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Urteil Versicherungsgericht (SG)

Zusammenfassung des Urteils IV 2009/50: Versicherungsgericht

Die Beschwerdeführerin, eine Frau, hat sich aufgrund schwerer Depressionen arbeitsunfähig gemeldet und eine Rente beantragt. Die IV-Stelle des Kantons St. Gallen lehnte den Rentenanspruch ab, da sie die Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin nicht eingeschränkt sah. Es gab widersprüchliche ärztliche Berichte bezüglich der Arbeitsunfähigkeit, sowohl aufgrund psychischer als auch somatischer Probleme. Das Gericht entschied, dass weitere medizinische Abklärungen erforderlich sind, um den Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin und ihre Arbeitsfähigkeit zu klären. Die angefochtene Verfügung wurde teilweise aufgehoben, die Sache zur weiteren Abklärung an die IV-Stelle zurückgewiesen und die Gerichtskosten der IV-Stelle auferlegt. Die Beschwerdeführerin erhält eine Parteientschädigung von 2'000 CHF.

Urteilsdetails des Kantongerichts IV 2009/50

Kanton:SG
Fallnummer:IV 2009/50
Instanz:Versicherungsgericht
Abteilung:IV - Invalidenversicherung
Versicherungsgericht Entscheid IV 2009/50 vom 09.12.2010 (SG)
Datum:09.12.2010
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 28 Abs. 1 IVG. Eine ausreichend zuverlässige Beurteilung des sich im Zeitablauf entwickelnden medizinischen (psychiatrischen und somatischen) Sachverhalts und seiner jeweiligen Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit ist bei gegebener Aktenlage nicht möglich. Rückweisung (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 9. Dezember 2010, IV 2009/50).
Schlagwörter : ähig; Arbeit; Arbeitsfähigkeit; Arbeitsunfähigkeit; Schmerzen; Abklärung; Bericht; Psychiatrie; Verfügung; Rente; Problem; Psychiatrie-Zentrum; Tätigkeiten; Recht; Abklärungen; Anpassungsstörung; Sachverhalt; Kantons; Arztbericht; Diagnose; Schulter; Invalidität
Rechtsnorm:Art. 6 ATSG ;
Referenz BGE:121 V 366; 125 V 150; 125 V 261; 130 V 99;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts IV 2009/50

Vizepräsidentin Miriam Lendfers, Versicherungsrichterinnen Monika Gehrer-Hug und Marie Löhrer; Gerichtsschreiberin Fides Hautle

Entscheid vom 9. Dezember 2010 in Sachen

S. ,

Beschwerdeführerin,

vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. Lisa Etter-Steinlin, Haus Washington,

Rosenbergstrasse 22, 9000 St. Gallen,

gegen

IV-Stelle des Kantons St. Gallen, Postfach 368, 9016 St. Gallen,

Beschwerdegegnerin, betreffend

Rente Sachverhalt: A.

    1. Die 1968 geborene S. meldete sich am 24. Mai/12. Juni 2007 zum Bezug von Leistungen der Invalidenversicherung an. Sie habe in F. die Schule besucht, einen polytechnischen Lehrgang gemacht und von 1983 bis 1987 im Service gearbeitet. Im Mai 1990 bzw. Februar 1992 sei sie in die Schweiz gekommen. Von 2002 bis 2005 sei sie selbständigerwerbend gewesen. Seit Februar bzw. Mai 2006 leide sie an schweren Depressionen (mit Suizidversuch). Auf Anfrage ergänzte die Versicherte, sie beantrage eine Rente. - Beigelegt waren Arztzeugnisse von Dr. med. A. , FMH Chirurgie, vom

      1. September 2006 (zuhanden der Sozialversicherungsanstalt/Ausgleichskasse des Kantons St. Gallen, act. 6), wonach die Versicherte wegen einer Depression ab dem

      2. Mai 2006 zu 100 % arbeitsunfähig sei, und vom 8. September 2006 (act. 7-3), wonach sie ab 1. September 2006 zu 100% arbeitsunfähig sei. B. , FMH für Psychiatrie und Psychotherapie, hatte im Arztbericht (für Ergänzungsleistungen) vom

      28. Juli 2006 (act. 5) angegeben, die Versicherte sei seit dem 16. Juni 2006 (zunächst bis 31. Juli 2006, nachher Neuevaluation) voll arbeitsunfähig und seither in Behandlung. Sie leide an einer Anpassungsstörung mit längerer depressiver Reaktion vor dem Hintergrund psychosozialer Verwahrlosung mit Problemen in der Lebensführung und negativ veränderter Struktur der Familienbeziehung in der Kindheit. Das PsychiatrieZentrum C. hatte am 16. Mai 2007 (act. 7-4) angegeben, die Versicherte sei seit Mai 2007 zu 100 % arbeitsunfähig, am 4. Juni 2007 (act. 7-2), sie sei ab Juni 2007 voll arbeitsunfähig.

    2. Der Regionale Ärztliche Dienst (RAD) der Invalidenversicherung gab am 10. Juli 2007 (act. 21) an, gemäss einem Telefonat mit dem Psychiatrie-Zentrum liege ein V.a. posttraumatische Belastungsstörung (abgekürzt: PTSD) vor, die diagnostischen Abklärungen seien allerdings noch nicht abgeschlossen und der Gesundheitszustand sei noch nicht stabil. Eine genaue Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit sei noch nicht möglich. Eine Arbeitsfähigkeit von mindestens 50 % liege aber mit Sicherheit vor.

    3. Im IV-Arztbericht vom 5. Juli 2007 (act. 23) nannte Dr. A. als Diagnose eine Depression, bestehend seit Mai 2006. Die Versicherte sei vom 22. Mai 2006 bis

      31. August 2006 voll arbeitsunfähig gewesen und sei seither nicht mehr arbeitsunfähig. Sie sei nicht berufstätig. Ihre Psyche sei labil; hinter dieser Labilität steckten enorm viele soziale Probleme. Sie klage über Schlafstörungen und Stimmungsschwankungen; zeitweise sei sie deprimiert. Zumutbar wären ihr alle Tätigkeiten zu 100 % (acht Stunden).

