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Urteil Kantonsgericht (SG)

Zusammenfassung des Urteils BZ.2006.70: Kantonsgericht

Ein Versicherungsnehmer einer Lebens-/Erwerbsunfähigkeitsversicherung aus dem Jahr 1991 forderte Rentenleistungen wegen voller Arbeitsunfähigkeit von der Versicherung ein. Die Versicherung erklärte den Vertragsrücktritt wegen Verletzung der Anzeigepflicht beim Vertragsschluss. Es wurde darüber entschieden, ob die Angaben des Versicherungsnehmers bei Vertragsschluss als Anzeigepflichtverletzung zu bewerten waren und ob die Rücktrittserklärung der Versicherung den Anforderungen genügte. Das Kantonsgericht entschied, dass die Hauptbegehren des Klägers abgewiesen werden und die Versicherung dem Kläger CHF 16'516.50 zahlen muss. Der Kläger legte Berufung ein, die jedoch abgewiesen wurde. Der Richter entschied, dass die Versicherung zu Recht vom Vertrag zurückgetreten ist und der Kläger den genannten Betrag erhält.

Urteilsdetails des Kantongerichts BZ.2006.70

Kanton:SG
Fallnummer:BZ.2006.70
Instanz:Kantonsgericht
Abteilung:Zivilkammern (inkl. Einzelrichter)
Kantonsgericht Entscheid BZ.2006.70 vom 10.04.2007 (SG)
Datum:10.04.2007
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 4 VVG und Art. 6 aVVG. Der Versicherungsnehmer einer 1991 abgeschlossenen Lebens-/Erwerbsunfähigkeitsversicherung machte bei der Versicherung im Jahr 2003 Rentenleistungen wegen voller Arbeitsunfähigkeit geltend. Nach Einholen von Auskünften bei angesichts der Krankengeschichte massgeblichen Stellen erklärte die Versicherung wegen Verletzung der Anzeigepflicht bei Vertragsschluss den Rücktritt vom Vertrag. Im Berufungsverfahren war zu entscheiden, ob die vom Versicherungsnehmer bei Vertragsschluss gemachten Angaben objektiv und subjektiv als Anzeigepflichtverletzung zu taxieren waren und ob die Rücktrittserklärung der Versicherung den einschlägigen Anforderungen genügte (Kantonsgericht, III. Zivilkammer, 10. April 2007, BZ.2006.70).
Schlagwörter : Quot; Rücktritt; Klinik; Anzeigepflicht; Versicherung; Fragen; Rücktritts; Behandlung; Gefahr; Krankheit; Anzeigepflichtverletzung; Beklagten; Gefahrstatsache; Vertrag; Aufenthalt; Klägers; Versicherer; Störung; Antrag; Leiden; Rücktrittserklärung; Antragsteller; Erwerbsunfähigkeit; Berufung; Vorinstanz; Recht
Rechtsnorm:Art. 102 VVG ;Art. 164 ZPO ;Art. 234 ZPO ;Art. 25 VVG ;Art. 4 VVG ;Art. 6 VVG ;
Referenz BGE:118 II 333; 118 II 337; 129 III 713; 99 II 77;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts BZ.2006.70

Art. 4 VVG und Art. 6 aVVG. Der Versicherungsnehmer einer 1991 abgeschlossenen Lebens-/Erwerbsunfähigkeitsversicherung machte bei der Versicherung im Jahr 2003 Rentenleistungen wegen voller Arbeitsunfähigkeit geltend. Nach Einholen von Auskünften bei angesichts der Krankengeschichte massgeblichen Stellen erklärte die Versicherung wegen Verletzung der Anzeigepflicht bei Vertragsschluss den Rücktritt vom Vertrag. Im Berufungsverfahren war zu entscheiden, ob die vom Versicherungsnehmer bei Vertragsschluss gemachten Angaben objektiv und subjektiv als Anzeigepflichtverletzung zu taxieren waren und ob die Rücktrittserklärung der Versicherung den einschlägigen Anforderungen genügte (Kantonsgericht, III. Zivilkammer, 10. April 2007, BZ.2006.70).

Erwägungen

I.

  1. a) Am 3. März 1991 unterzeichnete der Kläger einen Antrag für den Abschluss einer Lebensversicherung bei der Beklagten (Alpha Versicherung). Das Formular "Bericht des Untersuchungsarztes" enthält die Erklärungen des Klägers zu einer Reihe von Fragen zum Gesundheitszustand und wurde am 3. Mai 1991 vom Antragsteller und dem Untersuchungsarzt, Dr. B, Arzt für allgemeine Medizin, unterschrieben. Neben zwei weiteren Fragen, die der Kläger mit "ja" beantwortete und mit einer kurzen Begründung ergänzte, antwortete der Kläger auf die Frage 12, ob er je schon von einem Psychologen Chiropraktoren behandelt worden sei, mit "ja", wobei er das Wort "Psychologen" unterstrich. Auf die ergänzende Frage nach der Krankheit bemerkte er "Als Kind zum Schuleintritt", unter die Fragen "Wann Wie lange Geheilt Folgen" setzte er die Jahrzahl XY, und die Frage nach dem behandelnden Arzt beantwortete er mit "Schulpsychologischer Dienst". Nach Eingang dieses Gesundheitsfragebogens stellte die Beklagte am 17. Mai 1991 die Versicherungspolice Nr. X1X2X3 zur Alpha Versicherung Stufe 1 aus. Im Beiblatt zur Police Nr. X1X2X3 gab sie eine Garantie für die Stufe 2 der Alpha Versicherung mit höheren Leistungen ab mit Versicherungsbeginn per 1. Februar 1998, dies unter der Voraussetzung, dass die Stufe 1 mit den ursprünglichen Leistungen dannzumal noch in Kraft sei. In der ersten Stufe war ein Kapital von Fr. 50'000.bei einer Laufzeit von 47 Jahren versichert. Zusätzlich wurde Prämienbefreiung im Fall der Erwerbsunfähigkeit vorgesehen und eine jährliche Rente von Fr. 15'000.im Fall der Erwerbsunfähigkeit nach einer Wartezeit von 3 Monaten. Die Stufe 2, die wie vorgesehen per 1. Februar 1998 (unter der Police Nr. X4X5X6) in Kraft trat, sah eine Versicherungssumme von Fr. 150'000.- und als Zusatzversicherungen bei Erwerbsunfähigkeit Prämienbefreiung sowie nach einer Wartefrist von 3 Monaten eine jährliche Rente von Fr. 21'000.vor.

