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Urteil Versicherungsgericht (SG)

Zusammenfassung des Urteils EL 2016/21: Versicherungsgericht

Unzulässige Rückforderung ordentlicher und ausserordentlicher Ergänzungsleistungen ohne vorgängige Korrektur der fehlerhaften Leistungsverfügung. Das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen hat am 20. Dezember 2017 entschieden, dass die Rückforderung von Ergänzungsleistungen zur AHV zurückgewiesen wird. Die Beschwerdeführerin lebte mit ihrem Sohn zusammen, was zu einer Anpassung der Leistungen geführt hat. Die Beschwerdeführerin hat Einspruch eingelegt und argumentiert, dass ihr Sohn finanziell nicht in der Lage war, sich an den Mietkosten zu beteiligen. Das Gericht hat festgestellt, dass die Korrektur der Leistungsverfügungen nicht ordnungsgemäss erfolgt ist und die Rückforderung somit unrechtmässig ist. Der Fall wird zur weiteren Abklärung an die Beschwerdegegnerin zurückverwiesen.

Urteilsdetails des Kantongerichts EL 2016/21

Kanton:SG
Fallnummer:EL 2016/21
Instanz:Versicherungsgericht
Abteilung:EL - Ergänzungsleistungen
Versicherungsgericht Entscheid EL 2016/21 vom 20.12.2017 (SG)
Datum:20.12.2017
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 25 Abs.1 Satz 1 ATSG, Art. 43 Abs. 1 ATSG, Art. 17 Abs. 2 ATSG, Art. 25
Schlagwörter : Ergänzungsleistung; Ergänzungsleistungen; EL-act; Rückforderung; Mietzins; Korrektur; Haushalt; Einsprache; Sachverhalt; Einspracheentscheid; Leistung; Verfügung; Person; Anspruch; Erlass; Rückforderungsverfügung; Wohnung; Radio; Nebenkosten; Haushaltshilfe; Sachverhalts; -Zimmerwohnung; EL-Durchführungsstelle; Quot;
Rechtsnorm:Art. 17 ATSG ;Art. 25 ATSG ;Art. 43 ATSG ;Art. 53 ATSG ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017

Entscheid des Kantongerichts EL 2016/21

ELV, Art. 13 ELG/SG, Art. 25 ELG/SG.Unzulässige Rückforderung ordentlicher und ausserordentlicher Ergänzungsleistungen ohne vorgängige Korrektur der fehlerhaften Leistungsverfügung, so dass entsprechende Leistungen immer noch i.S.v. Art. 25 Abs. 1 Satz 1 ATSG rechtmässig sind. Rückweisung zur weiteren Sachverhaltsabklärung und anschliessendem Erlass einer Korrekturund einer Rückforderungsverfügung (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 20. Dezember 2017, EL 2016/21).

Entscheid vom 20. Dezember 2017

Besetzung

Präsident Ralph Jöhl, Versicherungsrichterinnen Monika Gehrer-Hug und Karin Huber-

Studerus; Gerichtsschreiberin Annemarie Haase Geschäftsnr.

EL 2016/21

Parteien

  1. ,

    Beschwerdeführerin,

    vertreten durch B. , gegen

    Sozialversicherungsanstalt des Kantons St. Gallen, Ausgleichskasse, Brauerstrasse 54, Postfach, 9016 St. Gallen,

    Beschwerdegegnerin,

    Gegenstand

    Rückforderung von Ergänzungsleistungen zur AHV Sachverhalt

    A.

    A.a A. bezog seit langem Ergänzungsleistungen (EL) zu ihrer AHV-Rente (vgl. ELact. 110 f.). Zunächst lebte sie in einer 4-Zimmerwohnung in C. (EL-act. 110 S. 15, 111). Per 1. November 2006 zog sie in eine 1-Zimmerwohnung in D. (EL-act. 92) und per 16. Januar 2007 in eine 2,5-Zimmerwohnung in C. (EL-act. 88). Seit dem 1. Februar 2008 bewohnte die Versicherte eine 4-Zimmerwohnung an der E. in D. (EL-act. 61). Auf die Wohnungswechsel reagierte die EL-Durchführungsstelle stets mit Revisionsverfügungen, in denen sie den anzurechnenden Mietzins in der ELAnspruchsberechnung jeweils entsprechend anpasste (vgl. EL-act. 80, 86, 91). Ab dem

    1. Januar 2011 hatte die Versicherte einen Anspruch auf ordentliche EL von Fr. 1'187.-- und auf ausserordentliche EL (AEL) von Fr. 350.-pro Monat (EL-act. 71). Per 1. Juni 2011 passte die EL-Durchführungsstelle das Vermögen und den Vermögensertrag der Versicherten an, was jedoch keinen Einfluss auf den EL-Anspruch hatte (EL-act. 54).

    1. Im Rahmen der periodischen Überprüfung der EL 2011 machte die Versicherte am

      24. Juni 2011 zu der Anzahl der in ihrem Haushalt lebenden Personen keine Angaben (EL-act. 62). Bei den vorherigen periodischen Überprüfungen hatte sie stets erklärt, alleine zu leben (vgl. EL-act. 85, 99). Am 11. August 2011 unterschrieb die Versicherte einen Mietvertrag für eine 3,5-Zimmerwohnung an der F. in C. , gemäss welchem

      ab Dezember 2011 ein monatlicher Bruttomietzins von Fr. 1'480.-geschuldet war (ELact. 55). Unter Berücksichtigung dieses Mietzinses ergab sich ab dem 1. Dezember 2011 ein Anspruch auf ordentliche EL von monatlich Fr. 1'217.-- und auf ausserordentliche EL (AEL) von Fr. 360.-sowie ab dem 1. Januar 2012 auf ordentliche EL von Fr. 1'230.-- und auf AEL von Fr. 360.-- (EL-act. 49). Ab dem 1. Januar 2013 hatte die Versicherte einen monatlichen Anspruch auf ordentliche EL von Fr. 1'235.-- und auf AEL von Fr. 360.--, ab dem 1. Januar 2014 auf ordentliche EL von Fr. 1'247.-- und auf AEL von Fr. 360.-- und ab dem 1. Januar 2015 auf ordentliche EL von Fr. 1'264.-- und auf AEL von Fr. 360.-- (EL-act. 40, 43, 46).