    4. Das Psychiatrie-Zentrum diagnostizierte gemäss dem IV-Arztbericht vom 13. Juli 2007 (act. 32) eine Anpassungsstörung mit längerer depressiver Reaktion vor dem Hintergrund psychosozialer Verwahrlosung mit Problemen in der Lebensführung (seit Mai 2006). Die bisherige Exploration habe sich auf nur zwei Einzelgespräche beschränkt, so dass die Aussagekraft des Berichts unsicher sei. Die Diagnose habe den Charakter einer Arbeitshypothese. Vom 22. Mai 2006 bis 30. Juni 2007 sei die Versicherte als Serviceangestellte/Reinigungsfachkraft zu 100 % arbeitsunfähig gewesen. Sie berichte über Symptome der Antriebslosigkeit, Lustlosigkeit und Vergesslichkeit und über massive Schlafstörungen, die sie in ihrer Arbeitsfähigkeit einschränkten. Die Relevanz der angegebenen Beschwerden bezüglich der Eingliederungsfähigkeit könnte durch einen Arbeitsversuch ermittelt werden. Die bisherige Tätigkeit sei noch mindestens an vier Stunden pro Tag, mindestens zu 50 %, zumutbar, andere Tätigkeiten seien ebenfalls zumutbar, aber es sei unklar, welcher Art sie sein sollten und wie hoch die Leistungsfähigkeit sei.

    5. Der RAD erklärte am 25. September 2007 (act. 35), vorerst könne von einer Arbeitsfähigkeit von mindestens 50 % ausgegangen werden. Eine Differenzierung werde in den nächsten Wochen erfolgen.

    6. Das Psychiatrie-Zentrum teilte in einem Verlaufsbericht vom 8. Oktober 2007

      (act. 40) mit, der Gesundheitszustand der Versicherten sei stationär und die Diagnose habe sich nicht geändert. Aktuell sei die Arbeitsfähigkeit in der bisherigen Tätigkeit für 50 % (also vier Stunden pro Tag) gegeben. Langfristig erhoffe man sich eine Erhöhung auf eine Arbeitsfähigkeit von 80 %, mehr lasse sich wegen der Konzentrationsprobleme nicht erwarten. Wegen der posttraumatischen Belastungsstörung könne die Versicherte immer wieder ziemlich plötzlich Ängste und Flashbacks an das traumatisierende

      Ereignis haben. Während dieser Episoden sei die Arbeitsfähigkeit noch mehr eingeschränkt. Es sollte darauf geachtet werden, dass die Arbeit in der Reinigung möglichst regelmässig sei und wenige Arbeitsspitzen habe. Unter dieser Bedingung könne die Versicherte auch jede andere Arbeit mit wenig Selbstund Fremdverantwortung ausüben (mit den gleichen zeitlichen Vorgaben). Die Arbeit sollte ausserdem nicht allzu grosse geistige Anforderungen stellen und kurze Unterbrüche gut tolerieren. Längerfristig werde die Versicherte maximal an ca. sechs Stunden pro Tag arbeiten können. Die Versicherte sei gegenwärtig in einem Abklärungsprogramm in der Klinik Pfäfers. Es werde noch eine testpsychologische Untersuchung durchgeführt werden, falls die Versicherte damit einverstanden sei.

    7. In einem Abklärungsbericht Verzahnungsprogramm vom 12. November 2007 (act. 48) wurde berichtet, die Versicherte habe vom 17. September bis 9. November

      2007 in der Abklärung gestanden. In den 38 Arbeitstagen seien vier entschuldigte und drei Krankheitsabsenzen zu verzeichnen gewesen. Ab Oktober sei die Versicherte lediglich noch zu 50 % arbeitsfähig gewesen. Bei normalem Arbeitstempo könnte die Versicherte ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Raumpflegerin bestimmt wieder aufnehmen.

    8. Die IV-Eingliederungsberaterin berichtete am 22. Januar 2008 (act. 52), die Versicherte habe am 22. Januar 2008 mitgeteilt, ihr Hausarzt habe sie ab 21. Januar 2008 zu 50 % arbeitsfähig geschrieben. Sie fühle sich vom Regionalen Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) bei der Stellensuche optimal unterstützt. Auf die Unterstützung der IV-Stellenvermittlung wolle sie verzichten. - Am 7. Februar 2008 (act. 55) teilte die Sozialversicherungsanstalt/IV-Stelle des Kantons St. Gallen der Versicherten mit, die Arbeitsvermittlung werde abgeschlossen.

    9. Dr. A. gab in seinem Arztbericht vom 4. Februar 2008 (act. 56) an, die

Versicherte sei voll arbeitsfähig.

A.j Im Hinblick auf eine Haushaltabklärung liess die Sozialversicherungsanstalt/ IV-Stelle einen Fragebogen ausfüllen. Darin (act. 58) gab die Versicherte an, ohne Behinderung wäre sie zurzeit zu 100 % erwerbstätig.

    1. Das Psychiatrie-Zentrum teilte im Verlaufsbericht vom 26. Februar 2008 (act. 61) mit, der Gesundheitszustand der Versicherten habe sich verbessert. Die posttraumatische Belastungsstörung habe weiterhin einen Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit, wenn auch in einem geringeren Ausmass als bisher. Die Anpassungsstörung werde mittelbis langfristig keinen grösseren Einfluss mehr haben und das Problem der hypochondrischen Symptome beim Ehemann bestehe nicht mehr (die depressiven Symptome hätten reduziert werden können). Zurzeit betrage die Arbeitsfähigkeit für die bisherige Tätigkeit (wegen der depressiven Symptome bei Anpassungsstörung) noch 50 %, doch könne die Arbeitsfähigkeit während der nächsten Monate auf 100 % erhöht werden. Bei einer Wiederkehr der Symptome der posttraumatischen Belastungsstörung einer erneuten Anpassungsstörung könne die Arbeitsfähigkeit wieder bis zu 100 % eingeschränkt sein. Aus psychiatrischer Sicht könne die Versicherte mittelbis langfristig alle Tätigkeiten zu 100 % ausüben.

