermittlung des Invalideneinkommens.
Für die Bestimmung des Invalideneinkommens ist primär von der beruflicherwerblichen Situation auszugehen, in der die versicherte Person konkret steht stand. Ist kein solches tatsächlich erzieltes Erwerbseinkommen gegeben, namentlich weil die versicherte Person nach Eintritt des Gesundheitsschadens keine jedenfalls keine an sich zumutbare neue Erwerbstätigkeit aufgenommen hat, so ist auf Erwerbstätigkeiten abzustellen, die der versicherten Person (nach zumutbarer Behandlung und allfälliger Eingliederung) angesichts ihrer Ausbildung und ihrer physischen sowie intellektuellen Eignung zugänglich wären. Rechtsprechungsgemäss werden hierzu die Tabellenlöhne gemäss den vom Bundesamt für Statistik periodisch herausgegebenen Lohnstrukturerhebungen (LSE) herangezogen (BGE 129 V 475
E. 4.2.1 mit Hinweisen).
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer ergibt sich aus dem Entscheid des Versicherungsgerichts vom 23. Dezember 2009, IV 2008/236, nicht, dass unabhängig des Ergebnisses der angeordneten Abklärungen betreffend Verdienst eines Gitarrenbauers auf jeden Fall der Verdienst eines Gitarrenbauers zur Bestimmung des Invalideneinkommens heranzuziehen bzw. auf jeden Fall die Anwendung von Tabellenlöhnen ausgeschlossen wäre (vgl. E. 4.2, act. G 8.25-11). Vielmehr sollte zunächst der mögliche Verdienst des Gitarrenbauers abgeklärt werden, um überhaupt entscheiden zu können, ob dieses Einkommen etwa im Rahmen der Schadenminderungspflicht - Tabellenlöhne für die Bestimmung des Invalideneinkommens heranzuziehen sind. Insbesondere war auch nicht ausgeschlossen, dass sich ein im Vergleich zu den tabellarischen Durchschnittslöhnen höheres Einkommen hätte aus der Tätigkeit als Gitarrenbauer erzielen lassen.
Die Abklärungen der Beschwerdegegnerin haben ergeben, dass der monatliche Verdienst eines selbstständigen Gitarrenbauers hochgerechnet auf ein 100%-Pensum Fr. 3'667.-entspricht (bei 30% Arbeitspensum monatlich Fr. 1'100.--, act. G 8.21).
Dieses Einkommen erweist sich selbst mit Blick auf den monatlichen Durchschnittslohn der Tabelle TA1, Total, Anforderungsniveau 4, Männer, 2006, von Fr. 4'732.-- (ausgehend von einer lediglich 40-stündigen Arbeitswoche) als weit unterdurchschnittlich und es fragt sich, ob mit Blick auf die Schadenminderungspflicht eine andere Grundlage für die Bestimmung des Invalideneinkommens heranzuziehen ist.
In Nachachtung der den versicherten Personen obliegenden Schadenminderungspflicht sind diese gehalten, alles ihnen Zumutbare zu unternehmen, um die erwerblichen Folgen ihres Gesundheitsschadens bestmöglich zu mindern, denn die Sozialversicherung soll nicht Schäden ausgleichen müssen, welche die versicherten Personen durch zumutbare geeignete Vorkehren selbst beheben vermindern können. Die Frage, ob und gegebenenfalls welche berufliche Neueingliederung von einer versicherten Person im Rahmen der Schadenminderungspflicht verlangt werden kann, beantwortet sich nach dem Grundsatz der Zumutbarkeit (Thomas Locher, Grundriss des Sozialversicherungsrechts, 3. Aufl. 2003, § 4 Rz 26 ff.). Eine berufliche Umstellung kann von einer versicherten Person verlangt werden, wenn sie ihr unter Berücksichtigung der gesamten objektiven und subjektiven Gegebenheiten des Einzelfalls zumutbar ist.
