Zusammenfassung des Urteils IV 2009/324: Versicherungsgericht
Der Beschwerdeführer A. hat sich bei einem Sturz verletzt und beantragt Leistungen der Invalidenversicherung. Trotz Einschränkungen an der rechten Schulter wird ihm eine Arbeitsfähigkeit von 80% attestiert. Die IV-Stelle lehnt seinen Anspruch auf eine Invalidenrente ab, woraufhin A. Beschwerde einreicht. Nach eingehender Prüfung wird ihm ab Januar 2008 eine Viertelsrente zugesprochen, da seine Arbeitsfähigkeit auf 80% geschätzt wird. Die Verfahrenskosten trägt die Beschwerdegegnerin, und dem obsiegenden Beschwerdeführer wird eine Parteientschädigung von Fr. 3'500.- zugesprochen.
Kanton: | SG |
Fallnummer: | IV 2009/324 |
Instanz: | Versicherungsgericht |
Abteilung: | IV - Invalidenversicherung |
Datum: | 13.12.2011 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Entscheid Art. 28 Abs. 2 IVG: Rentenanspruch. Würdigung eines rheumatologischen Gutachtens (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 13. Dezember 2011, IV 2009/324). |
Schlagwörter : | Arbeit; Arbeitsfähigkeit; Invalidität; Rente; IV-act; Verfügung; Recht; Gesundheit; Invaliditätsgrad; Invalideneinkommen; Validen; Chauffeur; Anspruch; Einkommen; Valideneinkommen; Person; Gutachten; Tätigkeiten; Beschwerdeführers; Berücksichtigung; Invalidenversicherung; Tabellenlöhne; IV-Revision; Viertelsrente; Verfahren |
Rechtsnorm: | Art. 16 ATSG ;Art. 7 ATSG ;Art. 8 ATSG ; |
Referenz BGE: | 117 V 407; 122 V 157; 125 V 261; 125 V 352; 126 V 76; 126 V 78; 126 V 79; 127 V 467; 129 V 481; 130 V 445; |
Kommentar: | - |
Präsidentin Lisbeth Mattle Frei, Versicherungsrichterinnen Christiane Gallati Schneider und Marie-Theres Rüegg Haltinner; Gerichtsschreiber Marcel Kuhn
Entscheid vom 13. Dezember 2011
in Sachen A. ,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. Fabienne Brandenberger-Amrhein,
Kirchstrasse 24a, Postfach 1332, 8580 Amriswil,
gegen
IV-Stelle des Kantons St. Gallen, Postfach 368, 9016 St. Gallen,
Beschwerdegegnerin, betreffend
Rente
Sachverhalt:
A.
A. hat sich am 8. November 2006 bei einem Sturz eine Verletzung an der rechten Schulter zugezogen und musste sich deshalb in der Folge mehreren operativen Eingriffen unterziehen (IV-act. 14/30, 41, 45, 50, 57, 59, 73 und 75).
Im Februar 2008 meldete er sich zum Bezug von Leistungen der
Invalidenversicherung an. Unfallbedingt sei er vom 7. Januar bis 20. April 2007 100%
und vom 21. April bis 19. August 2007 50% arbeitsunfähig gewesen. Seit 20. August 2007 bestehe bis auf Weiteres wieder eine volle Arbeitsunfähigkeit (IV-act. 2). Dr. med. B. , Orthopädische Chirurgie FMH, führte im Bericht vom 2. Juli 2008 aus, dass dem Versicherten die bisherige Tätigkeit als Chauffeur mit reiner Fahrtätigkeit zu 80% zumutbar sei (IV-act. 22). Im Protokoll nach Assessmentgespräch der IV-Stelle vom 15. Juli 2008 wurde festgehalten, dass aktuell für die bisherige Tätigkeit eine 50%ige Arbeitsfähigkeit, prognostisch vermutlich steigerbar auf 80%, bestehe. Einschränkungen würden vor allem bei Bewegungen über der Horizontalen bestehen. In einer optimal adaptierten Tätigkeit bestehe eine volle Arbeitsfähigkeit. Seit Mai 2008 arbeite der Versicherte an zwei bis drei Tagen pro Woche bei der Firma C. . Er wolle diesen Arbeitsplatz nicht aufgeben und wünsche keine Unterstützung bei der Stellensuche (IV-act. 23).
