Zusammenfassung des Urteils AHV 2015/12: Versicherungsgericht
Der Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Anja Müller-Gerteis, kämpft gegen die Sozialversicherungsanstalt des Kantons St. Gallen, die ihn als unselbstständig erwerbend ansieht. Er argumentiert, dass er ein spezifisches Unternehmerrisiko trage und in arbeitsorganisatorischer Unabhängigkeit arbeite. Das Gericht entscheidet zugunsten des Beschwerdeführers, qualifiziert seine Tätigkeit als selbstständige Erwerbstätigkeit und weist den Entscheid der Beschwerdegegnerin zurück. Die Gerichtskosten entfallen, und die Beschwerdegegnerin muss dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung von CHF 3'000 zahlen.
Kanton: | SG |
Fallnummer: | AHV 2015/12 |
Instanz: | Versicherungsgericht |
Abteilung: | AHV - Alters- und Hinterlassenenversicherung |
Datum: | 17.12.2015 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Entscheid Art. 5 und 9 AHVG. Art. 6 ff. AHVV. AHV-rechtliche Qualifikation. Bei IT- Spezialisten liegt mangels Notwendigkeit von grösseren Investitionen und laufenden Ausgaben regelmässig kein ausgeprägtes Unternehmerrisiko vor. Dem Kriterium der arbeitsorganisatorischen und wirtschaftlichen Unabhängigkeit kommt deshalb erhöhte Bedeutung zu. Der Beschwerdeführer ist auf Grund der qualifizierten arbeitsorganisatorischen Unabhängigkeit als selbstständig erwerbend anzusehen (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 17. Dezember 2015; AHV 2015/12).Entscheid vom 17. Dezember 2015 |
Schlagwörter : | ätig; Arbeit; Erwerb; Kunden; Auftraggeber; Erwerbstätigkeit; Unternehmerrisiko; Einsprache; Projekt; Unabhängigkeit; Beschwerdeführers; Parteien; Ausgleichskasse; Punkt; Gallen; Stellung; Auftraggebers; Rechnung; Investitionen; Woche; Einspracheentscheid; Leistung; Vertrag; äumen |
Rechtsnorm: | Art. 5 AHVG ;Art. 84 AHVG ;Art. 9 AHVG ; |
Referenz BGE: | 122 V 172; 123 V 162; |
Kommentar: | - |
Präsidentin Lisbeth Mattle Frei, Versicherungsrichterinnen Miriam Lendfers und Marie Löhrer; Gerichtsschreiber Jürg Schutzbach Geschäftsnr.
AHV 2015/12
Parteien
,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Anja Müller-Gerteis, beelerlegal.ch,
Hauptstrasse 30, 9400 Rorschach,
gegen
Sozialversicherungsanstalt des Kantons St. Gallen, Ausgleichskasse,
Brauerstrasse 54, Postfach, 9016 St. Gallen,
Beschwerdegegnerin,
und
AG, z.Hd. C. ,
Beigeladene,
Gegenstand
Beitragsstatut (sozialversicherungsrechtliche Stellung) Sachverhalt
A.
Am 18. August 2014 liess sich A. durch seinen damaligen Rechtsvertreter, Rechtsanwalt Daniel Beeler, bei der Sozialversicherungsanstalt des Kantons St. Gallen (Kantonale Ausgleichskasse) als selbstständig Erwerbender (Einzelfirma) anmelden. Die Firma sei in der Branche EDV-Unternehmensberatung tätig (act. G 3.1/4b). Er legte zwei Projektverträge mit der B. AG vom 15. Mai 2013 und vom 23. September 2013
bei, gemäss welchen die Betriebssoftware und die Kundenunterstützung erweitert bzw. verbessert werden sollten (act. G 3.1/4c und d). Nach einigen internen Abklärungen teilte die Ausgleichskasse des Kantons St. Gallen dem Rechtsvertreter mit, A. sei für seine Tätigkeit bei der B. AG als unselbstständig erwerbend anzusehen. Die
B. AG sei sodann verpflichtet, die Sozialversicherungsbeiträge mit der zuständigen Ausgleichskasse abzurechnen. Zur Begründung führte sie aus, der Versicherte trete gegenüber den Kunden im Namen des Auftraggebers auf, der Auftraggeber stelle den Kunden Rechnung, die Verluste bei Zahlungsunfähigkeit der Kunden trage der Auftraggeber, der Versicherte arbeite in den Betriebsräumlichkeiten des Auftraggebers
und sei an dessen Weisungen gebunden, der Versicherte müsse keine Investitionen tätigen. Es könne eine einsprachefähige Verfügung verlangt werden (act. G 3.1/11). Nachdem dies offenbar verlangt worden war, erliess sie am 29. September 2014 eine Verfügung des gleichlautenden Inhalts, die allerdings nur noch Andreas Erhard, nicht jedoch der B. AG eröffnet wurde (act. G 3.1/12).
