Zusammenfassung des Urteils BZ.2004.7: Kantonsgericht
Eine 79-jährige Frau setzte Teewasser zum Sieden auf, verliess die Wohnung, vergass das Wasser und verursachte so einen Wohnungsbrand. Die Gebäudeversicherung reichte eine Regressklage gegen die Erben der Frau ein. Es wurde diskutiert, ob die Frau fahrlässig handelte und ob die Regressforderung rechtsmissbräuchlich war. Das Kantonsgericht wies die Klage ab, und die Klägerin legte Berufung ein. Es wurde festgestellt, dass die Frau den Schaden grob fahrlässig verursacht hatte. Der Regressanspruch wurde bestätigt, da die Frau nicht in häuslicher Gemeinschaft mit den Versicherten lebte. Die Klägerin konnte den Regressanspruch geltend machen, da die Frau aus Delikt haftete. Die Angelegenheit wurde zur Festlegung der Höhe des Regressanspruchs an die Vorinstanz zurückverwiesen.
Kanton: | SG |
Fallnummer: | BZ.2004.7 |
Instanz: | Kantonsgericht |
Abteilung: | Kantonsgericht |
Datum: | 25.10.2004 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Entscheid Art. 41 OR (SR 220) und Art 51 GVG (sGS 873.1). Die 79-jährige Nutzniesserin einer Wohnung (Inhaberin eines Wohnrechts), setzte in der Küche Teewasser zum Sieden auf, verliess dann die Wohnung, um die Post zu holen und vergass in der Folge das Teewasser. Es entstand ein Wohnungsbrand mit grossem Sachschaden, den die Gebäudeversicherungsanstalt ersetzen musste. Diese begründet die vorliegende Regressklage gegen die Erben der Schadenverursacherin mit Schadenersatzansprüchen, welche im Umfang der von ihr geleisteten Entschädigung auf sie übergegangen seien. Streitig ist, ob die Nutzniesserin ein Verschulden treffe, wie eine allenfalls zu bejahende Fahrlässigkeit rechtlich zu qualifizieren sei (ob noch als leichte oder nicht) und ob die Geltendmachung einer allfälligen Regressforderung rechtsmissbräuchlich sei (Kantonsgericht, III. Zivilkammer, 25. Oktober 2004, BZ.2004.7). |
Schlagwörter : | Quot; Schaden; Regress; Verschulden; Beklagten; Versicherung; Eigentümer; Recht; Fahrlässig; Beruf; Vertrag; Fahrlässigkeit; Berufung; Schadens; Wohnung; Urteil; Brand; Klage; Vorinstanz; Gebäudeversicherung; Bundesgericht; Umstände; Küche |
Rechtsnorm: | Art. 14 VVG ;Art. 164 ZPO ;Art. 222 StGB ;Art. 41 OR ;Art. 43 OR ;Art. 50 OR ;Art. 51 OR ;Art. 53 OR ;Art. 63 StGB ;Art. 72 VVG ;Art. 97 OR ; |
Referenz BGE: | 100 II 332; 114 II 342; 80 II 242; |
Kommentar: | - |
Erwägungen
I.
Am 14. August 2001, kurz vor 09.00 Uhr, setzte die 79-jährige C in der Küche auf der rechten Herdplatte Teewasser zum Sieden auf und verliess dann die Wohnung, um vom Briefträger die Post entgegenzunehmen. Dieser hatte Verspätung. C verwickelte sich vor dem Haus in ein Gespräch mit dem Hausmeister und vergass darob das Teewasser. Es entstand ein Wohnungsbrand mit grossem Sachschaden. Die A (im Folgenden: A) entrichtete den Liegenschaftseigentümern Zahlungen von insgesamt Fr. 288'778.-- (261'420 [Schadenszahlungen inkl. Zins] + 27'368 [Nebenleistungen für Reinigungsund Aufräumkosten]); C wurde wegen fahrlässiger Verursachung einer Feuersbrunst mit einer Busse von Fr. 200.-bestraft.