    b) Mit Schreiben vom 26. August 2003 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er seit dem 1. Januar 2003 zu 100% arbeitsunfähig sei und bat um ein Anmeldeformular für seine Erwerbsunfähigkeitsversicherung. Am 3. September 2003 stellte die Beklagte dem Kläger das Formular "Schadenanzeige R“ zu. Der Kläger retournierte die ausgefüllte und unterzeichnete Schadenanzeige am 16. September 2003, wobei er als

    Grund der Erwerbsunfähigkeit zu 100% depressive Verstimmungen und Angstzustände nannte und als behandelnde Ärzte Dr. A (Vater des Klägers) und Dr. C nannte. Mit der Unterzeichnung des Formulars entband der Kläger gleichzeitig die Invalidenversicherung (IV) sowie Ärzte, Spitäler und weitere in Betracht fallende Personen von der Wahrung des Berufsund Amtsgeheimnisses und erklärte sich ausdrücklich einverstanden mit der Akteneinsicht durch die Beklagte. Mit Schreiben vom 23. September 2003 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie zur Abklärung des Versicherungsanspruchs noch weitere Informationen einhole. Die Beklagte erhielt am 15. Oktober 2003 Akten der IV-Stelle zur Einsicht und wandte sich am 4. November 2003 an den Chefarzt der Klinik D, der die Anfrage am 11. November 2003 beantwortete und eine frühere stationäre kinderpsychiatrische Behandlung des Klägers in seiner Institution bestätigte. Noch am 11. November 2003 erklärte die Beklagte gegenüber dem Kläger den Vertragsrücktritt wegen Verletzung der Anzeigepflicht im Sinne von Art. 6 VVG und stellte ihm die Auszahlung der Rückkaufswerte der Versicherung in Aussicht. Der Kläger wies mit Schreiben vom 12. November 2003 eine Anzeigepflichtverletzung von sich und bat um erneute Prüfung des Falles. Die Beklagte hielt jedoch in der Folge an ihrem Vertragsrücktritt fest und bot dem Kläger mit Schreiben vom 4. Dezember 2003 gestützt auf Art. 25 aVVG die Rückkaufswerte der beiden Policen, total Fr. 16'516.50 an. Der Kläger erklärte sich mit diesem Vorgehen nicht einverstanden.

  2. a) Mit Leitschein vom 25. August 2004 reichte der Kläger am 22. Oktober 2004 Klage ein beim Kreisgericht. Er wandte sich gegen den von der Beklagten erklärten Vertragsrücktritt wegen Anzeigepflichtverletzung und verlangte die gerichtliche Feststellung, dass die beiden Policen noch wirksam seien. Die Beklagte solle verpflichtet werden, die versicherungsvertraglichen Leistungen zu erbringen und Prämien zurückzuerstatten. Die Beklagte machte Abweisung der genannten Begehren geltend. Nach Durchführung der Hauptverhandlung vom 4. Mai 2005 beschloss das Kreisgericht verschiedene Beweisabnahmen zur Frage der Verletzung der Anzeigepflicht. Es holte bei vier Institutionen sämtliche den Kläger betreffenden Unterlagen ein und ordnete eine Expertise an zur Frage, ob der Kläger im Jahr XY ein Leiden mit Krankheitswert gehabt habe, ob er insbesondere an psychischen Störungen gelitten habe, ob, wie, wie lange und von welchen (Fach)ärzten er entsprechend behandelt worden sei, ob er Medikamente erhalten habe und ob er während seines

Aufenthalts in der Klinik D psychiatrisch/psychologisch betreut/behandelt worden sei. Nach Eingang der von Dr. E von der Universität F erstellten Expertise vom 19. August 2005, der Beantwortung von Ergänzungsfragen und Durchführung der Schlussverhandlung vom 14. Februar 2006 wies das Kreisgericht die Hauptbegehren des Klägers ab und verpflichtete die Beklagte, dem Kläger Fr. 16'516.50 zu bezahlen. Es auferlegte die Kosten vollumfänglich dem Kläger.

b) Gegen diesen Entscheid erhob der Kläger mit Eingabe vom 11. September 2006 rechtzeitig Berufung beim Kantonsgericht St. Gallen. Er verlangt Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids und Schutz der ursprünglich gestellten Hauptbegehren. Im Eventualbegehren beantragt er übereinstimmend mit dem vorinstanzlichen Entscheid die Bezahlung von Fr. 16'516.50. Die Beklagte verlangt Abweisung der klägerischen Hauptbegehren sowie Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils und wiederholt ihre bereits vor Vorinstanz erfolgte Anerkennung der Bezahlung von Fr. 16'516.50.