Die Einsprache vom 30. Oktober 2014 samt Ergänzung vom 5. Dezember 2014 - der Versicherte trete in eigenem Namen auf, sei nicht weisungsgebunden und trage ein Unternehmerrisiko wies die Ausgleichskasse mit Entscheid vom 13. März 2015 ab. Nachdem der Versicherte keine bedeutenden Investitionen tätigen müsse, sondern lediglich die Unkosten (z.B. Fahrund Übernachtungskosten) übernehme, sei nicht von einem spezifischen Unternehmerrisiko auszugehen. Er lege auch keinen Mietvertrag für das geltend gemachte Büro in D. vor. Es sei deshalb möglich, dass es sich dabei lediglich um eine Briefkastenadresse handle, zumal dem Versicherten vorgeschrieben werde, dass er seine Tätigkeit bei der Zweigniederlassung der B. AG in E. erbringen müsse. Im Anschlussvertrag vom 23. September 2013 habe sich der Versicherte dazu verpflichtet, zwei bis drei Tage bei der B. AG in F. und ein bis zwei Tage in der Woche bei deren Zweigniederlassung zu arbeiten. Direkt beim Kunden solle er einen halben bis einen ganzen Tag pro Woche sein. Es sei ihm deshalb gar nicht möglich, sich für längere Zeit im geltend gemachten Büro in D. aufzuhalten. Es sei auch nicht ersichtlich, wie er unter diesen Umständen weitere Aufträge annehmen solle. Er sei ausschliesslich für die B. AG tätig und damit von dieser abhängig (act. G 3.1/18).
B.
Gegen diesen Entscheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vom 27. April 2015 mit dem Antrag auf Aufhebung der Verfügung vom 29. September 2014 (bzw. sinngemäss des angefochtenen Einspracheentscheids vom 15. März 2015). Der Beschwerdeführer - nunmehr vertreten durch Rechtsanwältin Dr. iur. Anja MüllerGerteis sei als selbstständig Erwerbender anzuerkennen, eventualiter sei die Sache zur weiteren Abklärung an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen. Der Beschwerdeführer trage ein spezifisches Unternehmerrisiko, indem er für die Kosten der Akquisitionen aufkommen müsse. Er müsse sich einen Überblick über das
Unternehmen des potentiellen Auftraggebers verschaffen und im Anschluss daran Lösungsansätze entwickeln. Dieses Risiko habe sich insofern realisiert, dass er ausser den beiden Projektverträgen mit der B. AG keine weiteren Aufträge in der Schweiz mehr habe erhalten können. Falsch sei auch die Darstellung, der Beschwerdeführer trete gegenüber seinen Kunden nicht im eigenen Namen auf. Unberücksichtigt gelassen habe die Beschwerdegegnerin, dass die vom Beschwerdeführer angebotene Dienstleistung als Berater und Systemanalytiker naturgemäss eine betriebswirtschaftliche und arbeitsorganisatorische Unabhängigkeit erfordere und diese zwingend sei. Eine Umstrukturierung hätte in einem Abhängigkeitsverhältnis gar nicht geleistet werden können (act. G 1).
Mit Schreiben vom 1. Mai 2015 beantragt die Verwaltung Abweisung der Beschwerde und verweist zur Begründung auf den angefochtenen Einspracheentscheid (act. G 3).
Mit Schreiben der Verfahrensleitung vom 8. Juli 2015 wurde die B. AG zum Verfahren beigeladen, die sich dazu nicht äusserte (act. G 8 und 9).
Am 16. November 2015 reicht der Beschwerdeführer auf entsprechende gericht liche Aufforderung weitere Unterlagen ein (act. G 10 und 11).
Erwägungen
1.
