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Urteil Versicherungsgericht (SG)

Zusammenfassung des Urteils AVI 2007/109, AVI 2008/7: Versicherungsgericht

Die Beschwerdeführerin hat sich gegen die Einstellung in der Anspruchsberechtigung gewehrt, die aufgrund von unentschuldigten Absenzen von einem Einsatzprogramm erfolgte. Es wurde festgestellt, dass sie vermittlungsfähig war und die Zwischenverdiensttätigkeit Vorrang hatte. Es gab jedoch Unstimmigkeiten bezüglich der tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden. Das Gericht hob den Entscheid zur Einstellung auf und wies die Sache zur weiteren Abklärung zurück. Es wurden keine Gerichtskosten erhoben, und die Beschwerdeführerin erhielt eine Parteientschädigung.

Urteilsdetails des Kantongerichts AVI 2007/109, AVI 2008/7

Kanton:SG
Fallnummer:AVI 2007/109, AVI 2008/7
Instanz:Versicherungsgericht
Abteilung:AVI - Arbeitslosenversicherung
Versicherungsgericht Entscheid AVI 2007/109, AVI 2008/7 vom 02.12.2008 (SG)
Datum:02.12.2008
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 15 Abs. 1 AVIG. Die Vermittlungsfähigkeit bei Zwischenverdienst ist in dem Sinn zu relativieren, dass die Versicherten bereit und in der Lage sind, die betreffende Beschäftigung so schnell wie möglich zu Gunsten einer zumutbaren und besser entlöhnten Stelle aufzugeben. Art. 30 Abs. 1 lit. c und d AVIG. Einstellung in der Anspruchsberechtigung. Rückweisung zur Bestimmung des von der Beschwerdeführerin tatsächlich gehabten Arbeitsaufwandes für die Zwischenverdiensttätigkeiten. (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 2. Dezember 2008, AVI 2007/109 und AVI 2008/7)
Schlagwörter : Arbeit; Zwischenverdienst; Einsatzprogramm; Vermittlungs; Zwischenverdiensttätigkeit; Vermittlungsfähigkeit; Anspruch; Einsprache; Anspruchsberechtigung; Einstellung; Beschwerdegegner; Zwischenverdiensttätigkeiten; Rapperswil; Verfahren; Einspracheentscheid; Verfügung; Stunden; Entscheid; Rapperswil-Jona; Einsatzprogramme; Eingliederungsmassnahmen; Bereitschaft; Arbeitslosenversicherung; Arbeitgeber; Stellung; Beschwerdeverfahren; Arbeitszeit
Rechtsnorm:-
Referenz BGE:125 V 366; 125 V 58;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts AVI 2007/109, AVI 2008/7

Präsidentin Lisbeth Mattle Frei, Versicherungsrichter Joachim Huber, Versicherungsrichterin Marie-Theres Rüegg Haltinner; Gerichtsschreiber Philipp Geertsen

Entscheid vom 2. Dezember 2008

in Sachen

  1. ,

    Beschwerdeführerin,

    vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Karl Gehler, LL.M., Hanfländerstrasse 67, Postfach 1539, 8640 Rapperswil SG,

    gegen

    1. RAV Rapperswil-Jona, Neue Jonastrasse 59, Postfach,

      8640 Rapperswil-Jona,

      vertreten durch Amt für Arbeit, Unterstrasse 22, 9001 St. Gallen, und

    2. Amt für Arbeit, Unterstrasse 22, 9001 St. Gallen,

Beschwerdegegner,

betreffend

Einstellung in der Anspruchsberechtigung (arbeitsmarktliche Massnahme) und Vermittlungsfähigkeit

Sachverhalt:

A.

