Mit Entscheid des Amtsgerichtspräsidenten vom 1. Mai 1996 bzw. Entscheid der Justizkommission des Obergerichts des Kantons Luzern vom 31. Mai 1996 wurde dem Gesuchsgegner als Kläger im Aberkennungsprozess die teilweise unentgeltliche Rechtspflege in dem Sinne erteilt, als er von der Pflicht zur Leistung von Gerichts und Beweiskostenvorschüssen befreit wurde und ihm der Staat für die Anwaltskosten Gutstand leistete. Am 20. Juni 1996 reichte die Gesuchstellerin als Beklagte ein Kostensicherungsgesuch ein und beantragte, der Gesuchsgegner habe ihr für die Parteikosten eine angemessene Sicherheit zu leisten. Mit Entscheid vom 2. September 1996 wies der Amtsgerichtspräsident das Kostensicherungsgesuch der Gesuchstellerin ab. Dagegen reichte die Gesuchstellerin Rekurs ein.
Aus den Erwägungen:
(...)
5.3. Schliesslich wäre die Gesuchstellerin entgegen der von ihr vertretenen Auffassung zur Anfechtung des UR-Entscheides berechtigt gewesen, hätte sie doch zweifelsohne geltend machen können, dass für sie ein Gesuch um Sicherheitsleistung ernsthaft in Frage kommt (vgl. LGVE 1987 I Nr. 36). Dies muss zur Ergreifung des Rekurses auf jeden Fall genügen. Abzulehnen ist die Auffassung von Studer/Rüegg/Eiholzer, dass nur die Gegenpartei, welche eine Sicherheitsleistung beantragt hat, zur Anfechtung legitimiert ist (vgl. Der Luzerner Zivilprozess, N 3 zu § 134). Es wird dabei ausser acht gelassen, dass die unentgeltliche Rechtspflege im Normalfall vor mit der Klageeinreichung beantragt wird und deshalb ein Gesuch um Sicherheitsleistung im Zeitpunkt des UR Entscheides in der Regel noch gar nicht aktuell ist.
6. - Die vom Amtsgerichtspräsidenten vertretene Auffassung, dass die Erteilung der teilweise unentgeltlichen Rechtspflege dem Einzelfall anzumessen sei und deshalb weder einen generellen Ausschluss der Sicherheitsleistung noch das Gegenteil nach sich ziehe, erweist sich als unzutreffend. § 131 Abs. 1 ZPO hält vorbehaltlos fest, dass die unentgeltliche Rechtspflege die Partei u.a. von der Pflicht zur Sicherheitsleistung befreit. Dabei spielt es keine Rolle, ob die UR vollumfänglich bloss teilweise gewährt wurde. Ausgangspunkt für die UR ist der um 25% erhöhte betreibungsrechtliche Notbedarf. Liegt der Gesuchsteller darunter, erhält er die vollumfängliche UR. Liegt er zwar darüber, aber eben nicht um soviel, dass er für die Verfahrenskosten allein aufkommen kann, ist er längerdauernd illiquid, wird ihm die UR nur für jenen Teil der Kosten gewährt, für den er nicht selber aufkommen kann, bzw. er wird von der Vorschussleistung befreit und dem Anwalt wird Gutstand geleistet. In allen Fällen - und das ist entscheidend bleibt der UR Partei zum massgebenden Zeitpunkt sicherlich nichts übrig, um die Gegenpartei ganz auch nur teilweise sicherzustellen. Es würde sich eine mit Art. 4 BV nicht vereinbare Verweigerung des Rechtsweges ergeben, wenn dem Kläger die Führung des Prozesses durch die Anordnung einer Sicherheitsleistung verunmöglicht würde (vgl. BGE 109 Ia 13; Leuch, Die Zivilprozessordnung für den Kanton Bern, Bern 1995, N 3 zu Art. 70). Mithin ist der in § 126 ZPO unter dem Titel "Ausnahmen von der Sicherheitsleistung" aufgeführte Katalog nicht als abschliessend zu betrachten (vgl. Studer/Rüegg/Eiholzer, a.a.O., N 1 zu § 126).
Wenn nun aber eine Partei dank UR von Gesetzes wegen von der Sicherheitsleistungspflicht befreit ist, gibt es im Rahmen eines bereits hängigen Kostensicherungsverfahrens materiell nichts mehr zu beurteilen; vielmehr ist dieses gegenstandslos und durch Erledigungsentscheid zu beenden (§ 104 Abs. 3 ZPO). Wird hingegen wie im vorliegenden Fall ein Sicherungsgesuch gestellt, wenn der Gegenpartei die UR bereits erteilt worden ist, so ist auf das Gesuch mangels einer Verfahrensvoraussetzung (keine UR für den Gesuchsgegner) nicht einzutreten. Demzufolge hätte der Amtsgerichtspräsident auf das Gesuch der Gesuchstellerin nicht eintreten dürfen und einen Erledigungsentscheid fällen müssen. Mithin erweist sich der angefochtene Entscheid insgesamt als obsolet. Soweit sich die Gesuchstellerin in ihrem Rekurs zu der vom Amtsgerichtspräsidenten fälschlicherweise vertretenen Auffassung äussert, ist auf ihre Vorbringen nicht einzugehen. Die Tatsache, dass das Verfahren bereits vor dem Amtsgerichtspräsidenten mit Erledigungsentscheid (Nichteintretensentscheid) hätte beendet werden sollen und dementsprechend dagegen nur das Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde gegeben gewesen wäre, ist angesichts des Verfahrensausganges aus prozessökonomischen Gründen nicht weiter zu beachten.
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
Hier geht es zurück zur Suchmaschine.