Am 5. Dezember 2002 klagte die A gegen C auf Zahlung von Fr. 151'313.50 nebst Zins, was 60% eines "haftpflichtrechtlichen Schadens" von Fr. 252'189.20 (261'420 [Schadenszahlungen inkl. Zins] ./. 36'598.80 [14% Minderwert] + 27'368 [Reinigungsund Aufräumkosten]) entspreche. Mit Antwort vom 31. März 2003 schloss C auf Abweisung der Klage. Im weiteren Schriftenwechsel hielten die Parteien - C verstarb am 14. Juni 2003, und ihre Erben setzten den Prozess fort an den Rechtsbegehren fest.
Am 1. Oktober 2003 fällte das Kreisgericht L das Urteil. Es wies die Klage ab und auferlegte die Gerichtskosten von Fr. 6'000.-- der Klägerin, welche überdies verpflichtet wurde, die Beklagten für deren Parteikosten mit Fr. 15'770.60 zu entschädigen.
Mit Eingabe vom 12. Januar 2004 erhob die Klägerin gegen das Urteil vom 1. Oktober 2003 (versandt am 24.11.2003; zugestellt am 25.11.2004) Berufung beim Kantonsgericht mit dem Antrag, der Entscheid sei aufzuheben, und die Klage bzw. das vor erster Instanz gestellte Rechtsbegehren sei gutzuheissen. In ihrer Antwort vom 24. Februar 2004 trugen die Beklagten auf kostenfällige Abweisung der Berufung, eventuell Rückweisung der Streitsache an die Vorinstanz an. Mit Eingabe vom 16. August 2004,
welche die Beklagten aus dem Recht gewiesen haben wollen, reichte die Klägerin dem Kantonsgericht ein Urteil des Z Obergerichts betreffend eine Regressklage der Z Gebäudeversicherung ein. Am 22. Oktober 2004 fand die Berufungsverhandlung statt.
Auf die Überlegungen der Vorinstanz und auf die zur Begründung ihrer Standpunkte gemachten Ausführungen der Beteiligten wird, soweit notwendig, in den nachstehenden Erwägungen eingegangen.
II.
Die Eingabe der Klägerin vom 16. August 2004 stellt keine - Tatsachenbehauptungen, Beweisanträge Ausführungen zur Wahrung des rechtlichen Gehörs enthaltende - nachträgliche Eingabe im Sinne von Art. 164 ZPO dar. Einer Kenntnisnahme vom Urteil des Z Obergerichts, aus welchem an Schranken zu zitieren der Klägerin unbenommen gewesen wäre, steht nichts entgegen. Das Begehren der Beklagten, die Eingabe aus dem Recht zu weisen, erweist sich als gegenstandslos.
III.
Die Klägerin begründet ihre Forderung mit Ansprüchen aus Art. 41 OR (auf Ersatz grobfahrlässig verursachten Schadens), welche gemäss Art. 51 GVG (sGS 873.1) und Art. 51 OR im Umfang der von ihr geleisteten Entschädigung auf sie übergegangen seien. Die Beklagten halten dagegen, ein Regress sei ausgeschlossen, weil C, wenn überhaupt ein Verschulden, dann lediglich leichte Fahrlässigkeit zur Last gelegt werden könne: Diesfalls bestehe gemäss Art. 51 Abs. 3 GVG kein Rückgriffsrecht, denn C sei als Person zu betrachten, die mit den Versicherten in häuslicher Gemeinschaft gelebt habe. Zudem wäre die Ausübung des Regressrechts missbräuchlich, weil sich die Haftpflichtige an der Finanzierung der Versicherung faktisch beteiligt habe. Würde grobfahrlässige Schadensverursachung bejaht, so könne die Klägerin auf jeden Fall nicht mehr fordern, als sie vom Eigentümer als Schadenverursacher hätte fordern können, das heisst nach Art. 33 Abs. 2 Ziff. 1 GVG höchstens 50 Prozent. Schliesslich
wenden die Beklagten ein, der haftpflichtrelevante Schaden liege unter Fr. 126'000.--, und sie stellen eventualiter den Antrag, zur Bestimmung des Schadens und des Umfangs des Ersatzes (Art. 43 OR) sei der Fall an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Dass C am 14. August 2001 den Wohnungseigentümern objektiv gesehen widerrechtlich Schaden zugefügt hat (Art. 41 OR), ist ebenso unbestritten, wie dass das sogenannte Haftungsbzw. Regressprivileg gemäss Art. 51 Abs. 3 GVG zugunsten der Beklagten zum Vornherein nur dann zum Tragen kommen kann, wenn lediglich leichte Fahrlässigkeit vorliegt ein Verschulden überhaupt fehlt. Deshalb ist zuerst zu prüfen, ob C ein Verschulden treffe und wie dieses gegebenenfalls zu qualifizieren sei. Dabei ist der Zivilrichter an die strafgerichtliche Erkenntnis in casu erfolgte eine Verurteilung wegen fahrlässiger Brandstiftung gemäss Art. 222 Abs. 1 StGB zu einer Busse von Fr. 200.-- (Verfügung des Untersuchungsamtes Altstätten vom 8. Oktober 2001; kläg. act. 4) - nicht gebunden (Art. 53 OR).