    1. M. meldete sich erstmals per 1. Februar 2002 zum Bezug von Leistungen der Arbeitslosenversicherung an, nachdem sie ihre bisherige Stelle aus wirtschaftlichen Gründen verloren hatte (act. G 4.1/B33). Mit Beginn ab 1. März 2004 fand die Versicherte eine Anstellung bei der A. . Dieses Arbeitsverhältnis wurde aus wirtschaftlichen Gründen auf den 31. Juli 2005 vom Arbeitgeber gekündigt (act. G 4.1/ B82). Die Versicherte meldete sich per 30. August 2005 erneut zum Leistungsbezug bei der Arbeitslosenversicherung an (act. G 4.1/B80). Sie fand per 1. Juni 2006 eine Anstellung bei der A. mit einem Pensum von 25% (act. G 4.1/A11) als leitende Mitarbeiterin der Kommunikation (act. G 4.1/B103). Am 23. Juni 2006 wurde sie vom RAV Rapperswil angewiesen, ab dem 3. Juli 2006 an einem Einsatzprogramm (W. ) teilzunehmen (act. G 4.1/A13). Diese Anweisung wurde mit Verfügung vom

      28. September 2006 an die Zwischenverdiensttätigkeit angepasst ("der Zwischenverdienst hat Vorrang") und die neue Dauer des Einsatzprogrammes beim W. wurde auf 23. Oktober 2006 bis 22. April 2007 festgesetzt (act. G 4.1/A21).

    2. Am 7. Dezember 2006 teilte das RAV Rapperswil der Versicherten mit, sie hätte das Einsatzprogramm beim W. in der Differenz zu ihrer Zwischenverdiensttätigkeit besuchen müssen. Am 6. und 7. November 2006 habe sie das Einsatzprogramm

      unentschuldigt nicht angetreten und sei dort seit dem 9. November 2006 nicht mehr erschienen, obwohl in der Zwischenverdienstabrechnung maximal 1 bis 2 Stunden pro Tag ausgewiesen seien. Auf die schriftliche Aufforderung des W. vom 27. November 2006, sie solle ihre Abwesenheit begründen, habe sie nicht reagiert. Das RAV Rapperswil stellte vor diesem Hintergrund eine Einstellung in der Anspruchsberechtigung von 31 Tagen in Aussicht und forderte die Versicherte am

      11. Dezember 2006 zur Stellungnahme auf (act. G 4.1/A26 f.).

    3. Die Versicherte führte in der Stellungnahme vom 15. Dezember 2006 aus, es sei ihr aufgrund ihrer Zwischenverdiensttätigkeit unmöglich gewesen, ab dem 8. November 2006 im W. zu erscheinen. Ferner sei ihr Gesundheitszustand nicht der beste, weshalb sie mehrere Arzttermine wahrgenommen habe. Sie habe aber kein Arztzeugnis verlangt, weil sie in ihrer Zwischenverdiensttätigkeit habe arbeiten müssen. Ab Mitte Dezember 2006 werde sie mehr Zeit für das Einsatzprogramm aufwenden können (act. G 4.1/A28). In der ergänzenden Stellungnahme vom 10. Januar 2007 beantragte die Versicherte einen Verzicht auf die Verfügung von Einstelltagen. Eventualiter seien maximal 10 Einstelltage zu verfügen. Sie machte geltend, dass die Zwischenverdiensttätigkeit absoluten Vorrang habe (act. G 4.1/A32).

    4. Das RAV Rapperswil-Jona meldete am 23. Januar 2007, die Versicherte habe im Dezember 2006 das Einsatzprogramm nie besucht (act. G 4.1/B140) und am 1. Februar 2007, die Versicherte habe im Januar 2008 lediglich an 8 Arbeitstagen das Einsatzprogramm korrekt besucht (act. G 4.1/A33).

    5. Am 5. April 2007 stellte das Amt für Arbeit der Versicherten in Aussicht, die Vermittlungsfähigkeit ab Juni 2006 zu verneinen und forderte sie zur Stellungnahme auf (act. G 4.1/A44). Gleichentags verfügte das RAV Rapperswil-Jona wegen weisungswidrigen Verhaltens eine Einstellung in der Anspruchsberechtigung ab

9. November 2006 im Umfang von 31 Tagen (act. G 4.1/A49), ab 1. Januar 2007 im Umfang von 40 Tagen (act. G 4.1/51) und ab 1. Februar 2007 im Umfang von 40 Tagen (act. G 4.1/A53).