Mit Schreiben vom 17. Juli 2008 teilte die IV-Stelle dem Versicherten den
Abschluss der Arbeitsvermittlung mit (IV-act. 24).
Im vom Unfallversicherer in Auftrag gegebenen Gutachten vom 6. Februar 2009 diagnostizierte Dr. B. eine mässig schmerzhafte eingeschränkte Schulterfunktion rechts bei Status nach Rotatorenmanschettenruptur (Supraspinatus und partiell Infraspinatus) mit Degeneration und funktionellen Defiziten für Abduktion und Aussen rotation rechts bei Status nach mehreren operativen Eingriffen. Die bisherige Arbeit im Sinn einer Fahrtätigkeit ohne manuelle Tätigkeit sei zu 80% zumutbar (act. G 6.2). In der Stellungnahme vom 15. April 2009 bestätigte der Regionale Ärztliche Dienst (RAD) der Invalidenversicherung in der angestammten Tätigkeit als Chauffeur (ohne manuelle
Tätigkeiten) eine 80%ige Arbeitsfähigkeit. Eine adaptierte Tätigkeit könne der Versicherte zu 100% ausführen. Dabei sei insbesondere zu berücksichtigen, dass keine Bewegungen mit dem rechten Arm über der Horizontalen notwendig seien. Auch im Bewegungssegment unterhalb der Horizontalen könnten wegen einer massiven Kraftminderung nur leichte Lasten manuell bewegt werden (bis max. 2kg), dies zudem nicht vorwiegend repetitiv. Feinmotorische Tätigkeiten seien hingegen mit der rechten Hand bzw. dem rechten Arm noch ausführbar (IV-act. 32).
Mit Vorbescheid vom 12. Juni 2009 stellte die IV-Stelle dem Versicherten in Aussicht, dass er bei einem Invaliditätsgrad von 0% keinen Anspruch auf eine Invalidenrente habe (IV-act. 39). Gegen den Vorbescheid erhob der Versicherte am 30. Juni 2009 Einwand (IV-act. 40). Mit Verfügung vom 3. August 2009 eröffnete die IVStelle dem Versicherten wie angekündigt, dass er keinen Anspruch auf eine Invalidenrente habe (IV-act. 42).
B.
Gegen diese Verfügung richtet sich die von Rechtsanwältin lic. iur. Fabienne Brandenberger-Amrhein, Amriswil, im Namen des Versicherten eingereichte Beschwerde vom 14. September 2009 mit den Anträgen, die Verfügung vom 3. August 2009 sei aufzuheben und es sei dem Beschwerdeführer ab 9. Januar 2008 eine halbe Invalidenrente zuzusprechen, eventualiter sei die Angelegenheit zu weiteren Abklärungen respektive zur Neubeurteilung an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen; unter Kostenund Entschädigungsfolgen zu Lasten der Beschwerdegegnerin. Der Beschwerdeführer habe seit dem Unfall nie mehr als 60% gearbeitet. Im Gutachten vom 6. Februar 2009, auf welches sich die Beschwerdegegnerin stütze, sei jedoch davon ausgegangen worden, dass er die Chauffeurtätigkeit aktuell zu 80% ausübe. Zudem sei zu berücksichtigen, dass der Gutachter die unfallfremden Rückenschmerzen bei der Arbeitsfähigkeitseinschätzung nicht berücksichtigt habe. Sodann habe sich der Zustand des Beschwerdeführers seit dem Gutachten im Februar 2009 weiter verschlechtert. Der Beschwerdeführer sei auch in einer leidensangepassten Tätigkeit mindestens zu 40% in der Arbeitsfähigkeit eingeschränkt. Beim Valideneinkommen sei auf das im Jahr 2006 bei der Volksschulgemeinde D. erzielte Einkommen von Fr. 46'187.45 abzustellen. Dieses
Einkommen entspreche einer 70%igen Arbeitstätigkeit und sei entsprechend auf 100% hochzurechnen, da der Beschwerdeführer trotz Absprache keine zusätzlichen Fahraufträge erhalten habe und trotzdem eine Präsenzzeit von 100% habe erfüllen müssen. Somit resultiere unter Berücksichtigung der Nominallohnentwicklung für das Jahr 2008 ein Valideneinkommen von Fr. 68'356.-bzw. Fr. 5'696.-pro Monat. Das Invalideneinkommen sei anhand der Tabellenlöhne der Lohnstrukturerhebung (LSE) zu bestimmen, da der Beschwerdeführer nicht mehr als Chauffeur arbeiten könne. Unter Berücksichtigung einer 60%igen Arbeitsfähigkeit und eines Leidensabzugs von 15% betrage das Invalideneinkommen monatlich Fr. 2'413.--, woraus ein Invaliditätsgrad von 57% resultiere (act. G 1).