    2. Im Rahmen der periodischen Überprüfung der Ergänzungsleistungen im August 2015 wurde aufgrund einer Information des Einwohneramtes C. angegeben, dass die Versicherte seit 2006 mit ihrem Sohn G. zusammenlebe (EL-act. 31 S. 3). Aus einem dem Revisionsformular beigelegten Dokument ging hervor, dass G. am 11. Oktober 2006 nach D. gezogen war und seit dem 30. Dezember 2011 wieder in C. lebte (EL-act. 35). In einem Schreiben an die AHV-Zweigstelle vom 24.

      September 2015 bestätigte B. , dass sein Bruder G. bei der Versicherten wohnhaft sei. Allerdings, so erklärte er, müsse sich G. nicht an der Miete beteiligen, da er über fast kein Einkommen verfüge und finanziell kaum für sich selbst sorgen könne. So könne er sich keine Haftpflichtversicherung leisten und die Kosten für seine Krankenversicherung müssten von der SVA übernommen werden. Da er vom Sozialamt kein Geld erhalte, habe die Versicherte ihn aufgenommen. Im Gegenzug gehe er ihr bei Tätigkeiten zur Hand, die sie aufgrund ihres hohen Alters nicht mehr eigenständig erledigen könne. Daher sei es nicht gerechtfertigt, nur die Hälfte des Mietzinses als Ausgabe der Versicherten zu berücksichtigen (EL-act. 29). Daraufhin erkundigte sich die EL-Durchführungsstelle am 2. November 2015, bei welchen Tätigkeiten G. die Versicherte unterstütze und wie viel Zeit er wöchentlich bzw. täglich dafür aufwende (EL-act. 28). Die Versicherte führte dazu am 13. November 2015 aus, ihr Sohn G. erhalte von ihr für 12 Stunden Arbeit (Waschen, Kochen, Putzen, Einkaufen) im Monat Fr. 300.--. Dieser Betrag werde ihr von der SVA im Rahmen der Krankheitsund Behinderungskosten zurückbezahlt. Ohne ihren Sohn müsste sie in ein Altersheim ziehen (EL-act. 27).

    3. In einer internen Notiz der EL-Durchführungsstelle wurde durch den zuständigen Sachbearbeiter festgehalten, dass G. gemäss einem Telefonat mit dem Einwohneramt C. vom 2. Dezember 2015 seit dem 1. Dezember 2011 in der Wohnung der Versicherten gemeldet sei. Zu einer Rückfrage beim Einwohneramt D. am 8. Dezember 2015 wurde festgehalten "G. war vom 13. Oktober 2006 bis 30. November 2011 letztmals E. gemeldet" (EL-act. 26).

    4. Mit einer Verfügung vom 10. Dezember 2015 setzte die EL-Durchführungsstelle den EL-Anspruch der Versicherten rückwirkend ab dem 1. Januar 2011 neu fest. Sie berücksichtigte dabei jeweils nur noch den hälftigen Mietzins als Ausgabe. Zur Begründung führte sie aus, ihre Recherchen hätten ergeben, dass G. schon seit langem, mindestens seit den letzten fünf Jahren im Haushalt der Versicherten lebe. Weil vorbehaltlich der fünfjährigen Verjährungsfrist unrechtmässig bezogene Leistungen zurückzuerstatten seien, erfolge die Korrektur per 1. Januar 2011. Demnach hatte die Versicherte ab dem 1. Januar 2011 und dem 1. Juni 2011 einen monatlichen Anspruch auf ordentliche EL von Fr. 812.--, ab dem 1. Dezember 2011 auf Fr. 847.--, ab dem 1. Januar 2012 auf Fr. 860.--, ab dem 1. Januar 2013 Fr. 865.--, ab dem 1. Januar 2014 auf Fr. 877.-- und ab dem 1. Januar 2015 auf Fr. 895.--. Ein Anspruch auf AEL bestand ab dem 1. Januar 2011 nicht mehr. Die EL-Durchführungsstelle forderte die somit von Januar 2011 bis Dezember 2015 zu viel bezogenen AEL von Fr. 21'490.-- und die zu viel bezogenen ordentlichen EL in Höhe von Fr. 22'243.--, also insgesamt Fr. 43'733.-zurück (EL-act. 25). Gegen diese Verfügung liess die Versicherte am 4. Januar 2016 eine Einsprache erheben und sinngemäss die Anrechnung des gesamten Mietzinses sowie den Erlass der Rückforderung beantragen. Zur Begründung liess sie ausführen, ihr Sohn G. verfüge aufgrund seiner Arbeitslosigkeit über keine finanziellen Mittel und könne sich deshalb nicht an der Bezahlung des Mietzinses beteiligen. Daher sei sie davon ausgegangen, dass sie ihn im Formular der periodischen Überprüfung nicht habe aufführen müssen. Sie habe nicht absichtlich täuschen wollen, schliesslich habe sie auch auf den monatlichen Abrechnungen der privaten Haushaltshilfe zur EL stets die korrekte Wohnadresse ihres Sohnes aufgeführt. Die für die Mietzinsaufteilung anzuwendende Gesetzesbestimmung setze voraus, dass die im Haushalt lebenden Personen die Möglichkeit hätten, ihren Anteil am Mietzins zu begleichen. Dies sei bei ihrem Sohn G. nicht der Fall. Dafür habe er jedoch in den letzten Jahren Haushaltshilfe geleistet, weshalb sie die Spitex nicht mehr habe in

      Anspruch nehmen müssen. Unabhängig davon, ob G. bei ihr wohne, müsse sie den vollen Mietzins bezahlen. Zudem sei sie nicht in der Lage, die Rückforderung in Höhe von insgesamt Fr. 43'733.-zu bezahlen (EL-act. 13).