B.

    1. Gegen diese Verfügungen vom 5. April 2007 betreffend Einstellung in der Anspruchsberechtigung erhob M. am 7. Mai 2007 drei Einsprachen und ersuchte um Gewährung einer Frist für eine ergänzende Einsprachebegründung (act. G 4.1/A50, A52 und A54).

    2. Am 31. Mai 2007 nahm die Versicherte Stellung betreffend die Frage der Vermittlungsfähigkeit. Sie machte geltend, insgesamt 3 Zwischenverdiensttätigkeiten auszuüben. Insbesondere die Tätigkeit bei der A. erfordere Flexibilität und einen erheblichen Zeitaufwand, nur schon, um für die unregelmässigen Arbeitseinsätze an die Arbeitsstelle zu gelangen. Die Zwischenverdiensttätigkeiten seien aber nicht geeignet, die Vermittlungsfähigkeit zu verneinen. Diese Tätigkeiten seien so ausgestaltet, dass sie jederzeit kurzfristig aufgehoben werden könnten, sobald sich eine Festanstellung ergebe (act. G 4.1/A57).

    3. In den ergänzenden Einsprachebegründungen vom 22. Juni 2007 gegen die Verfügungen vom 5. April 2007 betreffend Einstellung in der Anspruchsberechtigung beantragte die Einsprecherin einen Verzicht auf die Einstellung in der Anspruchsberechtigung. Eventualiter seien (je) maximal 10 Einstelltage zu verfügen. Sie bringt vor, der Vorwurf sei unzutreffend, dass sie das Einsatzprogramm beim W. unentschuldigt nicht besucht habe. Denn eine Zwischenverdiensttätigkeit gehe einem Einsatzprogramm vor. Aufgrund ihrer Zwischenverdiensttätigkeiten bestehe eine hohe Arbeitsbelastung. Hinzu kämen noch diverse ärztliche Behandlungen. Eine Teilnahme an einem Einsatzprogramm sei daher für sie sehr schwierig. An jedem von der Einsprachegegnerin gerügten Tag sei sie ihrer Zwischenverdiensttätigkeit bei der A. nachgegangen. Vor diesem Hintergrund sei eine Einstellung in der Anspruchsberechtigung nicht gerechtfertigt (act. G 4.1/A60, A61 und A62).

C.

    1. Mit Verfügung vom 21. September 2007 verneinte das Amt für Arbeit ab

      9. November 2006 die Vermittlungsfähigkeit. Es führte im Wesentlichen aus, dass die Versicherte den ihr obliegenden Mitwirkungspflichten wiederholt nicht nachgekommen sei. In Berücksichtigung der bei der Einsatzprogrammgestaltung durch das RAV Rapperswil-Jona angewandten Sorgfalt und den zahlreichen Bemühungen seitens der

      Verwaltung, die Versicherte zu einer Teilnahme beim W. zu bewegen, sei von

      Vermittlungsunfähigkeit auszugehen (act. G 4.1/A66).

    2. Das RAV Rapperswil-Jona wies mit Entscheid vom 24. September 2007 die Einsprache vom 7. Mai 2007 betreffend Einstellung in der Anspruchsberechtigung für 31 Tage ab. Es begründete den Entscheid damit, dass die Einsprecherin trotz Zwischenverdiensttätigkeit verpflichtet gewesen sei, am Einsatzprogramm teilzunehmen. Da es sich um ein wiederholtes Versäumnis handle sowie Mahnungen und Anfragen der Verwaltung unberücksichtigt blieben, sei die Einstelldauer zu Recht mit 31 Tagen bemessen worden (act. G 4.1/A67).

D.

