Zusammenfassung des Urteils IV 2007/380: Versicherungsgericht
M. _______ hat eine Beschwerde gegen die Ablehnung seines Antrags auf Familienzulagen für seine Tochter eingereicht. Die Caisse cantonale d'allocations familiales hat die Ablehnung aufrechterhalten, da das Recht auf Familienzulagen für Nichterwerbstätige erst ab dem 1. Januar 2009 gilt. Der Rekurs wurde abgelehnt, da die Familienzulagen nach dem Prinzip der Nichtretroaktivität nicht rückwirkend gewährt werden können. Das Gericht bestätigte die Entscheidung der Caisse cantonale d'allocations familiales und wies den Rekurs ab.
Kanton: | SG |
Fallnummer: | IV 2007/380 |
Instanz: | Versicherungsgericht |
Abteilung: | IV - Invalidenversicherung |
Datum: | 15.12.2008 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Entscheid Art. 44 ATSG: Wenn die Begutachtungsanordnung nicht von der Namensnennung der involvierten Gutachter begleitet war, liegt zwar ein Formfehler vor, doch muss der betroffene Explorand spätestens mit dem konkreten Aufgebot zu einer Begutachtung die Bekanntgabe der Gutachternamen einfordern. Wo diese rechtzeitige Reaktion unterblieben ist und die Begutachtung trotz des Formfehlers durchgeführt wurde, kann der Explorand aus der unterlassenen rechtzeitigen Nennung der Gutachternamen nichts mehr für sich ableiten. Art. Art. 43 ATSG: Auch wenn im gegebenen Fall eine förmliche Bindungswirkung an den Rentenentscheid der UV nicht zur Debatte stehen kann (BGE vom 28. August 2007, U 148/06), so ist doch die Aussagekraft des SUVA-Dossiers im IV-Verfahren zu überprüfen und zu würdigen, wenn man es wie vorliegendenfalls schon unbedingt beiziehen muss (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 15. Dezember 2008, IV 2007/380). |
Schlagwörter : | ähig; Schmerz; Arbeit; Arbeitsfähigkeit; Gutachten; IV-Stelle; Abklärung; ABI-Gutachten; Verfügung; Gallen; Invalidität; Schmerzverarbeitungsstörung; Abklärungen; Bericht; Unfall; Begutachtung; Gutachter; Implantat; Rente; Fremd-act; Klinik; IV-act; Untersuchung; ässig |
Rechtsnorm: | Art. 43 ATSG ;Art. 44 ATSG ; |
Referenz BGE: | 132 V 376; 133 V 549; |
Kommentar: | - |
Entscheid vom 15. Dezember 2008 in Sachen
H. ,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Duri Poltera, Hadwigstrasse 6a, 9000 St. Gallen,
gegen
IV-Stelle des Kantons St. Gallen, Postfach 368, 9016 St. Gallen,
Beschwerdegegnerin, betreffend
Rente Sachverhalt: A.
Am 14. Januar 2005 liess sich H. , Jahrgang 1965, durch Rechtsanwalt Dr. iur. Duri Poltera, St. Gallen, bei der IV-Stelle St. Gallen anmelden. Sie verlangte eine Wiedereinschulung in die bisherige Tätigkeit und eine Rente und verwies auf die SUVAAkten. Sie hatte im September 2003 in Kroatien als Beifahrerin in einem PW einen Verkehrsunfall erlitten. Bei der Primärversorgung in Kroatien in einem kleinen Spital war eine schwere Wirbelsäulenverletzung übersehen worden. Nach dreitägigem Aufenthalt war die Repatriierung mit der Rega zunächst ins Spital Wil erfolgt, wo die Verletzungen festgestellt und die Versicherte sofort in das Kantonsspital St. Gallen verlegt worden war. In ihrem Bericht vom 16. September 2003 (Fremd-act. 16) hatte die Klinik für Orthopädische Chirurgie über die Diagnosen BWK 6-Luxationsfraktur, Fraktur Querfortsatz 5 - 7, Rippenserienfraktur links und Hämatothorax berichtet. Die Therapie hatte in folgenden Eingriffen bestanden:
Dorsale Spondylodese BWK 4- 8, Laminektomie und Dekompression BWK 6
Dorsale Stabilisierung BWK 4 - 8 (Moss Max polyaxial Pedikelschrauben 5.0 plus Querverbinder)
Ventrale intercorporelle Spondylodese Th 5 - Th 7 Corporektomie BWK 6
Wirbelkörperersatz mit kleinem thorakalen Harmskorb und Spongiosaplastik durch Rippenresektion der 6. Rippe rechts.