Der Verstorbene hatte gerade erst eine berufliche Umschulung als Gitarrenbauer absolviert, was zu seinen Gunsten zu berücksichtigen ist. Allerdings ist zu beachten, dass er diese Tätigkeit nach Umschulungsabschluss nicht ausgeübt hat. Des Weiteren hätte eine weitere berufliche Umstellung zu keiner Veränderung der sozialen Stellung geführt, sondern vielmehr die quantitativen Verdienstmöglichkeiten erheblich verbessert. Auch die Art und Dauer der beanspruchten Versicherungsleistungen (vorliegend Rente) fallen ins Gewicht. Denn die Anforderungen an die Schadenminderungspflicht sind zulässigerweise dort strenger, wo eine erhöhte Inanspruchnahme der Sozialversicherung in Frage steht, was bei den vorliegend beantragten Rentenleistungen zu bejahen ist. Hinzu kommt, dass dem Verstorbenen im Bereich leichter körperlicher Tätigkeiten noch ein weites Spektrum möglicher Tätigkeiten offen gestanden hätte (act. G 8.78-19; vgl. auch noch zur Vielzahl möglicher Berufsfelder BEFAS-Schlussbericht 22. Dezember 2004, act. G 8.138-9 f.). Denn er war durch die Umschulung in der Lage, das Erlernte in der Holzbearbeitung "gut in den
Berufen Geigenbau, Feinschreiner, Möbelschreiner, Modellbauer usw." anzuwenden (vgl. die Stellungnahme des Ausbildners vom 12. August 2005, act. G 8.101), und der Beruf als Gitarrenbauer ist keineswegs die letzte Möglichkeit gewesen, in der Arbeitswelt Fuss zu fassen (zum entsprechenden Vorbringen vgl. act. G 1). Vielmehr war der Verstorbene "fest entschlossen, Richtung Gitarrenbau zu gehen" (act.
G 8.138-5) und reagierte auf die kritische Haltung der Beschwerdegegnerin "sehr entmutigt" und habe gewünscht den "ganzen Bettel" hinzuschmeissen (act. G 8.138-4). Dass die Beschwerdegegnerin der diesbezüglich unnachgiebigen Haltung des Verstorbenen trotz aller Bedenken entgegenkam, hat indessen keinen Einfluss auf die Schadenminderungspflicht, zumal der Verstorbene mehrmals und mit aller erdenklichen Klarheit auf die Folgen dieser Umschulung für die inskünftige Bestimmung des Invalideneinkommens hingewiesen wurde (vgl. zu diesen Abmahnungen Mitteilung vom 22. März 2005, act. G 8.126, Verfügung vom 21. April 2005, act. G 8.123, und vom
6. September 2005, act. G 8.95). Insgesamt ist daher auch nach der Umschulung zum Gitarrenbauer die Zumutbarkeit einer im Rahmen der Schadenminderungspflicht zu fordernden beruflichen Umstellung zu bejahen.
Zu beantworten bleibt noch die Frage des anwendbaren Tabellenlohns. Der Verstorbene schloss eine Lehre als Bodenleger ab und war jahrelang in diesem Bereich, u.a. auch selbstständig, tätig (act. G 8.138-3). Er verfügte bereits vor der Umschulung über gute handwerkliche Fähigkeiten (act. G 8.138-7). Des Weiteren verfügte er über gute administrative und buchhalterische Kenntnisse, die er etwa im Rahmen von Kundenrechnungen Materialbestellungen hätte umsetzen können (act. G 8.138-10). Im Rahmen seiner Ausbildung zum Gitarrenbauer erlernte der Verstorbene etwa allgemeine Holzarbeiten, Zargen und Verzierungen biegen, Werkzeuge schleifen, Reparaturen und Servicearbeiten auch an anderen Zupfinstrumenten, Grundierungen sowie selbstständiges Herstellen von Lacken (vgl. zum Ausbildungsplan act. G 8.102). Der Ausbildner hielt des Weiteren fest, dass der Verstorbene das Erlernte in der Holzbearbeitung auch gut in den Berufen Geigenbau, Feinschreiner, Möbelschreiner, Modellbauer "usw." anwenden könne (act. G 8.101).
