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Urteil Kantonsgericht (SG)

Zusammenfassung des Urteils BZ.2004.64: Kantonsgericht

Ein Arbeitnehmer verlangt nach einer Kündigung von seinem Arbeitgeber ein Arbeitszeugnis und die Fortsetzung der Lohnzahlung bis Ende Mai 2004 gemäss einem unbefristeten Arbeitsvertrag. Der Arbeitgeber behauptet, es habe sich lediglich um ein Praktikum bis Ende März 2004 gehandelt. Das Arbeitsgericht verurteilt den Arbeitgeber zur Zahlung von 12'542.70 CHF an die Arbeitslosenkasse und zur Ausstellung einer Arbeitsbestätigung. In der Berufung wird die Vertragsdauer und die Formulierung der Arbeitsbestätigung diskutiert. Die Berufung wird abgewiesen, da die rechtliche Dauer des Arbeitsverhältnisses massgeblich ist und keine weiteren Angaben zur effektiven Beschäftigungsdauer gemacht werden dürfen.

Urteilsdetails des Kantongerichts BZ.2004.64

Kanton:SG
Fallnummer:BZ.2004.64
Instanz:Kantonsgericht
Abteilung:Zivilkammern (inkl. Einzelrichter)
Kantonsgericht Entscheid BZ.2004.64 vom 20.12.2004 (SG)
Datum:20.12.2004
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 1 Abs. 1, Art. 18 Abs. 1 und Art. 330a Abs. 2 OR. Frage der Simulation eines unbefristeten, von beiden Parteien unterzeichneten schriftlichen Arbeitsvertrages. Formulierung der Aussagen über die Beschäftigungsdauer in der vom Arbeitgeber auszustellenden Arbeitsbestätigung, wenn der Arbeitnehmer freigestellt wurde (Kantonsgericht, III. Zivilkammer, 20. Dezember 2004, BZ.2004.64).
Schlagwörter : Vertrag; Beklagten; Arbeitsvertrag; Praktikum; Formulierung; Einarbeitung; Parteien; Anstellung; Berufung; Klägers; Einarbeitungszuschüsse; Vorinstanz; Hinweis; Wille; Arbeitsbestätigung; Verkauf; Beschäftigung; Klage; Urteil; Eingabe; Arbeitsverhältnis; Vertrages; Willen; Formulierungsvorschlag; Arbeitsvertrages
Rechtsnorm:Art. 1 OR ;Art. 164 ZPO ;Art. 18 OR ;Art. 330a OR ;Art. 53 ZPO ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts BZ.2004.64

Art. 1 Abs. 1, Art. 18 Abs. 1 und Art. 330a Abs. 2 OR. Frage der Simulation eines unbefristeten, von beiden Parteien unterzeichneten schriftlichen Arbeitsvertrages. Formulierung der Aussagen über die Beschäftigungsdauer in der vom Arbeitgeber auszustellenden Arbeitsbestätigung, wenn der Arbeitnehmer freigestellt wurde (Kantonsgericht, III. Zivilkammer, 20. Dezember 2004, BZ.2004.64).

Erwägungen

I.

  1. Der Kläger 1 war ab 1. Oktober 2003 bei der Beklagten im Bereich Verkauf tätig und erhielt dafür einen Bruttolohn von monatlich Fr. 7'250.- (kläg. act. 7). Im Zusammenhang mit seiner vorangegangenen Arbeitslosigkeit erhielt die Firma über das Regionale Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) für seine Beschäftigung Einarbeitungszuschüsse gemäss Art. 65 f. AVlG (bekl. act. 1). Mit Schreiben vom 11.

    März 2004 teilte die Beklagte dem Kläger 1 mit, dass sie die Zusammenarbeit per Ende März 2004 beende und ab sofort auf die Arbeitsleistung verzichte (kläg. act. 2).