Fahrlässig handelt, wer in Verletzung einer Sorgfaltspflicht den Eintritt des Schadens als Folge seines Verhaltens nicht voraussieht darauf keine Rücksicht nimmt. Für die Bestimmung der Sorgfaltspflicht ist ein objektiver Massstab anzulegen. Zu beachten ist grundsätzlich die Sorgfalt, die ein Mensch mit durchschnittlichen Fähigkeiten, Eigenschaften und Erfahrungen unter den gleichen Umständen beachten würde. Zu differenzieren ist freilich zwischen den verschiedenen Typen von Durchschnittsmenschen, für die jeweils dieselben Anforderungen gelten; in der Praxis wird dabei insbesondere das Alter einer Person berücksichtigt. Eine Rolle spielen auch polizeirechtliche Vorschriften; deren Missachtung stellt in der Regel eine zivilrechtliche Fahrlässigkeit dar (OFTINGER/STARK, Schweizerisches Haftpflichtrecht I, § 5 N 48 ff., 91 und 98; GUHL/KOLLER, Das Schweizerische Obligationenrecht, 9. Aufl., 194 f., § 24 N 39 f., je mit Hinweisen). Vorliegendenfalls ist also zu prüfen, ob C die Sorgfaltspflicht einer durchschnittlichen Frau im Alter von rund 80 Jahren beachtet habe.
Jedermann hat mit Wärme vorsichtig umzugehen, damit Brände nach Möglichkeit vermieden werden (Art. 11 Abs. 1 des Feuerschutzgesetzes; sGS 871.1). Dessen war sich auch C sie fühlte sich an diesem Morgen "gesund, locker und überhaupt nicht aufgeregt" - durchaus bewusst, als sie die Pfanne mit Wasser zum Sieden auf die Herdplatte setzte, den Schalter umdrehte, und "um ca. 09.00 h ... rasch vor das Haus
ging", um vom Briefträger, der "meistens immer genau um 09.00 h" kam, die Post entgegen zu nehmen (Polizeiliches Befragungsprotokoll vom 14.08.2001; kläg. act. 3). Es kann also ohne weiteres angenommen werden, dass sie rechtzeitig zurück gewesen wäre, wenn sie sich nicht, bedingt durch die Verspätung des Briefträgers, in ein Gespräch mit dem Hauswart hätte verwickeln lassen. So gesehen ist ihr letztlich lediglich, aber immerhin, Vergesslichkeit vorzuwerfen; das gereicht ihr trotz ihres Alters zum Verschulden. Sie gab denn auch freimütig zu: "Leider liegt der Fehler für diesen Küchenbrand ganz und gar bei mir" (Befragungsprotokoll, 3). Daran ändert auch die ein Jahr später diagnostizierte Demenz von C (vaskulär/Alzheimer; siehe Arztbericht vom 26.09.2002 [bekl. act. 4]) als subjektive Eigenschaft nichts, nachdem die Beklagten zu Recht selber nicht behaupten lassen (vgl. Berufungsantwort, 5 zu Ziff. 3), solche krankhaften Befunde seien typisch für Durchschnittlichsfrauen in diesem Alter. Auszuschliessen ist auch die behauptete Einschränkung der Urteilsfähigkeit von C (vgl. Duplik, 5 Ziff. 3 Abs. 1); es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass sie deswegen das Ausmass der Gefahr im Umgang mit dem Kochherd nicht mehr voll hätte erkennen können (vgl. dazu OFTINGER/STARK, a.a.O., N 92). Weil für die Vergesslichkeit nicht kausal, ist auch irrelevant, ob wie die Vorinstanz (Urteil, 10/11) noch erwog - C wusste, dass die Pfanne über