    5. Mit einem Einspracheentscheid vom 9. März 2016 wies die EL-Durchführungsstelle die Einsprache der Versicherten ab. Sie begründete dies damit, dass eine Mietzinsaufteilung unabhängig von der finanziellen Situation von G. habe erfolgen müssen, da es unbestritten sei, dass er seit Oktober 2006 im gleichen Haushalt wie die Versicherte wohne, keinen EL-Anspruch habe und nicht in die EL-Berechnung eingeschlossen sei. Sollte es G. tatsächlich nicht möglich gewesen sein, den Mietzins zu bezahlen, so hätte er bei der Sozialhilfe um Unterstützung bitten müssen. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass er durch die Mitarbeit im Haushalt höhere Spitexkosten habe vermeiden können. Die Kosten der Haushaltshilfe seien überdies durch die EL-Durchführungsstelle bereits abgegolten worden und eine Haushaltshilfe müsse nicht zwingend im gleichen Haushalt wie die zu unterstützende Person leben. Die rückwirkende Anpassung der Ergänzungsleistungen per 1. Januar 2011 sowie die Rückforderung der seitdem zu viel ausbezahlten Ergänzungsleistungen seien deshalb rechtmässig erfolgt. Weiter machte die EL-Durchführungsstelle Ausführungen zu einem allfälligen Erlass der Rückforderung (EL-act. 7).

B.

    1. In der dagegen erhobenen Beschwerde vom 8. April 2016 liess die Versicherte (nachfolgend Beschwerdeführerin) sinngemäss die Aufhebung des Einspracheentscheids sowie den Verzicht auf eine Mietzinsaufteilung beantragen. Dazu liess sie ergänzend zu ihrer Begründung in der Einsprache ausführen, dass sich ihre finanziellen Verhältnisse trotz des Auszuges ihres Sohnes G. per 1. Februar 2016 nicht geändert hätten, da sie weiterhin alleine für den Mietzins aufkommen müsse. Sie habe sich nichts zu Schulden kommen lassen und erwarte eine anständige und faire Behandlung (act. G 1).

    2. Die EL-Durchführungsstelle (nachfolgend Beschwerdegegnerin) beantragte am 20. April 2016 die Abweisung der Beschwerde. Sie verwies zur Begründung auf die Erwägungen im Einspracheentscheid (act. G 3).

    3. Am 28. Juni 2017 forderte das Gericht die Akten betreffend die Krankheitsund Behinderungskosten ab dem 29. August 2005 an, weil es sich dadurch weitere Informationen über die Wohnsituation der Beschwerdeführerin und ihres G. erhoffte. Die Beschwerdegegnerin reichte die angeforderten Akten am 28. Juni 2017 ein (act. G 7 f.).

    4. Die Beschwerdeführerin liess dazu am 31. August 2017 u.a. eine Verfügung vom 9. August 2016 einreichen, gemäss welcher sie seit dem 1. April 2015 mittelgradig hilflos sei und deshalb seitdem einen Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung habe. Diesen Anspruch, so führte sie aus, hätte sie bereits früher geltend machen können. Da sie jedoch in der Vergangenheit monatlich Fr. 300.-erhalten habe, habe sie sich damit begnügt und den zusätzlichen Lohn für ihren Sohn G. aus eigener Tasche bezahlt, weil sie von der SVA nicht noch mehr Geld habe fordern wollen. Sie habe keine rechtlichen Kenntnisse und sie habe nie aus betrügerischer Gesinnung Geld eingefordert. Für sie sei es selbstverständlich gewesen, ihren ausgesteuerten und arbeitslosen Sohn bei sich aufzunehmen und ihn für seine Hilfe im Haushalt zu bezahlen (act. G 11).

    5. Am 7. September 2017 informierte das Gericht die Beschwerdeführerin darüber, dass ihr möglicherweise aufgrund der irrtümlich durch die Beschwerdegegnerin in der EL-Anspruchsberechnung im Rahmen des Mietzinses bzw. der Nebenkostenpauschale berücksichtigten Kosten für Radio und TV von Januar bis November 2011 ein niedrigerer Mietzins angerechnet werden müsse, was zu einer Erhöhung der Rückforderung führen könnte (act. G 13).

    6. Die Beschwerdeführerin liess zu dieser reformatio in peius-Androhung am 23. September 2017 dahingehend Stellung nehmen, dass sie betonte, ihre Mietverträge jeweils an die Beschwerdegegnerin geschickt zu haben. Man könne nicht von ihr verlangen, dass sie wisse, dass die EL die Gebühren für Radio/TV nicht über den Mietzins vergüte, weshalb sie die Beschwerdegegnerin auf diesbezügliche eventuelle Fehler auch nicht habe aufmerksam machen können. Ausserdem sei ihr Anschluss plombiert worden, weshalb sie effektiv keine TVund Radiogebühren über die Nebenkosten bezahlt habe. Sie habe stattdessen einen Vertrag mit der H. gehabt, den sie selber habe bezahlen müssen. Dass ihr Vermieter ihr irrtümlich TVund

Radiogebühren angerechnet habe, gehe aus der beigelegten Heizkostenabrechnungskorrektur für den Zeitraum vom 1. Juli 2012 bis 30. Juni 2013 hervor. Sie habe sogar Fr. 400.30 nachzahlen müssen. Die Beschwerdegegnerin habe die Nebenkosten also ohnehin zu niedrig angerechnet. Somit hätten die im Mietvertrag bei den Nebenkosten angegebenen TVund Radiogebühren keinen Einfluss auf die Beschwerde. Die Beschwerdeführerin liess deshalb sinngemäss an der Beschwerde festhalten (act. G 14).

Erwägungen

1.

Mit der Verfügung vom 10. Dezember 2015 hat die Beschwerdegegnerin Ergänzungsleistungen zurückgefordert, worauf die Beschwerdeführerin eine Einsprache erhoben und dabei auch ein Erlassgesuch gestellt hat (EL-act. 13). Auf dieses Gesuch ist die Beschwerdegegnerin im angefochtenen Einspracheentscheid mit der Begründung, die Voraussetzungen für einen Erlass könnten erst nach Eintritt der Rechtskraft des Einspracheentscheides über die Rückforderung der Ergänzungsleistungen geprüft werden, zu Recht nicht eingetreten. Bei ihren weiteren Ausführungen zum Erlass kann es sich deshalb nur um ein obiter dictum gehandelt haben (EL-act. 7). Die Beschwerdeführerin hat sich in ihrer Beschwerde gegen den Einspracheentscheid auch zur Frage der Gutgläubigkeit beim Bezug unrechtmässiger Ergänzungsleistungen geäussert (act. G 1). Es ist anzunehmen, dass die Beschwerdeführerin die als obiter dictum gedachten Ausführungen zum Erlass im angefochtenen Einspracheentscheid fälschlicherweise als Teil des eigentlichen Entscheides qualifiziert hat, weshalb sie auch diesen Teil des Einspracheentscheides hat anfechten wollen. Weil der Streitgegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens aber qualitativ nicht vom Inhalt des angefochtenen Einspracheentscheides abweichen kann und weil in diesem Entscheid explizit von einem Eintreten auf das Erlassgesuch der Beschwerdeführerin abgesehen worden ist, kann auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin, soweit darin der Erlass der Rückforderung beantragt wird, nicht eingetreten werden.

