Art. 140 SchKG; Art. 74 KOV; Art. 970 Abs. 3 ZGB. Stimmen Grundbuchauszug und Lastenverzeichnis nicht überein, so ist auf das Lastenverzeichnis abzustellen.
======================================================================
Im Konkursverfahren einer Baugenossenschaft wurde die konkursamtliche Versteigerung des Grundstücks X. durchgeführt. Den Zuschlag erhielt dabei die Beschwerdeführerin zum Preis von Fr. 4'720'000.--. In ihrer Beschwerde an den Amtsgerichtspräsidenten beantragte die Beschwerdeführerin, der Steigerungszuschlag an sie sei aufzuheben und es sei eine neue Steigerung anzuordnen. Eventualiter sei zumindest festzustellen, dass die Beschwerdeführerin eine andere Ersteigerin nicht zusätzlich zum Steigerungspreis für Steuern aller Art (Grundstückgewinnbzw. Ertragsoder Liquidationsgewinnsteuern) hafte. Der Amtsgerichtspräsident wies die Beschwerde ab. Den dagegen erhobenen Beschwerde-Weiterzug wies die Schuldbetreibungsund Konkurskommission des Obergerichts ebenfalls ab.
Aus den Erwägungen:
Im Schreiben vom 14. September 2004 bestätigt das Konkursamt, dass von den im Lastenverzeichnis zum Grundstück X. erwähnten Grundpfandtiteln drei Inhaberobligationen im 1. bis 3. Rang über total Fr. 2'300'000.-gestohlen wurden. Die Beschwerdeführerin macht geltend, falls der Verlust vor dem Steigerungstag geschehen und bekannt gewesen sei, wäre die Steigerung vermutlich nichtig. In der Eingabe vom 27. Oktober 2004 führt die Beschwerdeführerin ergänzend aus, das Konkursamt hätte, nachdem drei Titel abhanden kamen, die Pfandgläubiger benachrichtigen und beim Richter die Kraftloserklärung der Inhaberpapiere nach Art. 981 OR verlangen müssen. Das Konkursamt hätte auch das Bundesgerichtsurteil vom 14. März 2003 (5C.279/2002) berücksichtigen müssen. Mit diesem Urteil sei der Baugenossenschaft Z. das Pfandrecht für zwei Inhaberobligationen im 2. und 3. Rang aberkannt worden. Das Konkursamt hätte für die Korrektur im Grundbuch sorgen müssen. Bis heute seien auf dem Steigerungsobjekt falsche Grundpfandrechte eingetragen. Das Lastenverzeichnis müsse gemäss Art. 140 SchKG dem aktuellen Grundbuchauszug entsprechen. Dies sei aber am Steigerungstag nicht der Fall gewesen. Niemand habe vom Bundesgerichtsurteil etwas gewusst. Bei dieser Ausgangslage könne nicht verlangt werden, dass die Steigerungsbedingungen innert zehn Tagen angefochten würden. Es stimme nicht, dass die gestohlenen Titel nach Art. 74 KOV gelöscht werden könnten. Dies treffe nur für Titel zu, die anlässlich der Versteigerung untergegangen seien, nicht aber für gestohlene Titel.
Stimmen Grundbuchauszug und Lastenverzeichnis nicht überein, so ist auf das Lastenverzeichnis abzustellen. Mit dem Lastenverzeichnis werden die auf dem zu verwertenden Grundstück lastenden dinglichen und realobligatorischen Rechte definitiv abgeklärt. Dem Lastenverzeichnis kommt in der Zwangsverwertung die Bedeutung eines Grundbuches ad hoc zu. Der Erwerber darf, mit anderen Worten, auf das Lastenverzeichnis vertrauen und ist nicht darauf angewiesen, zusätzlich das Grundbuch zu konsultieren. Damit wird der Grundsatz von Art. 970 Abs. 3 ZGB durchbrochen, wonach Kenntnis des Grundbuchs fingiert, d.h. unwiderlegbar vermutet wird (Häusermann/Stöckli/Feuz, Basler Komm., N 1 und 2 zu Art. 140 SchKG). Es spielt demzufolge keine Rolle, dass im Grundbuch noch die Baugenossenschaft Z. als Grundpfandgläubigerin angeführt ist. Die Steigerungsbedingungen mit dem Lastenverzeichnis wurden ordnungsgemäss im "Luzerner Kantonsblatt" vom 20. März 2004 und im "Schweizerischen Handelsamtsblatt" vom 19. März 2004 publiziert und an der Steigerung vorgelesen, so dass die Interessenten über die massgebenden Verhältnisse informiert waren und nicht getäuscht werden konnten. Ein Nichtigkeitsgrund ist nicht ersichtlich, weshalb dieses neu vorgebrachte Argument der Beschwerdeführerin an der Rechtskraft der Steigerungsbedingungen nichts ändert. Im Übrigen ist der Verwaltungsratspräsident der Beschwerdeführerin auch Verwaltungsratspräsident der Baugenossenschaft Z., so dass er um das Urteil des Bundesgerichts vom 14. März 2003 wissen musste.
Schliesslich stellt auch der Umstand, dass drei Inhaberobligationen gestohlen wurden, die Gültigkeit der Steigerung nicht in Frage. Bei der Zuteilung des Pfanderlöses wird auf das rechtskräftige Lastenverzeichnis abgestellt. Wie das Konkursamt mitteilt, wurden vorliegend keine der im Lastenverzeichnis zugelassenen Grundpfandrechte überbunden. Sie werden deshalb, sobald die Steigerung rechtskräftig ist, im Grundbuch gelöscht (Art. 74 Abs. 1 KOV). Da die Inhaber der gestohlenen Grundpfandverschreibungen unbekannt sind, ist ihnen durch öffentliche Publikation anzuzeigen, dass die Veräusserung Verpfändung dieser Titel als Betrug strafbar wäre (Art. 69 VZG; Art. 74 KOV). Weshalb gestohlene Titel nicht gleich wie Titel unbekannter Inhaber behandelt werden sollen, ist nicht ersichtlich. Die Löschungen im Grundbuch werden vorgenommen, damit für den Ersteigerer und auch im Grundbuch klare Verhältnisse bestehen. Die Bestimmungen der VZG und der KOV gehen als Spezialbestimmungen der allgemeinen Bestimmung des Art. 981 OR über die Kraftloserklärung vor.
Schuldbetreibungsund Konkurskommission, 18. November 2004 (SK 04 95)