    1. M. erhob am 22. Oktober 2007 Beschwerde gegen den Einspracheentscheid vom 24. September 2007. Unter Kostenund Entschädigungsfolgen beantragte sie dessen Aufhebung und den Verzicht auf die Einstellung in der Anspruchsberechtigung. Eventualiter seien maximal 10 Einstelltage zu verfügen. Das vorliegende Verfahren sei bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Frage der Vermittlungsfähigkeit zu sistieren (act. G 1 im Verfahren AVI 2007/109).

    2. Gegen die Verfügung betreffend Vermittlungsfähigkeit erhob M. am 23. Oktober 2007 Einsprache. Sie brachte vor, es treffe zu, dass sie im Oktober 2006 verpflichtet worden sei, einem neuen Einsatzprogramm im W. zu folgen. Allerdings hätte die Anpassung an die bisherigen Einsatzprogramme nicht genügt, um die schwierige Situation betreffend Zwischenverdienst und die übrigen Bedürfnisse der Einsprecherin (Gesundheitszustand, Verschiebungen) zu berücksichtigen. Es sei ihr ein Einsatzprogramm aufgezwungen worden, das nur sehr schlecht habe eingehalten werden können. Die Einsprecherin sei bereit und in der Lage, zu jeder beliebigen Zeit eine zumutbare Arbeit anzunehmen. Sie sei grundsätzlich im Rahmen des Möglichen auch bereit, an Eingliederungsmassnahmen teilzunehmen. Die Eingliederungsmassnahmen müssten aber dergestalt sein, dass der bewilligte Zwischenverdienst, der den Eingliederungsmassnahmen vorgehe, sich mit den Eingliederungsmassnahmen auch koordinieren lasse. Die Vermittlungsfähigkeit sei sowohl in objektiver wie auch in subjektiver Hinsicht gegeben (act. G 4.1/A68).

    3. Das Amt für Arbeit beantragte in der Beschwerdeantwort vom 29. November 2007 betreffend Einstellung in der Anspruchsberechtigung, dass dem Sistierungsantrag der Beschwerdeführerin zu entsprechen sei (act. G 3 im Verfahren AVI 2007/109). Die Verfahrensleitung des Versicherungsgerichts sistierte am 6. Dezember 2007 dieses Beschwerdeverfahren bis zum Erlass eines Einspracheentscheids des Amts für Arbeit bezüglich Vermittlungsfähigkeit (act. G 4 im Verfahren AVI 2007/109).

    4. Mit Entscheid vom 15. Januar 2008 wies das Amt für Arbeit die Einsprache betreffend Verneinung der Vermittlungsfähigkeit ab (act. G 4.1/A75).

E.

    1. Am 15. Februar 2008 erhob M. Beschwerde gegen den Einspracheentscheid vom 15. Januar 2008 betreffend Vermittlungsfähigkeit und beantragte unter Kostenund Entschädigungsfolge dessen Aufhebung. Sie machte zusammenfassend geltend, dass die Verneinung der Vermittlungsfähigkeit nicht korrekt und unverhältnismässig sei. Die Begründung lautete im Wesentlichen gleich wie diejenige der Einsprache vom

      23. Oktober 2007 (act. G 1).

    2. Am 22. Februar 2008 hob die Verfahrensleitung des Versicherungsgerichts die Sistierung des Verfahrens AVI 2007/109 betreffend Einstellung in der Anspruchsberechtigung auf, vereinigte dieses mit dem Beschwerdeverfahren AVI 2008/7 betreffend Vermittlungsfähigkeit und ersuchte das Amt für Arbeit um Einreichung der Beschwerdeantwort (act. G 3).

    3. In der Beschwerdeantwort vom 11. März 2008 beantragte die Verwaltung die Beschwerdeabweisung. Die Begründung lautet im Wesentlichen gleich wie diejenige der angefochtenen Einspracheentscheide (act. G 4).

    4. In der Replik vom 14. Mai 2008 wiederholte die Beschwerdeführerin ihre bereits im Einspracheund bisherigen Beschwerdeverfahren vorgebrachte Argumentation und betonte, dass die gesundheitlichen Leiden sie in einer angepassten Tätigkeit nicht behindern würden (act. G 8).