In der Beschwerdeantwort vom 9. Dezember 2009 beantragt die Beschwerdegegnerin die Abweisung der Beschwerde. Der RAD habe die Arbeitsfähigkeit in einer adaptierten Tätigkeit mehrfach beurteilt und sei zum Schluss gelangt, dass dem Beschwerdeführer eine angepasste Tätigkeit zu 100% zumutbar sei. Gegenüber dem Gutachter habe der Beschwerdeführer erwähnt, dass er nach einer Diskushernienoperation vor über 10 Jahren praktisch beschwerdefrei gewesen sei. Anders lautende medizinische Unterlagen seien nicht beigebracht worden. Eine allfällige Verschlechterung des Gesundheitszustands nach dem Verfügungszeitpunkt wäre separat neu geltend zu machen. Der Lohn als Chauffeur bei der Firma C. für 100% würde monatlich Fr. 5'500.-betragen. Bei einer Vollanstellung als Chauffeur im Gesundheitsfall könne deshalb von einem Valideneinkommen von Fr. 71'500.-ausgegangen werden. Jedoch habe der Beschwerdeführer sein Pensum aufgrund des Bauernhofs freiwillig reduziert, weshalb nur 80% des Lohnes als Valideneinkommen, also Fr. 57'200.--, anzurechnen seien. Bei der Ermittlung des Invalideneinkommens sei auf die Tabellenlöhne abzustellen. Bei einer 100%igen Arbeitsfähigkeit ergebe sich ein Betrag von Fr. 60'263.--. Die Berücksichtigung eines Leidensabzugs von 15% erscheine gerechtfertigt, wodurch sich ein Invalideneinkommen von Fr. 51'223.-- und somit ein Invaliditätsgrad von 10% ergebe. Selbst wenn die Validenbasis entsprechend einem 100%-Lohn als Grundlage genommen werde, ergebe sich lediglich ein Invaliditätsgrad von 28% (act. G 6).
Mit Replik vom 2. März 2010 hält der Beschwerdeführer an den gestellten
Anträgen fest (act. G 12).
Die Beschwerdegegnerin hat auf die Einreichung einer Duplik verzichtet (act. G
14).
Mit Schreiben vom 27. Oktober 2011 ersuchte das Versicherungsgericht Dr. B. um die Beantwortung einiger Fragen bezüglich der Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers (act. G 17). Auf das Schreiben von Dr. B. vom 9. November 2011 (act. G 18) wird soweit entscheidwesentlich in den folgenden Erwägungen eingegangen.
Erwägungen:
1.
Streitig und zu prüfen ist vorliegend, ob die Beschwerdegegnerin den Anspruch
des Beschwerdeführers auf eine Invalidenrente zu Recht abgelehnt hat.
Am 1. Januar 2008 sind die im Zug der 5. IV-Revision revidierten Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung (IVG; SR 831.20), der Verordnung über die Invalidenversicherung (IVV; SR 831.201) und des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG; SR 830.1) in Kraft getreten. In materiellrechtlicher Hinsicht gilt der allgemeine übergangsrechtliche Grundsatz, dass der Beurteilung jene Rechtsnormen zu Grunde zu legen sind, die bei Erlass des angefochtenen Entscheids respektive im Zeitpunkt gegolten haben, als sich der zu den materiellen Rechtsfolgen führende Sachverhalt verwirklicht hat (vgl. BGE 127 V 467
E. 1, 126 V 136 E. 4b, je mit Hinweisen). Die angefochtene Verfügung erging am
3. August 2009, wobei ein Sacherhalt zu beurteilen ist, der vor dem Inkrafttreten der revidierten Bestimmungen der 5. IV-Revision am 1. Januar 2008 begonnen hat. Daher ist entsprechend den allgemeinen intertemporalrechtlichen Regeln für die Zeit bis 31. Dezember 2007 auf die damals geltenden Bestimmungen und ab diesem Zeitpunkt auf die neuen Normen der 5. IV-Revision abzustellen (vgl. zur 4. IV-Revision: BGE 130 V 445 ff.; Urteil des Bundesgerichts vom 7. Juni 2006, I 428/04, E. 1).