Um dem zumutbaren Resterwerbspotenzial gerecht zu werden, erscheint nach dem Gesagten das Abstellen auf den Tätigkeitsbereich "Beu. Verarbeitung v. Holz" der Tabelle TA1 "Restaurieren, Kunsthandwerk" der Tabelle TA7 (zur Zulässigkeit der Anwendung der Löhne der Tabelle TA7 vgl. Urteil des Bundesgerichts vom 20. August
2008, 9C_22/2008, E. 4.2.3) je Anforderungsniveau 3 (Berufsund Fachkenntnisse vorausgesetzt) angemessen. Dies gilt umso mehr, als der Verstorbene auch sein als Bodenleger erworbenes Wissen in einer Holzwerkstatt hätte einsetzen können (act. G 8.138-7). Letztlich kann die Frage aber offen gelassen, welcher dieser beiden Tabellenlöhne sachgerecht ist. Denn selbst wenn zugunsten des Beschwerdeführers auf die gesamtschweizerischen Löhne des Jahres 2006 der Tabelle TA7, Tätigkeitsgebiet "Restaurieren, Kunsthandwerk" abgestellt würde, resultierte kein rentenbegründender Invaliditätsgrad.
Der bei einer 40-stündigen Arbeitswoche resultierende Monatslohn für "Restaurieren, Kunsthandwerk", TA7, 2006, Anforderungsniveau 3, Männer, beträgt Fr. 5'187.--. Angepasst an die im Sektor II betriebsübliche wöchentliche durchschnittliche Arbeitszeit von 41,4 Stunden ergibt sich ein Monatslohn von
Fr. 5'369.-- ([Fr. 5'187.-- / 40] x 41,4) bzw. ein Jahreslohn von Fr. 64'428.-- (Fr. 5'369.-x 12). Unter Berücksichtigung der Nominallohnentwicklung von + 1.6% resultiert für das Jahr 2007 ein Einkommen von Fr. 65'459.-- (Fr. 64'428.-x 1.016). Vorliegend bestehen aufgrund des fortgeschrittenen Alters des Verstorbenen im Zeitpunkt der angefochtenen Verfügung und dem Wechsel von einer schweren in eine leichte Tätigkeit sowie der nur noch vorhandenen Teilleistungsfähigkeit zwar Gründe für einen Abzug vom Tabellenlohn. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass beim Verstorbenen aufgrund seines beruflichen Werdegangs und der lediglich um 10% reduzierten Leistungsfähigkeit nur geringfügige nachteilige Auswirkungen bestehen, weshalb ein Abzug von höchstens 10% angemessen erscheint. Unter Einbezug eines 10%igen Tabellenlohnabzugs und einer 90%igen Restarbeitsfähigkeit resultiert ein Invalideneinkommen von Fr. 53'022.-- (Fr. 65'459.-x 0.9 x 0.9), eine Erwerbseinbusse von Fr. 32'008.-- (Fr. 85'030.-- - Fr. 53'022.--) und ein nicht rentenbegründender Invaliditätsgrad von aufgerundet 38% ([Fr. 32'008.-- / Fr. 85'030.--] x 100).
4.
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen. Das Beschwerdeverfahren ist kostenpflichtig. Die Kosten werden nach dem Verfahrensaufwand und unabhängig vom Streitwert im Rahmen von Fr. 200.-bis Fr. 1'000.-festgelegt (Art. 69 Abs. 1bis IVG). Eine Gerichtsgebühr von Fr. 600.-erscheint in der vorliegend zu beurteilenden
Angelegenheit angemessen. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend sind sie vollumfänglich den Beschwerdeführern aufzuerlegen. Der geleistete Kostenvorschuss von Fr. 600.-ist ihnen daran anzurechnen. Ausgangsgemäss haben die Beschwerdeführer keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung.
Demgemäss hat das Versicherungsgericht im Zirkulationsverfahren gemäss Art. 39 VRP
entschieden:
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Die Beschwerdeführer bezahlen eine Gerichtsgebühr von Fr. 600.--. Der geleistete Kostenvorschuss von Fr. 600.-wird ihnen daran angerechnet.
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