    2. Der RAD hielt am 11. Juli 2008 (act. 63) fest, von Mai 2006 bis Juni 2007 sei die Versicherte voll arbeitsunfähig, von Juli bis Oktober 2007 voll arbeitsfähig und von Oktober 2007 bis Februar 2008 zu 50 % arbeitsfähig gewesen. Seither bestehe eine volle Arbeitsfähigkeit in angestammter Tätigkeit. Aus sozialpsychiatrischer Sicht sei eine längere Vorgeschichte der aktuell beschriebenen sozialen/finanziellen Belastung zu sehen, die ohne Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit gewesen sei. Es sei deshalb abzulehnen, der gegenwärtigen an die Versicherte gestellten Herausforderung, das Haushaltseinkommen zu organisieren, und der damit verbundenen affektiven Symptomatik eine wesentliche Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit zuzuschreiben.

    3. Mit Vorbescheid vom 4. August 2008 (act. 65 f.) stellte die Sozialversicherungsanstalt/IV-Stelle der Versicherten die Abweisung des Rentengesuchs in Aussicht. Seit Februar 2008 sei sie in ihrer bisherigen wie einer adaptierten Tätigkeit voll arbeitsfähig. Validenund Invalideneinkommen betrügen beide Fr. 50'881.--.

    4. Die Versicherte wandte am 13. August 2008 (act. 67) ein, das genannte Erwerbseinkommen habe sie weder je verdient noch werde sie es je erzielen können. Ausserdem sei zu berücksichtigen, dass sie wegen ihrer beiden Hände seit dem

      20. Februar 2008 zu 100 %, 50 % und wieder 100 % arbeitsunfähig gewesen sei und

      weiterhin sei. Sie stehe deswegen in Behandlung bei Dr. med. D. , FMH Allgemeine Medizin, und lege einen Bericht von Dr. med. E. , Rheumatologie FMH, vom

      4. August 2008 ein. - In dem genannten Bericht hatte Dr. E. angegeben, die

      Versicherte sei vorläufig weiterhin voll arbeitsunfähig.

    5. In einem IV-Arztbericht vom 25. August 2008 (act. 68) bezeichnete Dr. E. als Diagnosen (erstens) chronische neuromuskuloskelettale Schmerzen Unterarm/Hand rechts mehr als links, bestehend seit Februar 2008, (zweitens) eine Fibromyalgie, bestehend seit Februar 2008, und (drittens) eine psychosoziale Problematik, bestehend seit 2007. Die Versicherte sei vom 20. Februar bis 16. Mai 2008 voll arbeitsunfähig gewesen und sei seit dem 16. Juni 2008 bis auf weiteres voll arbeitsunfähig. Aufgrund der chronischen Schmerzen im Bereich von Unterarm/Hand, rechts mehr als links, könne die berufliche Tätigkeit als Raumpflegerin aktuell nicht mehr ausgeübt werden. Diese Tätigkeit sei ungünstig und es sei fraglich, ob hierfür je wieder eine Arbeitsfähigkeit erzielt werden könne. Andere, leichte wechselbelastende körperliche Tätigkeiten ohne repetitive manuelle Tätigkeit, z.B. wechselbelastende Büroarbeit, seien der Versicherten zumutbar. Eine Arbeitsfähigkeit von mindestens 50 % sollte hierbei zu erzielen sein, und zwar ganztags mit halber Leistung halbtags mit voller Leistung.

    6. Dr. D. nannte in seinem IV-Arztbericht vom 19. November 2008 (act. 71) als Diagnosen (erstens) eine posttraumatische Belastungsstörung, (zweitens) eine Anpassungsstörung mit längerer depressiver Reaktion und (drittens) chronische neuromuskuloskelettale Schmerzen der Handgelenke bds., Oberarmund Unterarmmuskulatur bds. Die Versicherte sei vom 20. Februar bis 16. Mai 2008 zu 100 %, anschliessend bis 15. Juni 2008 zu 50 % und wiederum anschliessend bis

      31. August 2008 zu 100 % arbeitsunfähig gewesen. Die Arbeitsfähigkeit in der bisherigen Tätigkeit sei durch die therapieresistenten Schmerzen der Handgelenke bds. und die neuromuskuloskelettalen Schmerzen beider Arme eingeschränkt. Andere Tätigkeiten seien zumutbar. Die Leistungsfähigkeit der Versicherten sei aber in einer medizinischen Abklärung genauer zu eruieren. - Beigelegt waren zwei Berichte des Spitals Walenstadt. Am 7. März 2008 hatte die Klinik für Chirurgie und Orthopädie am Spital eine Tendovaginitis Flexor carpi radialis und Extensor carpi radialis und ulnaris rechte Hand diagnostiziert. Es sei eine konsequente Ruhigstellung in einer Schiene für

      die Dauer von einer bis zwei Wochen angezeigt. Am 18. Juni 2008 wurden als Diagnose bezeichnet unklare muskuläre Beschwerden im Bereich der ulnaren Flexoren ellbogennah sowie am Handrücken rechts und einen St. n. Tendovaginitis vom Februar 2008. Es könne keine eindeutige Ursache der Beschwerden festgestellt werden. Für vier bis fünf Tage sei die Unterarmschiene zu tragen, danach der Arm wieder möglichst normal zu gebrauchen. Falls die Beschwerden nicht verschwänden, sei ein handchirurgisches Konsilium zu veranlassen.

    7. Der RAD hielt am 29. Oktober 2008 (act. 72) dafür, der Arbeitsfähigkeitsschätzung von Dr. E. könne nicht gefolgt werden. Es sei schwer nachvollziehbar, dass eine Einschränkung, die in den ausführlichen Dokumentationen und den Abklärungen der Interinstitutionellen Zusammenarbeit (IIZ; wohl im erwähnten Verzahnungsprogramm) nie Erwähnung gefunden habe, nun plötzlich eine volle Arbeitsunfähigkeit ausmache. Schmerzen beim Staubsaugen habe die Versicherte nie, auch nicht bei der Haushaltabklärung, erwähnt. Der Ausdruck "funktionell-mechanisch" bezeichne eine Erkrankung, die durch somatische Korrelate nicht zu erklären sei. Klinisch bestünden Zeichen eines Karpaltunnelsyndroms, eines Schultergürtelsyndroms und einer Fibromyalgie. Diese Zeichen würden aus versicherungsmedizinischer Sicht nicht für eine dauernde Einschränkung der Arbeitsfähigkeit qualifizieren. Das Attest der Arbeitsunfähigkeit durch Dr. E. erfolge vorwiegend aus psychosozialen Gründen, erkläre er doch, die Versicherte müsse so bald als möglich wieder in das Erwerbsleben eingegliedert werden, da eine längerfristige Krankschreibung einer invalidisierenden Dynamik Vorschub leiste. Es spreche im Ergebnis nichts gegen eine volle Präsenz als Reinigungskraft. - Am 23. Januar 2009 gab ein weiterer mit der Sache befasster RADArzt bekannt, ein somatisches Korrelat könne von Dr. E. nicht benannt werden. Das decke sich mit der Beurteilung des Spitals Walenstadt vom 18. Juni 2008. Es gebe keinen Gesundheitsschaden in Form eines organischen Korrelates, das leichte bis mittelschwere Tätigkeiten nicht mehr voll zuliesse. Reinigungsarbeiten seien leichte Tätigkeiten mit mittelschweren Anteilen; die Arbeitsfähigkeit hierfür sei nicht eingeschränkt.