  2. Der Kläger verlangte von der Beklagten in der Folge unter anderem ein Arbeitszeugnis sowie die Fortsetzung der Lohnzahlung bis 31. Mai 2004 (kläg. act. 3 und 4). Er stützte sich dabei auf den von beiden Parteien unterzeichneten Arbeitsvertrag vom 19. September 2003, welcher eine unbefristete Anstellung mit einer Kündigungsfrist von zwei Monaten vorsieht (kläg. act. 1). Die Beklagte stellte sich auf den Standpunkt, bei der massgeblichen vertraglichen Grundlage handle es sich lediglich um ein Praktikum mit Dauer vom 1. Oktober 2003 bis am 31. März 2004 (kläg. act. 5). Das RAV verweigerte der Beklagten mit Schreiben vom 7. April 2004 die Ausrichtung des Einarbeitungszuschusses für den Monat März 2004, weil mit der Kündigung die an die Zuschüsse geknüpfte Voraussetzung der dauerhaften Wiedereingliederung nicht mehr gegeben sei (bekl. act. 1).

  3. Am 8. April 2004 reichte der Kläger 1 gestützt auf den Arbeitsvertrag und mit den eingangs erwähnten Begehren Klage beim Arbeitsgericht ein (vi-act. 1). Die Beklagte erstattete ihre Klageantwort am 15. April 2004 (vi-act. 4). Sie führt darin aus, sie hätte

    „ein Praktikum mit dem RAV und dem Kläger 1 gehabt, welches vom 1.10.03-31.3.04 dauerte“.

  4. Mit Schreiben vom 20. April 2004 (vi-act. 6) erklärte die Kantonale Arbeitslosenkasse (Klägerin 2) aufgrund der von ihr dem Kläger im Anschluss an die Beendigung des Anstellungsverhältnisses bei der Beklagten ab 1. April 2004 ausgerichteten Arbeitslosentaggelder den Prozessbeitritt als Hauptpartei (Art. 29 AVIG und Art. 53 Abs. 2 ZPO).

  5. Mit Urteil vom 15. Juli 2004 verpflichtete das Arbeitsgericht die Beklagte, der Klägerin 2 Fr. 12'542.70 netto zu bezahlen. Weiter verpflichtete das Gericht die Beklagte, dem Kläger eine Arbeitsbestätigung mit folgendem Wortlaut auszustellen:

    “ Der Kläger 1 war vom 1. Oktober bis zum 31. Mai 2004 in unserem Betrieb tätig. Sein

    Einsatzgebiet war Marketing, Verkauf und Kundenpflege. Dazu gehörten die Erstellung

    von Verkaufskonzepten und Strategien, die Verkaufsberatung im Innendienst und die

    Pflege der Kundschaft im Inund Ausland.“

  6. Mit Eingabe vom 17. August 2004 (B/1) erhebt die Beklagte Berufung und verlangt die Abweisung der Klage. Die Berufungsantwort des Klägers (B/6) datiert vom 30. August 2004. Die Klägerin 2 verzichtete auf die Einreichung einer Berufungsantwort. Am 18. Oktober 2004 reichte die Beklagte eine nachträgliche Eingabe ein (B/9).

II.

Eine nachträgliche Eingabe ist nach Art. 164 Abs. 1 ZPO zulässig, wenn sie entweder (lit. a) erhebliche Tatsachenbehauptungen Beweisanträge enthält, die trotz zumutbarer Sorgfalt nicht früher vorgebracht werden konnten (lit. b) das rechtliche Gehör eine Stellungnahme erfordert.

Die Eingabe der Beklagten vom 18. Oktober 2004 genügt diesen Anforderungen nicht. Der Kläger hat von Anfang an verneint, dass es um ein Praktikum gegangen sei. Die im Anschluss an dieses erneute Vorbringen des Klägers geäusserte Hypothese einer Täuschung durch den Kläger hätte ohne weiteres schon früher vorgebracht werden können.

III.

  1. a) Die Vorinstanz nahm an, die Beklagte wolle im Zusammenhang mit dem von ihr behaupteten Praktikum geltend machen, zwischen ihr und dem Beklagten sei zum Vornherein vereinbart worden, dass das Vertragsverhältnis bis zum 31. März 2004 befristet sein sollte. Sie verneinte diese Möglichkeit einerseits unter Hinweis auf den Inhalt des Arbeitsvertrages vom 19. September 2004 (kläg. act. 1). Andererseits führte sie aus, Einarbeitungszuschüsse würden nur gewährt, wenn dem RAV vor Antritt einer Stelle ein zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber abgeschlossener Vertrag eingereicht werde. Das sei vorliegend mit dem Vertrag vom 19. September 2003 auch geschehen.