Nachdem vorliegend ein Einspracheentscheid der Ausgleichskasse des Kantons St. Gallen angefochten ist, ist das hiesige Versicherungsgericht ungeachtet des Wegzugs des Beschwerdeführers nach G. für die Behandlung der Beschwerde zuständig (Art. 84 AHVG).
2.
Die sozialversicherungsrechtliche Beitragspflicht Erwerbstätiger richtet sich unter anderem danach, ob das in einem bestimmten Zeitraum erzielte Erwerbseinkommen als solches aus selbstständiger aus unselbstständiger
Erwerbstätigkeit zu qualifizieren ist (Art. 5 und 9 des Bundesgesetzes über die Altersund Hinterlassenenversicherung [AHVG; SR 831.10] sowie Art. 6 ff. der Verordnung über die Altersund Hinterlassenenversicherung [AHVV; SR 831.101]). Nach Art. 5 Abs. 2 AHVG gilt als massgebender Lohn jedes Entgelt für in unselbstständiger Stellung auf bestimmte unbestimmte Zeit geleistete Arbeit; als Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit gilt nach Art. 9 Abs. 1 AHVG jedes Einkommen, das nicht Entgelt für in unselbstständiger Stellung geleistete Arbeit darstellt.
Nach der Rechtsprechung beurteilt sich die Frage, ob im Einzelfall selbstständige unselbstständige Erwerbstätigkeit vorliegt, nicht auf Grund der Rechtsnatur des Vertragsverhältnisses zwischen den Parteien. Entscheidend sind vielmehr die wirtschaftlichen Gegebenheiten. Die zivilrechtlichen Verhältnisse vermögen dabei allenfalls gewisse Anhaltspunkte für die ahv-rechtliche Qualifikation zu bieten, ohne jedoch ausschlaggebend zu sein. Als unselbstständig erwerbstätig ist im Allgemeinen zu betrachten, wer von einem Arbeitgeber in betriebswirtschaftlicher bzw. arbeitsorganisatorischer Hinsicht abhängig ist und kein spezifisches Unternehmerrisiko trägt. Dabei zwingt die Vielfalt der im wirtschaftlichen Leben anzutreffenden Sachverhalte dazu, die beitragsrechtliche Stellung einer erwerbstätigen Person jeweils unter Würdigung der gesamten Umstände des Einzelfalles zu beurteilen. Weil vielfach Merkmale beider Erwerbsarten zu Tage treten, muss sich der Entscheid oft danach richten, welche dieser Merkmale im konkreten Fall überwiegen (BGE 123 V 162 E. 1; AHI 2003 S. 361, E. 3.1).
Charakteristische Merkmale einer selbstständigen Erwerbstätigkeit sind die Tätigung erheblicher Investitionen, die Benützung eigener Geschäftsräumlichkeiten, die Beschäftigung von eigenem Personal sowie Handeln in eigenem Namen und auf eigene Rechnung. Das spezifische Unternehmerrisiko besteht dabei darin, dass unabhängig vom Arbeitserfolg Kosten anfallen, die der Versicherte selber zu tragen hat. Für die Annahme selbstständiger Erwerbstätigkeit spricht sodann die gleichzeitige Tätigkeit für mehrere Gesellschaften in eigenem Namen, ohne indessen von diesen abhängig zu sein. Massgebend ist dabei nicht die rechtliche Möglichkeit, Arbeiten von mehreren Auftraggebern anzunehmen, sondern die tatsächliche Auftragslage. Von unselbstständiger Erwerbstätigkeit ist auszugehen, wenn die für den Arbeitsvertrag typischen Merkmale vorliegen, d.h. wenn der Versicherte Dienst auf Zeit zu leisten hat,
wirtschaftlich vom "Arbeitgeber" abhängig ist und während der Arbeitszeit auch in dessen Betrieb eingeordnet ist, praktisch also keine andere Erwerbstätigkeit ausüben kann. Indizien dafür sind das Vorliegen eines bestimmten Arbeitsplans, die Notwendigkeit, über den Stand der Arbeiten Bericht zu erstatten, sowie das Angewiesensein auf die Infrastruktur am Arbeitsort. Das wirtschaftliche Risiko des Versicherten erschöpft sich diesfalls in der (alleinigen) Abhängigkeit vom persönlichen Arbeitserfolg oder, bei einer regelmässig ausgeübten Tätigkeit, darin, dass bei Dahinfallen des Erwerbsverhältnisses eine ähnliche Situation eintritt, wie dies beim Stellenverlust eines Arbeitnehmers der Fall ist (vgl. BGE 122 V 172, E. 3c mit Hinweisen; vgl. auch H. Käser, Unterstellung und Beitragswesen in der obligatorischen AHV, 2. Aufl., S. 115f.).