    8. Mit Verfügung vom 23. Januar 2009 wies die Sozialversicherungsanstalt/IV-Stelle den Rentenanspruch der Versicherten ab. Seit Februar 2008 liege volle Arbeitsfähigkeit vor.

B.

Gegen diese Verfügung richtet sich die Beschwerde vom 10. Februar 2009 (Poststempel: 11. Februar 2009). Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäss Aufhebung der angefochtenen Verfügung und Zusprechung einer Rente. Sie sei nicht damit einverstanden, dass sie für die Zeit seit Februar 2009 (recte: 2008) für arbeitsfähig gehalten werde. Sie sei arbeitsunfähig und benötige wegen der Schmerzen täglich vier bis sechs Tabletten Mefenacid, viermal 35 Tropfen Novalgin und ausserdem Influbene und Primofenac-Salbe. Sie trage beidseits Schienen an den Händen. Zusätzlich habe sie nun noch Dafalgan und Tabletten für den Magen bekommen. Sie habe Zeugnisse von Dr. D. vorlegen können, deshalb habe sie ein solches des Psychiatrie-Zentrums nicht auch noch angefordert. Wie erwähnt treffe das angenommene Jahreseinkommen nicht zu. Am 24. Februar 2009 werde sie einen Termin bei Dr. E. haben; dessen Bericht werde sie nachreichen. - Am 27. März 2009 wurde ein Bericht von Dr. E. an Dr. D. vom 26. März 2009 eingereicht. Darin waren als neuromuskuloskelettale Probleme (erstens) chronische neuromuskuloskelettale Schmerzen zervikothorakobrachial rechts mehr als links bei chronischen Tendomyosen Unterarm/Hand rechts mehr als links und Schulter rechts und klinischem Schultergürtelsyndrom rechts und Karpaltunnelsyndrom rechts und (zweitens) eine Fibromyalgie benannt worden. Im Übrigen bestehe eine psychosoziale Problematik. Seit dem letzten Bericht vom 4. August 2008 hätten die Schmerzen trotz intensiver medikamentöser Behandlung und Physiotherapie eher zugenommen. Eine Arbeitsfähigkeit habe nicht erreicht werden können. Ein Arbeitsversuch mit 50 % Tätigkeit habe nach einer Woche abgebrochen werden müssen. Auch im Haushalt sei die Beschwerdeführerin auf Hilfe angewiesen. Die Röntgenbilder von HWS und Schultern hätten lediglich leichte bis mässige degenerative Veränderungen ergeben, die Ganzkörperskelettszintigraphie und das MRI der rechten Hand hätten keinen signifikanten Befund gezeigt. Für die ursprüngliche Tätigkeit bestehe eine anhaltende Arbeitsunfähigkeit von 100 % und auch für eine optimal angepasste Tätigkeit sei eine verwertbare Arbeitsfähigkeit aktuell nicht erzielbar.

C.

Mit Beschwerdeantwort vom 7. Mai 2009 beantragt die Beschwerdegegnerin die Abweisung der Beschwerde. Im zweiten Verlaufsbericht des Psychiatrie-Zentrums werde die steigerungsfähige Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin von lediglich

50 % vor allem mit dem Umstand begründet, dass sie finanzielle Probleme habe. Eine solche psychosoziale Problematik begründe keine Invalidität. Demnach sei davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin damals (im Februar 2008) voll arbeitsfähig gewesen sei. Es fänden sich auch keine Hinweise, dass die Beschwerdeführerin vorher arbeitsunfähig gewesen wäre. Im ersten Bericht des Psychiatrie-Zentrums werde die Arbeitsunfähigkeit von höchstens 50 % mit der schwierigen psychosozialen Belastungssituation begründet, woraus wie erwähnt keine Invalidität resultiere. Die Anpassungsstörung sei daraus abgeleitet und demnach ebenfalls nicht invalidisierend. Anders wäre es nur, wenn der Schweregrad dieser Diagnose die Kriterien der psychischen Komorbidität von erheblicher Schwere, Ausprägung und Dauer erfüllte. Die von Dr. E. attestierte Arbeitsunfähigkeit von höchstens 50 % sei ebenfalls nicht schlüssig. Er habe dafür kein somatisches Substrat finden können. Seine Einschätzung sei von der psychosozialen Problematik beeinflusst, wie der RAD zu Recht ausgeführt habe. Dr. E. sei als Rheumatologe nicht fachärztlich qualifiziert, die Arbeitsfähigkeit aus psychischen Gründen zu bestimmen. Auch der Bericht von Dr. D. enthalte keine neuen medizinischen Fakten, die eine Arbeitsunfähigkeit der Beschwerdeführerin begründen könnten. Es sei insgesamt nicht erwiesen, dass die Beschwerdeführerin arbeitsunfähig und invalid sei.

D.