Das Kantonsgericht verzichtete auf die Durchführung einer Verhandlung (Art. 234 Abs. 1 ZPO) und räumte den Parteien die Möglichkeit ein, sich in einem zweiten Schriftenwechsel nochmals zu äussern (Art. 234 Abs. 3 lit. a ZPO) (B/22 und 23). Beide Parteien verzichteten auf eine weitere Eingabe.

II.

  1. Die örtliche Zuständigkeit am Wohnsitz der Klägers ergibt sich aus Art. 27 der Allgemeinen Bedingungen der Beklagten für die Versicherungen auf den Erlebensund den Todesfall, gültig ab 1. Juni 1980. Danach kommt neben dem ordentlichen Gerichtsstand der Beklagten in G eine Klage am Wohnsitz des Versicherten in Frage.

  2. Am 30. Oktober 2006 reichte der Kläger unter Berufung auf Art. 164 ZPO eine nachträgliche Eingabe ein und nahm zu drei Punkten der Berufungsantwort Stellung. Die Beklagte machte in ihrer Stellungnahme zur nachträglichen Eingabe geltend, diese sei unzulässig, da es sich bei den Behauptungen in der Berufungsantwort lediglich um Wiederholungen und Substantiierungen von bereits vor Vorinstanz Vorgebrachtem handle. Da die nachträgliche Eingabe keine neuen Vorbringen enthält, die für den

    Entscheid wesentlich sind, kann offen bleiben, ob sie die Voraussetzungen von Art. 164 ZPO erfüllt hätte.

  3. Einzelne Bestimmungen des VVG sind seit dem 1. Januar 2006 in revidierter Form in Kraft. Gemäss Art. 1 SchlT ZGB gilt jedoch das Prinzip der Nicht-Rückwirkung (vgl. BSK VVG-NEBEL, N 1 und 3 zu Art. 102 VVG). Auf den vorliegenden Fall kommt Art. 6 VVG noch in folgender Version zur Anwendung: "Wenn der Anzeigepflichtige beim Abschlusse der Versicherung eine erhebliche Gefahrstatsache, die er kannte kennen musste, unrichtig mitgeteilt verschwiegen hat, so ist der Versicherer an den Vertrag nicht gebunden, wenn er binnen vier Wochen, nachdem er von der Verletzung der Anzeigepflicht Kenntnis erhalten hat, vom Vertrage zurücktritt.“ (in der Folge Art. 6 aVVG). Zudem findet noch der inzwischen aufgehobene Art. 25 VVG Anwendung (Art. 25 aVVG).

III.

  1. Zwischen den Parteien ist weiterhin umstritten, ob der Kläger bei Abschluss der Alpha Versicherung, einer Lebensversicherung mit zusätzlicher Versicherung bei Erwerbsunfähigkeit in zwei Stufen (Police Nr. X1X2X3 und Nr. X4X5X6), seine Anzeigepflicht im Sinne von Art. 4 VVG verletzt hat, indem er Fragen zu einer erheblichen Gefahrstatsache, die er kannte kennen musste im konkreten Fall Gesundheitsfragen - unrichtig beantwortet hat. Strittig ist auch, ob die Beklagte ihren Vertragsrücktritt gestützt auf Art. 6 aVVG korrekt erklärt hat. Im Berufungsverfahren macht der Kläger zu Recht nicht mehr geltend, die Beklagte habe ihren Rücktritt nicht innerhalb der vier Wochen seit Kenntnis der Anzeigepflichtverletzung erklärt und eine allfällige Anzeigepflichtverletzung würde sich nur auf die Police Nr. X1X2X3 beziehen. Für den Fall, dass eine Anzeigepflichtverletzung vom Gericht bejaht wird, macht der Kläger im Berufungsverfahren lediglich noch den von der Beklagten anerkannten Betrag von Fr. 16'516. 50 geltend.

  2. a) Der Kläger beruft sich auf die von der Vorinstanz eingeholte Expertise, die bestätige, dass sein Aufenthalt in der Klinik D nicht durch einen Krankheitszustand

    bedingt gewesen sei. Die Vorinstanz habe zu Recht den von der Beklagten zu erbringenden Beweis einer Anzeigepflichtverletzung durch die Expertenberichte als nicht erbracht erachtet, sondern richtig festgehalten, dass durch die Expertise der Beweis, er habe seit dem Kindesalter an psychiatrischen Problemen gelitten und sei deswegen in der Klinik D gewesen, nicht erbracht sei. Deshalb sei es auch irrelevant und stelle keine Anzeigepflichtverletzung dar, wenn er bei der Beantwortung der Zusatzfragen zur Frage 12 lediglich die Jahrzahl XY erwähnt habe, da der Aufenthalt in der Klinik D ohnehin nicht im Zusammenhang mit einer Krankheit gestanden sei.