2.

    1. Mit der Verfügung vom 10. Dezember 2015 bzw. mit dem Einspracheentscheid vom 9. März 2016 hat die Beschwerdegegnerin die seit dem 1. Januar 2011 zu viel bezogenen ordentlichen Ergänzungsleistungen in Höhe von Fr. 22'243.-- und die zu viel bezogenen ausserordentlichen Ergänzungsleistungen in Höhe von Fr. 21'490.-zurückgefordert. Damit liegen zwei voneinander zu trennende Entscheidgegenstände vor, nämlich die Rückforderung ordentlicher und die Rückforderung ausserordentlicher Ergänzungsleistungen. Somit sind am 10. Dezember 2015 genau genommen nicht nur eine, sondern zwei Rückforderungsverfügungen (und dementsprechend auch zwei Einspracheentscheide) erlassen worden, nämlich eine Rückforderungsverfügung betreffend die ordentlichen Ergänzungsleistungen, auf die das Verwaltungsverfahrensrecht des Bundes anzuwenden ist, und eine Rückforderungsverfügung betreffend die ausserordentlichen Ergänzungsleistungen, für die das kantonale Verwaltungsverfahrensrecht massgebend ist. Zum Erlasszeitpunkt der angefochtenen Rückforderungsverfügung betreffend die ausserordentlichen Ergänzungsleistungen, also am 10. Dezember 2015, hat noch die Fassung des St. Gallischen Ergänzungsleistungsgesetzes (sGS 351.5; ELG/SG) des Jahres 2015 Geltung gehabt. In der seit dem 1. Januar 2016 geltenden, aktuellen Fassung des St. Gallischen Ergänzungsleistungsgesetzes sind keine ausserordentlichen Ergänzungsleistungen mehr vorgesehen. Die Übergangsbestimmung im geltenden Art. 25 ELG/SG enthält nur die Anordnung einer Besitzstandgarantie für die Personen, die am 31. Dezember 2015 eine ausserordentliche Ergänzungsleistung bezogen haben. Aus Gleichbehandlungsgründen muss aber lückenfüllend - davon ausgegangen werden, dass eine übergangsrechtliche Bestimmung besteht, laut der das ausser Kraft gesetzte Recht für die Sachverhalte, die sich vor dem Inkrafttreten der geltenden Fassung des ELG/SG abgespielt haben, weiterhin anwendbar ist. Daraus folgt, dass weiterhin gemäss dem Art. 13 Abs. 1 lit. c ELG/SG für die Rückforderung vor dem 1. Januar 2016 unrechtmässig bezogener ausserordentlicher Ergänzungsleistungen die Bestimmungen der Bundesgesetzgebung über die Ergänzungsleistungen und über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (als kantonales "Ersatzrecht") anwendbar sind.

    2. Ergänzungsleistungen (unabhängig davon, ob es sich dabei um ordentliche ausserordentliche handelt) können nicht ohne Weiteres zurückgefordert werden, da sie gestützt auf formell rechtskräftige, einen entsprechenden Leistungsanspruch

begründende Verfügungen ausgerichtet worden sind, und deshalb rechtmässig gewesen sind. Eine Rückforderung setzt eine Korrektur der fehlerhaften leistungszusprechenden Verfügung, hier eine rückwirkende revisionsweise Herabsetzung der (ordentlichen ausserordentlichen) Ergänzungsleistungen, voraus. Erst dadurch verwandelt sich der bis dahin rechtmässige in einen unrechtmässigen Bezug i.S. von Art. 25 Abs. 1 Satz 1 des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (SR 830.1; ATSG). Der Verfügung vom

10. Dezember 2015 ist nicht zu entnehmen, dass eine Korrektur früherer Leistungsverfügungen erfolgt wäre. Auch der Wortlaut des angefochtenen Einspracheentscheides vom 9. März 2016 enthält nicht den geringsten Hinweis darauf, dass der Rückforderung die Herabsetzung Aufhebung früherer, formell rechtskräftiger Leistungsverfügungen vorausgegangen wäre. Das Versicherungsgericht St. Gallen geht praxisgemäss davon aus, dass Rückforderungsverfügungen und einspracheentscheide in aller Regel entgegen ihrem unvollständigen Wortlaut eine dem konkreten Sachverhalt angepasste Korrektur der früheren Leistungsverfügungen enthalten (vgl. etwa den Entscheid des Versicherungsgerichts St. Gallen vom 26. August 2009, EL 2009/10, E. 2.1). Die Frage, welche Art von Korrektur erfolgt ist, lässt sich nur beantworten, wenn feststeht, ab wann eine allfällige Korrektur der Leistungsverfügungen erfolgt ist. Das ATSG sieht nämlich verschiedene Korrekturinstrumente vor: Gemäss dem Art. 17 Abs. 2 ATSG werden formell rechtskräftig zugesprochene Dauerleistungen revisionsweise erhöht, herabgesetzt aufgehoben, wenn sich der ihr zugrunde liegende Sachverhalt nachträglich erheblich verändert hat. Der Art. 53 Abs. 2 ATSG sieht ein Zurückkommen auf eine formell rechtskräftige Verfügung im Sinne einer Wiedererwägung dann vor, wenn diese Verfügung zweifellos unrichtig und wenn ihre Berichtigung von erheblicher Bedeutung ist. Ob eine Wiedererwägung eine Revision vorgenommen wird, hängt also davon ab, ob bereits die erstmalige Leistungszusprache falsch gewesen ist (Wiedererwägung) ob sich nach der erstmaligen Leistungszusprache eine Veränderung des Sachverhalts zugetragen hat, die der Beschwerdegegnerin mit Verspätung zur Kenntnis gelangt ist (rückwirkende Revision). Deshalb muss ermittelt werden, ob bereits die erstmalige Leistungszusprache auf einem unzutreffenden Sachverhalt beruhte ob die formell rechtskräftige bzw. die sich auf diese erstmalige Leistungszusprache abstützenden Revisionsverfügungen ab einem bestimmten Zeitpunkt falsch gewesen

sind, weil eine nachträgliche Veränderung des anspruchsbegründenden Sachverhalts als Folge einer Meldepflichtverletzung nicht hat revisionsweise umgesetzt werden können.