    5. Auf die Einreichung einer Duplik wurde verzichtet (act. G 10).

Erwägungen:

1.

Die Verfahrensleitung des Versicherungsgerichts vereinigte am 22. Februar 2008 aufgrund des engen Sachzusammenhanges die Beschwerdeverfahren AVI 2008/7 und AVI 2007/109 (im vorliegenden Entscheid werden die Akten aus dem Verfahren AVI 2008/7 angegeben, soweit nicht anders vermerkt). Das ist unbestritten geblieben.

2.

Umstritten sind die Fragen, ob die Beschwerdeführerin ab dem 9. November 2006 vermittlungsfähig gewesen ist und bejahendenfalls, ob und in welchem Umfang sie in der Anspruchsberechtigung einzustellen ist. Da die Beantwortung der Einstellungsfrage von der Beantwortung der Frage betreffend die Vermittlungsfähigkeit abhängt, ist vorab die Frage der Vermittlungsfähigkeit zu beurteilen.

3.

    1. Gemäss Art. 15 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (AVIG; SR 837.0) ist eine arbeitslose Person vermittlungsfähig, wenn sie bereit, in der Lage und berechtigt ist, eine zumutbare Arbeit anzunehmen und an Eingliederungsmassnahmen teilzunehmen. Zur Vermittlungsfähigkeit gehört demnach auch die Bereitschaft an Eingliederungsmassnahmen teilzunehmen. Diese Bereitschaft bildet mit der Bereitschaft, die Arbeitskraft entsprechend den persönlichen Verhältnissen während der üblichen Arbeitszeit einzusetzen, Inhalt der Vermittlungsbereitschaft (Thomas Nussbaumer, Arbeitslosenversicherung, in: Soziale Sicherheit, Bd. XIV, 2. Auflage, Rz 270 f.). Als Anspruchsvoraussetzung schliesst der Begriff der Vermittlungs(un)fähigkeit graduelle Abstufungen aus. Entweder ist die versicherte Person vermittlungsfähig, insbesondere bereit, eine zumutbare Arbeit (im Umfang von mindestens 20 Prozent eines Normalarbeitspensums; vgl. Art. 5 der Verordnung über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung [AVIV; SR 837.02]) anzunehmen, nicht (BGE 125 V 58 E. 6a).

    2. Bei Zwischenverdienst ist der Begriff der Vermittlungsfähigkeit in dem Sinn zu relativieren, dass die Versicherten bereit und in der Lage sind, die betreffende Beschäftigung so schnell wie möglich (unter Wahrung der Kündigungsregeln einer angemessenen Reaktionszeit für die Aufgabe einer selbstständigen Arbeit) zu Gunsten einer zumutbaren und besser entlöhnten Stelle aufzugeben (Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts [EVG; seit 1. Januar 2007: Sozialrechtliche Abteilungen des Bundesgerichts] vom 11. Januar 2000 i.S. K., C 358/1999, E. 2c mit Hinweisen; Urteil des EVG vom 8. Juni 2001 i.S. A., C 436/00, E. 2a).