3.
Mit der Beschwerdegegnerin ist zunächst festzustellen, dass der Beschwerdeführer nur ein geringes spezifisches Unternehmerrisiko trägt. So musste er für seine Tätigkeit kaum Investitionen tätigen. Nach eigenen Angaben schaffte er sich einen Computer im Wert von 975 Euro an (act. G 3.1/13, Beilage 13). Die vom Beschwerdeführer weiter geltend gemachten Anschaffungen eines Fahrzeugs im Wert von gut 64‘000 Euro (inkl. Mehrwertsteuer [act. G 3.1/13, Beilage 15]) sowie eines Mobiltelefons für rund 500 Euro (act. G 3.1/13, Beilage16) können sodann nicht als geschäftlich notwendige Investitionen anerkannt werden. Die Rechtsprechung geht in der Regel davon aus, dass ein Fahrzeug ohnehin zu privaten Zwecken angeschafft würde (Hanspeter Käser, Unterstellung und Beitragswesen in der obligatorischen AHV, Rz 4.16). Dasselbe trifft erst recht auf das Mobiltelefon zu. Auch vorliegend braucht der Beschwerdeführer das Fahrzeug offensichtlich und unbestrittenermassen nicht für die Geschäftstätigkeit im engeren Sinn, sondern „nur“, um zu den Kunden zu gelangen, wozu er im Prinzip auch den öffentlichen Verkehr benützen könnte. Anders würde es sich verhalten, wenn er mit dem Fahrzeug etwa ein Taxiunternehmen einen Kurierdienst betreiben würde. Im Weiteren hat der Beschwerdeführer auch keine grösseren laufenden (unterjährigen) Ausgaben zu bewältigen. Vielmehr bestehen diese nach eigenen Angaben im Wesentlichen aus Fahr-, Übernachtungs-, Telefonieund Internetspesen (act. G 3.1/13, S. 6 f.). Das Verlustrisiko hält sich damit in Grenzen. Immerhin ist aber von einem bestehenden Inkassound Delkredererisiko auszugehen.
Entgegen der Ansicht der Beschwerdegegnerin ist anzunehmen, dass der Beschwerdeführer seine Leistung nicht den Kunden der B. AG, sondern dieser selbst erbringt, demzufolge auch im eigenen Namen handelt. So fallen gemäss Projektvertrag vom 15. Mai 2013 der unbestrittenermassen in der Marketingund Werbebranche tätigen B. AG umfassende architektonische und funktionale Änderungen an den Applikationsmodulen an; der Beschwerdeführer hat die Aufgabe, die B. AG bei dieser Erweiterung der bestehenden Applikationsmodule zu unterstützen und definierte Aufgaben zu übernehmen (act. G 3.1/4c, Ziff. 2 und 3). Gemäss Folgevertrag vom 23. September 2013 (Projektund Kundenbetreuung B. AG) waren weitere Arbeiten vorzunehmen, wobei unbestrittenermassen nur ein geringer Teil der Arbeiten bei den Kunden der B. AG (Supportunterstützung), ein wesentlich grösserer Teil jedoch direkt bei dieser anfielen (act. G 3.1/4d, Ziff. 2 und 3). Folgerichtig stellte der Beschwerdeführer der B. AG direkt Rechnung und hatte die Folgen ausbleibender Zahlungen zu tragen (vgl. act. G 3.1/4d). Es verhält sich damit anders als im Fall, bei dem die Leistung gegenüber den Kunden des Auftraggebers erbracht wird, jedoch vom Auftraggeber - unabhängig davon, ob dessen Kunden zahlen nicht entschädigt wird. In diesem Fall liegt eine Situation vergleichbar einem Arbeitnehmer vor (vgl. Urteil des Bundesgerichts H 30/99 vom 14. August 2000 E. 5a e contrario). Insgesamt ist somit festzustellen, dass der Beschwerdeführer kein ausgeprägtes Unternehmerrisiko trägt. Nachdem dies bei IT-Spezialisten jedoch regelmässig nicht der Fall ist, kommt diesem Kriterium entgegen der beschwerdegegnerischen Ansicht kein entscheidendes Gewicht zu, ansonsten IT-Spezialisten nie als selbstständig erwerbend angesehen werden könnten, was offensichtlich nicht angehen kann (vgl. Urteil H 30/99 E. 6e).