Unter Invalidität wird die voraussichtlich bleibende längere Zeit dauernde ganze teilweise Erwerbsunfähigkeit verstanden (Art. 8 Abs. 1 ATSG). Erwerbsunfähigkeit ist dabei der durch eine Beeinträchtigung der körperlichen oder
geistigen Gesundheit verursachte und nach zumutbarer Behandlung und Eingliederung verbleibende ganze teilweise Verlust der Erwerbsmöglichkeiten auf dem in Betracht kommenden ausgeglichenen Arbeitsmarkt (Art. 7 ATSG). Der Grad der für einen allfälligen Rentenanspruch massgebenden Invalidität wird gemäss Art. 16 ATSG durch einen Einkommensvergleich ermittelt, bei dem das Einkommen, das die versicherte Person nach dem Eintritt der Invalidität und nach der Durchführung der notwendigen und zumutbaren Eingliederungsmassnahmen bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage erzielen könnte (zumutbares Invalideneinkommen), in Beziehung gesetzt wird zum Einkommen, das die versicherte Person erzielen könnte, wenn sie nicht invalid geworden wäre (Valideneinkommen).
Die Rentenabstufungen nach Art. 28 Abs. 2 IVG geben bei einem Invaliditätsgrad von mindestens 40% Anspruch auf eine Viertelsrente, bei einem Invaliditätsgrad von mindestens 50% Anspruch auf eine halbe Rente, bei einem Invaliditätsgrad von mindestens 60% Anspruch auf eine Dreiviertelsrente und bei einem Invaliditätsgrad von mindestens 70% Anspruch auf eine ganze Rente.
Um den Invaliditätsgrad bemessen zu können, ist die Verwaltung und im Beschwerdefall das Gericht auf Unterlagen angewiesen, die ärztliche und gegebenenfalls auch andere Fachleute zur Verfügung zu stellen haben. Aufgabe des Arztes der Ärztin ist es, den Gesundheitszustand zu beurteilen und dazu Stellung zu nehmen, in welchem Umfang und bezüglich welcher Tätigkeiten die versicherte Person arbeitsunfähig ist (BGE 125 V 261 E. 4). Für das gesamte Verwaltungsund Verwaltungsgerichtsbeschwerdeverfahren gilt der Grundsatz der freien Beweiswürdigung. Danach haben Versicherungsträger und Sozialversicherungsgericht die Beweise frei, d.h. ohne Bindung an förmliche Beweisregeln, sowie umfassend und pflichtgemäss zu würdigen. Für das Beschwerdeverfahren bedeutet dies, dass das Sozialversicherungsgericht alle Beweismittel, unabhängig davon, von wem sie stammen, objektiv zu prüfen und danach zu entscheiden hat, ob die verfügbaren Unterlagen eine zuverlässige Beurteilung des streitigen Rechtsanspruchs gestatten (BGE 125 V 352 E. 3a).
2.
Zu prüfen ist vorab, ob die medizinische Aktenlage eine rechtsgenügliche
Beurteilung der Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers erlaubt.
Die Beschwerdegegnerin stützt sich in der angefochtenen Verfügung auf die Stellungnahme des RAD vom 15. April 2009, in welcher dem Beschwerdeführer für eine adaptierte Tätigkeit eine 100%ige Arbeitsfähigkeit attestiert wird. Der RAD wiederum stützt sich bei seiner Einschätzung insbesondere bezüglich der Befunde und Diagnosen auf das Gutachten von Dr. B. vom 6. Februar 2009. Diesem ist unter anderem zu entnehmen, dass dem Beschwerdeführer die bisherige Arbeit im Sinn einer Fahrtätigkeit ohne manuelle Tätigkeit zu 80% zumutbar sei. Bei optimaler Anpassung, wie zurzeit möglich als Chauffeur, bestehe eine maximale Arbeitsfähigkeit von 80%. Manuelle Tätigkeiten auch in den unteren Bewegungsgraden, d.h. unterhalb der Brusthöhe mit Kraftaufwendungen über ein bis zwei Kilogramm seien praktisch nicht mehr möglich. Nicht belastende Aktivitäten mit der rechten Hand seien hingegen noch möglich. Präzisierend führte Dr. B. im Schreiben vom 9. November 2011 aus, dass der Beschwerdeführer auch in einer anderen optimal adaptierten Tätigkeit nicht zu 100% arbeitsfähig sei. Jede auch leichte Tätigkeit (beispielsweise Schreibtischarbeit, Computerarbeit, Taxi fahren andere leichte Chauffeurtätigkeit) sei verbunden mit einer tendenziell sehr raschen und erheblichen Ermüdungsund zum Teil dann Verkrampfungserscheinung. Es seien deshalb häufigere und zum Teil eben längere Pausen sinnvoll und notwendig, was die Arbeitsreduktion auch in einer optimal adaptierten Tätigkeit erkläre. Die Ausführungen und das Gutachten von Dr. B. sind plausibel und nachvollziehbar. Die Beschwerdegegnerin macht dann auch keine konkreten Einwände gegen die Einschätzung von Dr. B. geltend. Hingegen vermag aufgrund der ausgewiesenen Schulterproblematik und der daraus resultierenden Einschränkungen die vom RAD attestierte 100%ige Arbeitsfähigkeit für eine angepasste Tätigkeit nicht zu überzeugen. Unter Berücksichtigung der gesamten Aktenlage ist demnach von einer 80%igen Arbeitsfähigkeit in einer angepassten Tätigkeit auszugehen.