Vom 12. Oktober bis 8. November 2003 war ein Rehabilitationsaufenthalt in der RehaKlinik Walenstadtberg erfolgt. Bei einer Nachkontrolle hatte die Versicherte gemäss einem Bericht vom 11. Februar 2004 nach wie vor unter massiven Schmerzen gelitten und sie war kaum gehfähig gewesen. Vom 1. bis 30. Juni 2004 hatte die Versicherte eine weitere Rehabilitation in der Rehaklinik Bellikon absolviert. In einem Bericht vom
9. November 2004 hatte A. , Fachpsychologe für Klinische Psychologie und Psychotherapie, die psychiatrischen Diagnosen einer Schmerzstörung im Zusammenhang mit dem erlittenen Autounfall, eine Anpassungsstörung mit Angst, Depression, Anspannung und Ärger als Folge der unfallbedingten Einschränkung und des Verlusts der Arbeitsfähigkeit angegeben. Er hatte weiter ausgeführt, die Wiedererreichung der Arbeitsfähigkeit dürfte kurzfristig kein Thema sein (Fremd-act. 45). Anhand von aktuellen Röntgenaufnahmen betrachtete der SUVA-Kreisarzt Dr. med. B. am 26. April 2005 nach der Abschlussuntersuchung eine Arbeitsfähigkeit in einer körperlich leichten wechselbelastenden Tätigkeit sitzend, stehend und gehend bei einer Präsenz von mindestens 75% unter Berücksichtigung von vermehrten Pausen einer verlängerten Mittagspause als zumutbar. Er machte geltend, im Vordergrund stehe jedoch eine psychische Problematik mit depressivem Syndrom, Symptomausweitung und Somatisierungstendenz. Das aktuelle Ergebnis mit ausgeprägter Inaktivität und Passivität sowie übermässiger Schmerzempfindung sei in allererster Linie auf die psychiatrische Problematik und nicht auf die organischen Unfallfolgen zurückzuführen (Fremd-act. 57). Dr. B. schätzt den Integritätsschaden nach UVG auf 25%. Die psychiatrische Behandlung auf Kosten der UV wurde am 22. März 2005 beendet (Fremd-act. 60). Am 24. November 2005 schloss die Versicherte mit der SUVA über eine Invalidenrente von 36% sowie eine Integritätsentschädigung von 25% einen Vergleich (UV-act. 70). Gestützt auf die Akten ging die SUVA bei der Invalidität von einer mindestens 75%igen Arbeitsfähigkeit bei körperlich leichter wechselbelastender Tätigkeit im Sinn von Sitzen, Gehen, Stehen unter Einhaltung vermehrter Pausen einer verlängerten Mittagszeit aus. Über kurze Distanzen kurze Strecken könnten Lasten von maximal 8 Kilogramm getragen werden. Im rechnerischen Einkommensvergleich berücksichtigte die SUVA beim herangezogenen statistischen Invalideneinkommen unter anderem einen Leidensabzug von 15% und glich das unterdurchschnittliche Einkommen ohne Unfall um 15% aus, woraus die Invalidenrente von 36% gemäss Vereinbarung resultierte (Fremd-act. 71).
B.