    3. Im vorliegend zu beurteilenden Fall hat die Beschwerdeführerin mit der Aufnahme ihrer Zwischenverdiensttätigkeiten als Übersetzerin, als Assistentin bei Kursen für die Erwachsenenbildung sowie als Mitarbeiterin bei der A. (vgl. act. G 4.1/A60 S. 2 f.) vor allem das getan, wozu sie gemäss der ihr obliegenden Schadenminderungspflicht (Art. 17 AVIG) gehalten war. Dass sie dabei nicht nach einem festen Einsatzplan, sondern gemäss den Bedürfnissen ihrer Arbeitgeberinnen eingesetzt und unregelmässig beschäftigt wurde, kann ihr in Bezug auf die Vermittlungsfähigkeit nicht zum Nachteil gereichen. Denn im vorliegenden Fall ist insbesondere gestützt auf die persönlichen Arbeitsbemühungen (vgl. act. G 4.1/B27 ff.) sowie die Aussagen der Beschwerdeführerin, eine Stelle mit einem 100%igen Pensum zu suchen (act. G 4.1/ C16 ff.) - davon auszugehen, dass sie ihre Zwischenverdiensttätigkeiten bei Auffinden einer anderen Stelle aufgegeben hätte. Insofern vermag die Beschwerdeführerin dem Anspruchserfordernis der Vermittlungsfähigkeit zu genügen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdegegner gegenüber der Beschwerdeführerin nicht zumindest nicht aktenkundig - den Vorwurf erhob, sie wäre nicht bereit gewesen die Zwischenverdiensttätigkeiten zu Gunsten einer zumutbaren und besser entlöhnten Stelle aufzugeben. Vielmehr stützte der Beschwerdegegner die Verneinung der Vermittlungsfähigkeit auf die Absenzen vom Einsatzprogramm beim

W. (act. G 4.1/A75). Wie bereits erwähnt (vgl. vorstehende E. 3.1) umfasst die Vermittlungsfähigkeit auch die Bereitschaft, an Einsatzprogrammen teilzunehmen. Die grundsätzliche Bereitschaft der Beschwerdeführerin, an Einsatzprogrammen teilzunehmen, ist aufgrund ihrer glaubhaften Aussagen (vgl. act. G 4.1/A17, A28 und A64) und ihren Bemühungen um Einsatzprogramme etwa bei der Universität X. (act. G 4.1/A8) bei der Arbeitslosenkasse Y. (act. G 4.1/A7) ausgewiesen. Hinzu kommt, dass die Beschwerdeführerin dem Einsatzprogramm beim W. nicht gänzlich

ferngeblieben war und namentlich im Januar 2007 während 8 Tagen besuchte (act.

G A33). Die vom Beschwerdegegner geltend gemachten Absenzen führen nicht dazu, dass der Beschwerdeführerin mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vollumfänglich die Bereitschaft abzusprechen ist, an Einsatzprogrammen teilzunehmen. Zusammenfassend ist demnach die Vermittlungsfähigkeit der Beschwerdeführerin ab dem 9. November 2006 zu bejahen und die Beschwerde in diesem Sinn gutzuheissen.

4.

    1. Zu prüfen bleibt die Frage, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Beschwerdeführerin wegen ihrer Absenzen vom Einsatzprogramm bei der W. in der Anspruchsberechtigung einzustellen ist.

    2. Die versicherte Person ist u.a. dann in der Anspruchsberechtigung einzustellen, wenn sie sich persönlich nicht genügend um zumutbare Arbeit bemüht die Weisungen der zuständigen Amtsstelle nicht befolgt, namentlich eine arbeitsmarktliche Massnahme ohne entschuldbaren Grund nicht antritt, abbricht deren Durchführung Zweck durch ihr Verhalten beeinträchtigt verunmöglicht

      (Art. 30 Abs. 1 lit. c und d AVIG). Gemäss höchstrichterlicher Rechtsprechung kommt einer Zwischenverdiensttätigkeit zwar Priorität vor einer vorübergehenden Beschäftigungsmassnahme zu (BGE 125 V 366 E. 4b mit ausführlicher Begründung; bestätigt im Urteil des EVG vom 14. Februar 2000 i.S. T., C 323/99, E. 2a). Diese Priorität bedeutet hingegen nicht, dass versicherte Personen, die einer Zwischenverdiensttätigkeit nachgehen, nicht (mehr bzw. ergänzend) an zumutbaren arbeitsmarktlichen Massnahmen teilzunehmen haben bzw. den Umfang der Teilnahme eigenmächtig bestimmen können. Im vorliegend zu beurteilenden Fall wurde das Einsatzprogramm gerade im Hinblick auf die Zwischenverdiensttätigkeiten der Beschwerdeführerin zugeschnitten. Es konnte von ihr daher grundsätzlich erwartet werden, dass sie die von den Zwischenverdiensttätigkeiten nicht erfasste Arbeitszeit im Einsatzprogramm verwertet.