In ihrer Replik vom 31. August 2009 beantragt Rechtsanwältin lic. iur. Lisa Etter-Steinlin für die Beschwerdeführerin, die angefochtene Verfügung sei aufzuheben und der Beschwerdeführerin sei eine 100-prozentige (wohl: ganze) Rente zuzusprechen, eventualiter sei die Angelegenheit zu weiteren Abklärungen und zur Verfügung im Sinn des Hauptantrags zurückzuweisen. Der Beschwerdeführerin sei am 13. Juli 2007

wegen einer Depression eine Arbeitsunfähigkeit von 50 % attestiert worden. Ab Februar 2008 habe die Beschwerdeführerin chronische Schmerzen am Unterarm und der Hand entwickelt. Dr. E. habe ihr eine Arbeitsunfähigkeit von 50 % attestiert. Sein Bericht basiere auf einer Abklärung am Kantonsspital Graubünden, wie sich aus dem Bericht des Zentralen Röntgeninstituts/Nuklearmedizin vom 9. März 2009 ergebe.

Auch Dr. D. habe am 19. November 2008 eine eingeschränkte Arbeitsfähigkeit bei der Beschwerdeführerin festgestellt. Gemäss dem beigelegten Schreiben von Dr. D. vom 30. Juni 2009 sei die Abklärung von Dr. E. fundiert und der Facharzt sehr erfahren und kompetent. Da die Beschwerdegegnerin sein Ergebnis anzweifle, sei eine weitere (rheumatologische) Abklärung erforderlich. Ohne verschiedene starke Medikamente vermöge die Beschwerdeführerin die Schmerzen nicht auszuhalten. - Die Nuklearmedizin am Kantonsspital Graubünden hatte Dr. E. am 9. März 2009 berichtet, im Bereich der rechten Schulter bestünden sicherlich keine physiologische Hyperämie und keine Mehranreicherung. Die allerdings geringen - nicht als physiologisch zu wertenden Mehranreicherungen mehrerer kleiner Gelenke im Bereich der Hände seien hochwahrscheinlich pathognomonisch für primäre Entzündungen.

Dr. d. hatte am 30. Juni 2009 bezüglich der Arbeitsunfähigkeit der Beschwerdeführerin auf den Bericht von Dr. E. vom 26. März 2009 verwiesen. Die Beschwerdeführerin sei zurzeit arbeitslos.

E.

Die Beschwerdegegnerin hat am 4. September 2009 auf die Erstattung einer Duplik

verzichtet. Erwägungen: 1.

    1. Am 1. Januar 2008 ist die 5. IV-Revision in Kraft getreten. Die Beschwerdegegnerin hat die angefochtene Verfügung am 23. Januar 2009, also unter der Geltung des Rechts dieser Revision, erlassen. Zu beurteilen ist der Sachverhalt, wie er sich bis zum Zeitpunkt des Erlasses dieser Verfügung entwickelt hat. Dieser Sachverhalt reicht in eine Zeit vor Inkrafttreten der 5. IV-Revision zurück. Soll auf bestimmte Sachverhalte nicht neues Recht Anwendung finden, sondern das aufgehobene Recht massgebend bleiben, muss eine geltende Norm die Weiteranwendbarkeit aufgehobenen Rechts für bestimmte Sachverhalte anordnen. Die 5. IV-Revision enthält keine die Rente betreffende übergangsrechtliche Bestimmung. Das Bundesamt für Sozialversicherungen unterstellt aber zu Recht eine ausfüllungsbedürftige Lücke (vgl.

      das Rundschreiben Nr. 253 vom 12. Dezember 2007). Die Definition der Sachverhalte, auf die noch altes Recht anwendbar sein soll, sollte durch ein materiell-rechtliches, unbeeinflussbares Merkmal erfolgen. In Frage kommen der Zeitpunkt der Entstehung des Auszahlungsanspruchs der Eintritt des Versicherungsfalls, beide definiert nach dem alten, ausser Kraft getretenen Recht (zum Ganzen im Detail der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen i/S M. vom 28. Oktober 2009, IV 2009/5). Bezüglich des allfälligen Rentenbeginns sind deshalb vorliegend angesichts der IV-Anmeldung von 2007 und des Eintritts der Arbeitsunfähigkeit (nach der gegenwärtigen Aktenlage) im Mai 2006 die bis zum 31. Dezember 2007 gültig gewesenen Bestimmungen (im Folgenden angeführt) anzuwenden. Für die Invaliditätsbemessung hat sich indessen materiell keine Änderung der Rechtslage ergeben.

    2. Mit der angefochtenen Verfügung hat die Beschwerdegegnerin den

Rentenanspruch der Beschwerdeführerin abgelehnt.

2.

    1. Nach Art. 28 Abs. 1 IVG besteht der Anspruch auf eine ganze Invalidenrente, wenn die versicherte Person mindestens zu 70 %, derjenige auf eine Dreiviertelsrente, wenn sie mindestens zu 60 % invalid ist. Bei einem Invaliditätsgrad von mindestens 50 % besteht Anspruch auf eine halbe Rente und bei einem Invaliditätsgrad von mindestens 40 % Anspruch auf eine Viertelsrente.

    2. Der Eintritt des Rentenfalls wird durch Art. 29 Abs. 1 IVG geregelt. Der Rentenanspruch entsteht (abgesehen von der hier nicht anwendbaren lit. a) frühestens in dem Zeitpunkt, in dem die versicherte Person während eines Jahres ohne wesentlichen Unterbruch durchschnittlich mindestens zu 40 % arbeitsunfähig (Art. 6 ATSG) gewesen war (lit. b). Unter Arbeitsunfähigkeit im Sinne von Art. 29 Abs. 1 lit. b IVG ist die durch den Gesundheitsschaden bedingte qualitative und/oder quantitative Einbusse an funktionellem Leistungsvermögen im bisherigen Beruf Aufgabenbereich zu verstehen (BGE 130 V 99 E. 3.2). Im Rahmen des Art. 29 Abs. 1 IVG nicht anwendbar ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts der Grundsatz, dass bei langdauernder Arbeitsunfähigkeit im angestammten Beruf sobald klar

      wird, dass die Wiederaufnahme der bisher ausgeübten Tätigkeit nicht mehr in Frage kommt - nach Ablauf einer gewissen Übergangsfrist auch zumutbare Tätigkeiten in einem andern Beruf zu berücksichtigen sind. Bei der Anwendung dieser Bestimmung ist ausschliesslich die Arbeitsunfähigkeit in der angestammten Tätigkeit zu betrachten (Entscheid des Eidgenössischen Versicherungsgerichts i/S S. vom 23. Oktober 2003,

      I 392/02, vgl. BGE 130 V 99 E. 3.2, bereits unter Hinweis auf den künftigen Art. 6 ATSG). Die einjährige Wartezeit gilt als eröffnet, sobald eine Arbeitsunfähigkeit von mindestens 20 % vorliegt (AHI 1998 S. 124 E. 3c). Ein wesentlicher Unterbruch der Arbeitsfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person an mindestens

      30 aufeinanderfolgenden Tagen voll arbeitsfähig war (Art. 29ter IVV; Entscheid des

      Eidgenössischen Versicherungsgerichts i/S K. vom 26. März 2004, I 19/04).