Die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Einwände vermögen keine höhere Arbeitsunfähigkeit zu begründen. Dem Gutachten ist zu entnehmen, dass die lumbale Symptomatik im vorliegend massgebenden Zeitraum nur eine untergeordnete Rolle gespielt hat und somit keine zusätzliche Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit zeitigt.
Sodann führte Dr. B. im Schreiben vom 9. November 2011 aus, dass die 80%ige Arbeitsfähigkeitseinschätzung für eine angepasste Tätigkeit auf einer medizinischtheoretischen Beurteilung beruhe, weshalb sich selbst bei Kenntnis der Tatsache, dass der Beschwerdeführer damals offensichtlich nur zu 60% als Chauffeur (ohne manuelle Tätigkeiten) gearbeitet habe, nichts an der Einschätzung ändere. Eine Verschlechterung des Gesundheitszustands bis zum Zeitpunkt der angefochtenen Verfügung (3. August 2009) ist der medizinischen Aktenlage nicht zu entnehmen. Der mit der Replik vom
2. März 2010 ins Recht gelegte Bericht von Dr. med. E. , Allgemeine Medizin FMH, vom 1. März 2010 (act. G 12.1) kann im vorliegenden Verfahren keine Berücksichtigung mehr finden. Bei einer erheblichen Verschlechterung des Gesundheitszustands seit dem Erlass der angefochtenen Verfügung steht es dem Beschwerdeführer frei, sich erneut bei der Beschwerdegegnerin zu melden.
Da von weiteren medizinischen Abklärungen keine neuen Erkenntnisse zu erwarten sind, ist dem Eventualantrag des Beschwerdeführers nicht stattzugeben (antizipierte Beweiswürdigung; vgl. BGE 122 V 157 E. 1d).
3.
Ausgehend von einer Arbeitsfähigkeit in einer adaptierten Tätigkeit von 80%, gilt es die erwerblichen Auswirkungen der Leistungsbeeinträchtigung zu prüfen. Beim Einkommensvergleich sind die Zahlen für das Jahr 2008 (frühestmöglicher Rentenbeginn; vgl. nachfolgend E. 3.8) heranzuziehen.
Bei der Ermittlung des Valideneinkommens ist entscheidend, was die versicherte Person im massgebenden Zeitpunkt nach dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit als Gesunde tatsächlich verdienen würde. Die Einkommensermittlung hat so konkret wie möglich zu erfolgen. Es ist in der Regel vom letzten Lohn, welchen die versicherte Person vor Eintritt der Gesundheitsschädigung erzielt hat, auszugehen (Urteil des Bundesgerichts vom 16. Mai 2001, I 42/01, mit Hinweisen). Diese Praxis wird mit der empirischen Feststellung begründet, dass die bisherige Tätigkeit im Gesundheitsfall in der Regel weitergeführt worden wäre (Urteil des Bundesgerichts vom 29. August 2002, I 97/00). Für die Bestimmung des Invalideneinkommens ist primär von der beruflich-erwerblichen Situation auszugehen,
in welcher die versicherte Person konkret steht. Ist kein solches tatsächlich erzieltes Erwerbseinkommen gegeben, namentlich weil die versicherte Person nach Eintritt des Gesundheitsschadens keine jedenfalls keine ihr an sich zumutbare neue Erwerbstätigkeit aufgenommen hat, so können nach der Rechtsprechung Tabellenlöhne gemäss den vom Bundesamt für Statistik periodisch herausgegebenen Lohnstrukturerhebungen (LSE) herangezogen werden (BGE 126 V 76 f. E. 3b/aa und bb, mit Hinweisen).
