Zusammenfassung des Urteils AK.2006.254: Kantonsgericht
Die Vorschriften des Gerichtsgesetzes über Zeitbestimmungen müssen eingehalten werden. In einem spezifischen Fall wurde eine Frist bis zum 15. September 2006 gesetzt, die zu aufsichtsrechtlichen Bedenken führte. Gesetzliche Fristen für Rechtsmittel müssen beachtet werden, und Fristen sollten in der Regel mit einer bestimmten Anzahl von Tagen angegeben werden. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist nur unter bestimmten Umständen zulässig. Im vorliegenden Fall wurde die Frist nicht angemessen gesetzt, was zu Problemen für die Beschwerdeführerin führte. Die Partei darf nicht das Risiko des fristgerechten Eingangs bei der Behörde tragen.
Kanton: | SG |
Fallnummer: | AK.2006.254 |
Instanz: | Kantonsgericht |
Abteilung: | Strafkammer und Anklagekammer |
Datum: | 21.11.2006 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Entscheid Art. 3 Abs. 2 StP (sGS 962.1). Die Vorschriften des Gerichtsgesetzes über die Zeitbestimmungen sind grundsätzlich zwingend einzuhalten (Anklagekammer, 21. November 2006, AK.2006.254). |
Schlagwörter : | Frist; Quot; Gerichtsgesetz; Gerichtsgesetzes; Zeitbestimmungen; Untersuchungs; Fristen; Regel; Eingabe; Vorschriften; Mitteilung; Parteien; Posteingang; Anzahl; Zeiteinheit; Rechnung; Untersuchungsrichter; Versand; Eingang; Anklagekammer; Erwägungen:; Fristansetzung; Quot;bis; Bemerkungen; Anlass:; Ordnungsstrafen; Eingaben; Eröffnung |
Rechtsnorm: | - |
Referenz BGE: | - |
Kommentar: | - |
Aus den Erwägungen:
2. Die Fristansetzung in der angefochtenen untersuchungsrichterlichen Mitteilung an die Parteien vom 1. September 2006, nämlich "bis zum 15. September 2006 (Posteingang)", gibt zu folgenden aufsichtsrechtlichen Bemerkungen Anlass:
Die Vorschriften des Gerichtsgesetzes über Ordnungsstrafen, Eingaben, Eröffnung von Mitteilungen und Entscheiden, Zeitbestimmungen und Gebühren werden im Untersuchungsund im Anklageverfahren sowie im Beschwerdeverfahren und in der Jugendstrafrechtspflege sachgemäss angewendet (Art. 3 Abs. 2 StP). Ergänzende Bestimmungen finden sich in der Gerichtsordnung vom 19. April 1991.
Entsprechend den gesetzlichen Fristen für Rechtsmittel (vgl. Art. 232, 239f., 256 StP) und andere Rechtsbehelfe (z.B. Art. 171 Abs. 1, 186 Abs. 1 StP) sowie dem Grundgedanken der Zeitbestimmungen gemäss den Art. 77ff. des Gerichtsgesetzes sind Fristen abgesehen von Vorladungsterminen in der Regel mit einer bestimmten Anzahl von Tagen (oder allenfalls einer längeren Zeiteinheit) anzugeben. So enthält das
Gerichtsgesetz klare Regelungen über die Berechnung solcher Fristen (vgl. Art. 82 bis 84 GerG). Eine Abweichung vom erwähnten Grundsatz ist grundsätzlich nur ausnahmsweise zulässig, z.B. im Falle zeitlicher Dringlichkeit auch nach Vereinbarung. Im vorliegenden Fall sind keine solchen ähnlichen Gründe ersichtlich.
Am Gesagten vermag nichts zu ändern, dass gemäss Art. 179 Abs. 1 StP den Parteien "eine angemessene Frist" anzusetzen ist. Der Gesetzgeber wollte damit offensichtlich dem Umstand Rechnung tragen, dass der Untersuchungsrichter bei der Bestimmung der (angemessenen) Frist dem Umfang und der Schwierigkeit des einzelnen Falles Rechnung tragen kann. Dies entbindet indes den Untersuchungsrichter nicht, im Regelfall die Frist auf eine bestimmte Anzahl einer Zeiteinheit festzusetzen.
Im Übrigen führt im vorliegenden Fall die am 1. September 2006 (Versand der Parteimitteilung) auf den 15. September 2006 (Posteingang) festgesetzte Frist dazu, dass der Beschwerdeführerin, gerechnet ab dem Tag nach dem Eingang (vgl. Art. 82 Abs. 1 GerG), nicht einmal eine Frist von 14 Tagen zur Verfügung stand. Dies umso mehr, als eine allfällige Eingabe innert angesetzter Frist bei der Vorinstanz eingehen musste. Diesbezüglich kommt hinzu, dass es nicht angeht, beim postalischen Versand die Partei das Risiko des fristgerechten Eingangs bei der Behörde tragen zu lassen. Gemäss Art. 84 Abs. 2 zweiter Satz GerG gilt vielmehr die Frist als eingehalten, wenn eine Eingabe bis 24 Uhr des letzten Tages der schweizerischen Post übergeben wurde.
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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