Gestützt auf eine Anfrage der zuständigen Sachbearbeiterin entschied der RAD-Arzt Dr. med. C. am 14. Februar 2006, dass eine polydisziplinäre Begutachtung durch eine MEDAS-Stelle notwendig sei (IV-act. 34). Beauftragt wurde das Ärztliche Begutachtungsinstitut (ABI), Basel. In der orthopädischen Beurteilung vom 27. Juni 2006 schloss Dr. med. D. auf eine um 20% reduzierte Leistung für körperlich leichte Tätigkeiten in wechselnder Position und ohne Zwangshaltungen der Wirbelsäule bei ganztägiger Arbeitsfähigkeit aufgrund eines etwas erhöhten Pausenbedarfs. Die Versicherte sollte die Möglichkeit haben, während etwa zehn Minuten stündlich ein Lockerungsund Entspannungsprogramm für Gelenke und Muskulatur des Stammes durchzuführen, was zu einer etwas verminderten Gesamtleistung führe. - Aus der psychiatrischen Untersuchung von Dr. med. E. vom 27. Juni 2006 resultierte keine psychiatrische Diagnose mit Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit. Die beklagten körperlichen Beschwerden könnten somatisch nicht objektiviert werden. Es müsse eine psychische Überlagerung angenommen werden. Weder die Diagnose einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung noch diejenige der Entwicklung körperlicher Symptome aus psychischen Gründen könnten gestellt werden. Vielmehr liege eine Schmerzverarbeitungsstörung vor. Aus psychiatrischer Sicht bestehe keine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit. Die Schmerzverarbeitungsstörung habe nämlich keinen Krankheitswert und schränke die Arbeitsfähigkeit nicht ein. Eine depressive Störung liege nicht vor. Aus psychiatrischer Sicht könne es der Explorandin daher zugemutet werden, trotz der beklagten Beschwerden weiterhin ihren angestammten Tätigkeiten (Hausfrau, Putzfrau) ganztags und ohne jede Leistungseinschränkung nachzugehen. Entgegen ihren Angaben nehme die Explorandin das verordnete Antidepressivum gemäss den Blutuntersuchungen nur unregelmässig ein. Ihre anamnestischen Angaben seien daher mit Vorsicht zu bewerten. Streng genommen könnten sie gar nicht verwertet werden, da die Versicherte nachweislich falsche Angaben gemacht habe. Jedenfalls scheine sie sich selbst nicht als depressiv einzuschätzen, wenn sie das Antidepressivum nur unregelmässig einnehme. Unter der ambulanten und der antidepressiven Therapie hätten sich die depressiven Verstimmungen weitgehend zurückgebildet und seien im jetzigen Zeitpunkt nicht mehr nachweisbar. Auf dem Gutachten fehlte die Unterschrift des psychiatrischen Gutachters Dr. E. , für den Dr. D. unterschrieb und dabei bestätigte, dass die
Konklusion des Gutachtens durch einen multidisziplinären Konsensus unter den Untersuchern erarbeitet worden sei.
C.
Der RAD hielt am 8. November 2006 dafür, das MEDAS-Gutachten sei umfassend, widerspruchsfrei und einleuchtend, sodass darauf abgestellt werden könne. Die 80%ige Arbeitsfähigkeit in adaptierter leichter Tätigkeit gelte seit Sommer 2005. Bis dahin sei vom 9. August 2003 an eine 100%ige Arbeitsunfähigkeit anzunehmen. Mit einem Vorbescheid vom 15. März 2007 kündigte die IV-Stelle bei einem Invaliditätsgrad von 28% die Abweisung des Rentenbegehrens an, wogegen der Rechtsvertreter der Versicherten am 30. April 2007 einwandte, es sei noch kein Entscheid zu fällen,
sondern eine psychiatrische Oberexpertise und eine neurologisch/ neuropsychologische Abklärung, eventuell eine Abklärung in einem Schmerzzentrum, in Auftrag zu geben. Im Übrigen berücksichtige die SUVA allein aus körperlichen Einschränkungen einen Invaliditätsgrad von 36%. Eine Abweichung davon sei nicht gerechtfertigt, weil nicht begründet. Zu prüfen wären auch berufliche Eingliederungsmassnahmen. Mit einer Verfügung vom 7. September 2007 (IV-act. 17) lehnte die IV-Stelle das Leistungsbegehren der Versicherten ab. Zur Begründung führte sie aus, der Invaliditätsgrad der SUVA basiere auf einem Vergleich, und die IV sei nicht an den Entscheid der SUVA gebunden, sondern könne einen eigenen IV-Grad berechnen. Solange die Versicherte überzeugt sei, trotz bestätigter Arbeitsfähigkeit von 100% nicht arbeiten zu können, könne keine erfolgversprechende Arbeitsvermittlung durchgeführt werden.