3.

    1. Die Beschwerdegegnerin hat angegeben, der Grund für die Rückforderung sei die

      Tatsache, dass die Beschwerdeführerin bereits seit geraumer Zeit mit ihrem Sohn G. zusammengelebt habe. Sie hat allerdings nicht ausgeführt, ab welchem Zeitpunkt diese zwei Personen im selben Haushalt gelebt haben (vgl. EL-act. 25). Gemäss Art. 10 Abs. 1 lit. b des Bundesgesetzes über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenenund Invalidenversicherung (SR 831.30; ELG) werden der Mietzins der Wohnung und die damit zusammenhängenden Nebenkosten als

      Ausgaben anerkannt. Werden Wohnungen auch von Personen bewohnt, welche nicht in die EL-Berechnung eingeschlossen sind, ist der Mietzins auf die einzelnen Personen aufzuteilen, wobei die Mietzinsanteile der Personen, welche nicht in die EL-Berechnung eingeschlossen sind, bei der Berechnung der jährlichen Ergänzungsleistungen ausser Betracht gelassen werden (Art. 16 c der Verordnung über die Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenenund Invalidenversicherung [SR 831.301; ELV]). Die Anrechnung des Mietzinses soll ausschliesslich den existentiellen Wohnbedarf einer ELbeziehenden Person decken und kann deshalb nicht den Sinn und Zweck haben, die Wohnkosten von nicht anspruchsberechtigten Personen, die nicht in der ELBerechnung eingeschlossen sind, zu übernehmen. Dies gilt auch, wenn eine ELbeziehende Person vom Mitbewohner keinen Mietzinsanteil verlangt, weil dieser ihn betreut, da mit dem Absehen von einer Mietzinsaufteilung indirekt - nicht die für die EL-beziehende Person erbrachten Betreuungsleistungen vergütet werden dürfen (vgl. Ent¬scheid des Versicherungsgerichts St. Gallen vom 25. August 2015, EL 2014/9, E. 3 und das diesen Entscheid stützende Urteil des Bundesgerichts vom 17. Juni 2016, 9C_698/ 2015). Grundsätzlich hat also für die Zeit, in der die Beschwerdeführerin ihre Wohnung mit einer nicht in die EL-Berechnung einbezogenen Person im konkreten Fall handelt es sich dabei wohl um ihren Sohn G. geteilt hat, eine Mietzinsaufteilung vorgenommen werden müssen. Eine nachträgliche, rückwirkende Korrektur der bereits formell rechtskräftigen Leistungsverfügungen, mit denen ordentliche und ausserordentliche Ergänzungsleistungen zugesprochen worden waren,

      müsste also ab dem Zeitpunkt vorgenommen worden sein, ab dem die Beschwerdeführerin mit ihrem Sohn G. zusammengezogen ist.

    2. Die Beschwerdegegnerin hat ab dem 1. Januar 2011 ordentliche und ausserordentliche Ergänzungsleistungen zurückgefordert. Den Akten ist jedoch nicht zu entnehmen, dass die eine Mietzinsaufteilung erfordernde Sachverhaltsveränderung, nämlich der Zuzug von G. , am 1. Januar 2011 eingetreten wäre. Dieser Zeitpunkt ist von der Beschwerdegegnerin vielmehr gewählt worden, weil die ordentlichen und ausserordentlichen Ergänzungsleistungen aufgrund der fünfjährigen Verwirkungsfrist gemäss Art. 25 Abs. 2 ATSG mit der Verfügung vom 10. Dezember 2015 nur für die Zeit ab dem 1. Januar 2011 haben zurückgefordert werden können (vgl. EL-act. 25). Ob die Verfügung vom 10. Dezember 2015 dennoch eine Korrekturverfügung enthält, ist durch eine Auslegung dieser Verfügung zu ermitteln. Dazu ist zunächst der Zeitpunkt des Eintritts der für die Korrektur massgeblichen Sachverhaltsveränderung, also des Zuzugs des Sohnes G. , zu bestimmen.

      1. Die Beschwerdegegnerin hat im Rahmen des angefochtenen Einspracheentscheides erklärt, es sei unbestritten, dass G. seit Oktober 2006 im gleichen Haushalt wie die Beschwerdeführerin gelebt habe (EL-act.7). Tatsächlich ist dem Formular zur periodischen Überprüfung der Ergänzungsleistungen 2015 zu entnehmen, dass G. bereits seit dem 12. Oktober 2006 bei der Beschwerdeführerin gewohnt haben soll (EL-act. 31, 35). Die Beschwerdeführerin hat dies nie auch nicht in ihrer Beschwerde bestritten. Allerdings gilt im Verwaltungsrecht der Untersuchungsgrundsatz. Dass eine Tatsachenbehauptung unbestritten geblieben ist, befreit daher nicht von der Pflicht, den Sachverhalt objektiv zu ermitteln.

      2. In einer internen Notiz hat die Sachbearbeitung der Beschwerdegegnerin festgehalten, man habe im Rahmen eines Telefonats mit einer Mitarbeiterin des Einwohneramtes C. vom 2. Dezember 2015 erfahren, dass G. seit dem 1. Dezember 2011 in der Wohnung der Beschwerdeführerin gemeldet gewesen sei. Eine telefonische Anfrage beim Einwohneramt D. vom 8. Dezember 2015 habe ergeben, dass G. vom 13. Oktober 2006 bis 30. November 2011 in D. gemeldet gewesen sei, letztmals an der E. (vgl. EL-act. 26, siehe auch act. G 8.1/16). Zu den genannten Telefongesprächen liegen weder von den entsprechenden Mitarbeitern der beiden