einen Aluminiumboden verfügte, der schon "innert kurzer Zeit" schmelzen konnte, ob sie das nicht wusste. Es wird nämlich nicht behauptet und kann im Ernst auch nicht angenommen werden, dass eine diesbezüglich falsche Vorstellung von C der Grund für ihr Verhalten war. Die von den Beklagten eventualiter beantragte Expertise zur Frage, ob der Brand auch bei Verwendung einer Pfanne ohne Aluminiumboden ausgebrochen wäre (Berufungsantwort, 12), ist daher entbehrlich.
Nach dem Gesagten ist festzustellen, dass C den Schaden fahrlässig verursacht hat.
Die Terminologie der Qualifikation der zivilrechtlichen Fahrlässigkeit ist nicht einheitlich (vgl. OFTINGER/STARK, a.a.O., § 5 N 105 ff.; GUHL/KOLLER, a.a.O., 195, § 24 N 41; ROLAND BREHM, Berner Kommentar, N 156 ff. zu Art. 41 OR; ANTON SCHNYDER, Basler Kommentar, N 48 ff. zu Art. 41 OR; KELLER/GABI-BOLLIGER, Haftpflichtrecht, 2. Aufl., 57 f.; HEINZ REY, Ausservertragliches Haftpflichtrecht, 3. Auflage Rz 855 ff.).
Das Bundesgericht, dem gefolgt werden kann, lehnt eine Zweiteilung des Verschuldens, die jedes nicht leichte Verschulden einem schweren Verschulden gleichsetzt, seit einem Grundsatzentscheid (gefällt ebenfalls in einem versicherungsrechtlichen Regressfall) im Jahre 1974 ab. Umgekehrt kann konsequenterweise aber auch nicht gesagt werden, dass jedes nicht schwere Verschulden ein leichtes Verschulden sei. Eine solche Aufteilung, so das Bundesgericht, lässt nämlich unberücksichtigt, dass es nach der Lebenserfahrung sehr oft Verschuldensgrade von mittleren Schwere gibt, die weder leicht noch schwer sind. Wenn gewisse Gesetzestexte also aus dem Vorliegen eines schweren leichten Verschuldens rechtliche Folgen ableiten, so bedeutet das keineswegs, dass es keine Zwischengrade von Verschulden geben könne (BGE 100 II 332 ff.; 338 = Pra 64/1975 Nr. 67; dieser Entscheid wurde von der Lehre mehrheitlich zustimmend aufgenommen [vgl. die oben angeführten Stellen]). In casu hat C mit der Aktivierung einer Wärmequelle (Herdplatte) einen Prozess in Gang gesetzt, der wie jedermann weiss zu einem Brand mit schwerwiegenden Folgen (Personenund Sachschäden) führen kann, wenn er nicht rechtzeitig abgebrochen wird. Ihr Tun ist zwar es handelt sich um einen alltäglichen Vorgang so wenig zu beanstanden wie das Anzünden einer Kerze, verpflichtete sie aber, dafür zu sorgen, dass sich das mit der Zeit bzw. Wärmeentwicklung kontinuierlich steigende Brandrisiko nicht realisiert, d.h. dass die Herdplatte rechtzeitig wieder abgestellt wird. Dafür sind verschiedene Massnahmen denkbar. Wer nicht eine zuverlässige Drittperson mit der Überwachung betrauen kann und dennoch nicht am Kochherd verbleiben, sondern die Küche verlassen will, hat sicher zu stellen, dass er rechtzeitig zurück ist - um der Vergesslichkeit vorzubeugen, beispielsweise durch Inbetriebnahme eines portablen Timers mit akustischer Warnung durch ununterbrochenes daran Denken (und sich auf keinen Fall ablenken lassen).