    3. Für die Invaliditätsbemessung sind zunächst die medizinischen Vorbedingungen von Bedeutung. Aufgabe des Arztes der Ärztin ist es, den Gesundheitszustand zu beschreiben und dazu Stellung zu nehmen, in welchem Umfang und bezüglich welcher Tätigkeiten die versicherte Person arbeitsunfähig ist. Die ärztlichen Auskünfte sind in der Folge eine wichtige Grundlage für die Beurteilung der Frage, welche Arbeitsleistungen der versicherten Person noch zugemutet werden können (BGE 125 V 261 E. 4; ZAK 1982 S. 34). Ob die versicherte Person eine ihr zumutbare Tätigkeit auch tatsächlich ausübt, ist für die Invaliditätsbemessung hingegen unerheblich (Rz 3046 des vom Bundesamt für Sozialversicherungen erlassenen Kreisschreibens über die Invalidität und Hilflosigkeit in der Invalidenversicherung = KSIH).

3.

    1. Die Beschwerdegegnerin geht davon aus, dass die Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin weder für die bisherige noch für eine adaptierte Tätigkeit eingeschränkt sei. Der anderslautenden Arbeitsfähigkeitsschätzung von Dr. e. könne nicht gefolgt werden. Es gebe kein organisches Korrelat für die beschriebenen Schmerzen. Beispielsweise seien entzündliche degenerative Zustände ausgeschlossen worden.

    2. Den Akten lässt sich entnehmen, dass bei der Beschwerdeführerin im Mai 2006

      eine psychische Erkrankung (Depression bzw. Anpassungsstörung mit längerer

      depressiver Reaktion) aufgetreten ist, derentwegen sie (von Dr. A. und der Psychiaterin B. ) voll arbeitsunfähig geschrieben worden ist. Im Mai 2007 kam es gemäss dem Bericht des Psychiatrie-Zentrums vom 16. Mai 2007 wiederum zu einer vollen Arbeitsunfähigkeit aus psychischen Gründen. Im IV-Arztbericht vom 13. Juli 2007 bezog das Psychiatrie-Zentrum die volle Arbeitsunfähigkeit der Beschwerdeführerin zurück auf den ganzen Zeitraum vom 22. Mai 2006 bis 30. Juni 2007, obwohl allerdings die Behandlung dort erst im Mai 2007 eingesetzt hatte.

      Dr. A. etwa hat die Arbeitsunfähigkeit gemäss seinem Bericht vom 5. Juli 2007 auf die Zeit (vom 22. Mai 2006) bis 31. August 2006 beschränkt, hatte allerdings in den früheren Attesten vom September 2006 damals noch volle Arbeitsunfähigkeit angegeben. Ob sich tatsächlich verlässlich auf eine durchgehende volle Arbeitsunfähigkeit von Mai 2006 bis Juni 2007 schliessen lässt, wie es allerdings immerhin ein fachärztlicher Bericht tut und auch der RAD (act. 63-2) annimmt, erscheint nicht ohne weiteres klar. Träfe dies zu, ergäbe sich im Übrigen aus der überjährigen vollen Arbeitsunfähigkeit der Beschwerdeführerin zumindest ein vorübergehender Rentenanspruch.

    3. Das Psychiatrie-Zentrum erklärte am 13. Juli 2007, eine regelrechte Beurteilung

      der Arbeitsfähigkeit sei derzeit nicht möglich. Aus fachärztlicher Sicht bestehe jedoch in der bisherigen Tätigkeit (Serviceangestellte/Reinigungsfachkraft) eine Arbeitsfähigkeit von mindestens 50 %. Auch andere Tätigkeiten seien zumutbar, doch sei die Leistungsfähigkeit unklar. Es seien eine medizinische und eine berufliche Abklärung indiziert. Auf eine volle Arbeitsfähigkeit unter psychischem Aspekt in angepasster Tätigkeit lassen diese Angaben nicht schliessen. Weitere Abklärungen, wie sie für erforderlich gehalten wurden, sind unterblieben. Im Oktober 2007 attestierte das Psychiatrie-Zentrum der Beschwerdeführerin wiederum eine Arbeitsunfähigkeit von

      50 %, und zwar für die bisherige wie eine angepasste Tätigkeit. Im Februar 2008 konnte das Psychiatrie-Zentrum von einer Verbesserung des Gesundheitszustandes der Beschwerdeführerin berichten, behielt aber die Arbeitsunfähigkeitsschätzung von 50 % bei, da die depressiven Symptome von Seiten der Anpassungsstörung mit einer längeren depressiven Reaktion noch zu stark ausgeprägt seien. In einigen Monaten sei eine Steigerung der Arbeitsfähigkeit zu erwarten. Mittelbis langfristig werde die Beschwerdeführerin alle Tätigkeiten wieder zu 100 % ausüben können. Während

      Dr. A. im Februar 2008 eine volle Arbeitsfähigkeit feststellte, wurde der

      Beschwerdeführerin damals fachärztlich somit zumindest für eine kurze Übergangszeit

      noch eine Arbeitsunfähigkeit von 50 % aus psychischen Gründen attestiert.