        Einwohnerämter unterzeichnete Telefonnotizen noch entsprechende Schreiben der Beschwerdegegnerin vor, welche die festgehaltenen Aussagen bestätigen würden. Die interne Notiz der Beschwerdegegnerin hat deshalb in Bezug auf die angeblich geführten Telefonate keinen ausreichenden Beweiswert. Somit sind die übrigen dem Gericht vorliegenden Akten zu Rate zu ziehen: Zum EL-Anspruchsbeginn im Jahr 1998 hat die Beschwerdeführerin an der I. in C. gewohnt (EL-act. 110). Gemäss einem dem Formular zur periodischen Überprüfung beigelegten Dokument, welches angeblich vom Einwohneramt C. stammt (dergleichen ist dem Dokument jedoch nicht zu entnehmen), ist G. am 12. Oktober 2006 von C. nach D. und am 30. Dezember 2011 wieder nach C. gezogen (EL-act. 35). Tatsächlich ist G. gemäss der Abrechnung für die private Haushaltshilfe im Juli 2006 am 1. September 2006 an der J. in C. wohnhaft gewesen (act. G 8.1/110 S. 6). Es muss also davon ausgegangen werden, dass die Beschwerdeführerin und G. im September 2006 (noch) nicht zusammengelebt haben. Die Beschwerdeführerin ist per November 2006 in eine 1-Zimmerwohnung an der K. in D. gezogen (EL-act. 92). Der Abrechnung für die private Haushaltshilfe im August, September und Oktober 2006, die mit dem 16. Dezember 2006 datiert worden ist, ist zu entnehmen, dass G. sicher am 16. Dezember 2006 ebenfalls an der K. in D. gewohnt hat (act. G 8.1/108 S. 4). Diese Abrechnung vermag jedoch nur zu belegen, dass G. am 16. Dezember 2006 an dieser Adresse in D. gewohnt hat. Seit wann dies der Fall gewesen ist und ob er im selben Haushalt wie die Beschwerdeführerin gelebt hat, lässt sich der Abrechnung nicht entnehmen. Es ist jedoch grundsätzlich möglich, dass G. trotz der geringen Wohnungsgrösse (vgl. EL-act. 13, 29) tatsächlich mit der Beschwerdeführerin in einem Haushalt gelebt hat. Selbst wenn man von dieser Sachverhaltsvariante ausginge, bliebe anhand der Akten aber der Zeitpunkt eines allfälligen Zusammenzugs ungewiss. Die Beschwerdegegnerin ist aufgrund der Notiz über das Gespräch mit dem Einwohneramt D. vom 8. Dezember 2015 und einem dem Revisionsformular beigelegten Dokument vom 28. September 2015 (EL-act. 26, 34) offenbar davon ausgegangen, dass G. bereits seit dem 13. Oktober 2006 in D. gemeldet gewesen sei. In diesem Fall stellt sich jedoch die Frage, wo in D. G. während der Zeit vor dem Mietbeginn der Beschwerdeführerin (1. November 2006) gewohnt hat bzw. wann er an die K. gezogen ist. Es ist grundsätzlich möglich, dass G. von Anfang an in einer anderen Wohnung an der K. und gar nie (auch nicht am 16.

        Dezember 2006) in der 1-Zimmerwohnung der Beschwerdeführerin gewohnt hat. Am

        16. Januar 2007 ist die Beschwerdeführerin jedenfalls in eine 2,5-Zimmerwohnung an der L. in C. umgezogen. Obwohl diese Wohnung aufgrund ihrer Grösse besser für ein Zusammenleben mit G. geeignet gewesen ist als die 1-Zimmerwohnung an der K. , hat die Beschwerdeführerin im Mietvertrag angegeben, alleine zu leben (ELact. 88). Die Haushaltshilfe ist von Januar bis Oktober 2007 von B. erbracht worden, weshalb die Abrechnungen für die Haushaltshilfe keinen Hinweis auf die Adresse von G. enthalten (act. G 8.1/ 102, 104, 106). Das Einwohneramt D. hat offenbar angegeben, dass G. vom 13. Oktober 2006 bis 30. November 2011 in D. gemeldet gewesen sei (EL-act. 26). Weil der entsprechenden Notiz der Beschwerdegegnerin jedoch kein Beweiswert zukommt, kann ein Zusammenleben in C. weder ausgeschlossen noch bestätigt werden. Es ist möglich, dass G. während der Zeit, in der die Beschwerdeführerin in C. gelebt hat, (weiterhin) in der ehemaligen Wohnung an der K. 202 in D. gelebt hat. Per 1. Februar 2008 ist die Beschwerdeführerin in eine 4-Zimmerwohnung an der E. in D. gezogen (EL-act. 81). Der Abrechnung für die private Haushaltshilfe im November und Dezember 2007 sowie im Januar 2008, die mit dem Datum vom 2. Februar 2008 versehen worden ist, ist zu entnehmen, dass G. ebenfalls an der E. in D. gelebt hat (act. G 8.1/99). Dieselbe Adresse ist auch den nachfolgenden Abrechnungen, zuletzt jener für Oktober 2011, die am 8. Januar 2012 ausgefüllt worden ist, zu entnehmen (act. G 8.1/53, 59, 61, 66, 69, 74 ,78, 80, 82, 87, 89, 95). Erst in der Abrechnung für die Haushaltshilfe im November 2011, die am 14. Juli 2012 ausgefüllt worden ist, ist neu angegeben worden, G. lebe an der F. in C. (act. G 8.1/50), wo auch die Beschwerdeführerin ab dem 1. Dezember 2011 gewohnt hat (EL-act. 55).

      3. Anhand der Mietverträge der Beschwerdeführerin und anhand der Angaben auf den Abrechnungen für die private Haushaltshilfe lassen sich einige Überschneidungen in Bezug auf die Anschrift der Beschwerdeführerin und G. erkennen. So erscheint es als überwiegend wahrscheinlich, dass die Beschwerdeführerin und G. seit dem 1. Februar 2008 zusammengelebt haben. Allerdings muss es sich bei diesem Datum nicht zwingend um den Zeitpunkt des erstmaligen Zusammenzugs - und damit die für die rückwirkende Korrektur der Ergänzungsleistungen massgebliche Sachverhaltsveränderung gehandelt haben. Wie bereits aufgezeigt, besteht nämlich durchaus die Möglichkeit, dass die

Beschwerdeführerin und G. schon im Jahr 2006 2007 im selben Haushalt gelebt haben. Der Zeitpunkt des erstmaligen Zusammenzugs der Beschwerdeführerin und ihres Sohnes G. steht also nicht mit dem erforderlichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit fest. Die Beschwerdegegnerin hat diesbezüglich die ihr gemäss Art. 43 Abs. 1 ATSG obliegende Untersuchungspflicht verletzt.