Die Klägerin hat zur Begründung ihres Rechtsstandpunkts das Urteil des Obergerichts des Kantons Z vom 20. April 2004 eingereicht (kläg. act. 17). In diesem Entscheid hatte das Gericht zu beurteilen, wie das Verschulden eines 20-jährigen Mannes zu werten sei, der eine Matratze und eine Bettdecke beim Verlassen seines Zimmers direkt am Elektrospeicherofen liegen liess, was beim späteren Aufheizen des Ofens zu einem Brandausbruch führte. Dem Beklagten wurde aufgrund seiner Ausbildung in einem technischen Beruf eher ein überdurchschnittliches technisches Wissen, das auch Elektrospeicheröfen umfasse, attestiert. Andererseits wurde ihm zugute gehalten, dass
es vom Verlassen des Zimmers bis zum Brandausbruch relativ lange ging und der Elektrospeicherofen über keinen Mechanismus für eine Abschaltung bei Überhitzung verfügte. Das Gericht kam zum Schluss, es liege unter den gegebenen Umständen eine mittlere Fahrlässigkeit vor (kläg. act. 17, 28 f.). Im hier zu beurteilenden Fall war kein spezielles technisches Wissen notwendig; die Gefahr war für jedermann erkennbar. Auch C wusste, dass sie einen gefährlichen Zustand geschaffen hatte. Trotzdem unterliess sie es, beim Verlassen der Küche die erwähnten Massnahmen zu treffen. Wer aber Schutzmassnahmen nicht trifft, obwohl er erkannterweise einen gefährlichen Zustand geschaffen hat, handelt besondere, hier nicht vorliegende Umstände wie Unfall etc. vorbehalten grobfahrlässig (KELLER/GABI-BOLLIGER, a.a.O., 62). So kann denn auch C der Vorwurf der grobfahrlässigen Schadenverursachung nicht erspart bleiben. Daran vermag die Beurteilung durch den Strafrichter nichts zu ändern. Dieser hat, anders als der Zivilrichter, eine Demenz als subjektive Eigenschaft bei der Strafzumessung im Rahmen von Art. 63 StGB sehr wohl zu berücksichtigen. Kommen weitere für die zivilrechtliche Qualifikation der Fahrlässigkeit (bei der schädigenden Handlung) als solche irrelevante strafmindernde Umstände hinzu, so kann er, wie hier, auch bei Grobfahrlässigkeit durchaus zu einer milden Sanktion kommen.
Hat C den Schaden nach dem Gesagten grobfahrlässig, nicht "nur leichtfahrlässig herbeigeführt" (Art. 51 Abs. 3 GVG), so kommt das Regressprivileg zum vornherein nicht zum Tragen.
Nach dem "unzweideutigen Wortlaute" von Art. 51 Abs. 3 GVG (ROELLI/JAEGER, Kommentar zum Bundesgesetz über den Versicherungsvertrag, N 59 zur gleichlautenden Bestimmung von Art. 72 VVG) kommt das Regressprivileg im übrigen auch deshalb nicht zum Tragen, weil C nicht in häuslicher Gemeinschaft mit den Versicherten (den Eigentümern) lebte. Die Berufung der Klägerin auf diese Bestimmung wäre nicht schon deshalb rechtsmissbräuchlich, weil die Versicherten selber als nahe Verwandte (Kinder) gegen die Haftpflichtige (Mutter) vorliegendenfalls keine Schadenersatzansprüche erhoben hätten (Berufungsantwort, 7/8 lit. b; ob dem so gewesen wäre nicht, kann dahingestellt bleiben). Diese gesetzliche Fiktion gilt nämlich wenn vielleicht "merkwürdigerweise" (so ROELLI/JAEGER, a.a.O.), aber doch klar - nur bei häuslicher Gemeinschaft. In allen übrigen Fällen steht es im Belieben der Versicherung, ob sie regressieren will nicht. Die Beziehungen zwischen Schädiger
und Geschädigtem ausserhalb der häuslichen Gemeinschaft sind irrelevant; abzuklären, wie solche im Einzelfall sind, wäre unpraktikabel, weshalb es darauf nicht ankommen kann.