    Die Beklagte habe dann erst in der Schlussverhandlung vor Vorinstanz neue Gründe für ihren Rücktritt nachgeschoben, die sie den vom Gericht beigezogenen Unterlagen entnommen habe. Dieses Nachschieben von Rücktrittsgründen anlässlich der Schlussverhandlung hätte die Vorinstanz einerseits aus prozessualen Gründen, aber auch deshalb, weil ein Nachschieben von Gründen im Bereich des Rücktritts nach Art. 6 aVVG nie zulässig sei, nicht akzeptieren dürfen. Zudem hätte die Beklagte die an der Schlussverhandlung neu vorgebrachten Gründe bei zumutbarer Sorgfalt schon früher zur Kenntnis nehmen können, da ihr ja seine gesamten IV-Akten mit zahlreichen Hinweisen auf die Institution N nach Eingang der Schadensanzeige zur Verfügung gestellt worden seien.

    Selbst wenn das Nachschieben von Rücktrittsgründen akzeptiert würde, so sei davon auszugehen, dass er bei Ausfüllen des Gesundheitsfragebogens im Jahr 1991 eine bestehende Krankheit nicht gekannt habe und auch nicht habe kennen müssen. Denn einem IV-Zwischenbericht aus dem Jahr 1992 (ein Jahr nach Abschluss der Versicherung) lasse sich entnehmen, dass auch damals selbst für Fachleute keine feststehenden Erkenntnisse bezüglich eines möglichen Krankheitszustandes seiner Person vorgelegen hätten. Erhebliche Gefahrstatsachen seien so anzuzeigen, wie sie dem Antragsteller bekannt seien bekannt sein müssten; es komme einzig auf die subjektive Richtigkeit der Deklaration an. Selbst wenn daher die neuen beklagtischen Vorbringen zivilprozessual zulässig und das Nachschieben von Rücktrittsgründen erlaubt seien, komme ein Rücktritt deshalb nicht in Frage, weil er im Mai 1991 die Gefahrstatsachen weder gekannt habe noch hätte kennen müssen.

    b) Die Beklagte macht geltend, es sei aktenwidrig, wenn die Vorinstanz festhalte, der Aufenthalt in der Klinik D habe nicht der Behandlung einer Krankheit (Q) gedient, sondern es seien andere Störungen im Vordergrund gestanden, die die Fachleute nicht eindeutig zuzuordnen gewusst hätten und die sich erst im Nachhinein als Q-Störung herausgestellt hätten. Bereits 1978 sei die Krankheit Q diagnostiziert und bei der IV um eine Kostengutsprache für entsprechende Massnahmen nachgesucht worden. Der Aufenthalt in der Klinik D habe der Behandlung der zur Q-Krankheit gehörenden Störungen gedient und sei unter der ärztlichen Kontrolle von Dr. K gestanden, was der Kläger auch nicht erwähnt habe. Dies bestätige auch die von der Vorinstanz eingeholte Expertise Dr. E. Der Kläger habe daher bezüglich des Aufenthalts in der Klinik D unkorrekte Angaben gemacht, da es damals eindeutig um die Behandlung von Q und damit eines psychischen Leidens gegangen sei. Mit der blossen Angabe der Jahreszahl XY werde der Anschein erweckt, es habe sich um einen einmaligen Vorfall (im Zusammenhang mit der Einschulung) gehandelt, obwohl der Aufenthalt in der Klinik D X Jahre gedauert habe.

    Sie habe im Rücktrittsschreiben vom 11. November 2003 die Fragen, die der Kläger nicht korrekt beantwortet habe, ausdrücklich genannt (Fragen 10c, 10m, 12 und 13). Der Kläger habe diese Fragen bereits mit dem Verschweigen der Diagnose Q und der mit diesem Krankheitsbild verbundenen kinderpsychiatrischen Behandlung in der Klinik D falsch beantwortet. Insbesondere erwecke die blosse Erwähnung des schulpsychologischen Dienstes im Zusammenhang mit der Einschulung den Verdacht, es habe ein Nachfragen der Beklagten verhindert werden sollen, da dieser Hinweis ja nichts Aussergewöhnliches darstelle. Sie hätte wegen des erfahrungsgemäss zwangsläufig eintretenden Risikos die Erwerbsunfähigkeitsversicherung nicht abgeschlossen, wenn sie die Diagnose Q gekannt hätte.

    Unabhängig davon, ob ihre neuen Vorbringen an der erstinstanzlichen Schlussverhandlung prozessual zulässig gewesen seien was sie bejahe sei festzuhalten, dass das Vorgebrachte lediglich dazu gedient habe, die von ihr von Anfang an erhobene Behauptung, beim Kläger liege ein psychisches Leiden vor, das in der Klinik D behandelt worden sei, zu untermauern. Sie habe sich nicht auf ein neues Leiden abgestützt. Zudem hält die Beklagte fest, entgegen der Behauptung des Klägers seien ihr vor der Rücktrittserklärung lediglich die im Zusammenhang mit der

    klägerischen IV-Anmeldung vom 27. Juni 2003 erstellten Akten zugestellt worden; von den vollständigen, vom Gericht über den Kläger beigezogenen Akten habe sie act. 1-42 vorher nicht einsehen können. Die Rücktrittserklärung habe sich dann auf den zuhanden der IV erstellen Arztbericht von Dr. C (Behandlung in der Klinik D wegen Q) vom 24.7.2003 und eine Nachfrage bei der Klinik D abgestützt und sei für den Kläger nachvollziehbar wegen eines in einer besonderen Klinik behandelten psychischen Leidens erfolgt. Die Rücktrittserklärung habe den Anforderungen der Rechtsprechung entsprochen.