    3. Es steht fest, dass die Beschwerdeführerin ab 1. Juni 2006 für die A. arbeitete. Im Arbeitsvertrag mit der A. vom 1. Juni 2006 wurde die Arbeitszeit bzw. das Arbeitspensum als "flexibel" bezeichnet und ein Stundenlohn von Fr. 28.-vereinbart

      (act. G 4.1/B103). Am 16. Juni 2006 orientierte die Beschwerdeführerin ihren RAVBerater, der derzeitige Beschäftigungsgrad bei der A. von 25% könne sich im Herbst 2006 auf 50% erhöhen (act. G 4.1/B104). Am 11. September 2006 berichtete sie, dass ihre Zwischenverdiensttätigkeit bei der A. 30 bis 40% betrage (act. G 4.1/ C87). In Berücksichtigung dieser Umstände teilte das RAV Rapperswil der Beschwerdeführerin mit, dass die Zwischenverdiensttätigkeit Vorrang habe (act. G 4.1/ A20). Im Formular Bescheinigung über Zwischenverdienst vom November 2006 gab die Beschwerdeführerin an, 29 Stunden bei der A. gearbeitet zu haben (act. G 4.1/C16). Daneben hat sie gemäss Berechnung des Beschwerdegegners - 17.5 Stunden am Einsatzprogramm beim W. teilgenommen (act. G 4.1/A75). Die Beschwerdeführerin begründete ihre Abwesenheiten vom Einsatzprogramm am 15. Dezember 2006 mit

      ihrer Zwischenverdiensttätigkeit. Ab 8. November 2006 sei ihr eine Teilnahme am Einsatzprogramm unmöglich gewesen, da aufgrund der bis Ende November 2006 laufenden Kündigungsfrist für Krankenversicherungsverträge bei der A. viel Arbeit bis Mitte Dezember 2006 angefallen sei. Sie erhalte unabhängig von der tatsächlich aufgewendeten Bearbeitungsund Reisezeit - die zwischen 2 bis 4 Stunden betragen könne (act. G 1, S. 4, im Verfahren AVI 2007/109) pro Kunde lediglich eine Stunde Arbeitszeit entschädigt. Ferner habe sie in der fraglichen Zeit insgesamt 8 Arztbesuche gehabt (act. G 4.1/A28).

    4. Mit den genannten Angaben der Beschwerdeführerin kontrastieren die vom Arbeitgeber gemeldeten Arbeitsstunden. Dieser berichtete, die Beschwerdeführerin habe im November 2006 29 Arbeitsstunden (act. G 4.1/C16) und im Dezember 2006 24 Arbeitsstunden (act. G 4.1/C17) für ihn erbracht. Den Angaben des Arbeitgebers ist nicht explizit zu entnehmen, ob es sich bei den gemeldeten Stunden um die effektive Arbeitszeit der Beschwerdeführerin lediglich um die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten pauschalen (Stundenlohn-)Entschädigungen entsprechend der Anzahl bearbeiteter Kunden handelt, die nicht den tatsächlichen Arbeitsaufwand wiedergeben. Zur Bestimmung unentschuldigter Absenzen vom Einsatzprogramm und damit für die Beurteilung der Einstellungswürdigkeit und des Verschuldens ist jedoch die Feststellung des von der Beschwerdeführerin für ihre Zwischenverdiensttätigkeiten gehabten tatsächlichen Aufwands von entscheidender Bedeutung. Der Beschwerdegegner hat es bisher unterlassen, die Widersprüche zwischen den diesbezüglichen Angaben der Beschwerdeführerin und ihres Arbeitgebers zu klären. In

Nachachtung der dem Beschwerdegegner obliegenden Untersuchungsund Abklärungspflicht ist die Sache zurückzuweisen, um den tatsächlichen von der Beschwerdeführerin gehabten Arbeitsaufwand für ihre Zwischenverdiensttätigkeiten bzw. ihre nicht durch die Zwischenverdiensttätigkeiten gerechtfertigten Absenzen vom Einsatzprogramm zu ermitteln. Hernach wird der Beschwerdegegner erneut über eine allfällige Einstellung in der Anspruchsberechtigung zu verfügen haben.