Zu prüfen bleibt die Stichhaltigkeit der gegen die Ausübung des Regressrechts bzw. die Geltendmachung der subrogierten Schadenersatzforderungen vorgebrachten Einwendungen. Diese werden von den Beklagten vor allem unter Hinweis darauf vorgebracht, dass C wirtschaftlich für die Gebäudeversicherungsprämien aufgekommen sei.
Die Beklagten machen in tatsächlicher Hinsicht geltend, dass zwar die Eigentümer die Versicherungsprämien bezahlt hätten - dass C diese also, wie den Mietern der übrigen Wohnungen in der Liegenschaft, nicht als Nebenkosten in Rechnung gestellt worden seien (vgl. dazu auch Art. 21 Abs. 4 GVG) -, dass dem jedoch "bei der Berechnung des Wohnwertes Rechnung getragen worden" sei (Klageantwort, 2/3, Ziff. III/1; Duplik, 8 ad 3). Die Klägerin hält dagegen, es treffe gerade nicht zu, dass C wirtschaftlich für die Gebäudeversicherungsprämien aufgekommen sei, denn es sei ihr gemäss der detaillierten Liegenschaftsberechnung (bekl. act. 3) keine Versicherungsprämie belastet worden (Replik, 9/10 Ziff. 3). Auf die beklagtische Behauptung, dem sei bei der Berechnung des Wohnwertes Rechnung getragen worden, geht die Klägerin indessen nicht ein, bestreitet sie insbesondere nicht substantiiert.
Unter diesen Umständen ist ohne weiteres davon auszugehen, dass C tatsächlich wirtschaftlich für die Prämien aufgekommen ist.
In rechtlicher Hinsicht führen die Beklagten aus, in Fällen wie dem vorliegenden dränge es sich auf, einen stillschweigenden Verzicht des Versicherers auf den Regress anzunehmen, und ein Rückgriff, der diese "Regel" verletze, sei rechtsmissbräuchlich (Klageantwort, 9 Ziff. 3 mit Hinweisen, insbesondere auf BGE 114 II 342 ff. = Pra 79/1990 Nr. 168 Erw. 3). Jedenfalls solle die Klägerin nicht mehr fordern können, als sie von den prämienpflichtigen Eigentümern hätte fordern können (Klageantwort, 10 Ziff. 5). Die Klägerin wendet ein, der von den Beklagten zitierte Bundesgerichtsentscheid sei auf die vorliegende Regresskonstellation nicht übertragbar. Soweit das Bundesgericht
zur Haftung des Mieters überhaupt Stellung genommen habe, habe es nur die bekannte Regel angewendet, dass ein aus Vertrag Leistungspflichtiger gegen einen anderen aus Vertrag Haftpflichtigen, der für das Verschulden einer Hilfsperson einstehen müsse, nur dann regressieren könne, wenn das Verschulden der Hilfsperson schwer ist (Replik, 10 Ziff. 3b). In jenem Fall nämlich habe der Mieter den Geschädigten aus Vertrag gehaftet, während im vorliegenden Fall allein die Haftung aus unerlaubter Handlung zu prüfen sei (Berufung, 7 ff. Ziff. 2).