    Weil Einarbeitungszuschüsse den dauerhaften Erhalt des Arbeitsplatzes bezweckten, wären sodann bei einem befristeten Arbeitsverhältnis auch keine Zuschüsse ausgerichtet worden (Urteil, 5 f.). Die Beklagte bringt nun in der Berufung vor, sie habe den Arbeitsvertrag zwar in Kenntnis des Umstandes unterschrieben, dass darin kein Hinweis auf ein Praktikum enthalten gewesen sei. Den Grund dafür sieht sie darin, dass gemäss den Richtlinien des RAV Einarbeitungszuschüsse nur gewährt würden, wenn ein unbefristeter Arbeitsvertrag vorliege. Aus diesem Grund habe man auf die Erwähnung des Praktikums im Arbeitsvertrag verzichten müssen. Ferner hätte dann im Anschluss an die Einarbeitung ein definitiver Arbeitsvertrag über das Jahr 2003 hinaus abgeschlossen werden sollen. Nachdem sich aber das Scheitern der Eingliederung des Klägers im Unternehmen gezeigt habe, sei man zum Schluss gekommen, das

    „Praktikum Eingliederung von Arbeitslosen des RAV“ zu beenden (B/1, 1 f.). Der Kläger entgegnet, dass es wohl ein Praktikum gegeben habe, dieses sei aber lediglich im Rahmen eines Kurses des RAV vom 15. September bis 30. September 2003 durchgeführt worden. Dafür sei von der Kursleitung mit der Beklagten eigens ein Praktikumsvertrag abgeschlossen worden. Während der zweiwöchigen Praktikumszeit habe er sodann selber mit der Beklagten den vorliegenden unbefristeten Arbeitsvertrag geschlossen (vi-act. 2, 1 und B/6, 1).

    Mit ihrem Vorbringen stellt sich die Beklagte sinngemäss auf den Standpunkt, sie habe den vorliegenden unbefristeten Arbeitsvertrag nur im Hinblick auf die Erlangung von Einarbeitungszuschüssen unterzeichnet, d.h. sie habe den Vertrag so nicht gewollt, sondern in Wirklichkeit nur eine befristete Anstellung bis Ende März 2004 (Ende der Einarbeitungszeit) mit der Möglichkeit des darauffolgenden Abschlusses eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses vereinbaren wollen.

    1. Ein Vertrag kommt durch den Austausch übereinstimmender Willenserklärungen der beteiligten Parteien zustande (Art. 1 Abs. 1 OR). Zur Beurteilung des Vertragsinhalts ist an erster Stelle der übereinstimmende wirkliche Wille der Parteien massgebend. Unbeachtlich ist namentlich nach dem Wortlaut des Gesetzes eine unrichtige Bezeichnung, die von den Parteien in der Absicht verwendet wird, die wahre Beschaffenheit des Vertrages zu verbergen (Simulation, Art. 18 Abs. 1 OR). Ist eine tatsächliche Willensübereinstimmung nicht gegeben, kann sich die vertragliche Bindung der Parteien aus einer Auslegung nach dem Vertrauensprinzip ergeben.

      Danach sind die jeweiligen Erklärungen der Parteien so auszulegen, wie sie vom Empfänger in guten Treuen, d.h. unter Berücksichtigung aller ihm erkennbaren Umstände, objektiv verstanden werden durften und mussten (GAUCH/SCHLUEP/ SCHMID, Schweizerisches Obligationenrecht Allgemeiner Teil, Band I, 8. A., Rz. 207, 209 und 316 mit Hinweisen).

    2. Die Argumentation der Beklagten ist damit nur soweit relevant, als entweder belegt werden kann, dass beide Vertragsparteien in Wirklichkeit die von ihr behauptete Vereinbarung treffen wollten sich dieses Ergebnis aufgrund einer objektiven Auslegung der Erklärungen ergibt. Was sie allenfalls selber wollte, ohne sich auch entsprechend zu äussern, ist demgegenüber irrelevant.