D.
Mit Eingabe vom 10. Oktober 2007 liess die Versicherte beim Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen Beschwerde erheben. Sie stellte den Antrag, die Verfügung vom
7. September 2007 sei aufzuheben, und die Sache sei zwecks Weiterabklärung an die
IV-Stelle zurückzuweisen. Zur Begründung führte sie aus, das ABI-Gutachten vom
31. August 2006 sei in seinem psychiatrischen Teil fallentscheidend und vermöge in keiner Art und Weise zu überzeugen. Es widerspreche dem psychosomatischen Konsilium der Rehaklinik Bellikon, wo der psychischen Störung Krankheitswert
zugeschrieben worden sei, die sich limitierend auf die Arbeitsfähigkeit auswirke, welche damals als kaum mehr vorhanden bezeichnet worden sei. Das Konsilium sei damals nach einem Rehabilitationsaufenthalt von einem Monat erstellt worden. Es habe auf einer erheblich besseren Beobachtungsbasis basiert und es stehe in Übereinstimmung mit den anderen Arztberichten der Jahre 2004 und 2005. Warum die festgestellte Schmerzverarbeitungsstörung ohne Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit sein solle, werde nicht begründet. Mit der Allerweltsformel "kann zugemutet werden" schiebe man die Schmerzproblematik der Beschwerdeführerin auf die Seite und bagatellisiere sie als rein subjektives Leidensgeschehen. Es sei völlig unklar, was sich am Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin seit dem Rehabilitationsaufenthalt verändert verbessert haben solle. Der Hausarzt Dr. med. F. sei jedenfalls am 3. Oktober 2007 zum klaren Schluss gekommen, dass genau diese Schmerzverarbeitungsstörung einen erheblichen Effekt auf die Arbeitsfähigkeit habe. Wenn im Zentrum des Leidens der Beschwerdeführerin eine Schmerzverarbeitungsstörung diagnostiziert werde, so frage sich immer auch, ob es nicht doch noch körperliche Teilursachen für den beklagten Schmerz gebe. Im vorliegenden Fall beeinflussten und verstärkten sich die psychiatrischen und somatischen Befunde seit dem Unfall von 2003 gegenseitig. Dringend nötig sei deshalb eine gesamtheitliche psychosomatische Nachbeurteilung der Versicherten. Der Begriff der zumutbaren Willensanstrengung werde im vorliegenden Fall nicht korrekt angewendet. Es liege nach einem sehr schweren Unfall mit schweren Körperschäden offenkundig ein mehrjähriger Verlauf einer somatisch und psychiatrisch sich beeinflussenden Symptomatik vor. Hinzu komme, dass die Beschwerdeführerin mittlerweile schon lange aus dem Arbeitsprozess (seit 2002) ausgeschieden sei und sich fast nur noch zu Hause aufhalte. Es fehle eine genügende soziale Integration. Offensichtlich sei eine Chronifizierung des Krankheitsgeschehens eingetreten. Damit seien die Kriterien, die zum Problem der zumutbaren Willensanstrengung aufgestellt würden, klarerweise erfüllt. Insgesamt seien noch nicht alle notwendigen und sinnvollen Abklärungen unternommen worden. Dr. med. F. hatte am 3. Oktober 2007 darauf hingewiesen, dass das ABI-Gutachten die Schmerzverarbeitungsstörung nicht als Einschränkung der Arbeitsfähigkeit anerkenne und ihr keinen Krankheitswert beimesse. Im Unterschied zu Dr. med. E. habe hier seiner Meinung nach die Schmerzverarbeitungsstörung einen einschränkenden Effekt auf die Arbeitsfähigkeit,
welcher erheblich sei. Demgegenüber deckten sich die 80% Arbeitsfähigkeit gemäss ABI-Gutachten in etwa mit den vorangegangenen 75% Arbeitsfähigkeit des SUVAArztes Dr. B. . Er sei aber nicht dieser Meinung bezüglich der Arbeitsfähigkeit. Die generalisierte Schmerzstörung schränke die Aktivitäten der Patientin im Alltag stark ein, und eine Tendenz zur Besserung sei seit der Behandlungsübernahme durch ihn im November 2005 nicht zu erkennen (IV-act. 4-11).