Beim Valideneinkommen ist daher auf das Einkommen abzustellen, welches der Beschwerdeführer im Jahr 2007 bei der C. AG ohne Gesundheitsschaden erzielt hätte. Entgegen der Ansicht der Beschwerdegegnerin ist dabei das erzielte Einkommen auf ein volles Arbeitspensum aufzurechnen, weil der Beschwerdeführer wie in der Replik (act. G 12 S. 5f. E.6) überzeugend ausgeführt wird im Gesundheitsfall zu 100% erwerbstätig gewesen wäre. Somit ist vorliegend von einem Jahreseinkommen 2007 von Fr. 71'500.-- (13 x Fr. 5'500.--; IV-act. 14/17) auszugehen. Dem Arbeitsvertrag zwischen der C. AG und dem Beschwerdeführer mit Gültigkeit ab 1. Mai 2009 ist keine Lohnerhöhung zu entnehmen (IV-act. 41), weshalb auch für das Jahr 2008 unverändert von einem Valideneinkommen von Fr. 71'500.-auszugehen ist.
Unbestrittenermassen ist das Invalideneinkommen anhand der Tabellenlöhne der LSE zu bestimmen. Aufgrund der gesundheitsbedingten Einschränkungen ist dem Beschwerdeführer noch eine leichte Hilfstätigkeit zumutbar, weshalb die LSE-Tabelle TA1, Privater Sektor, Total Anforderungsniveau 4 (einfache und repetitive Tätigkeiten) anzuwenden ist. Im Jahr 2008 lag der Durchschnittslohn für einen Mann bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden bei Fr. 4'806.--. Aufgerechnet auf die 2008 vorherrschende durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 41.6 Stunden ergibt sich bei einem 80% Pensum ein Jahreseinkommen von Fr. 47'983.--.
Zu beurteilen bleibt die Frage, in welchem Umfang ein sogenannter Leidensabzug auf dem Invalideneinkommen vorzunehmen ist. Nach der Rechtsprechung können die statistischen Löhne um bis zu 25% gekürzt werden, um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass versicherte Personen mit einer gesundheitlichen Beeinträchtigung in der Regel das durchschnittliche Lohnniveau nicht erreichen (RKUV 1999 Nr. U242 S. 412
E. 4b/bb) bzw. ihre Restarbeitsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur mit
unterdurchschnittlichem erwerblichem Erfolg zu verwerten in der Lage sind. Dabei handelt es sich um einen allgemeinen behinderungsbedingten Abzug (BGE 126 V 78
E. 5a/bb). Nach der Rechtsprechung hängt die Frage, ob und in welchem Ausmass Tabellenlöhne herabzusetzen sind, von sämtlichen persönlichen und beruflichen Umständen auch von invaliditätsfremden Faktoren - des konkreten Einzelfalles ab (namentlich leidensbedingte Einschränkung, Alter, Dienstjahre, Nationalität/ Aufenthaltskategorie und Beschäftigungsgrad), die nach pflichtgemässem Ermessen gesamthaft zu schätzen sind. Eine schematische Vornahme des Leidensabzugs ist unzulässig (BGE 126 V 79 E. 5b, bestätigt in AHI 2002 S. 62 und BGE 129 V 481
E. 4.2.3 mit Hinweisen).
Da der Beschwerdeführer selbst für leichte Hilfstätigkeiten gesundheitsbedingt eingeschränkt ist sowie unter Berücksichtigung des Alters des Beschwerdeführers erscheint ein Abzug von 15%, wie er auch von der Beschwerdegegnerin zugestanden wird, angemessen. Das Invalideneinkommen beläuft sich demnach auf Fr. 40'786.--.
Aus der Gegenüberstellung des Validenund des Invalideneinkommens ergibt
sich ein Invaliditätsgrad von 43% und damit ein Anspruch auf eine Viertelsrente.