    4. In eben jenem Zeitpunkt, da eine Verbesserung der psychischen Situation bekannt geworden war, nämlich ab Februar 2008 (ab dem 20. Februar 2008) wurde die Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin in der Folge von Dr. E. und Dr. D. aus somatischen Gründen als nicht mehr gegeben beurteilt, und zwar bis 16. Mai 2008. Gemäss dem Bericht des Spitals Walenstadt vom 7. März 2008 (act. 71-10 f.) war eine Tendovaginitis Flexor carpi radialis und Extensor carpi radialis und ulnaris rechte Hand aufgetreten. Dr. E. erklärte im Arztbericht vom 25. August 2008 bei den Diagnosen chronischer neuromuskuloskelettaler Schmerzen an Unterarm/Hand, einer Fibromyalgie und einer psychosozialen Problematik, die Beschwerdeführerin sei als Raumpflegerin seit dem 16. Juni 2008 bis auf weiteres voll arbeitsunfähig. Diese Tätigkeit sei ungünstig. Andere, leichte wechselbelastende körperliche Tätigkeiten ohne repetitive manuelle Tätigkeit sollten mit einer Arbeitsfähigkeit von mindestens

      50 % zumutbar sein.

    5. Diese fachärztlich rheumatologische Arbeitsfähigkeitsbeurteilung hält die Beschwerdegegnerin für nicht überzeugend. Der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie des RAD hielt am 29. Oktober 2008 unter anderem für schwer nachvollziehbar, dass eine bis anhin nie erwähnte Einschränkung plötzlich eine volle Arbeitsunfähigkeit im bisherigen Beruf bewirken sollte. Die Zeichen eines Karpaltunnelsyndroms, eines Schultergürtelsyndroms und einer Fibromyalgie würden "aus versicherungsmedizinischer Sicht" nicht für eine dauernde Einschränkung der Arbeitsfähigkeit qualifizieren. Indessen ist die Tendovaginitis erst Mitte Februar 2008 aufgetreten. Weshalb die vom Rheumatologen Dr. E. festgestellten Zeichen die von ihm bezeichnete Arbeitsunfähigkeit nicht sollten bewirken können, ist nicht begründet und nicht nachvollziehbar. Der beigezogene Facharzt für Rheumatologie des RAD stützte das Ergebnis voller Arbeitsfähigkeit am 23. Januar 2009 aus somatischer Sicht deshalb, weil kein Gesundheitsschaden in Form eines organischen Korrelates vorliege und z.B. entzündliche degenerative Zustände ausgeschlossen worden seien.

      Dr. E. diagnostiziere eine Fibromyalgie bzw. chronische neuromuskuläre

      Schmerzen, könne aber kein somatisches Korrelat nennen. Auch die Klinik für Chirurgie

      und Orthopädie am Spital Walenstadt habe am 18. Juni 2008 festgehalten, die

      Tendovaginitis habe sich zurückgebildet. Es sei der Beschwerdeführerin dort empfohlen worden, den Arm wieder möglichst normal zu gebrauchen. Dr. E. hatte am 4. August 2008 berichtet, seit Februar 2008 bestünden Schmerzen im Bereich der dorsalen mehr als der volaren Hand und am Vorderarm rechts und seit ca. anfangs Juli 2008 ferner Schmerzen im Bereich des linken Handgelenks vor allem ulnar. Die Schmerzen würden belastungsabhängig verstärkt. Es handle sich um chronische neuromuskuloskelettale Schmerzen mit klinischen Zeichen eines Karpaltunnelsyndroms beidseits und eines Schultergürtelsyndroms links. Ausserdem bestünden Zeichen einer Fibromyalgie. Die Problematik sei funktionell-mechanisch bedingt und werde durch psychosoziale Faktoren ungünstig beeinflusst. Für eine entzündliche endokrinmetabolische muskulo-skelettale Störung gebe es keine Anhaltspunkte. - Dass nach der Auffassung von Dr. E. psychosoziale Faktoren das Leiden beeinflussen, bedeutet nicht, dass es sich um eine (reine) Schmerzstörung handle, bezeichnet der Arzt die Problematik doch als funktionell-mechanisch. Damit ist wohl eine mechanische, die Funktion betreffende Beeinträchtigung gemeint (anders der RAD,

      act. 72-2). Zwar trifft des weiteren zu, dass die Klinik für Chirurgie und Orthopädie am Spital Walenstadt am 18. Juni 2008 darlegte, ein klinisches Korrelat für die Schmerzsymptomatik könne nach der (mehr weniger erfolgten) Rückbildung der Tendovaginitis nicht definitiv bzw. nicht eindeutig ausgemacht werden und die Beschwerdeführerin möge nach ein paar Tagen des Schienengebrauchs den Arm wieder möglichst normal gebrauchen. Der Chirurge empfahl aber für den Fall, dass die Beschwerdesituation danach nicht verschwinde, ein handchirurgisches Konsilium. Das (allfällige) organische Substrat hätte somit nach dieser ärztlichen Einschätzung weiter gesucht werden müssen. Auch Dr. D. befürwortete am 19. November 2008 weitere medizinische Abklärungen zur Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin.

    6. Für die richterliche Beurteilung sind grundsätzlich die tatsächlichen Verhältnisse massgebend, wie sie bis zum Zeitpunkt der angefochtenen Verwaltungsverfügung bestanden haben (BGE 121 V 366 E. 1b; BGE 125 V 150 E. 2c). Die Berichte von

      Dr. E. vom 26. März 2009 und der Nuklearmedizin am Kantonsspital Graubünden vom 9. März 2009 stammen aus einer Zeit rund eineinhalb bzw. zwei Monate nach Erlass der angefochtenen Verfügung. Sie sind jedoch insofern zu berücksichtigen, als sie für den zu beurteilenden Sachverhalt von Bedeutung sind. Dr. E. berichtete von einer Verschlechterung des Zustands seit August 2008 und einer neu vollständigen

      Arbeitsunfähigkeit, auch für adaptierte Arbeit. Die Röntgenbilder von HWS und Schultern hätten lediglich leichte bis mässige degenerative Veränderungen ergeben. Die Skelettszintigraphie und das MRI der rechten Hand hätten keine signifikanten Befunde erbracht, insbesondere keinen signifikanten Hinweis auf eine entzündliche muskuloskelettale Störung. Im Bericht der Nuklearmedizin war aber immerhin festgehalten worden, die allerdings geringen - nicht als physiologisch zu wertenden Mehranreicherungen mehrerer kleiner Gelenke im Bereich der Hände seien hochwahrscheinlich pathognomonisch für primäre Entzündungen. Diesem Befund mass Dr. E. offenbar keine signifikante Bedeutung zu. Er verschrieb weiterhin ein NSAR und Analgetika sowie zusätzlich ein Muskelrelaxans und zog die Verordnung von Lyrica (indiziert bei neuropathischen Schmerzen und generalisierten Angststörungen) und eines trizyklischen Antidepressivums in Betracht.