E.
Nachdem die Gerichtsleitung mit Verfügung vom 20. November 2007 zunächst von einer verspäteten Bezahlung des Kostenvorschusses ausgegangen und eine Fristwiederherstellung verweigert hatte, verfügte sie auf Einspruch hin am 21. Januar 2008 die Wiederherstellung der versäumten Frist und das Eintreten auf die Beschwerde. Gleichzeitig wies sie ein Ausstandsgesuch gegen den Präsidenten der Abteilung II ab. Dieses Verfügung ist unangefochten in formelle Rechtskraft erwachsen.
F.
In einer nachträglichen Eingabe vom 28. Mai 2008 (G 12) führte der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin aus, neue Abklärungen in der Schulthess Klinik hätten an den Tag gebracht, dass der Schmerzzustand doch reale Ursachen habe und nicht nur eine so genannte Schmerzverarbeitungsstörung darstelle. Die Schmerzen könnten vom Implantationsmaterial ausgelöst sein, insbesondere weil eine Schraube recht oberflächlich liege. Es würden noch weitere Abklärungen gemacht und eventuell werde eine Reoperation notwendig werden. Beigelegt waren ein Bericht vom 4. Mai 2008 der Schulthess Klinik bzw. von Prof. Dr. med. G. und ein Schreiben von Dr. med. F. vom 26. Mai 2008. Professor G. hatte eine weitere orthopädische Untersuchung zur Frage vorgeschlagen, ob die Entfernung der Implantate zu einer Beschwerdelinderung führen könnte. Die real erscheinenden Beschwerden seien zweifellos, insbesondere bei der Arbeit, durch relevante Belastungen in der Brustwirbelsäule sowohl dynamisch wie auch statisch deutlich einschränkend (G 12.1.2). Aufgrund dieser Beurteilung überwies Dr. med. F. die Beschwerdeführerin an Frau Dr. med. I. , Wirbelsäulenchirurgie (G 12.1.1).
G.
Am 12. Juni 2008 reichte der Rechtsdienst der IV-Stelle des Kantons St. Gallen seine Beschwerdeantwort ein. Er machte geltend, der IV-Stelle könne nicht der Vorwurf gemacht werden, sie habe den Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin ungenügend abgeklärt. Das ABI-Gutachten sei aktueller als die vorangegangenen Arztberichte, insbesondere als die Beurteilung der Rehaklinik Bellikon. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass tatsächlich eine Besserung des psychiatrischen Zustandes eingetreten sei, wie dies das ABI-Gutachten berücksichtige. Dieses entspreche im übrigen den Anforderungen der Rechtsprechung. Die neueren Berichte von Dr. med. F. und Prof. Dr. med. G. vom Mai 2008 würden an der bisherigen Einschätzung der Arbeitsfähigkeit nichts ändern. Weitere Untersuchungen würden zeigen, ob eine Entfernung der Implantate sinnvoll sei und eine Schmerzlinderung herbeiführen könnten.
H.
Mit Eingabe vom 16. Juli 2008 machte der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin replicando geltend, das ABI-Gutachten leide an einem formellen Mangel. Die Anordnung der medizinischen Abklärungen im ABI vom 29. Mai 2006 habe nämlich die konkreten Gutachternamen nicht bekannt gegeben. Gemäss Rechtsprechung hätten die Namen im Voraus angekündigt werden müssen, um Art. 44 ATSG zu genügen. Das ABI-Gutachten könne daher aus formellen Gründen nicht beachtet werden. Der beigelegte neueste Bericht der Schulthess Klinik vom 23. Juni 2008 von Frau med.
I. weise darauf hin, dass die Beschwerdeführerin sicher ein übersteigertes Schmerzempfinden im Operationsgebiet zeige. Es sei jedoch möglich, dass das Implantat gewisse entzündliche Reaktionen in der Muskulatur auslöse. Man habe daher therapeutische Infiltrationen über den Schraubenköpfen vorgeschlagen. Je nach Wirkdauer müsste nochmals über eine Implantatentfernung diskutiert werden.