Dazu fällt was folgt in Betracht:
aa) Es mag zwar der Regress des Versicherers als "unangebracht" erscheinen, "wenn der Mieter einer Wohnung fahrlässig einen Brand herbeiführt, der zu einem Gebäudeschaden führt, welchen den Feuerversicherer ersetzt", gar "die Überlegung, der Schädiger dürfe nicht frei werden [als] geradezu abwegig, wenn er in Wahrheit die Prämienzahlung aufgebracht hat aus sonstigen Gründen zumindest als wirtschaftlich Versicherter zu betrachten ist" (so HEINRICH HONSELL, Ungeklärte Fragen des Regresses nach Art. 72 VVG in: Privatrecht im Spannungsfeld zwischen gesellschaftlichem Wandel und ethischer Verantwortung, Festschrift für Heinz Hausheer zum 65. Geburtstag, Bern 2002, 569 ff.). De lege ferenda sind denn auch bereits Vorschläge gemacht worden (HONSELL, a.a.O., 575 mit Hinweis auf Art. 54a Abs. 2 VE [Vernehmlassungsentwurf] zum OR).
De lege lata kann das jedoch nicht gesagt werden. Zum vornherein unbrauchbar ist hier insbesondere die vom deutschen Bundesgerichtshof auf vom genannten Autor "vor Jahrzehnten" geäusserte Kritik hin ( so HONSELL, a.a.O., 576) entwickelte Praxis, den Regress des Sachversicherers in solchen Fällen zu verweigern, und zwar in der durch Auslegung gewonnen Annahme eines konkludenten (d.h. vertraglichen) Haftungsausschlusses für leichte Fahrlässigkeit im Verhältnis zwischen Versicherungsnehmer und Drittem (dort zwischen Vermieter und Mieter; Urteil des BGH vom 08.11.2000 und vom 14.02.2001; IV ZR 298/99 und VIII ZR 292/98; kläg. act. 15 und 16). Abgesehen davon, dass wie gesehen Grobfahrlässigkeit vorliegt, besteht für eine solche konkludente Vereinbarung beim obligatorischen und öffentlich-rechtlichen Versicherungsverhältnis gemäss st. gallischem Gesetz über die Gebäudeversicherung (vgl. Art. 9 und 11 Abs. 1 GVG) kein Raum, weshalb selbst bei nicht grobfahrlässiger
Schadensverursachung bzw. mittelschwerem Verschulden nicht von einer rechtsmissbräuchlichen Geltendmachung des Regressanspruchs gesprochen werden könnte.
bb) Nicht einzusehen ist sodann, weshalb die Klägerin auf dem Regressweg nicht mehr sollte fordern können, als gegen die prämienzahlenden Versicherten bzw. Eigentümer als grobfahrlässige Schadenverursacher hätte erhältlich gemacht werden können (nämlich 50 Prozent; Art. 33 Abs. 2 Ziff. 1 GVG).
Auszugehen ist zunächst davon, dass die schadenverursachende C nicht qua Auslegung des Gesetzes als Versicherte im Sinne von von Art. 33 GVG qualifiziert werden kann, bloss weil sie wirtschaftlich für die Prämien aufgekommen ist. Das machen die Beklagten zu Recht selber nicht geltend.
Daran ändert auch die virtuelle Rechtslage im (hier nicht vorliegenden) Falle nichts, wie sie sich präsentierte, wenn C zugunsten der Eigentümer eine privatrechtliche Sachversicherung abgeschlossen hätte: Die Versicherung hätte diesfalls ihre Leistung an die anspruchsberechtigten Eigentümer gestützt auf Art. 14 Abs. 2 VVG wegen grober Fahrlässigkeit der Versicherungsnehmerin - nicht gänzlich verweigern, sondern lediglich kürzen können, und C hätte von den Eigentümern höchstens für den von der Versicherung nicht gedeckten Schaden belangt werden können. Umgekehrt wäre ein Regress der Versicherung nach Art. 51 OR auf sie als Vertragspartnerin (wenngleich den Eigentümern gegenüber auch aus Art. 41 OR haftpflichtig) wohl nicht in Frage gekommen.