    7. Hat nach Abklingen der früheren psychiatrischen Symptomatik gemäss der Aktenlage ab dem 20. Februar 2008 eine Tendovaginitis (zumindest vorübergehend) eine somatisch bedingte Arbeitsunfähigkeit bewirkt und hat sich die Beschwerdesituation in der Folge ausgeweitet, so kann nicht lediglich mit dem Hinweis auf ein mangelndes somatisches Substrat über die vom rheumatologischen Facharzt bestätigte erhebliche Arbeitsunfähigkeit der Beschwerdeführerin (von 50 %) hinweggegangen werden. Die entsprechende, aufgrund blosser Würdigung der Akten also ohne eigene Exploration der Beschwerdeführerin (das Absehen von eigenen Untersuchungen kann, wenn es nicht um die Beurteilung eines im Wesentlichen bereits feststehenden medizinischen Sachverhalts geht und die direkte ärztliche Befassung mit der versicherten Person unentbehrlich ist, ein Grund sein, um einen RAD-Bericht in Frage zu stellen, vgl. Entscheide des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen i/S W. vom 18. Mai 2008, IV 2008/367, und i/S G. vom 10. März 2010, IV 2009/93) -

      getroffene Feststellung des RAD vermag unter den dargelegten Umständen gegen die genannte Arbeitsunfähigkeitsschätzung nicht ohne weiteres anzukommen. An die Würdigung von medizinischen Unterlagen, die vom Versicherungsträger intern eingeholt wurden, sind im Übrigen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts strenge Anforderungen in dem Sinne zu stellen, dass bei auch nur geringen Zweifeln an der Zuverlässigkeit und Schlüssigkeit der ärztlichen Feststellungen ergänzende Abklärungen vorzunehmen sind (vgl. Bundesgerichtsentscheid i/S M. vom 26. Mai 2008, 9C_55/2008 E. 4.2).

    8. Vorliegend sind somit ergänzende medizinische Abklärungen zur somatischen Situation erforderlich. Zu klären wäre auch, ob allenfalls (wieder) ein psychiatrischer Faktor dazugekommen ist. Eine ausreichend zuverlässige Beurteilung ist bei der gegebenen Aktenlage nicht möglich.

4.

Erforderlich sind unter den dargelegten Umständen zusammenfassend (von ärztlicher Seite im Übrigen verschiedentlich angeregte) ergänzende Abklärungen des Gesundheitszustands, wie er sich im gesamten, hier zu beurteilenden Zeitraum entwickelt hat, und seiner jeweiligen Auswirkungen auf die zumutbare Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin. Entscheidend wird dabei für die gesamte Zeit sein, ob und inwiefern die Beschwerdeführerin von ihrer psychischen und somatischen Verfassung her besehen objektiv an sich die Möglichkeit hatte, einer Arbeit nachzugehen, und zwar gegebenenfalls, wie das Bundesgericht allerdings in Bezug auf Sachverhalte rein psychiatrisch erklärbarer Schmerzsymptomatik bei weitgehendem Fehlen eines somatischen Befundes feststellte, trotz subjektiv erlebter Schmerzen (vgl. BGE

130 V 352 E. 2.2.4).

5.

    1. Im Sinne der vorstehenden Erwägungen ist die Beschwerde unter Aufhebung der angefochtenen Verfügung vom 23. Januar 2009 teilweise gutzuheissen und die Sache ist zu ergänzenden medizinischen Abklärungen im Sinne der Erwägungen und zu entsprechender neuer Verfügung an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen.

    2. Eine Rückweisung zur weiteren Abklärung der Streitsache und anschliessender neuer Verfügung an die Beschwerdegegnerin stellt praxisgemäss aus prozessualer Sicht in Bezug auf die Kosten ein vollständiges Obsiegen dar (vgl. SVR 1995 IV Nr. 51

      S. 143; ZAK 1987 S. 266 E. 5a). Angesichts des Unterliegens der Beschwerdegegnerin rechtfertigt es sich, ihr die Gerichtskosten, die nach dem Verfahrensaufwand und unabhängig vom Streitwert festgelegt werden (Art. 69 Abs. 1bis IVG), gesamthaft aufzuerlegen (vgl. Art. 95 Abs. 1 VRP/SG). Eine Entscheidgebühr von Fr. 600.-erscheint angemessen. Die Bewilligung der unentgeltlichen Prozessführung (Befreiung

      von den Gerichtskosten und Bewilligung der unentgeltlichen Rechtsverbeiständung)

      vom 8. Mai 2009 und vom 25. Mai 2009 ist damit obsolet geworden.

    3. Die Beschwerdeführerin hat bei vollem Obsiegen Anspruch auf Ersatz der Parteikosten, die vom Gericht ohne Rücksicht auf den Streitwert nach der Bedeutung der Streitsache und nach der Schwierigkeit des Prozesses bemessen werden (Art. 61 lit. g ATSG; vgl. auch Art. 98 ff. VRP). In der Verwaltungsrechtspflege beträgt das Honorar vor Versicherungsgericht nach Art. 22 Abs. 1 lit. b HonO (sGS 963.75) pauschal Fr. 1'000.-bis Fr. 12'000.--. Der Bedeutung der Streitsache und dem unterdurchschnittlichen Aufwand angemessen erscheint vorliegend eine

Parteientschädigung von Fr. 2'000.-- (einschliesslich Barauslagen und Mehrwertsteuer).

Demgemäss hat das Versicherungsgericht im Zirkulationsverfahren gemäss Art. 53 GerG entschieden:

1. In teilweiser Gutheissung der Beschwerde wird die angefochtene Verfügung vom

23. Januar 2009 aufgehoben und die Sache wird zu ergänzenden medizinischen Abklärungen im Sinne der Erwägungen und zu entsprechender neuer Verfügung an die Beschwerdegegnerin zurückgewiesen.

2. Die Beschwerdegegnerin bezahlt eine Gerichtsgebühr von Fr. 600.--.

3. Die Beschwerdegegnerin hat der Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung von

Fr. 2'000.-zu bezahlen.

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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