I.
Die IV-Stelle verzichtete auf eine Duplik. Erwägungen:
1.
Die Beschwerde richtet sich hauptsächlich gegen die Art und Weise der Sachverhaltsabklärung durch die IV-Stelle mittels des ABI-Gutachtens vom 31. August 2006. Nach dem Untersuchungsgrundsatz (Art. 43 Abs. 1 ATSG) hat der Versicherungsträger von Amtes wegen die notwendigen Abklärungen vorzunehmen. Die IV-Stelle beschafft sich die erforderlichen Unterlagen, insbesondere über den Gesundheitszustand, die Tätigkeit, die Arbeitsund Eingliederungsfähigkeit des Versicherten sowie die Zweckmässigkeit bestimmter Eingliederungsmassnahmen. Zu diesem Zweck können Berichte und Auskünfte verlangt, Gutachten eingeholt, Abklärungen an Ort und Stelle vorgenommen sowie Spezialisten der öffentlichen und privaten Invalidenhilfe beigezogen werden (Art. 69 Abs. 2 IVV). - Die Beschwerdeführerin wendet sich zunächst aus formellen Gründen gegen das eingeholte ABI-Gutachten, weil die Begutachtungsanordnung nicht von der Nennung der involvierten Gutachter begleitet war. Allein die von der Beschwerdeführerin angerufene Rechtsprechung (BGE 132 V 376 ff.) hat sich keineswegs in dieser Richtung geäussert. Die Unterlassung der Mitteilung, wie sie bis in die jüngste Zeit die Regel war, erscheint zwar als Formfehler, der auch nicht einfach hinzunehmen ist. Freilich muss der betroffene Explorand spätestens mit dem konkreten Aufgebot zu einer Begutachtung bei der zuständigen IV-Stelle die Bekanntgabe der Gutachternamen verlangen. Tut er dies in diesem Zeitpunkt und verweigert die IV-Stelle die Information, so kann er sich zur Durchsetzung seines Anspruchs an den Richter wenden und die Begutachtungsvorkehr ohne Nachteil vorderhand verweigern. - Wo indessen diese rechtzeitige Reaktion unterblieben ist und die Begutachtung trotz des Formfehlers durchgeführt wurde, kann der Explorand aus der unterlassenen rechtzeitigen Nennung der Gutachternamen nichts mehr für sich ableiten. Er hat sich bei Notwendigkeit mit der Möglichkeit zu rechtzeitigen - Ausstandsbegehren zu Einwendungen gegen bestimmte Gutachter im Rahmen der materiellen Fallbeurteilung bzw. Beweiswürdigung zur Wehr zu setzen. Der zweite Formfehler im Gutachten, nämlich dass die eigenhändige Unterschrift in einem Teilgutachten fehlt und durch jene des Co-Gutachters ersetzt worden und auch der multidisziplinäre Konsens nicht von beiden beteiligten Gutachten unterschrieben worden ist, dürfte von der IV-Stelle grundsätzlich nicht einfach hingenommen werden. Nachdem eine Rüge fehlt und wie zu zeigen ist - der Verfahrensausgang die Bedeutung des Gutachtens relativiert, ist von einer Korrektur abzusehen.
2.
Die Beschwerdeführerin hält dafür, dass zu früh und zu Unrecht, ohne dass vorgängige Eingliederungsmassnahmen verfügt worden seien, über das Rentengesuch verfügt worden sei. Tatsächlich bestehen aufgrund der nach Verfügungserlass weitergeführten medizinischen Abklärungen und der gesamten medizinischen Aktenlage erhebliche Zweifel, ob der rechtserhebliche Sachverhalt überhaupt korrekt hat gewürdigt werden können, nachdem noch keine abgeschlossene medizinischen Entwicklung und keine definitiven Aussagen über die Schmerzursachen möglich waren. Die Frage kann jedoch offen bleiben, weil die Verfügung in jedem Fall aufzuheben ist, wie sich aus dem Folgenden ergibt.