5.

Angesichts der widersprüchlichen Angaben der Beschwerdeführerin über die tatsächlich im Rahmen der Zwischenverdiensttätigkeiten aufgewendeten Stunden stellt sich weiter die Frage, ob der von der Arbeitslosenkasse gestützt auf die Bescheinigungen über Zwischenverdienst angerechnete Zwischenverdienst korrekt ermittelt wurde bzw. ob die Beschwerdeführerin Anspruch auf weitere bezahlte Arbeitsstunden im Rahmen des Zwischenverdienstes gehabt hätte. Diese Frage bildet indes nicht Gegenstand der angefochtenen Einspracheentscheide bzw. des vorliegenden Beschwerdeverfahrens, weshalb sich Weiterungen hierzu erübrigen. Immerhin kann bemerkt werden, dass der Beschwerdegegner und die Arbeitslosenkasse bezüglich der für den Zwischenverdienst aufgewandten Zeit vom gleichen Sachverhalt auszugehen haben.

6.

    1. In Gutheissung der Beschwerde vom 15. Februar 2008 wird der Einspracheentscheid vom 15. Januar 2008 betreffend Vermittlungsfähigkeit aufgehoben. In teilweiser Gutheissung der Beschwerde vom 22. Oktober 2007 wird der Einspracheentscheid vom 24. September 2007 betreffend Einstellung in der Anspruchsberechtigung von 31 Tagen aufgehoben und die Sache wird zur weiteren Abklärung sowie allfällig neuer Verfügung zurückgewiesen.

    2. Es werden keine Gerichtskosten erhoben (Art. 61 lit. a des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts [ATSG; SR 830.1]).

    3. Bei diesem Ausgang der (vereinigten) Verfahren hat die Beschwerdeführerin

Anspruch auf eine Parteientschädigung. Diese ist vom Gericht ermessensweise

festzusetzen, wobei insbesondere der Bedeutung der Streitsache und dem Aufwand Rechnung zu tragen ist (Art. 61 lit. g ATSG; vgl. auch Art. 98 ff. VRP/SG, sGS 951.1). Der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin hat auf die Einreichung einer Honorarnote verzichtet. Er hat für die beiden Beschwerden und die Replik zweifellos einige Zeit aufwenden müssen. Der Bedeutung und Komplexität der Streitsache angemessen erscheint eine Parteientschädigung von pauschal Fr. 5'000.-- (inklusive Barauslagen und Mehrwertsteuer). Die beiden Beschwerdegegner haben der Beschwerdeführerin somit je Fr. 2'500.-- (inklusive Barauslagen und Mehrwertsteuer) zu bezahlen.

Demgemäss hat das Versicherungsgericht

im Zirkulationsverfahren gemäss Art. 53 GerG

entschieden:

  1. In Gutheissung der Beschwerde vom 15. Februar 2008 wird der Einspracheentscheid vom 15. Januar 2008 betreffend Vermittlungsfähigkeit aufgehoben.

  2. In teilweiser Gutheissung der Beschwerde vom 22. Oktober 2007 wird der Einspracheentscheid vom 24. September 2007 betreffend Einstellung in der Anspruchsberechtigung von 31 Tagen aufgehoben und die Sache wird zur weiteren Abklärung sowie allfällig neuer Verfügung an den Beschwerdegegner 1 zurückgewiesen.

  3. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

  4. Die beiden Beschwerdegegner haben der Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung von je Fr. 2'500.-- (einschliesslich Barauslagen und Mehrwertsteuer) zu bezahlen.

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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