    Zugunsten der Auffassung der Beklagten lassen sich aber weder im einen noch im anderen Sinn Anhaltspunkte finden. Die einzigen Indizien, welche einen Schluss auf den tatsächlichen Willen der Parteien zulassen, wurden bereits von der Vorinstanz eingehend diskutiert. Es handelt sich dabei einerseits um den Wortlaut des Vertrages, dessen praktische Handhabung nach Abschluss sowie den Zusammenhang mit den Einarbeitungszuschüssen des RAV. Daraus ergibt sich zumindest mit Sicherheit, dass der Wille des Klägers auf den Abschluss des Vertrages in der Form, wie er vorliegt, gerichtet war. Es bedarf auch keiner weiteren Ausführungen, dass der Kläger die mit der Unterzeichnung des Vertrages durch die Beklagte objektiv verbundene Willenserklärung auch entsprechend verstehen musste und durfte. Anhaltspunkte, die ihm ein anderes Verständnis hätten aufdrängen müssen, sind nicht ersichtlich.

  2. Im erstinstanzlichen Verfahren korrigierte der Kläger sein Begehren auf Ausstellung eines Arbeitszeugnisses und erklärte sich mit der Formulierung einer Arbeitsbestätigung einverstanden. Über den von der Vorinstanz gemachten Formulierungsvorschlag konnte keine Einigung erzielt werden. Die Beklagte hatte in der von ihr ausgestellten Bestätigung (vi-act. 19) darauf hingewiesen, dass der Kläger effektiv bis Ende März 2004 in ihrem Betrieb tätig und bis Ende Mai 2004 angestellt war. Der Formulierungsvorschlag des Gerichts hatte sich darauf beschränkt, das Ende der Tätigkeit zum 31. Mai 2004 hin anzugeben (vi-act. 15). Das Gericht erhob in der Folge seinen Formulierungsvorschlag zum Urteil. Es wies darauf hin, dass sich Angaben zur Dauer des Arbeitsvertrages in einer Arbeitsbestätigung auf die rechtliche

    Dauer der Anstellung beziehen müssten und nicht die tatsächliche Beschäftigungsdauer zum Inhalt haben dürften (Urteil, 8 f.). In der Berufung reicht die Beklagte erneut ihren von der Vorinstanz abgelehnten Formulierungsvorschlag ein (bekl. act. 4). Sie führt dazu lediglich aus, man habe die vom Arbeitsgericht vorgeschlagene Variante mit dem Hinweis auf die tatsächliche Dauer ergänzt, ansonsten aber die Formulierung wörtlich übernommen (B/1, 2).

    Nach Art. 330 a Abs. 2 OR kann der Arbeitnehmer ein Zeugnis verlangen, das sich auf Angaben über die Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses zu beschränken hat. Die Vorinstanz hat bereits richtig ausgeführt, dass allein die rechtliche Dauer des Anstellungsverhältnisses massgebend ist und weitere Hinweise zur effektiven Beschäftigungsdauer unzulässig sind. Die Anstellung dauerte rechtlich bis zum 31. Mai 2004. Das geht allerdings aus der von der Vorinstanz verfügten Formulierung nicht präzise hervor, wenn dort von der Tätigkeit des Klägers bis zum 31. Mai 2004 die Rede ist. Der Verweis auf die blosse rechtliche Dauer des Vertragsverhältnisses bedingt, dass von der Anstellung des Klägers die Rede ist und nicht von dessen Tätigkeit gesprochen wird. Andernfalls könnte der unrichtige Eindruck entstehen, dass der Kläger bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses auch effektiv im Betrieb der Beklagten arbeitete. Die vorinstanzliche Formulierung der Arbeitsbestätigung ist in diesem Sinne zu berichtigen. Soweit die Beklagte darüber hinaus einen Hinweis auf die Freistellung des Klägers anbringen will, ist ihre Berufung jedoch auch in diesem Punkt unbegründet.

  3. Da schliesslich auch der Umfang der Klageschutzes der Lohnforderung ausgewiesen ist (vgl. kläg. act. 7-11 sowie vi-act. 10, 10.1, 13 und 13.1), ist die Berufung abgesehen von der erwähnten Berichtigung abzuweisen.

Quelle: https://www.findinfo-tc.vd.ch

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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