3.
Obwohl nach der medizinischen Aktenlage unzweifelhaft feststeht, dass die Beschwerdeführerin seit dem 9. August 2003 bis jedenfalls "Sommer 2005" (IV-act. 30-19; IV-act. 28) 100% arbeitsunfähig war, hat die Beschwerdegegnerin übersehen, dass nach Ablauf des Wartejahres im besagten Rahmen eine ganze Invalidenrente hätte zugesprochen werden müssen. Die Sache ist daher zur näheren Festlegung der
Rentenberechtigung in zeitlicher und quantitativer Hinsicht an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen.
4.
Zweckmässigerweise wird die Beschwerdegegnerin vor der neuen Verfügung den aktuellen Verlauf der Abklärungen und medizinischen Massnahmen genau verfolgen und in geeigneter Weise überprüfen lassen, ob sich aus der nach dem ABI-Gutachten vom August 2006 eingetretenen Entwicklung und den nachträglichen ärztlichen Einschätzungen ihre bisherige Annahme einer nur 28%igen Invalidität wird aufrechterhalten lassen. Hinzu kommt, dass die Schlussfolgerungen des ABIGutachtens vom 31. August 2006 nicht in allen Teilen überzeugen. Die Verneinung jeder somatischen Schmerzursache vor dem Hintergrund einer doch gravierenden Rückenverletzung ist nicht ohne weiteres schlüssig. Auch kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die orthopädische Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit mit 20%
ohne triftige Begründung von den Annahmen des Unfallversicherers (25%) abweicht, der darauf gestützt zu einer Invalidität von 36% gelangt ist und auf diesen Grundlagen noch am 6. Januar 2006 verfügt hat, wobei erst noch eine allfällige psychiatrische Invaliditätskomponente wegen bestrittener Unfallkausalität aus der Invaliditätsberechnung herausfiel. Auch wenn im vorliegenden Fall eine förmliche Bindungswirkung an Entscheidungen der Unfallversicherung aus verschiedenen Gründen nicht zur Debatte stehen kann (BGE 133 V 549), so ist doch die Aussagekraft des SUVA-Dossiers im IV-Verfahren zu überprüfen und zu würdigen, wenn man es wie in diesem Fall schon unbedingt beiziehen muss. Schliesslich räumt auch die Beschwerdegegnerin in ihrer Beschwerdeantwort ein, dass weitere Untersuchungen zeigen würden, ob mit einer Implantatentfernung eine Schmerzlinderung herbeigeführt werden könnte. Sie hält also selber weder den medizinischen Erkenntnisstand über die Schmerzursachen noch den Leidensverlauf für abschliessend geklärt. Daher kann es sich allenfalls aufdrängen, eine weitere Begutachtung anzuordnen.
5.
Da die Beschwerdegegnerin unterliegt, sind ihr grundsätzlich die Gerichtskosten in Höhe von Fr. 600.-aufzuerlegen. Die Beschwerdeführerin hat Anspruch auf eine Parteientschädigung. Der Verfahrensausgang, die Bedeutung der Streitsache und die Schwierigkeiten des Prozesses rechtfertigen eine ungekürzte, durchschnittliche Parteientschädigung, die auf pauschal Fr. 3'500.-- (inklusive Barauslagen und Mehrwertsteuer) festzusetzen ist. Der Beschwerdeführerin ist der geleistete Kostenvorschuss von Fr. 600.-zurückzuerstatten.
Demgemäss hat das Versicherungsgericht
im Zirkulationsverfahren gemäss Art. 53 GerG entschieden:
In teilweiser Gutheissung der Beschwerde wird die Verfügung vom 7. September 2007 aufgehoben und die Streitsache wird zur neuen Verfügung im Sinne der Erwägungen an die Beschwerdegegnerin zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten von Fr. 600.-werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.
Die Beschwerdegegnerin bezahlt der Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung
von Fr. 3'500.--.
Der Beschwerdeführerin wird der geleistete Kostenvorschuss von Fr. 600.--
zurückerstattet.
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
Hier geht es zurück zur Suchmaschine.