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Urteil Kantonsgericht (SG)

Kopfdaten
Kanton:SG
Fallnummer:AB.2017.10
Instanz:Kantonsgericht
Abteilung:-
Kantonsgericht Entscheid AB.2017.10 vom 02.05.2017 (SG)
Datum:02.05.2017
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 197 SchKG (SR 281.1). Umfang der Konkursmasse. Auch eine noch nicht fällige, aber bestehende Forderung (Lohnforderung) gehört – anteilsmässig bis zur Konkurseröffnung – in die Konkursmasse (Kantonsgericht, Kantonale Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs, 2. Mai 2017, AB. 2017.10).
Schlagwörter : Konkurs; Konkurseröffnung; Schuldner; Vermögen; Bereits; November; Betreibung; Forderung; Zeitpunkt; Betreibungsamt; Stehen; Konkursmasse; Beschwerdeführer; Arbeit; Fällt; Ausbezahlt; Lohnzahlung; Fälligkeit; Monatslohn; Fallen; Anteilig; Pfändung; Laufenden; Ausbezahlte; Vermögen; Gläubiger; Vermögensstücke; Pfändbare; Konkursverfahren
Rechtsnorm: Art. 191 KG ; Art. 197 KG ; Art. 206 KG ;
Referenz BGE:-
Kommentar zugewiesen:
Spühler, Basler Kommentar zur ZPO, Art. 321 ZPO ; Art. 311 ZPO, 2017
Weitere Kommentare:Lukas Handschin;
Entscheid
Sachverhalt:

Das Betreibungsamt verfügte am 2. August 2016 eine Lohnpfändung gegen den Schuldner. Am 23. November 2016 wurde über den Schuldner auf eigenen Antrag (Insolvenzerklärung) das Konkursverfahren eröffnet. Die Arbeitgeberin des Schuldners überwies am 25. November 2016 die pfändbare Einkommensquote für den Monat November 2016 sowie den gleichzeitig ausbezahlten 13. Monatslohn. Der Schuldner fordert das Betreibungsamt auf, das Betreffnis an ihn auszuzahlen, da die Lohnzahlung nach Konkurseröffnung erfolgt sei und daher weder zu pfänden noch - da Arbeitserwerb - im Konkursverfahren zu admassieren sei.

Aus den Erwägungen:

2. Ein zahlungsunfähiger Schuldner hat nach Art. 191 Abs. 1 SchKG das Recht, selber die Konkurseröffnung über sich zu beantragen, indem er sich beim Gericht zahlungsunfähig erklärt. Eine solche Konkurseröffnung bietet gerade Schuldnern, die sonst der Betreibung auf Pfändung unterliegen, erhebliche Erleichterungen, die einer Sanierung nahekommen. Im Zeitpunkt der Konkurseröffnung fallen bereits hängige Betreibungen und Pfändungen (auch Lohnpfändungen) dahin und der Schuldner kann wieder frei über seinen laufenden Lohn verfügen (Art. 206 SchKG). Dies soll es dem

Schuldner ermöglichen, sich wirtschaftlich zu erholen (Kurt Ammonn/Fridolin Walther,

Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 9. Aufl., Bern 2013, § 38 N 23).

Im Falle einer solchen Insolvenz ist - wie hier - zu klären, welche Betreffnisse noch im Rahmen der bisherigen Verwertungsverfahren zu verteilen oder der Konkursmasse zu überweisen oder allenfalls dem Schuldner auszubezahlen sind.

3. Die Konkursmasse besteht aus sämtlichem pfändbaren Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Konkurseröffnung gehört, unabhängig davon, wo es sich befindet. Vermögen, das dem Schuldner nach Konkurseröffnung, aber vor Schluss des Konkursverfahrens anfällt, fällt ebenfalls in die Konkursmasse (Art. 197 SchKG). Gleiches gilt grundsätzlich auch für Vermögensstücke, an denen Pfandrechte haften, sowie gepfändete Vermögensstücke, deren Verwertung im Zeitpunkt der Konkurseröffnung noch nicht stattgefunden hat. Gepfändete Barbeträge, abgelieferte Beträge bei Forderungs- und Einkommenspfändungen sowie der Erlös bereits verwerteter Vermögensstücke werden jedoch nach den Art. 144 - 150 SchKG an die Gläubiger dieser (bereits laufenden) Pfändungsverfahren verteilt; nur ein allfälliger Überschuss fällt in die Konkursmasse (Art. 197 - 199 SchKG).