Demgegenüber kommt unter diesen Umständen dem Kriterium der wirtschaftlichen und arbeitsorganisatorischen Unabhängigkeit erhöhtes Gewicht zu. Die Beschwerdegegnerin ist der Ansicht, ein Unterordnungsverhältnis des Beschwerdeführers ergebe sich aus der Tatsache, dass dem Beschwerdeführer im Vertrag vom 15. Mai 2013 mit der B. AG vorgeschrieben werde, dass er seine Tätigkeit in den Räumen der Zweigniederlassung E. erbringen müsse. Im Anschlussvertrag vom 23. September 2013 werde der Beschwerdeführer sodann verpflichtet, dass er zwei bis drei Tage in der Woche bei der B. AG in F. und ein bis zwei Tage bei deren Zweigniederlassung arbeite. Direkt bei den Kunden soll er
einen halben bis ganzen Tag pro Woche sein. Dem Beschwerdeführer sei es somit schon aus zeitlichen Gründen nicht möglich, sich für längere Zeit im geltend gemachten Büro in D. aufzuhalten. Es sei auch nicht ersichtlich, inwiefern der Beschwerdeführer bei diesen ihm vorgeschriebenen und durch Arbeitsrapporte nachzuweisenden Präsenzzeiten imstande sein soll, noch für andere Firmen tätig zu sein. Zwar finden sich in den Projektverträgen vom 15. Mai 2013 und vom 23. September 2013 die genannten Bestimmungen betreffend den Einsatzort und betreffend die Pflicht zur Führung eines Zeitjournals. Diese sprechen aber nicht zwingend für das Vorliegen einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit. Ist eine Entschädigung wie vorliegend auf Stundenoder Tagesbasis abgemacht, versteht sich von selbst, dass der Beauftragte eine geeignete Zeitkontrolle führen muss, um seine Entschädigungsforderung zu plausibilisieren. Dem Zweck der Kostenkontrolle dient auch der Aufwandrahmen von 120 Beratertagen à 9 Stunden (45 Wochenstunden) bzw. von 220 Beratertagen (Kostendach; Verträge vom 15. Mai 2013, Ziff. 6 und vom 23. September 2013, Ziff. 6 [act. G 3.1/4c und d]). Auch die Arbeitserbringung in den Räumen und an den Rechnern der B. AG ist kein eindeutiges Indiz für das Vorliegen einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit. Es erscheint plausibel, dass der Beschwerdeführer die architektonischen und funktionalen Änderungen an den Applikationsmodulen sowie die weiteren Arbeiten gemäss Vertrag vom 23. September 2013 (act. G 3.1/4d, Ziff. 3) nicht in seinen Arbeitsräumen und nicht an seinem Computer, sondern bei der B. AG vornehmen muss, analog etwa einem Sanitärinstallateur, der seine Arbeit ebenfalls in den Räumen und an den Installationen des Auftraggebers ausführt, ohne deshalb zu dessen Angestelltem zu werden. Dies ist weniger im Sinn der Benützung einer fremden Infrastruktur zu verstehen als mehr im Sinn der Bearbeitung einer dem Kunden gehörenden IT-Einrichtung mit eigenem Knowhow, für dessen Erwerb der Beschwerdeführer im Übrigen selber verantwortlich ist (vgl. act. G 3.1/4c Ziff. 3). Ausser der Definition des Zeitraums der Leistungserbringung welche Bestimmungen in den Projektverträgen ebenfalls nicht gegen ein „echtes“ Auftragsverhältnis sprechen (vgl. Urteil H 30/99 E. 5c) finden sich keine weiteren Vorschiften zur Art und Weise, wie der Beschwerdeführer seine Arbeit auszuführen hat. So ist er insbesondere weder einer vorgesetzten Person/Projektleiter unterstellt noch werden ihm Vorschriften betreffend Arbeitszeit, dem Verhalten am Arbeitsplatz der konkreten Ausführung der Arbeit gemacht. Auch aus dem