    Der Kläger sei 1991 auch in der Lage gewesen, den Krankheitswert seines Leidens zu erkennen und hätte die genannten Fragen nach Treu und Glauben anders beantworten müssen.

  3. a) Gemäss Art. 4 VVG hat der Antragsteller dem Versicherer anhand eines Fragebogens auf sonstiges schriftliches Befragen alle für die Beurteilung der Gefahr erheblichen Tatsachen, soweit und so wie sie ihm beim Vertragsschluss bekannt sind bekannt sein müssen, schriftlich mitzuteilen. Derartige Gefahrstatsachen sind alle Umstände und Fakten, die im konkreten Fall bei der Beurteilung der Gefahr durch den Versicherer in Betracht fallen; Tatsachen, die ihn über den Umfang der zu deckenden Gefahr aufklären können. Der Versicherer muss die Wahrscheinlichkeit eines Schadenfalls abschätzen können und ebenso, ob von einem hohen tiefen Schadensdurchschnitt auszugehen ist. Es geht nicht nur um die unmittelbaren Risikofaktoren, sondern auch um Tatsachen, die einen Rückschluss auf das Vorliegen von Risikofaktoren zulassen (vgl. BGE 99 II 77 f.; 116 II 338, E. 1a, 118 II 333 E. 2a, vgl. auch A. MAURER, Schweizerisches Privatversicherungsrecht, 3. A., 249). Als erheblich gelten diejenigen Gefahrstatsachen, die geeignet sind, auf den Entscheid des Versicherers, den Vertrag überhaupt zu den vereinbarten Bedingungen abzuschliessen, einzuwirken (Art. 4 Abs. 2 VVG). Nach Art. 4 Abs. 3 VVG wird vermutet, dass Gefahrstatsachen, nach denen der Versicherer schriftlich in bestimmter und unzweideutiger Form fragt, erheblich sind (widerlegbare Vermutung; vgl. MAURER, a.a.O., 252).

  1. Unzweifelhaft handelt es sich bei Fragen des Versicherers zum Gesundheitszustand des Antragstellers im Zusammenhang mit dem Abschluss einer Lebensund

    Erwerbsunfähigkeitsversicherung in der Regel um solche, die eine erhebliche Gefahrstatsache im Sinne von Art. 4 VVG betreffen. Denn die Antworten auf die Gesundheitsfragen erlauben dem Versicherer eine Risikoabwägung und bilden die Grundlage für den Entscheid, den Vertrag überhaupt bzw. mit einem bestimmten Inhalt abzuschliessen. Dies trifft jedenfalls auch auf die hier interessierenden Fragen 10c ("Haben hatten Sie jemals eine der folgenden Gesundheitsstörungen: [...] psychische Störungen, nervöse Depressionen, Nervenentzündung andere Nervenkrankheiten"), 12 ("Sind Sie je von Psychologen Chiropraktoren behandelt worden") und 13 ("Sind Sie ausserdem von anderen Ärzten beraten behandelt worden") zu, ebenso auf die präzisierenden Zusatzfragen für den Fall, dass eine der Fragen nach den aufgelisteten Krankheiten mit "ja" beantwortet wurde ("Welche Krankheit Operation Welcher Unfall, Wann Wie lange Geheilt Folgen Behandelnder Arzt"). Diese aufgeführten Fragen sind klar und unzweideutig gestellt. Es handelt sich daher um Fragen nach einer erheblichen Gefahrstatsache im Sinn von Art. 4 VVG. Dies trifft hingegen nicht zu für die von der Beklagten in ihrem Rücktrittsschreiben auch erwähnte - Frage 10m. Sie ist, wie dies schon die Vorinstanz festgestellt hat (vgl. Urteil, 10), zu unbestimmt und zu offen ("usw." am Ende der Aufzählung unterschiedlicher Leiden) abgefasst.

  2. Es ist nun näher zu prüfen, ob der Kläger die von der Beklagten im Rücktrittsschreiben ausdrücklich erwähnten, genügend präzisen Fragen richtig beantwortet ob er der Beklagten eine erhebliche Gefahrstatsache "unrichtig mitgeteilt verschwiegen" hat (Art. 6 aVVG). Stellt man die nur dem vom Kläger eingereichten Fragebogen zu entnehmenden Informationen dem aufgrund aller Unterlagen bekannten tatsächlichen Verlauf gegenüber, so ergibt sich im gesamten Zusammenhang klar eine unrichtige und lückenhafte Information, die alle Einzelheiten, die den Versicherer zu einem Nachfragen hätten verleiten können, ausgelassen hat.