Nach dem hier massgeblichen Gesetz über die Gebäudeversicherung ist der Eigentümer von Gesetzes wegen sowohl einzig möglicher Versicherungsnehmer als auch einziger Versicherter (Art. 11 Abs. 1 und Art. 21 Abs. 3 GVG), d.h. der Wohnberechtigte kann nicht selber als Versicherungsnehmer auftreten und so eine vertragliche Beziehung zur A begründen, die ihn für den Fall grobfahrlässiger Schadenverursachung davor bewahren würde, für den ganzen Schaden in Anspruch genommen zu werden. Das rechtfertigt indessen weder eine Auslegung im obgenannten Sinne noch die Annahme eines Rechtsmissbrauchs, woran hier weder die
familiären Verhältnisse noch die Umstände, wie es zu den damaligen Eigentumsund Wohnrechtsverhältnissen gekommen ist, etwas ändern.
cc) Den Beklagten hilft auch nicht, dass C den geschädigten Eigentümern nicht nur aus Art. 41 OR, auf welche Bestimmung die Klägerin sich ausschliesslich beruft, haftete, sondern auch aus Art. 97 OR, d.h. aus Vertrag; beim Nutzniessungsverhältnis (Wohnrecht) handelte es sich nämlich um ein vertragliches (Ziff. 4.3 des Erbteilungsvertrages vom 30.08 / 13.09.2000; bekl. act. 1).
Wohl wäre C, wenn die geschädigten Eigentümer was diesen freigestellt war - direkt sie als Vertragspartnerin und Schadenverursacherin belangt hätten, grundsätzlich ein Regressrecht gegen die Beklagte als ebenfalls aus Vertrag haftende zugestanden (analog Art. 51 Abs. 1 i.V.m. Art. 50 Abs. 2 OR, die kantonalen Brandversicherungsanstalten haben hier keine andere Stellung als Versicherungsgesellschaften [vgl. Brehm, a.a.O., N 15 zu Art. 51 OR mit Hinweisen]); dieses Regressrecht besteht insbesondere aus der Überlegung, dass in der Gegenleistung im Gebrauchsvertrag die Versicherungsprämien bereits berücksichtigt sind (BGE 114 II 342 ff., 345 Erw. 3 = Pra 79/1990 Nr. 168). C hätte dieses aber gleichwohl nicht durchsetzen können, weil die Klägerin ihr anders als die Versicherung in dem im zitierten Bundesgerichtsentscheid beurteilten Fall erfolgreich das Regressrecht des Vertragshaftpflichtigen gegenüber dem aus unerlaubter Handlung Haftpflichtigen (Art. 51 Abs. 2 OR) hätte entgegenhalten können.
Es kann daher nicht gesagt werden, die Klägerin könne ihre Regressforderung aus Art. 41 OR nur deshalb durchsetzen, weil sich die Geschädigten direkt an sie gehalten haben, wogegen sie gegenüber C regresspflichtig würde, wenn die Geschädigten primär diese als Haftpflichtige aus Vertrag belangt hätten. Auch unter diesem Aspekt erscheint die Geltendmachung der Regressforderung nicht als rechtsmissbräuchlich, zumal lediglich 60 Prozent des haftpflichtrechtlichen Schadens eingeklagt worden sind.
dd) Unbehelflich ist schliesslich die Berufung der Beklagten auf BGE 80 II 242 ff. = Pra 44/1995 Nr. 18, wo entschieden wurde, dass dem Versicherer der Rückgriff auf einen Dritten bei bloss leichtem (vertraglichem) Verschulden zu verweigern sei. Denn erstens war das Verschulden von C nicht leicht und zweitens handelt es sich bei der hier
eingeklagten Regressforderung nicht wie in jenem Fall um eine rechtsgeschäftlich zedierte Schadenersatzforderung aus Vertrag (dort Werkvertrag), sondern um eine gesetzlich subrogierte Schadenersatzforderung aus Delikt (Art. 41 OR).
Nach dem Gesagten bleibt es dabei, dass die Klägerin auf C bzw. deren Rechtsnachfolger (die Beklagten) Rückgriff nehmen kann.
Nachdem sich die Vorinstanz zum (ebenfalls um strittenen) Quantitativen noch nicht geäussert hat, ist die Sache, dem Eventualantrag der Beklagten entsprechend, zur Festlegung der Höhe des Regressanspruchs an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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