Rahmenvertrag mit der B. AG vom 17. Mai 2013 ergeben sich mit Ausnahme der persönlichen Erfüllungspflicht (Punkt 2.2) keine Anhaltspunkte für ein Unterordnungsverhältnis bzw. für die Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Auftraggeberin. Es werden im Wesentlichen die Mitwirkungspflichten der Parteien (Punkte 2.3 und 2.4), das Abnahmeverfahren inkl. Mängelbehebung (Punkt 3), die Vergütung (Punkt 4), die Rechte am Arbeitsresultat (Punkt 5) sowie die Gewährleistung/ Haftung (Punkt 6) geregelt. Insgesamt enthält das gesamte Vertragswerk nur Bestimmungen über das Arbeitsresultat und dessen Verwendung, jedoch keine solchen, wie der Beschwerdeführer dieses Resultat erreichen soll. Dies ist typisch für ein Auftragsverhältnis und spricht in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht für selbstständige Erwerbstätigkeit. Daran vermag auch nichts zu ändern, dass gemäss Vertrag vom 23. September 2013 offenbar die bei den Kunden direkt erbrachten Leistungen (Supportunterstützung [vgl. Ziff. 3]) an diese weiterverrechnet werden, betrifft dies doch nur einen vergleichsweise kleinen Anteil an den Gesamtarbeiten. Für eine fehlende arbeitsorganisatorische Unterordnung spricht schliesslich, dass der Beschwerdeführer nach Lage der Akten nicht im Geschäftsbereich der B. AG tätig ist. Wie die Beschwerdegegnerin schon in ihren ELAR-Notizen vom 25. August 2014 und vom 22. September 2014 erwogen hat, ist die B. AG nicht im Bereich der Softwareentwicklung, sondern in der Marketingund Werbebranche tätig (act. G 3.1/5 und 9).
In Bezug auf die wirtschaftliche Unabhängigkeit ist sodann nicht ohne Belang, dass der Beschwerdeführer in Deutschland schon seit längerer Zeit als IT-Spezialist gearbeitet hatte bzw. wieder arbeitet. Die wirtschaftliche Unabhängigkeit kann nicht nur dadurch sichergestellt werden, dass jemand gleichzeitig mehrere Auftraggeber hat. Bei branchentypisch grösseren Projekten, welche die selbstständig erwerbende Person jeweils für einige Zeit voll auslasten, muss es genügen, wenn mittelbis längerfristig genügend andere Auftraggeber vorhanden sind, so dass insgesamt von einer wirtschaftlichen Unabhängigkeit ausgegangen werden kann. Dies ist beim Beschwerdeführer (wohl) der Fall. Er reichte im Einspracheverfahren diverse Verträge als Beispiele ein (H. GmbH vom 22. Juni 1999, I. vom 9. August 1999, J. vom
17. November 1999 und vom 22. Dezember 2000, K. Consulting vom 25. Juli 2002 und vom 20. Juli 2009 [act. G 3.1/14]), wobei der Beschwerdeführer hier seine Leistung allerdings gegenüber den Kunden der meist ebenfalls in der IT-Branche tätigen
Auftraggeber zu erbringen hatte, was grundsätzlich eher für eine unselbstständige Tätigkeit spricht. Nach eigenen Angaben ist er für diese Tätigkeiten in Deutschland aber offenbar als selbstständig erwerbend anerkannt (vgl. Einsprache Ziff. 10 und 11 [act. G 3.1/13]). Wie es sich damit verhält, kann offen bleiben. Für den vorliegend zu beurteilenden Zusammenhang genügt es, dass auf Grund dieser anderen Tätigkeiten nicht von einer alleinigen wirtschaftlichen Abhängigkeit von der B. AG auszugehen ist. Aus demselben Grund erscheint auch das Konkurrenzverbot (Ziff. 8.6 des Rahmenvertrags vom 17. Mai 2013 (act. G 3.1/11.1) im vorliegenden Zusammenhang als unproblematisch, ist doch der Beschwerdeführer bei der Verwertung seiner ITKenntnisse nicht auf Kunden beschränkt, die in direkter Konkurrenz zur B. AG stehen. Im Übrigen kennen auch andere selbstständige Berufe ähnliche Konkurrenzverbote. So ist es etwa auch einem Anwalt nicht erlaubt, Mandate anzunehmen, welche die Interessen seiner Klienten verletzen könnten (vgl. Art. 12 lit. c des Bundesgesetzes über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte [SR 935.61]). Die Vermeidung von Interessenskollisionen im Sinn dieser Bestimmung schränkt in ähnlicher Weise die Wirtschaftsfreiheit von Anwälten ein, wie das genannte Konkurrenzverbot.