4.

    1. Die Beschwerdegegnerin hat also aufgrund der bei der periodischen Überprüfung 2015 aufgetauchten Indizien (vgl. EL-act. 31 f.) ein Verwaltungsverfahren zur rückwirkenden Korrektur der formell rechtskräftig verfügten Ergänzungsleistungen eröffnet und begonnen, entsprechende Sachverhaltsabklärungen vorzunehmen (vgl. EL-act. 26, 28). Bevor jedoch der für eine rückwirkende Korrektur der formell rechtskräftig verfügten Ergänzungsleistungen massgebliche Sachverhalt vollständig festgestanden hat (E 3.2.3), hat sie das entsprechende Verwaltungsverfahren am 10. Dezember 2015 abgebrochen und eine blosse Rückforderungsverfügung erlassen (ELact. 26). Weil der Zeitpunkt des erstmaligen Zusammenzugs von G. und der Beschwerdeführerin noch nicht mit dem erforderlichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit festgestanden hat, kann die Beschwerdegegnerin keine Korrekturverfügung in der Form einer rückwirkenden Revision erlassen haben. Die Verfügung vom 10. Dezember 2015 kann deshalb nur als eine reine Rückforderungsverfügung interpretiert werden, zumal die Beschwerdegegnerin die Rückforderung der ordentlichen und ausserordentlichen Ergänzungsleistungen seit dem 1. Januar 2011 in dieser Verfügung damit begründet hat, dass die Beschwerdeführerin "schon seit langem, mindestens seit den letzten fünf Jahren" mit ihrem Sohn G. in einem Haushalt lebe (EL-act. 25). Die Beschwerdegegnerin ist hier also offenbar davon ausgegangen, es genüge, die "unrechtmässig" bezogenen ordentlichen und ausserordentlichen Ergänzungsleistungen einfach innerhalb der für Rückforderungen geltenden Verjährungsfrist zurückzufordern. Dabei hat sie jedoch übersehen, dass ohne eine rückwirkende Revision der Ergänzungsleistungen nach Art. 17 Abs. 2 ATSG gar kein unrechtmässiger Leistungsbezug vorliegen kann, der erst die Rückforderung erlaubt. Im angefochtenen Einspracheentscheid vom 9. März 2016 hat die Beschwerdegegnerin versucht, die Rechtmässigkeit der rückwirkenden Revision der ordentlichen und der ausserordentlichen Ergänzungsleistungen als Folge der

      Anrechnung nur noch des hälftigen Mietzinses seit dem 1. Januar 2011 zu begründen, indem sie ihre Behauptung, G. lebe seit Oktober 2006 im selben Haushalt wie die Beschwerdeführerin, aufgrund des Fehlens eines Bestreitens seitens der Beschwerdeführerin als einen mit dem erforderlichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit nachgewiesenen Sachverhalt ausgegeben hat (EL-act. 7). Abgesehen davon, dass eine im Oktober 2006 eingetretene Sachverhaltsveränderung nicht zu einer Revision per 1. Januar 2011 führen kann, ist der Beschwerdegegnerin wohl entgangen, dass eine unbewiesene Sachverhaltsbehauptung des Sozialversicherungsträgers, die von der versicherten Person nicht explizit bestritten wird, nicht als überwiegend wahrscheinlich richtig zu betrachten ist.

    2. Zusammenfassend hat die Beschwerdegegnerin also keine Korrektur der früheren, auf der Anrechnung des gesamten Mietzinses beruhenden Leistungsverfügungen vorgenommen. Das bedeutet, dass sie direkt eine Rückforderung der ordentlichen und der ausserordentlichen Ergänzungsleistungen verfügt hat. Da ohne eine rückwirkende Korrektur der in der Vergangenheit rechtskräftig zugesprochenen ordentlichen und ausserordentlichen Ergänzungsleistungen kein im Sinne von Art. 25 Abs. 1 Satz 1 ATSG unrechtmässiger Leistungsbezug vorliegen kann, sind die per 1. Januar 2011 verfügten Rückforderungen ordentlicher und ausserordentlicher Ergänzungsleistungen rechtswidrig. Der angefochtene Einspracheentscheid ist deshalb sowohl in seinem bundesrechtlichen als auch in seinem kantonalrechtlichen Teil aufzuheben. Sowohl bezüglich der ordentlichen als auch bezüglich der ausserordentlichen Ergänzungsleistungen ist die Sache an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen.

5.

Im Sinne eines obiter dictum sei hier noch darauf hingewiesen, dass gemäss dem Art. 10 Abs. 1 lit. b ELG nur der Nettomietzins einer Wohnung zuzüglich der Nebenkosten abzugsberechtigt ist. Ob abzugsfähige Nebenkosten anfallen, beurteilt sich nicht danach, ob Kosten im Mietvertrag als Nebenkosten aufgeführt werden. Massgeblich ist vielmehr, ob diese Kosten eng mit dem Gebrauch des Mietobjekts zusammenhängen dazu dienen, die Mietsache in einem zum vorausgesetzten Gebrauch tauglichen Zustand zu erhalten. Somit ist zu prüfen, ob die jeweiligen Kostenpositionen direkt aus dem Wohnbedürfnis resultieren ob sie zum allgemeinen Lebensbedarf zählen (vgl.