Belegt ist in diesem Zusammenhang, dass der Kläger im Jahr XY mit knapp Z Jahren von der Institution N abgeklärt und dort vom Chefarzt Dr. K kinderpsychiatrisch betreut wurde. Die Diagnose Q führte zu einer IV-Anmeldung und zur Anmeldung für einen stationären Aufenthalt in der Klinik D (heute Klinik D, Einrichtung für [...]), der über X Jahre dauerte (vgl. vi-act. 31.1/act. 1 und bekl. act. 9). Anschliessend wurde der Kläger bis Ende 1984 ambulant behandelt (vi-act. 24.1, act. 32; vi-act. 31.1, act. 8-14

[Behandlung bei der Institution N, bei M]), und es kam in dieser Zeit auch zum Aufenthalt im Kinderspital (vi-act. 31.1, act. 9 und 12). Dr. K war dabei die ganze Zeit auch unter Mitarbeit anderer Ärzte federführend an der Behandlung beteiligt (vgl. act. 31.1, act. 9-12) Es ist weiter davon auszugehen, dass es sich bei Q um eine psychische Störung mit Krankheitswert handelt. Seitens der IV wurde die Beeinträchtigung des Klägers als Geburtsgebrechen behandelt und Kostengutsprache für entsprechende Massnahmen erteilt (vi-act. 24.1, act. 21, 23 und 32). Zumindest die effektiv ergriffenen ambulanten Massnahmen hatten aber offensichtlich auch einen psychotherapeutischen Einschlag (vgl. vi-act. 31.1, act. 8 [Hinweis auf Erfordernis psychotherapeutischer neben anderer Behandlung]; vi-act. 9 ["Psychotherapie bei Herrn M wird weiter fortgesetzt"]; vi-act. 31.1, act. 10 und 13 [Therapieberichte M]; vi-act. 31.1, act. 12 [Verhaltenstherapie und Familiengespräche bei M als Massnahmen bei einem Spitalaufenthalt aufgrund psychotischer Reaktion bei Q]). Weiter ist hervorzuheben, dass die Q-Störung des Klägers mit psychotischem Verhalten (Angstzustände) einhergehen konnte, was im Jahre Y auch die Hospitalisierung des Klägers notwendig machte (vi-act. 31.1, act. 9 und 12). Bestätigt wird diese Einordnung zunächst implizit aufgrund eines von Dr. C, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie und behandelnder Arzt des Klägers, zuhanden der IV am 24. Juli 2003 verfassten Berichts. Dieser Arzt bezeichnet die diagnostizierten Q-Störung als Beeinträchtigung mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit. Wegen Q sei der Kläger in der Klinik D in Behandlung gewesen (vi-act. 24.1, act. 65). Der Chefarzt der Klinik D, Dr. O, bezeichnete sodann auf Anfrage der Beklagten hin in seinem Auskunftsschreiben vom

11. November 2003 den Aufenthalt in der Klinik D als stationäre kinderpsychiatrische Behandlung (bekl. act. 9). Im Gutachten von Dr. E wird schliesslich auf die Frage, ob der Kläger im Jahr XY an einem Leiden mit Krankheitswert, insbesondere an psychischen Störungen gelitten habe, eine eindeutige Aussage gemacht. Danach wird der beim Kläger Q-Störung "innerhalb der üblichen psychiatrischen Klassifikationssysteme den tiefgreifenden Entwicklungsstörungen zugeordnet". Als Ausprägungen von Q beim Kläger werden aufgrund der dem Gutachter zur Verfügung gestellten Akten verschiedene Auffälligkeiten und Störungen bezeichnet (vi-act. 41, 1 und 3). Der Befund, wonach beim Kläger angesichts der Diagnose Q im Kindesalter ein psychisches Leiden mit Krankheitswert vorlag, wird auch nicht durch die weiteren Ausführungen des Gutachtens in Frage gestellt. Dort wird zwar dargelegt, dass beim

Aufenthalt in D die sozialund heilpädagogische Behandlung im Vordergrund stand und nicht festzustellen ist, dass der Kläger daneben auch ärztlich psychologisch bzw. psychotherapeutisch behandelt wurde (vi-act. 41, 2-5). Es wird aber auch deutlich gemacht, dass diese Betreuung damals und auch heute noch einfach als die geeignete Therapieform bei dieser Beeinträchtigung gesehen wird (vgl. vi-act. 41, 2 f. und 5). Dazu passt, dass nach den Angaben des Gutachters in der Person des zweimal pro Woche in der Klinik D visitierenden Dr. K eine ärztliche Begleitung/Aufsicht für die getroffenen Massnahmen und deren Wirksamkeit gegeben war (vi-act. 41, 2 und 5). Es ist somit in dieser Hinsicht zu schliessen, dass es beim Aufenthalt in der Klinik D mit der sozialund heilpädagogischen Betreuung um eine Behandlungsform des diagnostizierten Leidens ging.