Demgemäss stehen die bis zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung am 23. November 2016 bereits ans Betreibungsamt [ ] abgelieferten (ausbezahlten) gepfändeten Einkommensteile fraglos und unbestrittenermassen den Gläubigern der bereits laufenden Verwertungsverfahren zu. Lohnansprüche, die nach Konkurseröffnung entstehen, stehen ebenso klar dem Beschwerdeführer zu. Strittig ist in der vorliegenden Beschwerdesache indessen das Schicksal des Novembergehalts sowie des Anteils am 13. Monatsgehalts, das im Wesentlichen vor der Konkurseröffnung erarbeitet, aber erst danach ausbezahlt worden ist.

Nach herrschender Lehre fällt das Arbeitseinkommen, das vom Schuldner vor Konkurseröffnung erzielt, aber diesem erst später ausgerichtet worden ist, in die Konkursmasse. Allein der Zeitpunkt der rechtsbegründenden Tatsachen sei massgebend (Kurt Ammonn/Fridolin Walther, a.a.O., § 40 N 13; BSK SchKG - Lukas Handschin/Daniel Hunkeler, Art. 197 N 85; KuKo SchKG - Jolanta Kren Kostiewicz,

Art. 197 N 19; Georges Vonder Mühll, BlSchK 2005, S. 163). Dieser Auffassung schloss

sich auch das Bezirksgericht Zürich in einem Entscheid vom 22. März 2011 an (BlSchK 2012, S. 73), auf den sich auch das Betreibungsamt [ ] beruft.

Der Beschwerdeführer selber nimmt auf ein Urteil der Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs des Kantons Solothurn vom 4. Februar 2016 Bezug. Dieses stellt für die Admassierung von Erwerbseinkommen (konkret: 13. Monatslohn) auf den Fälligkeitszeitpunkt ab. Wird die Lohnforderung erst nach Konkurseröffnung fällig, stehe dem Schuldner der gesamte Anspruch zu, und zwar selbst dann, wenn die Arbeitsleistung (teilweise) bereits vor Konkurseröffnung erbracht worden sei. Der Schuldner habe den Lohn erst "verdient" bzw. "erworben", wenn ihm dieser ausbezahlt worden sei. Das Kriterium der Fälligkeit biete die nötige Klarheit für die Behandlung entsprechender Lohnzahlungen (SCBES.2016.1).

Dieser Auffassung ist indessen nicht zu folgen. Gemäss Art. 197 Abs. 1 SchKG fällt nämlich sämtliches pfändbares Vermögen, das dem Schuldner im Konkurszeitpunkt gehört, in die Konkursmasse. Zum Vermögen gehören auch Forderungen. Auch eine noch nicht fällige Forderung ist eine bestehende Forderung. Fälligkeit bezeichnet einzig den Zeitpunkt, in welchem der Gläubiger die Erfüllung (der bereits entstandenen) Forderung verlangen darf (vgl. BSK OR - Urs Leu, Art. 75 N 4). Anders verhält es sich nach der Konkurseröffnung. Gemäss Art. 197 Abs. 2 SchKG sind dann nicht mehr jegliche erst nachträglich entstehenden Vermögenswerte beachtlich, sondern nur noch diejenigen, die beim Schuldner "anfallen". Unter "Anfallen" ist ein Vermögenserwerb zu verstehen, der nicht auf die persönliche Tätigkeit des Erwerbers zurückzuführen ist

(z.B. Erbschaft, Schenkung oder Spiel und Wette; BSK SchKG - Lukas Handschin/ Daniel Hunkeler, Art. 197 N 84 f.; KuKo SchKG - Jolanta Kren Kostiewicz, Art. 197 N 6 und 21).

Für die vorliegend zu beurteilende Frage gilt daher folgendes: Das noch nicht ausbezahlte Entgelt, das für Arbeit geschuldet wird, die vor der Konkurseröffnung geleistet wurde, stellt eine Forderung dar, die im Zeitpunkt des Konkurses bereits bestand und deshalb zu admassieren ist. Die Fälligkeit ist für den Bestand der Forderung - wie dargelegt - nicht massgeblich. Das Betreibungsamt [ ] hat daher zu Recht den an sie überwiesenen Teil der Lohnzahlung anteilig ans Konkursamt weitergeleitet und im Differenzbetrag - für die Zeit nach Konkurseröffnung - an den

Beschwerdeführer vergütet. Dies gilt gleichermassen für die anteiligen 22 Tage des Novemberlohns (1. - 22. November 2016) als auch für die anteiligen 326 Tage des

13. Monatslohns (1. Januar - 22. November 2016). Daran hätte sich entgegen der

Auffassung des Beschwerdeführers im Übrigen auch nichts geändert, wenn der

13. Monatslohn erst im Dezember vergütet oder die Lohnpfändung vom Betreibungsamt bereits früher widerrufen worden und die Lohnzahlung daher direkt an den Beschwerdeführer gelangt wäre. In diesem Fall hätte sich dann allerdings das Konkursamt um den Einzug der genannten Betreffnisse bemühen müssen.

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