Schliesslich sprechen auch die vom Beschwerdeführer der B. AG in Rechnung gestellten Beträge für eine selbstständige Erwerbstätigkeit, wie auch die Beschwerdegegnerin erwogen hat (vgl. ELAR-Notiz vom 25. August 2014 [act.
G 3.1/5]). Bei der Vergütung wurden Pauschalpreise von Fr. 130.-pro Stunde bzw. Fr. 1‘200.-pro Tag vereinbart, die sämtliche Aufwendungen des Beschwerdeführers abdeckten (act. G 3.1/4c und d, jeweils Ziff. 6.1). Der Beschwerdeführer stellte damit vergleichsweise hohe Rechnungen von rund Fr. 15‘000.-bis Fr. 25‘000.-pro Monat (15. Juli bis 30. September 2013) bzw. von rund Fr. 20‘000.-bis Fr. 28‘000.-pro Monat (1. Oktober 2013 bis 30. Juni 2014 [act. G 3.1/4d]). Damit kann der Beschwerdeführer seine Gewinnungskosten ohne weiteres decken.
Zusammenfassend ist damit festzustellen, dass der Beschwerdeführer zwar kein ausgeprägtes Unternehmerrisiko trägt, indessen auch keine untergeordnete Stellung eine wirtschaftliche Abhängigkeit von der B. AG, sondern im Gegenteil einen hohen Grad arbeitsorganisatorischer Unabhängigkeit aufweist. In solchen Fällen kann es sich gemäss dem mehrfach zitierten Urteil H 30/99 rechtfertigen, einer derart
qualifizierten arbeitsorganisatorischen Unabhängigkeit den Vorrang vor dem Unternehmerrisiko einzuräumen (E. 6e). Dies hat zur Folge, dass die zu beurteilende Tätigkeit des Beschwerdeführers für die B. AG als selbstständige Erwerbstätigkeit zu qualifizieren ist. Selbst die Beschwerdegegnerin ging intern davon aus, dass von selbstständiger Erwerbstätigkeit auszugehen wäre, wenn der Beschwerdeführer nur für die B. AG neue Software entwickeln würde (ELAR-Notiz vom 22. September 2014 [act. G 3.1/10]). Davon ist nach dem Gesagten (mit wenigen Ausnahmen) jedoch auszugehen (vgl. E. 2.1).
4.
Zusammenfassend ist die Beschwerde gutzuheissen und der angefochtene Einspracheentscheid ist aufzuheben. Die Sache ist sodann zur Erfassung des Beschwerdeführers als selbstständig Erwerbender an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen. Gerichtskosten sind keine zu erheben (Art. 61 lit. a ATSG).
Gemäss Art. 61 lit. g ATSG hat die obsiegende beschwerdeführende Partei Anspruch auf Ersatz der Parteikosten. Die Beschwerdegegnerin unterliegt vollumfänglich. Die Parteientschädigung wird vom Versicherungsgericht festgesetzt und ohne Rücksicht auf den Streitwert nach der Bedeutung der Streitsache und nach der Schwierigkeit des Prozesses bemessen (Art. 61 lit. g ATSG). Die Vertreterin des Beschwerdeführers verzichtet auf das Einreichen einer Kostennote. Vorab mit Rücksicht auf den Verfahrensaufwand erscheint im vorliegend zu beurteilenden Fall eine Parteientschädigung von Fr. 3‘000.-- (inklusive Barauslagen und Mehrwertsteuer) als angemessen.
Entscheid
im Zirkulationsverfahren gemäss Art. 39 VRP
1.
In Gutheissung der Beschwerde wird der angefochtene Einspracheentscheid vom 13. März 2015 aufgehoben. Die Streitsache wird sodann zur Erfassung des Beschwerdeführers als selbstständig Erwerbender an die Beschwerdegegnerin zurückgewiesen.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Die Beschwerdegegnerin hat dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung von Fr.
3‘000.-- (einschliesslich Barauslagen und Mehrwertsteuer) zu bezahlen.
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