Bezüglich des Rentenbeginns gilt es zu beachten, dass sich der Beschwerdeführer im Februar 2008 zum Leistungsbezug bei der IV angemeldet hat, weshalb gemäss Art. 29 Abs. 1 IVG ein Rentenanspruch grundsätzlich erst sechs Monate später entstehen könnte. Gestützt auf das Rundschreiben Nr. 253 des Bundesamts für Sozialversicherungen (BSV) "5. IV-Revision und Intertemporalrecht" vom 12. Dezember 2007 ist diese Regelung, wonach die Rente erst sechs Monate nach Anmeldung gezahlt werden kann, für alle Fälle nicht anwendbar, in denen das Wartejahr vor dem 1. Januar 2008 zu laufen begann und im Jahr 2008 erfüllt wurde. In diesen Fällen reicht es, wenn die Anmeldung spätestens am 31. Dezember 2008 eingereicht wird. Die Rente kann dann abweichend von Art. 29 Abs. 1 IVG ab Ablauf des Wartejahres gezahlt werden. Vorliegend ist aufgrund der Aktenlage davon auszugehen, dass das Wartejahr im Januar 2007 ausgelöst wurde, da der Beschwerdeführer nach dem am 8. November 2006 erlittenen Unfall noch bis am 6. Januar 2007 gearbeitet hat. Da somit das Wartejahr im Januar 2008 abgelaufen ist, steht dem Beschwerdeführer gestützt auf das erwähnte Rundschreiben des BSV und
die bis 31. Dezember 2007 gültige Version des IVG ab 1. Januar 2008 eine Viertelsrente der Invalidenversicherung zu.
4.
Im Sinn der vorstehenden Erwägungen ist in teilweiser Gutheissung der Beschwerde die Verfügung vom 3. August 2009 aufzuheben und dem Beschwerdeführer ab Januar 2008 eine Viertelsrente auszurichten. Die Sache ist zur Festsetzung der Rentenhöhe an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen.
Der Beschwerdeführer ist mit seiner Beschwerde lediglich teilweise durchgedrungen, weshalb die Verfahrenskosten und die Parteientschädigung grundsätzlich nach dem Ausmass des Obsiegens zu verteilen bzw. zu bemessen wären. Da die quantitative Überklagung den Prozessaufwand nicht beeinflusst hat, ist nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung allerdings von einem vollen Obsiegen auszugehen (vgl. BGE 117 V 407 E. 2c; Urteile des Bundesgerichts vom 3. Dezember 2010, 8C_568/2010, E. 4.2 und vom 26. Mai 2010, 9C_94/2010, E. 4.3).
Das Beschwerdeverfahren ist kostenpflichtig. Die Kosten werden nach dem Verfahrensaufwand und unabhängig vom Streitwert im Rahmen von Fr. 200.-bis Fr. 1'000.-festgelegt (Art. 69 Abs. 1bis IVG). Eine Gerichtsgebühr von Fr. 600.-erscheint in der vorliegend zu beurteilenden Angelegenheit als angemessen; dazu
kommen Fr. 100.-- Barauslagen für die Zusatzabklärung bei Dr. B. (act. G 18). Die Beschwerdegegnerin trägt die gesamten Verfahrenskosten. Dem Beschwerdeführer ist der Kostenvorschuss von Fr. 600.-zurückzuerstatten.
Der obsiegende Beschwerdeführer hat einen Anspruch auf eine Parteientschädigung für die Kosten der Vertretung und Prozessführung (Art. 61 lit. g ATSG). Diese ist vom Gericht ermessensweise festzusetzen, wobei insbesondere der Bedeutung der Streitsache und dem Aufwand Rechnung zu tragen ist. Vorliegend erscheint eine Parteientschädigung von Fr. 3'500.-- (inklusive Barauslagen und Mehrwertsteuer) angemessen.
Demgemäss hat das Versicherungsgericht im Zirkulationsverfahren gemäss Art. 39 VRP
entschieden:
In teilweiser Gutheissung der Beschwerde wird die Verfügung vom 3. August 2009 aufgehoben und dem Beschwerdeführer ab Januar 2008 eine Viertelsrente zugesprochen. Die Sache ist zur Festsetzung der Rentenhöhe an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen.
Die Verfahrenskosten von Fr. 700.-bezahlt die Beschwerdegegnerin. Der
geleistete Kostenvorschuss von Fr. 600.-wird dem Beschwerdeführer zurückerstattet.
Die Beschwerdegegnerin hat dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung
von Fr. 3'500.-- (inklusive Barauslagen und Mehrwertsteuer) zu bezahlen.
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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