Vor diesem Hintergrund ist zunächst die Frage 10c, wo auch nach früheren gegenwärtigen psychischen Störungen gefragt wird, mit der verneinenden Antwort des Klägers objektiv falsch beantwortet. Die Frage 12 hat der Kläger zwar mit dem Hinweis auf eine Behandlung durch einen Psychologen bejaht. Ergänzend beantwortet er aber die Frage nach der Krankheit lediglich mit dem Hinweis "Als Kind zum Schuleintritt", die Frage nach dem Zeitpunkt, der Dauer, der Heilung bzw. den Folgen mit der einzigen Jahrzahl XY und die Frage nach dem behandelnden Arzt mit "Schulpsychologischer Dienst". Mit dieser stark verharmlosenden und in zeitlicher Hinsicht auf ein einzelnes Ereignis beim Schuleintritt hinweisenden Beantwortung der Ergänzungsfragen zur im Grundsatz zu Recht bejahten Frage 12 hat er objektiv eine Anzeigepflichtverletzung begangen. Er hat die Fragen nach wesentlichen zusätzlichen Informationen nicht korrekt nicht vollständig beantwortet. Denn aufgrund der vorstehend dargelegten Erkenntnisse gingen die damaligen Massnahmen weit über das hinaus, was bei vielen Kindern im Zusammenhang mit dem Schuleintritt durch den schulpsychologischen Dienst getestet wird (Schulreife, Zeit und Art der Einschulung). Vor dem erwähnten tatsächlichen Hintergrund sind die Fragen insgesamt eindeutig unvollständig und nicht korrekt beantwortet. Insbesondere wegen der Angabe einer einzigen Jahrzahl (XY) bei einem auf kinderpsychiatrischen Rat als Therapiemassnahme der Beeinträchtigung des Klägers durchgeführten und von der IV übernommenen Aufenthalt von über X Jahren in der Klinik D, damals wie erwähnt unter der Bezeichnung "Therapiestelle" geführt, mit nachfolgender weiterer ambulanter Behandlung sowie wegen der in keiner Weise erwähnten langjährigen Beratung und

Betreuung durch Dr. K, den Chefarzt der damaligen Institution N (vgl. Frage 13 und ausdrückliche Frage nach dem behandelnden Arzt in der Zusatzfrage, die vom Kläger bereits damit zu Unrecht verneint wurde), muss von einer Anzeigepflichtverletzung ausgegangen werden. Mit den vom Kläger gelieferten Angaben hatte die Beklagte weder einen Anlass noch die Grundlagen, nähere Erkundigungen einzuholen.

  1. a) Es ist weiter zu prüfen, ob der Kläger die unrichtig mitgeteilten Gefahrstatsachen gekannt hat hätte kennen müssen. Nach der gesetzlichen Regelung (Art. 4 Abs. 1 VVG und 6 aVVG) hat der Antragsteller nicht nur alle erheblichen Gefahrstatsachen, die ihm bekannt sind, sondern auch solche, die ihm bekannt sein müssen, auf Frage hin mitzuteilen. Damit beurteilt es sich nicht nach einem rein subjektiven Kriterium ("gekannt hat"), ob der Antragsteller die Anzeigepflicht erfüllt hat. Die Rechtsprechung geht jedoch bei der Beurteilung des an sich objektiven Kriteriums, ob eine Gefahrstatsache dem Antragsteller bekannt sein müsste, von den Umständen des Einzelfalles und insbesondere von den Eigenschaften wie Intelligenz, Bildung, Erfahrung und Befinden des Antragstellers aus. Es ist zu entscheiden, ob und inwieweit er eine Frage des Versicherers nach seiner Kenntnis der Verhältnisse und gegebenenfalls nach den ihm von fachkundiger Seite erteilten Aufschlüssen in guten Treuen beantwortet hat. Er genügt seiner Anzeigepflicht nur dann, wenn er ausser den ihm ohne Weiteres bekannten Tatsachen auch diejenigen angibt, deren Vorhandensein ihm nicht entgehen kann, wenn er über die Fragen des Versicherers ernsthaft nachdenkt (BGE 118 II 337 E. 2b; 116 II 341 E. 1c; 109 II 63 f. E. 3b; 96 II 211; vgl. auch

    MAURER, a.a.O., 254).

    b) Der Kläger kann sich unter den gegebenen Umständen nicht darauf berufen, er habe keine Anzeigepflichtverletzung im Sinne von Art. 4 und 6 VVG begangen, da er die Gefahrstatsache nicht habe kennen müssen. Es kommt nicht darauf an, ob er die genaue Diagnose hätte aufführen können bzw. die medizinischen Begriffe gekannt hat. Dass in Fachkreisen allenfalls die Zuordnung der bei ihm vorhandenen psychischen Störung 1992 nicht völlig klar war, spielt ebenso wenig eine Rolle. Entscheidend ist, ob er beim Ausfüllen des Fragebogens über klar gestellte Fragen des Versicherers ernsthaft nachgedacht und sie nach bestem Wissen und Gewissen beantwortet hat. Nach diesen Kriterien der Lehre und Rechtsprechung hätte er unter den gegebenen Umständen bei der effektiv erfolgten, sich über Jahre erstreckenden Behandlung und

    lang andauernden bzw. wiederkehrenden Problematik die umstrittenen Fragen nicht auf die von ihm gewählte Art beantworten dürfen. Insbesondere durfte er sich nicht mit dem Hinweis auf eine (einmalige) kinderpsychologische Abklärung im Zusammenhang mit dem Schuleintritt beschränken, wenn er effektiv über viele Jahre wegen psychischer Störungen (die er im Fragebogen ebenfalls verneint hatte) der Institution N (und nicht lediglich vom Schulpsychologischen Dienst) und von Dr. K kinderpsychiatrisch betreut wurde, sich als Therpiemassnahme länger als X Jahre stationär in der Klinik D befand und anschliessend noch ambulant therapiert wurde. Dass er von diesen einschneidenden und über lange Dauer erfolgten Behandlungen bei der Antragstellung im Alter von Z Jahren nichts mehr gewusst hat nichts mehr hätte wissen können, ist nicht nachvollziehbar. Mit seiner Intelligenz und allenfalls auf ein Nachfragen nach korrekten Details bei seinen Eltern, die ihrerseits medizinisch ausgebildet sind, hätte er zumindest den stationären Aufenthalt in der Klinik und dessen Dauer erwähnen sowie die korrekte Angabe des verantwortlichen Arztes, Dr. K, machen müssen und damit in jedem Fall eine andere als die verharmlosende Antwort, die für den uneingeweihten Leser klar auf ein nicht spektakuläres Ereignis beim Schuleintritt hindeutete, geben müssen.