RALPH JÖHL, Ergänzungsleistungen zur AHV/IV, in: Schweizerisches Bundessozialversicherungsrecht, Band XIV Soziale Sicherheit, 3. Aufl. 2016, Rz. 72). Eine Wohnung kann auch ohne den Betrieb eines Radiound Fernsehgerätes bestimmungsgemäss genutzt werden. Ein Radio-/TV-Anschluss deckt deshalb nur die kulturellen Bedürfnisse einer versicherten Person, weshalb die dafür anfallenden Kosten unter den Grundbedarf für den Lebensunterhalt fallen und nicht zusätzlich im Rahmen des Mietzinses berücksichtigt werden dürfen. Weil dem Mietvertrag vom 11. August 2011 zu entnehmen ist, dass in der Nebenkostenpauschale in Höhe von Fr. 200.-auch die Kosten für die Gebühren des Radiound TVAnschlusses enthalten gewesen sind (EL-act. 55), wird die Beschwerdegegnerin die Höhe der Kosten für die Radiound TV-Gebühren abklären und den Bruttomietzins entsprechend reduzieren. Im Rahmen der Ermittlung der Rückforderung(en) hat die Beschwerdegegnerin wohl aus Praktikabilitätsgründen - noch auf eine entsprechende Abklärung verzichtet und einen Pauschalabzug von Fr. 20.-vorgenommen (EL-act. 21, 23 f.). Allerdings hat die Beschwerdeführerin am 23. September 2017 angegeben, ihr Radiound TV-Anschluss sei plombiert worden. Vom Vermieter sind ihr gemäss der "Heiz¬kostenabrechnung vom 1. Juli 2012 bis 30. Juni 2013 Korrektur" Nebenkosten in Höhe von Fr. 373.20 zurückerstattet worden (vgl. act. G 14). Deshalb steht nicht mit dem erforderlichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit fest, wie hoch der anrechenbare Bruttomietzins der Beschwerdeführerin ab Dezember 2011 gewesen ist. Es stellt sich nämlich die Frage, ob tatsächlich eine Plombierung des Radiound TV-Anschlusses vorgenommen worden ist und wenn ja, wann. Ausserdem steht nicht fest, ob und in welchem Umfang die (angebliche) Plombierung zu einer dauernden Minderung des Bruttomietzinses geführt hat. Gegen die Annahme einer dauernde Minderung spricht der am 1. Oktober 2015 eingereichte Einzahlungsschein über den vollen Mietzins in Höhe von Fr. 1'480.-- (EL-act. 30 S. 7), weshalb die Beschwerdegegnerin abklären wird, ob eine allfällige Plombierung zu regelmässigen Rückzahlungen der Nebenkosten in Höhe der Gebühren für den Radiound TV-Anschluss geführt hat. Sollte sich ergeben, dass keine Mietzinsminderung bzw. keine weiteren Rückzahlungen erfolgt sind, wird die Beschwerdegegnerin prüfen, wofür das Geld für die Gebühren vom Vermieter verwendet worden ist und ob es sich dabei um abzugsfähige Nebenkosten gemäss Art. 10 Abs. 1 lit. b ELG gehandelt hat.

6.

Sobald feststeht, ab wann die Beschwerdeführerin und G. zusammengelebt haben, wird das Verwaltungsverfahren betreffend die rückwirkende Korrektur der Ergänzungsleistungen mit dem Erlass einer Korrekturverfügung abgeschlossen werden können. Daraus wird eine Rückforderung resultieren. Dazu ist ebenfalls im Sinne eines obiter dictum festzuhalten, dass der Rückforderungsanspruch gemäss Art. 25 Abs. 2 ATSG mit dem Ablauf eines Jahres, nachdem die Versicherungseinrichtung davon Kenntnis erhalten hat, und spätestens mit dem Ablauf von fünf Jahren nach der Entrichtung der einzelnen Leistung erlischt. Nach der aktuellen Rechtsprechung beginnt die relative einjährige Verwirkungsfrist des Art. 25 Abs. 2 ATSG erst mit dem Erlass der Korrekturverfügung zu laufen (vgl. Urteil des Bundesgerichts vom 3. Januar 2017, 9C_567/2016, E. 6.2.1 und den Entscheid des Versicherungsgerichts St. Gallen vom 16. November 2016, IV 2014/559, E. 2.2). Da die Beschwerdegegnerin noch keine Korrekturverfügung erlassen hat, hat auch die einjährige Verwirkungsfrist noch nicht zu laufen begonnen. Die fünfjährige Verwirkungsfrist wird hingegen gewahrt, wenn vor Fristablauf eine entsprechende Rückforderungsverfügung erlassen und der rückerstattungspflichtigen Person zugestellt wird (UELI KIESER, ATSG-Kommentar, 3. Auflage 2015, Rz 65 mit Hinweisen). Die Beschwerdegegnerin hat am 10. Dezember 2015 eine Rückforderungsverfügung erlassen, womit sie grundsätzlich die seit dem 1. Januar 2011 laufende fünfjährige Verwirkungsfrist gewahrt hat. Nun ist die Rückforderungsverfügung vom 10. Dezember 2015 bzw. der angefochtene Einspracheentscheid aber als rechtswidrig aufzuheben (E 4.2). Weil auch eine aufgehobene Rückforderungsverfügung die absolute Verwirkungsfrist wahrt (vgl. URS MÜLLER, Rechtsprechung des Bundesgerichts zum ELG, 3. Auflage 2015, Art. 25 ATSG Rz 101 f. mit Hinweisen), wäre eine Rückforderung ordentlicher und

ausserordentlicher Ergänzungsleistungen nach wie vor ab dem 1. Januar 2011 möglich.

7.

Insgesamt ist die Beschwerde somit, soweit darauf eingetreten werden kann, teilweise gutzuheissen. Der angefochtene Einspracheentscheid vom 9. März 2016 ist als rechtswidrig aufzuheben. Die Sache ist zur Fortführung des Verwaltungsverfahrens betreffend die rückwirkende Korrektur der ordentlichen und der ausserordentlichen Ergänzungsleistungen an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen. Die Beschwerdegegnerin hat im Rahmen ihrer Untersuchungspflicht gemäss Art. 43 Abs. 1

ATSG die für den Abschluss des Korrekturverfahrens d.h. für den Erlass einer Korrekturverfügung rückwirkend ab dem Zeitpunkt des massgebenden Zusammenzuges von der Beschwerdeführerin und G. notwendigen Sachverhaltsabklärungen vorzunehmen. Anschliessend hat sie sowohl für die ordentlichen als auch für die ausserordentlichen Ergänzungsleistungen eine Korrekturund daraufhin eine Rückforderungsverfügung zu erlassen. Gerichtskosten sind keine zu erheben (Art. 61 lit. a ATSG).

Entscheid

im Zirkulationsverfahren gemäss Art. 39 VRP

1.

Soweit auf die Beschwerde eingetreten werden kann, wird sie teilweise gutgeheissen; der Einspracheentscheid vom 9. März 2016 wird aufgehoben und die Sache wird zur weiteren Abklärung und zur neuen Verfügung sowohl betreffend die ordentlichen als auch betreffend die ausserordentlichen Ergänzungsleistungen im Sinne der Erwägungen an die Beschwerdegegnerin zurückgewiesen.

2.

Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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