  2. a) Hat der Antragsteller beim Vertragsabschluss eine ihm bekannte eine für ihn erkennbare erhebliche Gefahrstatsache gemäss Abs. 4 Abs. 2 VVG unrichtig mitgeteilt verschwiegen, so steht dem Versicherer nach Art. 6 aVVG das Recht zu, innerhalb von vier Wochen seit Kenntnisnahme von der Anzeigepflichtverletzung vom Vertrag zurückzutreten; das Vertragsverhältnis wird ex tunc aufgelöst (vgl. BSK VVG-NEF, N 31, aber auch N 33 zu Art. 6 VVG). Nach der Rechtsprechung beginnt die vierwöchige Frist ab dem Zeitpunkt zu laufen, ab welchem der Versicherer vollständig über alle Punkte, welche die Verletzung der Anzeigepflicht betreffen, orientiert ist und er davon sichere, zweifelsfreie Kenntnis erlangt hat; Vermutungen genügen nicht (vgl. BGE 118 II 333, E. 3a a.E.; BGer 5C.104/2001 vom 21.8.01 E. 4b). Die Rücktrittserklärung muss ausführlich auf die verschwiegene ungenau mitgeteilte Gefahrstatsache hinweisen; sie muss die ungenau beantwortete Frage erwähnen (BGE 129 III 713; vgl. auch 110 II 502, wo das Bundesgericht aber einen überspitzten Formalismus bei der Beurteilung der Rücktrittserklärung ablehnt).

    b) Es ist im Folgenden noch zu prüfen, ob die Rücktrittserklärung der Beklagten den Anforderungen genügt ob der Vorwurf des Klägers, die Erklärung vom 11. November 2003 sei zu pauschal gewesen und von der Beklagten nach Einsicht in die Unterlagen nachgeschobene Begründungen seien nicht mehr beachtlich, zutrifft. Die Beklagte hat mit dem Hinweis im Rücktrittsschreiben, dass der Kläger den erfolgten stationären Aufenthalt in der Klinik D nicht erwähnt habe, obwohl ausdrücklich danach gefragt worden sei, und mit der Aufzählung der nicht korrekt bzw. nicht vollständig beantworteten Fragen (vgl. BGE 129 III 713) klar zum Ausdruck gebracht, in welcher Hinsicht sie von einer Anzeigepflichtverletzung ausging. Aus dem Rücktrittsschreiben geht auch hervor, dass sie den Fragebogen beilegte. Zudem erklärte sie, dass sie bei Kenntnis der Gesundheitsverhältnisse des Klägers den Antrag nicht hätte annehmen können. Damit hat sie dem Kläger in für ihn verständlicher Weise mitgeteilt, in welcher Hinsicht sie ihm eine Anzeigepflichtverletzung vorwarf. Bereits mit Schreiben vom 12. November 2003 verteidigte sich der Kläger denn auch gegen den Vorwurf. Es kann nicht verlangt werden, dass bereits das Rücktrittsschreiben alle in der Zwischenzeit noch bekannt gewordenen Behandlungen erwähnt, denn die Beklagte musste ja gemäss Art. 6 aVVG innert vier Wochen nach Kenntnisnahme von der Anzeigepflichtverletzung den Rücktritt erklären und konnte es nicht riskieren, sich wegen zu langwieriger Abklärungen letztlich ein Fristversäumnis vorwerfen zu lassen. Sie hat vielmehr mit ihrer Anfrage an die IV und bei der Klinik D, die vom Chefarzt Dr. O beantwortet wurde, genügende Grundlagen gehabt, um gestützt darauf ihren Rücktritt zu erklären. Diese Grundlagen bestätigten eine stationäre kinderpsychiatrische Behandlung von über Z Jahren Dauer, welche wie erwähnt vor allem sozialund heilpädagogische Therapiemassnahmen beinhaltete und die sich aus dem vom Kläger eingereichten Fragebogen nicht ableiten liess. Die Rücktrittserklärung der Beklagten enthält die notwendigen Angaben und die Frage des Nachschiebens von Rücktrittsgründen stellt sich nicht.

  3. Da die Anzeigepflichtverletzung zu bejahen und die Beklagte zu Recht und in korrekter Form von den Versicherungsverträgen (Police Nr. X1X2X3 und Police Nr. X4X5X6) zurückgetreten ist, hat der Kläger gemäss Art. 25 aVVG Anspruch auf die Erstattung des Rückkaufswerts der Versicherungen. Die Beklagte hat kurz nach ihrer Rücktrittserklärung diesen Wert berechnet und dem Kläger unter diesem Titel Fr. 16'516.50 angeboten (vgl. Schreiben der Beklagten an den Kläger in bekl. act. 16, 18

    und 19). Dieser Betrag ist im Berufungsverfahren nicht mehr strittig und steht dem Kläger in dieser Höhe zu.

  4. Damit ist die Berufung abzuweisen.

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Quelle: https://www.findinfo-tc.vd.ch

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